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zonebattler's homezone 2.1 - Merkwürdiges aus Fürth und der Welt


Montag, 10. September 2018

Som­mer in Sie­ben­bür­gen (1)

Ich hat­te ja schon un­längst un­ter dem rei­ße­ri­schen Ti­tel »Schau­ri­ge Schön­hei­ten« ein paar schwarz­ge­weiß­te Fo­tos aus dem heu­ri­gen Ur­laub als Ap­pe­tit­an­re­ger ge­zeigt. Heu­te nun soll end­lich et­was Far­be in die Er­in­ne­run­gen an ei­ne wun­der­ba­re Rei­se ge­bracht wer­den. Gleich vor­ne­weg: Auch wenn in Trans­sil­va­ni­en ali­as Sie­ben­bür­gen man­cher­orts mit ab­stru­sen Dra­cu­la-Le­gen­den ver­sucht wird, den Tou­ris­mus zu be­feu­ern [1], die Rea­li­tät ist eher bunt als dü­ster und Blut­sauger gibt’s dort wie hier wohl pri­mär im Fi­nanz­ge­wer­be. Den­noch muß er­neut zu­ge­ge­ben wer­den, daß wir Ru­mä­ni­en oh­ne die An­re­gung durch un­se­re be­freun­de­te und bi­lin­gua­le Nach­ba­rin Al­mut S. wohl nie­mals ernst­haft als Rei­se­ziel er­wo­gen hät­ten: Ein paar un­ve­ri­fi­zier­te Vor­ur­tei­le hat man halt doch ir­gend­wie im Hin­ter­kopf ge­habt...

Be­sag­te Nach­ba­rin war nun schon ei­ne gu­te Wo­che vor uns im Au­to mit Mann, zwei Töch­tern, ei­nem Hund und al­ler­lei Haus­rat los­ge­fah­ren, der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te flo­gen spä­ter mit nur ei­nem ein­zi­gen Kof­fer be­la­den hin­ter­her. [2] Am Flug­ha­fen von Si­biu (Her­mann­stadt) [3] ver­ei­nig­te sich die Für­ther Nach­bar­schaft und steu­er­te das et­wa 80 km ent­fern­te Ri­chiș (Rei­ches­dorf) an:

Richiș (Reichesdorf) im Kreis Sibiu (Hermannstadt) / Gemeinde Biertan (Birthälm)

Un­se­re Nach­barn wa­ren dort nicht zum er­sten Mal (wir jetzt ver­mut­lich auch nicht letzt­mals) und führ­ten uns in die ört­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten ein. Wo­bei sich das Dorf­le­ben sehr über­sicht­lich dar­stell­te und der Auf­ent­halt dort ent­spre­chend ent­span­nend und ent­schleu­ni­gend. Zur Ge­schich­te Sie­ben­bür­gens ist zu­sam­men­fas­send zu sa­gen, daß dort mehr als 850 Jah­re lang Ru­mä­nen, Un­garn, Zi­geu­ner, Ju­den und deut­sche Ein­wan­de­rer fried­lich ne­ben­ein­an­der her leb­ten – zwar in weit­ge­hend ge­schlos­se­nen Par­al­lel­ge­sell­schaf­ten, aber eben mit Re­spekt vor den je­weils an­de­ren und sich nicht ge­gen­sei­tig an die Gur­gel ge­hend. In­so­fern kann die Ge­gend als leuch­ten­des Bei­spiel für die prin­zi­pi­el­le Mög­lich­keit ei­ner weit­ge­hend fried­li­chen Ko­exi­stenz ver­schie­de­ner Volks­grup­pen, Eth­ni­en und Re­li­gio­nen die­nen. [4]

Heu­te sind die Spu­ren der deut­schen Be­sied­lung der Ge­gend noch un­über­seh­bar, die Sie­ben­bür­ger Sach­sen selbst al­ler­dings nur noch in ho­möo­pa­thi­scher Do­sie­rung an­säs­sig: In zwei gro­ßen Aus­wan­de­rungs­wel­len in den 1970ern und nach 1990 sind die von gro­ßem Zu­sam­men­ge­hö­rig­keits­ge­fühl ge­präg­ten Ru­mä­ni­en­deut­schen aus Sie­ben­bür­gen nach Deutsch­land ge­schwappt und kom­men heu­te über­wie­gend nur als »Som­mer­sach­sen« im Ur­laub wie­der für ein paar Wo­chen zu­rück ins Land ih­rer Vä­ter und der ei­ge­nen Ver­gan­gen­heit. Na­tür­lich auch nach Ri­chiș, wo wir er­staun­lich vie­le Au­tos mit deut­schen Kenn­zei­chen aus un­se­rer Re­gi­on sa­hen (FÜ, N, ER, SC, AN, ...). So sieht es in die­sem ty­pi­schen Stra­ßen­dorf aus:

Typische Häuser der Siebenbürger Sachsen

An der wech­seln­den Fas­sa­den­far­be er­kennt man so­fort den im­mer wie­der­keh­ren­den Rhyth­mus aus Hof­ein­fahrt und Wohn­haus, der das stra­ßen­sei­ti­ge Er­schei­nungs­bild der Sie­ben­bür­gisch-Säch­si­schen An­we­sen be­stimmt. [5] Nach hin­ten ge­hen die Grund­stücke sehr in die Tie­fe und oft noch den Hang hin­auf, so daß bei re­la­tiv schma­ler Stra­ßen­front viel Platz für Scheu­nen, Wirt­schafts­ge­bäu­de, Stäl­le und Nutz­gär­ten war. In­ter­es­sier­te Le­se­rIn­nen mö­gen sich das mal ver­mit­tels Goog­le Earth aus der Luft an­schau­en, die hand­tuch­schmal er­schei­nen­den Grund­stücke fal­len auf den er­sten Blick ins Au­ge.

Was man lei­der auch sehr schnell re­gi­striert, sind die Spu­ren der Ver­nach­läs­si­gung, ja auch des Ver­falls, dem die al­ten Häu­ser und Ein­rich­tun­gen seit dem Aus­zug ih­rer letz­ten deutsch­stäm­mi­gen Be­sit­zer aus­ge­setzt sind: Auch wenn sich zwi­schen­drin ei­ni­ge schö­ne Bei­spie­le von be­hut­sa­mer In­stand­set­zung und Re­no­vie­rung fin­den (na­ment­lich in Ri­chiș ha­ben sich groß­stadt­mü­de Men­schen aus den Nie­der­lan­den, Bel­gi­en, Frank­reich, Eng­land, Deutsch­land und sonst­wo­her recht preis­wert ein­ge­kauft), so sind doch lei­der vie­ler­orts et­li­che An­we­sen leer­ste­hend und in be­kla­gens­wer­tem Zu­stand. [6] Im­mer­hin, in Ri­chiș sieht es auf der Haupt­stra­ße auch in der an­de­ren Rich­tung noch (oder wie­der) ganz ge­die­gen aus:

Typische Häuser der Siebenbürger Sachsen

Daß auf den bei­den vor­an­ge­gan­ge­nen Fo­tos nur ein Au­to und ein Mo­tor­rol­ler zu se­hen sind, hat nichts mit be­schau­li­chem Wo­chen­en­de oder ver­kehrs­ar­men Ta­ges­rand­zei­ten zu tun: Der mo­to­ri­sier­te In­di­vi­du­al­ver­kehr ist auf dem Lan­de noch sehr über­schau­bar, höl­zer­ne Fuhr­wer­ke mit ei­ner ein­zi­gen Pfer­de­stär­ke vor­ne dran sieht man dort öf­ter als be­reif­te Bür­ger­kä­fi­ge aus Blech. Auch das ein Grund, war­um uns die Som­mer­fri­sche in Sie­ben­bür­gen sehr ge­fal­len hat.

Ein wei­te­rer Grund wa­ren die Be­geg­nun­gen mit ent­spann­ten Men­schen, sei­en es al­te Sach­sen, sei­en es jun­ge Ru­mä­nen. Wäh­rend wir mit den erst­ge­nann­ten gut auf Deutsch über die frü­he­ren Zei­ten plau­dern konn­ten, konn­ten wir uns bei den zweit­ge­nann­ten mit Eng­lisch be­hel­fen. Al­ler­dings kann die völ­ker­ver­stän­di­gen­de Eis­bre­cher-Rol­le un­se­rer »Dol­met­sche­rin« Al­mut nicht stark ge­nug be­tont wer­den, oh­ne de­ren Sprach­kennt­nis­se uns man­che Tür ver­schlos­sen und man­ches Er­leb­nis ver­wehrt ge­blie­ben wä­re. Weit­ge­hend wort­lo­ses Ein­ver­neh­men zum bei­der­sei­ti­gen Plai­sir be­stand (wie al­ler­orts) zwi­schen dem zone­batt­ler und sei­nen vier­bei­ni­gen Freun­den. Hier se­hen wir Ent­span­nungs­übun­gen von Herrn Paul­chen, der uns wäh­rend un­se­res Auf­ent­hal­tes ans Herz ge­wach­sen ist und den wir nur un­ter Seuf­zen zu­rück­ge­las­sen (und ei­ner un­ge­wis­sen Zu­kunft über­ant­wor­tet) ha­ben:

Paulchen freut sich seines Lebens

Das klei­ne Paul­chen wuß­te sich sehr an­stän­dig zu be­neh­men und sich da­mit den tem­po­rä­ren Gä­sten im Ort nach­drück­lich zu emp­feh­len. Sein char­man­tes We­sen brach­te ihm vie­le Sym­pa­thien und si­cher­lich auch den ei­nen oder an­de­ren Lecker­bis­sen ein. An­de­ren Hun­den im Ort ging es we­ni­ger gut, denn man muß lei­der kon­sta­tie­ren, daß die Be­hand­lung und Ver­wen­dung von Haus- und Nutz­tie­ren in Ru­mä­ni­en (wie frag­los auch in vie­len an­de­ren Län­dern an Eu­ro­pas Pe­ri­phe­rie) eher nicht den uns ver­trau­ten Ge­pflo­gen­hei­ten ent­spricht...

Hun­de, Kat­zen, Hüh­ner, Pfer­de, Kü­he: In Sie­ben­bür­gens Dör­fern läuft ei­ne Men­ge Ge­tier frei her­um und weck­te in un­ser­ei­nem Er­in­ne­run­gen an ei­ne fer­ne Kind­heit, als sol­che – aus Kin­der­sicht pa­ra­die­si­schen – Ver­hält­nis­se auch in deut­schen Lan­den All­tag wa­ren. Über­haupt wur­den in des Be­richt­erstat­ters Ge­dächt­nis al­ler­lei ver­schüt­te­te Er­in­ne­run­gen auf­ge­quirlt, als ihm ty­pi­sche Ge­rü­che aus un­be­schwer­ten Ju­gend­ta­gen in die Na­se stie­gen, sei es das süß­li­che Aro­ma ver­go­re­ner Trau­ben in ei­nem be­helfs­mä­ßi­gen Wein­kel­ler, sei es der üp­pi­ge Ge­ruchs­cock­tail ei­ner frisch ge­mäh­ten Wie­se mit gro­ßem Ar­ten­reich­tum an Pflan­zen. Un­ver­mu­te­te Flash­backs wie die­se rühr­ten den ol­len zone­batt­ler tat­säch­lich zu Trä­nen: Er­staun­lich, was so al­les ir­gend­wo im Hin­ter­kopf schlum­mern und nach ei­nem hal­ben Jahr­hun­dert durch ein paar olfak­to­ri­sche Schlüs­sel­rei­ze wie­der ak­ti­viert wer­den kann!

Abendstimmung in Richiș

Ri­chiș ali­as Rei­ches­dorf war al­so un­ser zeit­wei­li­ges Zu­hau­se, von dort aus un­ter­nah­men wir Wan­de­run­gen und klei­ne Ex­pe­di­tio­nen, per pe­des, per Rad, per Pfer­de­fuhr­werk oder per PKW. [7] Wo­bei es schon im Ort selbst und in des­sen un­mit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft viel zu ent­decken gab für je­man­den, der na­tur­na­hen Ur­laub liebt und dem Tru­bel des städ­ti­schen Le­bens zeit­wei­se ger­ne ent­flieht.

Was ei­nem so­gleich auf­fällt au­ßer dem ty­pi­schen Er­schei­nungs­bild der Häu­ser ist die Lie­be der Ru­mä­nen (und wohl auch der im Lan­de ver­blie­be­nen Deut­schen) zu Blu­men. Al­ler­or­ten leuch­ten bun­te Blü­ten, nicht nur drau­ßen am We­ges­rand und in den Wie­sen, auch in­ner­orts an den Stra­ßen, in den Hö­fen, vor den Häu­sern und nicht zu­letzt auch an de­ren Fen­stern:

Üppiger Blumenschmuck ist allerorten anzutreffen

Auch da­mit hat­ten wir nicht ge­rech­net: Un­se­re Rei­sen in süd­li­che­re Ge­fil­de hat­ten wir im­mer im Früh­ling un­ter­nom­men, um auf La Pal­ma, Mal­ta, Mal­lor­ca oder Te­ne­rif­fa in den Ge­nuß bun­ter Blü­ten­pracht zu kom­men. Im Spät­som­mer noch ir­gend­wo üp­pi­ges Grün und far­ben­fro­he Blu­men flä­chen­deckend vor­zu­fin­den hät­ten wir nicht zu hof­fen ge­wagt, zu­mal nicht nach die­sem Dür­re-Som­mer in Deutsch­land. Ein wei­te­rer Plus­punkt für un­ser neu ent­deck­tes Rei­se­land Ru­mä­ni­en!

Nicht we­ni­ger üp­pig, wenn auch deut­lich we­ni­ger schön wu­chern über­all die vom Men­schen ge­leg­ten Adern des tech­ni­schen Fort­schritts: Strom‑, Te­le­fon- und In­ter­net-Ka­bel lie­gen nicht im Bo­den, son­dern hän­gen in der Luft zwi­schen gro­ben Be­ton­ma­sten im wei­land kom­mu­ni­sti­schen Bru­ta­lo-De­sign. Auch im De­tail herrscht of­fen­bar die Ma­xi­me »func­tion first«, wes­halb die Ver­strickun­gen der Ver­strip­pun­gen so aus­se­hen, wie sie halt nun mal aus­schau­en:

Kabelverhau vor historischem Bau

Schön ist na­tür­lich was an­de­res, aber ein ge­wis­ser Prag­ma­tis­mus ist dem Land­volk ja über­all auf der Welt zu ei­gen, eben­so wie ei­ne sou­ve­rä­ne Lax­heit in äs­the­ti­schen Fra­gen. Nicht ein­mal der post­mo­der­ne Fran­ke könn­te sich hier gu­ten Ge­wis­sens über­le­gen füh­len, kommt ihm doch all­zu­oft selbst ein schnod­de­ri­ges »des dudd’s« über die Lip­pen...

Mit so ei­ner Hal­tung kann man nicht nur er­tra­gen, was fein­sin­ni­gen Gei­stern und kon­troll­be­dürf­ti­gen Cha­rak­te­ren ein Greu­el ist, nein, man kann so­gar mit dem un­ge­plan­ten Wer­den und Ver­ge­hen um ei­nen her­um sei­nen Frie­den ma­chen. Und viel­leicht so­gar zu der Er­kennt­nis ge­lan­gen, daß die Na­tur nicht des Men­schen Werk in zer­stö­re­ri­scher Ab­sicht zu über­wu­chern an­ge­tre­ten ist, son­dern ihm viel­mehr ein Stück Schön­heit zu­rück­bringt in sei­ne von ihm selbst ent-schön­te klei­ne Welt:

In jeder Ritze regt sich Leben

Der west­li­che Wahn des Aus­rot­tens al­len Wild­wuch­ses hat auf den (mä­ßig) wil­den Osten glück­li­cher­wei­se noch nicht über­ge­grif­fen, und un­ter an­de­rem das macht den Charme Sie­ben­bür­gens aus. Der Ex­odus der Sie­ben­bür­ger Sach­sen (kor­rek­ter­wei­se müß­te man sie als ru­mä­ni­sche Staats­bür­ger deut­scher Na­tio­na­li­tät ti­tu­lie­ren) hat zwar vie­les dem Nie­der­gang über­ant­wor­tet (von den Häu­sern über die be­rühm­ten Kir­chen­bur­gen bis hin zu den Wein­ber­gen), in­des wirkt der schlei­chen­de Fall auf den Be­su­cher eher pit­to­resk und char­mant so­wie in der Re­gel nicht de­pri­mie­rend. Wer Ve­ne­dig kennt und des­sen mor­bi­de Au­ra liebt, mag das nach­voll­zie­hen kön­nen. Üb­ri­gens sieht man von der re­al exi­stie­ren­den Ar­mut in Ru­mä­ni­en selbst in den Städ­ten deut­lich we­ni­ger als in den ur­ba­nen Zen­tren im »rei­chen« We­sten...

Als wahr­lich reich an­zu­se­hen sind in­des die Men­schen, die zwar in be­schei­de­nen, aber doch wür­di­gen Ver­hält­nis­sen zu­frie­den le­ben. Wie zum Bei­spiel je­ne Sie­ben­bür­ger Sach­sen, die wei­land dem Her­den­trieb wi­der­stan­den ha­ben und in der an­ge­stamm­ten Hei­mat zu­rück­ge­blie­ben sind. Wir durf­ten sol­che ken­nen­ler­nen. Aus Grün­den der Dis­kre­ti­on zei­ge ich zur Il­lu­stra­ti­on nur ei­nen äu­ßer­lich Ein­druck vom klei­nen Pa­ra­dies der bo­den­stän­di­gen Leu­te:

Nicht ganz klein, und immer noch fein: Der Hausgarten von Frau und Herrn Schaas

So, das war es dann für heu­te. Sei­ten­lang über Sie­ben­bür­gen ge­plap­pert und nicht ei­ne ein­zi­ge Kir­chen­burg ge­zeigt! Macht aber nix, denn er­stens bin ich ja schon in Vor­lei­stung ge­gan­gen und zwei­tens macht(e) der Ro­bert von ne­ben­an oh­ne­hin die bes­se­ren Bil­der. Da­für ist der zone­batt­ler zwei­fels­frei die grö­ße­re Plap­per­ta­sche, so er­gän­zen wir bei­de uns präch­tig. Im zwei­ten Teil geht es hier dem­nächst wei­ter mit bun­ten An­sich­ten und wei­te­ren Schach­tel­sät­zen aus dem Zen­trum Ru­mä­ni­ens!

 
[1] Ei­ne Stra­te­gie, die of­fen­bar ei­ni­gen Er­folg zei­tigt. Im­mer­hin hat das An­locken un­be­darf­ter Pau­schal-Tou­ri­sten mit dep­per­ten Dra­cu­lan­ti­en den Vor­teil, daß die­se dann zu­meist in den oh­ne­hin über­lau­fe­nen und tou­ri­sti­fi­zier­ten Städ­ten ver­blei­ben und sich eher sel­ten ins noch weit­ge­hend ur­sprüng­li­che Um­land ver­ir­ren...

[2] Von Nürn­berg nach Si­biu (Her­mann­stadt) braucht ein Air­bus der un­ga­ri­schen Wizz Air noch nicht ein­mal zwei Stun­den.

[3] In die­ser Rei­se­be­richt­erstat­tung wer­den Orts­na­men in of­fi­zi­el­ler ru­mä­ni­scher Schreib­wei­se no­tiert, bei erst­ma­li­ger Nen­nung ge­folgt vom deut­schen Na­men in Klam­mern.

[4] Die­se ver­ein­fa­chen­de Dar­stel­lung ist na­tür­lich im De­tail durch­aus kri­tisch zu se­hen. Bei­spiels­wei­se hat sich in Deutsch­lands tau­send­jäh­ri­gem Jahr­zwölft der kol­lek­ti­ve Ras­sen­wahn auch un­ter den fern­ab des brau­nen Rei­ches le­ben­den Sie­ben­bür­ger Sach­sen breit­ge­macht. Dies nä­her aus­zu­füh­ren ist aber nicht das The­ma die­ser Ur­laubs-Re­pri­se.

[5] Was uns üb­ri­gens vor dem Ur­laub nicht be­kannt war: Die ur­sprüng­li­chen »Sie­ben­bür­ger Sach­sen« ka­men als will­kom­me­ne Sied­ler aus dem Lu­xem­bur­gi­schen, dem Rhein­land und von der Mo­sel. Zu »Sach­sen« mach­te sie der Weg über Mit­tel­deutsch­land, mit den »rich­ti­gen« Sach­sen hat­ten und ha­ben sie nichts zu tun. Ähn­lich ver­hält es sich üb­ri­gens mit den »Ba­na­ter Schwa­ben«, de­nen die­ses miß­wei­sen­de Eti­kett auf­ge­klebt wur­de, weil die Aus­wan­de­rer ih­re Schiffs­rei­se auf der Do­nau wei­land in Ulm be­gan­nen...

[6] Land­flucht ist na­tür­lich auch in Ru­mä­ni­en ein The­ma: Jun­ge Leu­te zieht es in die Städ­te, wo es mehr Ab­wechs­lung und auch at­trak­ti­ve­re Ar­beit gibt (sprich bes­ser be­zahl­te, zeit­lich we­ni­ger aus­ufern­de und nicht so kör­per­lich an­stren­gen­de wie in der Land­wirt­schaft drau­ßen)...

[7] Un­se­re Nach­bars­fa­mi­lie aus Fürth hat­te ja al­les da­bei (bis auf das Pfer­de­fuhr­werk).

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Freitag, 15. Mai 2015

Die Lär­min­sel (1)

Ein neu­er Früh­ling, ei­ne neue In­sel: Nach­dem der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te in den letz­ten Jah­ren schon al­ler­lei Ei­lan­de be­reist ha­ben (na­ment­lich La Pal­ma, Mal­ta samt Go­zo so­wie Mal­lor­ca), ward heu­er wie­der ein­mal ei­ne Ka­na­ren­in­sel zum Ziel aus­er­ko­ren: Te­ne­rif­fa soll­te es sein und da­mit ei­ne De­sti­na­ti­on, wel­che man von der wei­land Frei­en und Reichs­stadt Nürn­berg aus noch oh­ne lä­sti­ges und zeit­rau­ben­des Um­stei­gen er­flie­gen kann. Man wird ja be­quem im Al­ter...

Der Fe­rien­bom­ber star­te­te nicht wie ge­plant und ge­bucht um 6:00 Uhr in der Früh’, son­dern hob schon des Nachts um 3:40 Uhr in Fran­kens Me­tro­po­le ab. Im­mer­hin konn­ten wir dank die­ser Ter­min­ver­schie­bung die letz­te U‑Bahn des Vor­ta­ges neh­men und muß­ten für den Trans­fer zum Flug­ha­fen we­der auf Nach­bar­schafts­hil­fe noch auf ein Ta­xi zu­rück­grei­fen. Von da­her hat­te die kur­ze (und weit­ge­hend schlaf­lo­se Nacht) auch ihr Gu­tes.

Nach knapp fünf­stün­di­gem Flug (mit ko­sten­pflich­ti­ger Ver­pfle­gung, da­für aber mit Gra­tis-Ba­zil­len-Be­auf­schla­gung durch Hun­dert­schaf­ten hu­sten­der Mit­rei­sen­der) lan­de­ten wir auf dem in­ter­na­tio­na­len Flug­ha­fen im hei­ßen Sü­den Te­ne­rif­fas. Ein Groß­teil der ein­schwär­men­den Tou­ri­sten bleibt dann auch dort in der Ge­gend, wird für die Dau­er des Ur­lau­bes in zu die­sem Zwecke ge­bau­ten Groß­an­la­gen ver­staut, mit Son­ne und Mahl­zei­ten all in­clu­si­ve ver­sorgt und ver­stellt den an Land und Leu­ten in­ter­es­sier­ten Rei­sen­den nicht den Aus­blick auf das We­sent­li­che. Wir in­des wur­den mit ei­ner Hand­voll an­de­rer Neu­an­kömm­lin­ge per Klein­bus in den Nor­den ge­fah­ren, zu un­se­rer tem­po­rä­ren Heim­statt in Pu­er­to de la Cruz. Be­vor wir aber in die De­tails ein­stei­gen, sei zu­nächst – wie im­mer bei des zonebattler’s Rei­se­be­rich­ten – ei­ne Land­kar­te mit den ein­ge­ar­bei­te­ten GPS-Tracks der wäh­rend des Auf­ent­hal­tes zu­rück­ge­leg­ten We­ge ein­ge­baut und vor­ge­zeigt (Pu­er­to de la Cruz liegt ober­halb von La Oro­ta­va di­rekt an der Kü­ste):

Karte von Teneriffa mit den eingearbeiteten GPS-Tracks der zurückgelegten Wege
Map da­ta: © Open­Street­Map con­tri­bu­tors, powered by Open­Rou­te­Ser­vice
 
Groß­fas­sung 900 x 750 Pi­xel

Zu­ge­ge­ben, aus gro­ßer Hö­he be­trach­tet schaut das nach nicht son­der­lich viel aus für zwei Wo­chen des Wan­delns und Wan­derns. Es geht aber er­stens recht ge­bir­gig zu auf Vul­kan­in­seln und zwei­tens sieht man die gan­zen klein­räu­mi­gen Mä­an­drie­run­gen der schweiß­trei­bend zu­rück­ge­leg­ten (Höhen-)Meter erst beim Hin­ein­zoo­men. Drit­tens muß­ten wir lei­der auch ein paar Ta­ge krank­heits­hal­ber pau­sie­ren. Da­zu spä­ter mehr.

Nach ei­ner gu­ten Stun­de Klein­bus­fahrt ka­men wir – im­mer noch recht früh am Ta­ge – in Pu­er­to an und be­zo­gen Quar­tier im Ho­tel »Mo­no­pol«, über das ich mich hier und heu­te lo­bend aus­las­sen möch­te. [1] Da das uns zu­ge­dach­te Zim­mer zur vor­mit­täg­li­chen Stun­de noch nicht wie­der be­zugs­fer­tig ge­macht wor­den war, lud uns der am Emp­fangs­tre­sen per­sön­lich prä­sen­te Chef um­stands­los zum Früh­stück ein (»Sie ha­ben doch heu­te be­stimmt noch nichts ge­ges­sen?)« und schick­te uns nach dem Ab­stel­len des Rei­se­ge­päcks zur Stär­kung hin­un­ter ins haus­ei­ge­ne Re­stau­rant. Aber hal­lo! Der un­ver­hoff­te Ser­vice setz­te naht­los fort, wor­auf uns die blu­mi­ge De­ko­ra­ti­on an der Schwel­le des alt­ehr­wür­di­gen Hau­ses (ge­baut im 18. Jahr­hun­dert, seit mehr als 75 Jah­ren im Fa­mi­li­en­be­sitz des heu­ti­gen, deutsch­stäm­mi­gen Be­trei­bers) schon sehr ver­hei­ßungs­voll ein­ge­stimmt hat­te...

Blütendekoration am Eingang des Hotel Monopol

We­der als erst­klas­si­ger Dienst­rei­sen­der noch als bud­get­zim­mer­be­zie­hen­der Pri­vat­mann ist der zone­batt­ler der­lei Um­sicht und Ge­ne­ro­si­tät ge­wöhnt, es macht halt of­fen­bar doch ei­nen Un­ter­schied, wenn sich in in­ha­ber­ge­führ­ten Eta­blis­se­ments die Be­sit­zer und Be­trei­ber höchst­selbst um den Gast be­mü­hen. Cha­peau!

Der größ­te Ak­tiv­po­sten des Ho­tels aber – und des­we­gen brei­te ich mich auch so opu­lent dar­über aus – ist die wun­der­ba­re Pal­men­hal­le, ein über­dach­ter Inn­nen­hof, über des­sen holz­ge­faß­te Ga­le­rien auf drei Eta­gen die um­lie­gen­den Zim­mer er­schlos­sen wer­den. So sieht es aus, wenn man sich un­ten in der Hal­le auf ei­ner Sitz­gar­ni­tur nie­der­läßt und den Blick gen Him­mel rich­tet:

Die Palmenhalle des Hotel Monopol

Welch ei­ne Pracht, was ein Raum­er­leb­nis, was für ei­ne »Auf­ent­halts­qua­li­tät«, um ei­nen neu­mo­di­schen Be­griff aus dem Blub­ber­bot­tich des In­ve­sto­ren­vo­ka­bu­lars zu ge­brau­chen! Jede(r) mei­ner Für­ther Leser(innen) wird nach­voll­zie­hen kön­nen, daß wir uns da so­fort an den Fest­saal des ehem. Park­ho­tels da­heim er­in­nert fühl­ten, ei­nen noch viel grö­ße­ren bau­li­chen Schatz, den nach lan­gem Dorn­rös­chen­schlaf leicht­hin dem Kom­merz ge­op­fert zu ha­ben ich un­se­rem *piep* Ober­bür­ger­mei­ster und sei­nem *pieeeeeeeeeep* Stadt­bau­rat bis an mein ei­ge­nes En­de nim­mer­mehr ver­zei­hen wer­de. Ja, hier im fer­nen Pu­er­to de la Cruz wur­de uns un­ver­se­hens im klei­nen Maß­stab vor Au­gen ge­führt, was für ein ar­chi­tek­to­ni­sches Klein­od wir da hat­ten, ver­kannt von den Po­li­ti­kern, ver­leum­det ge­gen­über der Öf­fent­lich­keit, ver­ra­ten von der Gier der In­ve­sto­ren. Aus, vor­bei, auf im­mer da­hin...

Be­zau­bert vom groß­zü­gi­gen Raum­ein­druck ei­ner­seits, be­trübt durch den sich auf­drän­gen­den Ver­gleich mit für­the­ri­scher Igno­ranz an­de­rer­seits, stell­ten wir die Kof­fer in un­se­rer nun­mehr frei­ge­ge­be­nen Stu­be ab und schau­ten uns zu­nächt ein­mal die Dach­ter­ras­se an, von der aus man wun­der­ba­re Pan­ora­ma­blicke auf das na­he Meer und auf das ein­drucks­vol­le vul­ka­ni­sche Ge­bir­ge im Hin­ter­land wer­fen kann. Da der Au­tor frei­lich nur un­gern ab­lich­tet, was in je­dem An­sichts­kar­ten­stän­der dut­zend­fach wohl­feil ist, muß sich die ge­schätz­te Le­ser­schaft ein­mal mehr mit ei­nem nach as­so­zia­tiv-äs­the­ti­schen Kri­te­ri­en aus­ge­wähl­ten Rea­li­täts-Aus­schnitt be­gnü­gen:

Plastiksessel auf einer der Dachterrassen des Hotel Monopol

Mit der ei­ge­nen Ke­me­na­te konn­ten wir mehr als nur zu­frie­den sein: So­li­des Bett, ge­schmack­vol­les Mo­bi­li­ar, ein frisch re­no­vier­tes Bad. Das Feh­len ei­nes Bal­kons – das of­fen­bar ein­zi­ge »Man­ko« ge­gen­über den hö­her­prei­si­gen Zim­mern – wird von uns Frisch­luft-Fa­na­ti­kern re­gel­mä­ßig nicht als Nach­teil emp­fun­den, wir pfle­gen ja un­se­ren Ur­laub pri­mär in der Land­schaft zu ver­brin­gen und nicht in der Her­ber­ge. Da­mit vor­erst ge­nug des Lo­bes über un­ser tra­di­ti­ons­rei­ches Ho­tel; ein paar wei­te­re Be­mer­kens­wer­tig­kei­ten ge­den­ke ich bei pas­sen­der Ge­le­gen­heit in spä­te­ren Fol­gen mei­ner Be­richt­erstat­tung ein­zu­streu­en...

Jetzt aber erst­mal ein klei­nes Nicker­chen ge­macht (im Flie­ger war man nicht so recht zum Dö­sen ge­kom­men we­gen ste­ten Her­um­hu­stens er­käl­te­ter Pas­sa­gie­re ei­ner­seits und am­bu­lan­ter Ver­kaufs­ver­an­stal­tun­gen des Bord­per­so­nals an­de­rer­seits) und dann das Ho­tel erst­mals zur Er­kun­dung der nä­he­ren Um­ge­bung ver­las­sen. In Er­man­ge­lung fein­san­di­ger Strän­de gibt es in Pu­er­to kei­nen über­bor­den­den Ba­de­be­trieb zu be­ob­ach­ten, aber wer die Son­ne sucht, die See­luft schätzt und das Rau­schen der Wel­len liebt, der fin­det schon ein ge­nuß­rei­ches Plätz­chen zum Ent­span­nen, bei­spiels­wei­se auf ei­ner ge­die­ge­nen Be­fe­sti­gungs­mau­er un­weit des klei­nen Ha­fens:

Sonnenanbeter in mediativer Pose

Un­ter »Ha­fen« darf man sich üb­ri­gens auf den Ka­na­ren nicht das Glei­che vor­stel­len wie auf me­di­ter­ra­nen In­seln: Hier lie­gen kei­ne Hun­dert­schaf­ten klei­ner Se­gel­boo­te und Fi­scher­käh­ne Sei­te an Sei­te, hier hat nicht jede(r) ein ei­ge­nes Schiff­lein an der Lei­ne bau­meln: Hier ist man im At­lan­tik und nicht im ma­re nostrum, der »rich­ti­ge« Oze­an ist kein Tum­mel­platz für Frei­zeit-Ka­pi­tä­ne. Der zone­batt­ler durf­te am ei­ge­nen Lei­be er­fah­ren, daß des At­lan­tiks Wel­len ei­ni­ges Über­ra­schungs­po­ten­ti­al bie­ten und den arg­lo­sen Kü­sten­wan­de­rer sehr plötz­lich und so­zu­sa­gen aus dem Steg­reif durch­näs­sen kön­nen, und das mit ei­ni­ger Ver­ve: Zosch!

Un­ter die­sen Um­stän­den mag es ver­ständ­lich er­schei­nen, daß man­che Ur­lau­ber dem un­be­re­chen­ba­ren Oze­an den Rücken keh­ren und im lie­ber Schut­ze der aus schwar­zem Tuff­stein ge­bau­ten Trutz­mau­ern im Trocke­nen sit­zen und land­ein­wärts sin­nie­ren:

Urlauberpaar am Hafenbecken von Puerto de la Cruz

Wor­über die Herr­schaf­ten wohl nach­ge­dacht ha­ben mö­gen? Viel­leicht über et­was Ab­wechs­lung in der Ta­ges­ge­stal­tung, die für Fuß­fau­le oder al­ters­be­dingt nur­mehr ein­ge­schränkt mo­bi­le Leu­te ty­pi­scher­wei­se aus Es­sen, Ein­kau­fen, Bum­meln, Zei­tungs­le­sen und Dö­sen be­steht (in leicht va­rie­ren­den Ab­fol­gen und Sze­nen­bil­dern). In der Tat ver­mag die pit­to­res­ke Alt­stadt von Pu­er­to de la Cruz nur für ein paar Ta­ge Neu­es zu bie­ten, dann dürf­te man – so­fern man plan­los in den Tag hin­ein­lebt – der Mi­schung aus Lä­den, Re­stau­rants und am­bu­lan­ten Ge­wer­ben über­drüs­sig wer­den. Wo­bei zur Eh­ren­ret­tung der Stadt doch be­tont wer­den muß, daß sie im In­ne­ren noch au­then­tisch und mehr von Ein­hei­mi­schen als von Tou­ri­sten be­völ­kert ist. In den rie­si­gen Ho­tel­bur­gen drum­her­um sieht das na­tür­lich an­ders aus...

Aber die las­sen wir zu­nächst ein­mal bei­sei­te und schlen­dern statt­des­sen in der Alt­stadt her­um. Schnell wird deut­lich, daß die Spa­ni­er es bunt und far­ben­froh mö­gen. Ger­ne wird die ei­ge­ne Fin­ca stark kon­tra­stie­rend von der be­nach­bar­ten Be­hau­sung ab­ge­setzt:

bunte Häuserzeile in der Altstadt von Puerto de la Cruz

Mit­un­ter fal­len die flä­chig-pla­ka­ti­ven Farb­kon­tra­ste der­ma­ßen schrill-schrei­end aus, daß man die vi­su­el­le Plär­re­rei kaum aus­zu­hal­ten ver­mag. Wer bis hier­her ge­dul­dig mit­ge­le­sen und sich da­bei längst ge­fragt hat, war­um ich denn den Mi­nia­tur-Kon­ti­nent Te­ne­rif­fa aus­ge­rech­net als »Lär­min­sel« zu ti­tu­lie­ren mir her­aus­neh­me, fin­det in die­ser Be­ob­ach­tung ei­nen er­sten Hin­weis auf das na­mens­ge­bend Krei­schen­de, wel­ches sich bei­lei­be nicht nur aku­stisch äu­ßert, son­dern eben auch op­tisch und olfak­to­risch und da nicht we­ni­ger nerv­tö­tend pe­ne­trant. Im wei­te­ren Ver­lauf mei­ner auf sie­ben Tei­le an­ge­leg­ten Se­rie wird es da­zu noch ei­ni­ges zu sa­gen bzw. zu schrei­ben ge­ben...

Blei­ben wir noch et­was in Pu­er­to de la Cruz, schau­en wir uns ein we­nig am Ran­de der Alt­stadt um, wo das wohl­pro­por­tio­nier­te Er­schei­nungs­bild der er­kenn­bar von städ­te­pla­ne­ri­scher Weit­sicht ver­gan­ge­ner Jahr­hun­der­te ge­präg­ten Stra­ßen, Gas­sen und Plät­ze aus­zu­fran­sen be­ginnt, wo ren­di­te­op­ti­mier­te Wol­ken­krat­zer in die Hö­he sprie­ßen, die ei­nen als Ho­tel kon­zi­piert, die an­de­ren als Kon­glo­me­rat von Ei­gen­tums­woh­nun­gen resp. ‑Apart­ments wie bei­spiels­wei­se die­ser Klotz hier in der Nä­he der (seit Jah­ren we­gen Bau­fäl­lig­keit ge­schlos­se­nen und rui­nös da­hin­bröckeln­den) Bus­sta­ti­on [2]:

gesichtlos-grusige Balkonfront eines überdimensionalen Apartment-Hochbunkers

Nee, so­was woll­te sich der Ver­fas­ser die­ser Zei­len nicht als »Wert­an­la­ge« an die Backe bin­den. Wo­zu auch für al­len­falls drei Wo­chen im Jahr in ei­ge­nen vier Wän­den hau­sen (bei ganz­jäh­rig lau­fen­den Ko­sten), wo es doch so ein­la­den­de Gast-Stät­ten wie das »Mo­no­pol« gibt?

So­viel für heu­te, so­viel zu un­se­ren er­sten Ein­drücken von der größ­ten In­sel des ka­na­ri­schen Ar­chi­pels. In der näch­sten Fol­ge gucken wir uns dann noch­mals in der nä­he­ren Um­ge­bung un­se­res mit Be­dacht ge­wähl­ten Ur­laubs-Haupt­quar­tie­res um, be­vor wir uns dann zu er­sten Wan­de­run­gen ins Um­land auf­ma­chen...

 
[1] Der En­des­un­ter­fer­tig­te legt Wert auf die Fest­stel­lung, daß er we­der ak­tiv be­sto­chen wor­den ist noch sei­ner­seits pro­ak­tiv um Ver­gün­sti­gun­gen nach­ge­sucht hat mit Hin­weis auf die pu­bli­zi­sti­sche Her­aus­he­bung des spen­da­blen Un­ter­neh­mers. Wenn un­ser­ei­ner Emp­feh­lun­gen ab­gibt, dann aus­schließ­lich auf­grund po­si­ti­ver Er­leb­nis­se als re­gu­lä­rer Rei­sen­der. Zu­dem wä­re es die schie­re Hy­bris, sei­nem ei­ge­nen, letzt­lich ba­na­len Be­find­lich­keits-Blog ir­gend­ei­ne wer­be­wirk­sa­me Re­le­vanz zu­schrei­ben zu wol­len!

[2] Das mit der om­ni­prä­sen­ten Rui­nen-Ro­man­tik ist auch so ei­ne ei­gen­ar­ti­ge Sa­che: Im­mer wie­der stößt man auf re­la­tiv jun­ge Ge­bäu­de, An­la­gen und Ein­rich­tun­gen, die nach ih­rer (teil­wei­se mit EU-Gel­dern ge­för­der­ten) Er­rich­tung und In­be­trieb­nah­me of­fen­kun­dig nicht wei­ter in­stand­ge­hal­ten und ge­pflegt wer­den: Aus klei­nen Schä­den wer­den dann schnell gro­ße, und ir­gend­wann wird das ma­ro­de Ob­jekt dann auf­ge­ge­ben, gün­stig­sten­falls ab­ge­ris­sen und durch et­was Neu­es er­setzt. Die öko­no­misch wie öko­lo­gisch ha­ne­bü­che­ne Men­ta­li­tät da­hin­ter wird sich un­ser­ei­nem nie er­schlie­ßen...

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Sonntag, 28. September 2014

Kli­ma­wan­del

Bananenstaude in einer Plantage auf La Palma (Kanaren)
 
Abb. 1: Ba­na­nen­stau­de in ei­ner Plan­ta­ge auf La Pal­ma (Ka­na­ren)
Bananenstaude im Stadtpark von Fürth (Bayern)
 
Abb. 2: Ba­na­nen­stau­de im Stadt­park von Fürth (Bay­ern)
Als ich vor gut 15 Jah­ren nach Fürth ge­zo­gen bin, war ich sehr an­ge­tan vom Un­der­state­ment ei­ner klei­nen Groß­stadt, die – ein­ge­klemmt zwi­schen den un­ein­hol­bar rei­chen Stief­schwe­stern Er­lan­gen und Nürn­berg – ih­ren ei­ge­nen, ehr­li­chen und bo­den­stän­di­gen Weg zu su­chen schien.
 
Heu­te blicke ich ent­täuscht und er­nüch­tert auf ei­ne pro­vin­zi­el­le Kom­mu­ne, die ihr »Ta­fel­sil­ber« – na­ment­lich ihr ar­chi­tek­to­ni­sches Er­be – ver­schleu­dert, und in der längst nicht mehr die ge­wähl­ten Po­li­ti­ker, son­dern Bau­trä­ger, In­ve­sto­ren und an­de­re Ver­tre­ter von Par­ti­ku­lar­in­ter­es­sen die Marsch­rich­tung zu be­stim­men schei­nen.
 
Kein Wun­der, daß in sol­chen Ver­hält­nis­sen längst auch die Ba­na­nen ge­dei­hen...
Freitag, 1. August 2014

Die Über­ra­schungs­in­sel (1)

Auf den Tag ge­nau drei Mo­na­te nach sei­ner Rück­kehr aus dem Jah­res­ur­laub rafft sich der fau­le zone­batt­ler jetzt end­lich zur längst über­fäl­li­gen Be­richt­erstat­tung über den­sel­ben auf! Nach­dem er die – gleich­falls träg­heits­hal­ber vor sich her­ge­scho­be­ne – Bild­sich­tung, ‑aus­mi­stung und ‑be­ar­bei­tung nun­mehr end­lich ab­ge­schlos­sen hat, wä­re ei­ne wei­te­re Ver­zö­ge­rung nicht mehr plau­si­bel zu be­grün­den. Al­len­falls ei­ne schlei­chen­de Ad­ap­tie­rung des me­di­ter­ra­nen Le­bens­ge­fühls könn­te da­für her­hal­ten, den Schlen­dri­an zu ent­schul­di­gen...

Wo­mit ein gu­ter Ein­stieg ge­fun­den wä­re: Nach den Berei­sun­gen der »Schatz­in­sel« La Pal­ma und der »Ver­kehrs­in­sel« Mal­ta (nebst Go­zo) stand dies­mal mit Mal­lor­ca er­neut ein ent­spann­ter In­sel-Auf­ent­halt auf dem Rei­se­plan. [1] Zwar war der Au­tor die­ser Zei­len vor ei­nem knap­pen Vier­tel­jahr­hun­dert (und in ei­nem frü­he­ren Le­ben) schon mal ne­ben­an auf Me­nor­ca tauch­ur­lau­ben, aber auf die Traum­in­sel der Deut­schen zog es ihn heu­er zum er­sten Ma­le. Die man­nig­fal­ti­gen dort er­leb­ten, teil­wei­se schier un­glaub­li­chen Über­ra­schun­gen ge­ben der auf acht Tei­le an­ge­leg­ten Ar­ti­kel-Se­rie ih­ren Na­men.

Zum Ein­stieg sei wie so oft ein La­ge­plan mit den im Ur­laub zu­rück­ge­leg­ten We­gen vor­ge­zeigt (mit Dank an mei­nen klei­nen GPS-Tracker):

Übersichtskarte von Mallorca mit den eingearbeiteten GPS-Tracks der zurückgelegten Wege
Map da­ta: © Open­Street­Map con­tri­bu­tors, powered by Open­Rou­te­Ser­vice
 
Groß­fas­sung 940 x 720 Pi­xel

Wie man sieht, be­schränk­ten sich des zonebattler’s Er­kun­dungs-Ak­ti­vi­tä­ten bei die­sem erst­ma­li­gen Auf­ent­halt im We­sent­li­chen auf die Ser­ra de Tra­m­un­ta­na und die In­sel­me­tro­po­le Pal­ma de Mal­lor­ca. Knap­pe drei Wo­chen lang ha­ben wir vor al­lem das Ge­bir­ge und die eher be­schau­li­chen klei­nen Or­te dar­in er­wan­dert und er­fah­ren. Die viel­fach kol­por­tier­ten Aus­wüch­se des Mas­sen-Tou­ris­mus’ ha­ben wir da­bei üb­ri­gens we­der ge­sucht noch ge­fun­den...

Doch be­gin­nen wir am An­fang: Mit­te April ging es los, per pe­des zur U‑Bahn, mit die­ser zum Nürn­ber­ger Flug­ha­fen, von da aus non-stop und di­rekt mit Air Ber­lin auf und da­von in Rich­tung Pal­ma. Das eu­ro­pa­weit schö­ne Wet­ter mach­te schon die Al­pen­über­que­rung zum spek­ta­ku­lä­ren Er­leb­nis:

Mit Flug AB7530 von Nürnberg nach Palma de Mallorca

Nach der Lan­dung in Pal­ma de Mal­lor­ca muß­ten wir ein we­nig su­chen, bis wir zu un­se­rem Shut­tle-Bus fan­den, der uns und ein wei­te­res Paar dann um­stands­los zu un­se­rem Ziel brach­te, dem klei­nen Kü­sten­ort Port de Sól­ler an der Süd­west­kü­ste des mal­lor­qui­ni­schen Ei­lan­des. Dort­selbst be­zo­gen der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te ihr Quar­tier in ei­nem der preis­gün­sti­ge­ren Ho­tels di­rekt an der ma­le­ri­schen Ufer­pro­me­na­de und wa­ren an­ge­nehm über­rascht vom tem­po­rä­ren neu­en Heim.

Die arith­me­tisch nicht wirk­lich in die Sor­tie­rung der üb­ri­gen Zim­mer pas­sen­de Raum­num­me­rie­rung ließ uns schluß­fol­gern, daß wir mög­li­cher­wei­se in ei­nem erst spä­ter zum Ho­tel­zim­mer um­ge­wid­me­ten Raum ge­lan­det wa­ren. Je­den­falls wa­ren wir sehr zu­frie­den da­mit, zu­mal wir nach dem vor­her­ge­gan­ge­nen Stu­di­um von di­ver­sen Be­wer­tungs­por­ta­len schon schlim­me Be­fürch­tun­gen ge­hegt hat­ten... [2]

Hotelbett in Port de Sóller

Das Fen­ster ging zwar nicht zum Meer, son­dern zum ru­hi­gen Hof hin­aus, aber das war uns ei­ni­ger­ma­ßen schnup­pe: Zum Ufer wa­ren es drau­ßen nur we­ni­ge Schrit­te, und drin­nen guck­ten wir oh­ne­hin eher in die mit­ge­führ­ten Fen­ster­chen zur vir­tu­el­len Welt als nach dem ech­ten Aus­blick.

In frü­he­ren Jahr­hun­der­ten schüt­zen sich die Mal­lor­qui­ner vor Pi­ra­ten durch schlaue An­la­ge ih­rer Sied­lun­gen: Wäh­rend die Hä­fen be­wußt klein und un­schein­bar ge­hal­ten wur­den, bau­te man ein paar Ki­lo­me­ter im Hin­ter­land die ei­gent­li­chen Or­te, die von See aus nicht zu se­hen wa­ren (und es bis heu­te nicht sind). »Se­cu­ri­ty by ob­scu­ri­ty«, so­zu­sa­gen. So ver­fuhr man auch im Fal­le von Port de Sól­ler, wel­ches den Mee­res­zu­gang für das et­wa drei Ki­lo­me­ter land­ein­wärts ge­le­ge­ne Städt­chen Sól­ler dar­stellt. Bei­de Ge­mein­de­tei­le sind nicht nur durch Stra­ßen und We­ge, son­dern seit 1913 durch ei­ne schnucke­li­ge Schmal­spur-Stra­ßen­bahn ver­bun­den, de­ren ei­ne End­hal­te­stel­le ju­sta­ment vor un­se­rem Ho­tel-Ein­gang lag:

historische Straßenbahn am Endhalte- und Wendepunkt in Port de Sóller

Nach Aus­sa­ge von Freun­den, die schon seit vie­len Jah­ren im­mer wie­der in die­se Ecke der In­sel rei­sen, ko­ste­te ei­ne Stra­ßen­bahn­fahrt vor zwölf Jah­ren noch läp­pi­sche 50 Cent pro Na­se und Rich­tung, was schwer­lich ko­sten­deckend ge­we­sen sein dürf­te, zu­mal die Zü­gel­chen da­mals wohl pri­mär von der ein­hei­mi­schen Be­völ­ke­rung fre­quen­tiert wur­den und da­mit al­les an­de­re als aus­ge­la­stet wa­ren. Dann ka­men wohl fin­di­ge Tou­ris­mus-Un­ter­neh­mer auf die Idee, Ta­ges­tou­ren von Pal­ma aus an­zu­bie­ten und so­wohl den nicht min­der hi­sto­ri­schen Zug von Pal­ma nach Sól­ler als auch die dar­an an­schlie­ßen­de Stra­ßen­bahn als At­trak­ti­on zu ver­mark­ten. Heu­te ko­stet die Pas­sa­ge mit der Bim­mel­stra­ßen­bahn stol­ze 5,00 EUR pro Per­son, wes­halb wir uns das Ver­gnü­gen in der gan­zen Zeit un­se­res Auf­ent­halts ge­nau ein­mal ge­gönnt ha­ben (und an­son­sten die Strecke mit Bus oder Au­to ge­fah­ren, wenn nicht gar ge­lau­fen sind)...

Die er­sten Ta­ge un­se­res Ur­laubs ver­brach­ten wir in und um Sól­ler her­um. Das Städt­chen ist der idea­le Aus­gangs­punkt für Wan­de­run­gen al­ler Schwie­rig­keits­gra­de, ver­fügt an­de­rer­seits nicht über aus­ge­dehn­te Strän­de und auf ein jun­ges Pu­bli­kum aus­ge­rich­te­te Frei­zeit­an­ge­bo­te, so daß sich dort mehr mit­tel­al­te Wan­ders­leu­te ein­fin­den als Par­ty-Peo­p­le auf der Su­che nach vol­len San­gria-Ei­mern. Uns war das sehr recht, und vie­len an­de­ren Rei­sen­den auf der Su­che nach Ru­he und Ent­schleu­ni­gung auch.

die Bucht von Sóller Betrachtende

Ich per­sön­lich war von der Aus­deh­nung des mal­lor­qui­ni­schen Ge­birgs­zu­ges der Tra­m­un­ta­na ei­ni­ger­ma­ßen über­rascht, und zwar so­wohl in ho­ri­zon­ta­ler wie auch in ver­ti­ka­ler Hin­sicht. Das ließ schweiß­trei­ben­de Tou­ren er­war­ten (die spä­ter dann auch tat­säch­lich folg­ten). Wie schon in den Vor­jah­ren er­wies es sich da als um­sich­tig, die Rei­se im Früh­jahr an­ge­tre­ten zu ha­ben, wo die Ta­ges­höchst­tem­pe­ra­tur noch er­träg­lich ist und die Ve­ge­ta­ti­on üp­pig. Doch da­zu spä­ter mehr.

Zu­nächst al­so er­forsch­ten wir auf Schu­sters Rap­pen die nä­he­re Um­ge­bung von Port de Sól­ler und krab­bel­ten auf die um­lie­gen­den Hän­ge und Hü­gel. Im­mer wie­der er­ga­ben sich da­bei reiz­vol­le Aus- und An­sich­ten von post­kar­ten­ge­eig­ne­ter Pit­to­re­ski­zi­tät:

Ansicht von Port de Sóller mit dem alten Wachturm Torre Picada

Bei dem dicken Knub­bel da links oben über dem Ha­fen han­delt es sich um ei­nen al­ten Wach- und Wehr­turm, die Tor­re Pi­ca­da. An­son­sten sieht man recht schön das Drei­vier­tel­rund der Bucht, die Strand­pro­me­na­de und die sie säu­men­den Ho­tel­bau­ten von durch­wegs mo­de­ra­ten Aus­ma­ßen. Den Hang hin­auf gibt es Apart­ment-Häu­ser, von de­nen bei nä­he­rer In­spek­ti­on weit mehr un­be­wohnt leer­ste­hen, als man mei­nen möch­te. Wie auch an­ders­wo in spa­ni­schen Lan­den ist da wohl viel am tat­säch­li­chen Be­darf vor­bei ge­baut wor­den, aber ir­gend­wer wird da­von schon pro­fi­tiert ha­ben...

Zu­rück ans Ufer und an die Pro­me­na­de, wo sich das Le­ben ab­spielt, wel­ches »prall« zu nen­nen zu­min­dest in der Vor­sai­son ei­ne ar­ge Über­trei­bung wä­re. Vie­le Was­ser­sport-Ak­ti­vi­tä­ten gab es im April noch nicht zu be­ob­ach­ten, manch’ ein­schlä­gi­ges An­ge­bot stand noch weit­ge­hend un­ge­nutzt her­um und dien­te pri­mär als bun­tes Fo­to­mo­tiv:

gestapelte Kajaks in Port de Sóller

Bald fan­den wir her­aus, daß es auf der In­sel her­vor­ra­gen­des Spei­es­eis zu schlecken, ja es so­gar in Sól­ler ei­ne ei­ge­ne Eis­fa­brik gibt. Als er­klär­ter Geg­ner ab­sur­der Glo­ba­li­sie­rungs­aus­wüch­se soll­te ich mir jetzt ei­gent­lich den Hin­weis dar­auf ver­knei­fen, daß das hei­mi­sche Spe­zia­li­tä­ten-La­bel »Fet a Sól­ler« über den ei­ge­nen On­line-Shop so­gar Eis zur Lie­fe­rung von Mal­lor­ca nach Deutsch­land an­bie­tet, aber mei, de­kla­riert als vir­tu­el­len Ap­pe­ti­zer zum Pro­bie­ren vor Ort las­se ich mir die In­kon­se­quenz selbst mal durch­ge­hen...

Je­den­falls ist es ein schö­nes Ri­tu­al zum Ta­ges­aus­klang in Port de Sól­ler, sich vor die son­nen­ge­wärm­te Mau­er am klei­nen Fet a Sól­ler-Eis­ca­fé an der Strand­pro­me­na­de zu set­zen, ein Eis zu schlab­bern und da­bei den Son­nen­un­ter­gang zu be­trach­ten: [3]

Sonnenuntergang in Port de Sóller

Nach Son­nen­un­ter­gang ist im Früh­jahr nim­mer viel los im Ört­chen, die Ho­tel­gä­ste ver­tei­len sich auf die di­ver­sen Re­stau­rants an der Pro­me­na­de oder tap­pen noch ein we­nig sin­nie­rend am Strand ent­lang. Ir­gend­wann nimmt die letz­te Stra­ßen­bahn als »Lum­pen­samm­ler« noch ein paar Leut­chen mit, dann kehrt Ru­he ein.

Ru­he herrscht nun­mehr auch hier, und ich be­en­de mei­nen heu­ti­gen Bei­trag mit ei­nem Aus­blick auf den näch­sten, in wel­chem wir den Blick er­wei­tern und uns et­was im Um­land um­tun wol­len. Ein Vier­tel­jahr wird es de­fi­ni­tiv nicht dau­ern bis zur zwei­ten Fol­ge mei­ner klei­nen Rei­se­re­por­ta­ge, das im­mer­hin sei hier und heu­te ver­spro­chen! Da bin ich men­ta­li­täts­mä­ßig dann doch noch eher die deut­sche Be­amt­ensee­le und nicht der me­di­ter­ra­ne Le­bens­künst­ler...

 
[1] Ja, ich weiß, La Pal­ma und die üb­ri­gen In­seln der Ka­na­ren lie­gen fern­ab des Mit­tel­mee­res im At­lan­tik, sind aber den­noch so spa­nisch ge­prägt wie die Ba­lea­ren und auch des mil­den Kli­mas we­gen so­zu­sa­gen »qua­si-me­di­ter­ran« in der An­mu­tung...

[2] Wo­bei es mit den Ho­tel-Be­wer­tun­gen im Netz im­mer so ei­ne Sa­che ist: Man fin­det für fak­tisch je­des Eta­blis­se­ment so­wohl him­mel­hoch jauch­zen­de wie grot­tig-grau­sa­me Kom­men­ta­re. Die ei­nen mö­gen von be­stell­ten Cla­que­ren kom­men, die an­de­ren von nei­di­schen Kon­kur­ren­ten lan­ciert sein. Man­che Rei­sen­de kön­nen bi­zarr über­zo­ge­ne An­sprü­che ha­ben, an­de­re sind – wie wir – eher ge­nüg­sam, so­lan­ge Bett & Du­sche sau­ber und be­nutz­bar sind. Pech kann man ha­ben, Glück aber auch. Be­trei­ber kön­nen wech­seln, di­to das Ser­vice-Per­so­nal. Kurz­um: Man soll­te sich im Vor­aus kei­nen gro­ßen Kopf ma­chen und nicht all­zu viel Zeit mit dies­be­züg­li­cher Re­cher­che ver­schwen­den.

[3] Be­vor orts­kun­di­ge Kenner(innen) jetzt tri­um­phie­rend her­um­nölen: Ja, der Blick vom Eis-Ca­fé aus sieht et­was an­ders aus, man hat da näm­lich Blick auf’s of­fe­ne Meer hin­aus, das Fo­to ent­stand zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen ein paar hun­dert Schrit­te rechts da­von, aber nein, die ru­hig-ro­man­ti­sche Abend­stim­mung ist hier wie da die glei­che und ich neh­me im Zwei­fels­fall lie­ber die schö­ne­ren Fo­tos, weil die mei­sten Blogbesucher(innen) er­fah­rungs­ge­mäß nur die Bil­der an­schau­en und mei­ne mir da­zu müh­sam ab­ge­run­ge­nen Zwi­schen­tex­te eh nicht le­sen. Selbst wenn ich re­si­gnie­rend seuf­zend Blind­text hin­schrü­be, wür­den es ver­mut­lich die we­nig­sten mer­ken...

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Mittwoch, 26. September 2012

Hirn­hei­ner (1)

Ich wan­del­te wei­land durch den wat­tig-wa­bern­den Hoch­ne­bel von La Pal­ma, als mein Han­dy schell­te (schull? scholl?) und ein wild­frem­der An­ru­fer aus­ge­rech­net Maul­beer­bäu­me von mir kau­fen woll­te. Der Depp Gen­tle­man hat­te mit der Goog­le-Bil­der­su­che nach der­lei Ge­wäch­sen ge­fahn­det, mein Maul­beer­baum­bild aus die­sem Ar­ti­kel in der Tref­fer­li­ste ganz vor­ne ge­fun­den und oh­ne wei­te­re in­halt­li­che Lek­tü­re mei­nes Bei­tra­ges so­fort ge­schluß­fol­gert, daß ich wohl Maul­beer­baum­schul­be­trei­ber wä­re. Den Weg ins Im­pres­sum und da­mit zu mei­ner Te­le­fon­num­mer hat er auch noch ge­fun­den, und so­gar zum Wäh­len der­sel­ben war er of­fen­kun­dig in der La­ge. Über sei­ne son­sti­gen gei­sti­gen Fä­hig­kei­ten konn­te und kann ich in­des nur Mut­ma­ßun­gen an­stel­len.

Fast hät­te ich den Vor­fall schon ver­ges­sen, aber heu­te er­fuhr die Er­in­ne­rung dar­an plötz­li­che und un­ver­hoff­te Auf­fri­schung: Wie­der klin­gel­te mein Mo­bil­fern­spre­cher, wie­der zeig­te das Dis­play ei­ne mir gänz­lich un­be­kann­te Ruf­num­mer, und wie­der woll­te ein Frem­der et­was von mir ha­ben, wenn auch dies­mal nur zur Mie­te. Bau­ge­rü­ste woll­te der Kol­le­ge auf­stel­len, ich wä­re »im In­ter­net« ein­deu­tig als Lie­fe­rant ge­nannt. Aha. Den ge­nau­en Such- und Fin­de­weg woll­te oder konn­te mir der Be­geh­ren­trä­ger nicht nen­nen, aber ich ha­be em­pi­risch ve­ri­fi­ziert, daß die google’sche Bil­der­su­che un­ter dem Stich­wort »Bau­ge­rüst« ein­mal mehr ei­nes mei­ner Fo­tos an er­ster Stel­le an­li­stet, und zwar das von je­nem Bei­trag hier. Auch aus dem geht frei­lich eben­falls nicht wirk­lich her­vor, daß ich An­bie­ter, Ver­trei­ber oder auch nur Be­sit­zer des ge­zeig­ten Ob­jek­tes wä­re.

Bin mal ge­spannt, ob und wie die ku­rio­se Se­rie wei­ter­geht. Viel­leicht will ja je­mand ir­gend­wann mal mei­nen Dienst­wa­gen mit 11.000 PS er­wer­ben? Dann soll­te ich ihm ei­nen gu­ten Preis nen­nen und mit dem Geld auf ei­ne der von mir fa­vo­ri­sier­ten In­seln ab­hau­en, viel­leicht auf die, auf der es kei­ne Ei­sen­bahn mehr gibt...

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Sonntag, 10. Juni 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (5)

An­sichts­kar­ten­wür­di­ge Auf­nah­men an der Kitsch­gren­ze ent­lang ha­be ich in der vor­her­ge­hen­den Fol­ge für dies­mal ver­spro­chen, und so ha­be ich mich hin­ge­setzt und ei­ne Aus­wahl Fo­tos her­aus­ge­sucht, in de­nen das Blau am blau­e­sten ist! Frü­her hat­te man für so­was ei­nen für sei­ne sat­ten Far­ben be­kann­ten Fu­ji Vel­via Dial­film mit 50 ASA in der Ka­me­ra, im di­gi­ta­len Hier und Jetzt greift mei­ner ei­ner gern auf die I2E-Op­ti­mie­rung von Fix­Fo­to zu­rück, um die drau­ßen im pral­len Le­ben vor­han­de­ne Farb­in­ten­si­tät noch ein we­nig zu be­to­nen. Fan­gen wir mal an mit ei­nem Blick über die Klip­pen auf das ma­re nostrum hin­aus:

Des zonebattler's bessere Hälfte beim Blick über das weite Meer

Ja, da kann man schon den Blues krie­gen. Nicht min­der satt ist üb­ri­gens das Grün der üp­pi­gen Ve­ge­ta­ti­on, was den Früh­ling ganz klar zur be­sten Be­suchs­zeit macht: Im Som­mer ist es auf Mal­ta viel zu heiß, um sich auf aus­ge­dehn­te Wan­de­run­gen zu be­ge­ben; im Herbst wer­den die Tem­pe­ra­tu­ren zwar wie­der er­trägl­li­cher, aber dann ist von der fri­schen Flo­ra des Früh­lings nichts mehr zu se­hen und die Land­schaft ist so trocken und so gelb­grau wie die stei­ner­nen Städ­te.

Und weil wir da­mit schon wie­der den Bo­gen zu­rück in die Stadt ge­schla­gen ha­ben, schau­en wir uns bei be­stem Wan­der­wet­ter ei­nen Aus­schnitt aus den rund um Val­let­ta all­ge­gen­wär­ti­gen Fe­stungs­an­la­gen an:

Festungsmauer bei Valletta

Ku­rio­ser­wei­se ha­ben uns die Fe­stun­gen und Ba­stio­nen im­mer wie­der an die gleich­falls von ita­lie­ni­schen Bau­mei­stern er­rich­te­te Stadt­mau­er von Forch­heim (Ober­fr) er­in­nert, im deut­lich grö­ße­ren Maß­stab, ver­steht sich. Aber das Prin­zip der Ver­tei­di­gungs­wäl­le mit stern­för­mig ge­zack­ten Vor­sprün­gen, Rück­sprün­gen, Wach­türm­chen etc. ist hier wie da das glei­che. Der im­mense Auf­wand, der hier in frü­he­ren Epo­chen be­trie­ben wur­de, legt ein be­red­tes Zeug­nis ab von der stra­te­gi­schen Wich­tig­keit Mal­tas über Jahr­hun­der­te hin­weg.

Doch ver­las­sen wir die trut­zi­gen Re­lik­te krie­ge­ri­scher Zei­ten und wen­den wir uns wie­der der fried­li­chen Ge­gen­wart zu. Im im­mer noch recht idyl­li­schen Fi­scher­ort Mar­sax­l­okk (das »x« wird zi­schend wie »sch« aus­ge­spro­chen) sind die bun­ten Boo­te der Fi­scher am frü­hen Nach­mit­tag schon längst wie­der ein­ge­lau­fen und im Ha­fen ver­täut:

Der Hafen von Marsaxlokk

Der dem Ver­zehr von Mee­res­früch­ten ge­mein­hin nicht zu­ge­neig­te Chro­nist hat sich den lo­ka­len Ge­ge­ben­hei­ten an­ge­paßt und di­rekt an der Mo­le in ei­nem der zahl­rei­chen Re­stau­rants ei­nen Fisch­tel­ler ver­speist (oh­ne den Tel­ler na­tür­lich) und fand die drei ver­schie­de­nen Fi­lets tat­säch­lich gar nicht mal so übel. Den Ver­zehr ten­ta­kel­be­haf­te­ter Kopf­füß­ler in­des lehnt er wei­ter­hin strin­gent ab, da­für mag er die in­tel­li­gen­ten und ver­spiel­ten Kra­ken und Tin­ten­fi­sche viel zu sehr lei­den. Freun­de ißt man nicht.

Zwei Ta­ge spä­ter ka­men wir er­neut nach Mar­sax­l­okk, wel­ches dies­mal den End­punkt ei­ner in Mar­saska­la be­gin­nen­den Wan­de­rung dar­stell­te. Un­ter­wegs ka­men wir an gran­dio­sen Klip­pen vor­bei, die den be­kann­ten Krei­de­fel­sen auf Rü­gen nicht ganz un­ähn­lich se­hen:

Klippen bei Marsaskala am Ostzipfel Maltas

Klei­ner Ein­schub: Im Ver­gleich zu un­se­rem letz­ten In­sel-Ur­laub auf La Pal­ma wa­ren die Wan­de­run­gen auf Mal­ta ins­ge­samt we­ni­ger schlau­chend (schon auf­grund der deut­lich ge­rin­ge­ren Hö­hen­un­ter­schie­de und der Ab­we­sen­heit von un­ter dem Fuß weg­rut­schen­der Vul­kan­asche), we­ni­ger zi­vi­li­sa­ti­ons­fern und da­mit un­ter dem Strich ab­wechs­lungs­rei­cher. So ver­wun­dert es we­nig, daß ich aus 2,5 Wo­chen auf Mal­ta dop­pelt so­vie­le Fo­tos heim­ge­bracht ha­be als von drei Wo­chen auf La Pal­ma...

In Mar­sax­l­okk an­ge­kom­men, zeig­te sich der Him­mel dies­mal nicht mehr so die­sig wie am Vor­vor­ta­ge, als das wei­ter oben ge­zeig­te Fo­to vom Boots­ge­wim­mel im Ha­fen­becken ent­stan­den war. Dies­mal war das sat­te Blau des Him­mels kaum noch zu stei­gern, und so er­gab sich end­lich die Ge­le­gen­heit, das ty­pi­sche Rei­se­füh­rer­mo­tiv schlecht­hin ein­zu­fan­gen und fest­zu­hal­ten:

traditionelles Fischerboot mit dem Horusauge

Ja, so ein pop­pi­ges Luz­zu macht schon was her, erst recht, wenn sein be­schüt­zen­des Ho­rusau­ge so sorg­fäl­tig be­malt ist wie an dem ge­zeig­ten Ex­em­plar! Ein­mal mehr war der zone­batt­ler froh, sich für Per­spek­ti­ven wie die­se dank des Schwenk­dis­plays sei­ner Ka­me­ra nicht zu aben­teu­er­li­chen akro­ba­ti­schen Ver­ren­kun­gen her­ab­las­sen zu müs­sen...

Kaum we­ni­ger pit­to­resk als die bun­ten Boo­te sind die elek­tri­schen In­stal­la­tio­nen auf Mal­ta, de­ren ober­ir­di­sche Lei­tungs­füh­rung eher prag­ma­ti­schen Er­wä­gun­gen zu fol­gen scheint als den deut­schen Si­cher­heits­vor­schrif­ten und den an­er­kann­ten Re­geln der Tech­nik: Wo ein­mal ein Ka­bel ge­spannt wor­den ist, kommt hier noch eins da­zu und da noch eins dran, und ob das al­les so wit­te­rungs­fest und auf Dau­er un­ge­fähr­lich ist wie es sein soll­te und müß­te, ist doch mehr als frag­lich. Egal, des Fo­to­gra­fen Au­ge er­freut das Spiel von Licht und Schat­ten je­den­falls:

Stromleitungen und Anzapfungen an einer Hausecke

Bei sol­chen und ähn­li­chen An­blicken (die Ab­was­ser­rohr­füh­run­gen an den Au­ßen­wän­den mu­ten mit­un­ter ähn­lich aben­teu­er­lich an) fra­ge ich mich zu­wei­len, ob die Süd­län­der nun zu lax oder wir Nord­län­der nur zu pe­ni­bel sind in der Be­ur­tei­lung und Hand­ha­bung in­fra­struk­tu­rel­ler An­ge­le­gen­hei­ten. Viel mehr Un­fäl­le als bei uns scheint es an­dern­orts ja auch nicht zu ge­ben, was durch­aus ge­gen ei­ne über­mä­ßi­ge Re­gle­men­tie­rung sprä­che. An­de­rer­seits muß das aus­häu­sig an­ge­brach­te Ma­te­ri­al in un­se­ren Brei­ten ge­mein­hin mehr aus­hal­ten, schließ­lich sind die Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen übers Jahr ge­se­hen grö­ßer. Wie dem auch sei, von Strom­un­fäl­len oder plötz­li­chen Was­ser­ein­brü­chen sind wir wäh­rend un­se­res Ur­laubs ver­schont ge­blie­ben...

So, nach­dem ich heu­te den blau­en Farb­topf auf­ge­macht ha­be, darf ein Schön­wet­ter­blick auf den Ha­fen von Val­let­ta von der Fe­stung ge­gen­über na­tür­lich nicht feh­len:

Wachturm am Grand Harbour von Valletta

Er­staun­lich üb­ri­gens, das man selbst an viel­ge­knip­sten und sehr be­lieb­ten Tou­ri­sten-High­lights wie die­sem Wach­türm­chen sel­ten ein Pro­blem da­mit hat, »men­schen­lee­re« An­sich­ten ab­zu­lich­ten: Die Men­ge ver­läuft sich (wohl auch in des Wor­tes mehr­fa­cher Be­deu­tung) in den Stra­ßen und Gas­sen, man fin­det we­ni­ge Schrit­te ab­seits der Zen­tren schnell in ru­hi­ge und be­schau­li­che Ecken...

Ein ab­schlie­ßen­der Sprung quer über die In­sel in den Nord­we­sten führt uns zu ei­nem präch­tig re­stau­rier­ten al­ten Pa­last, den ich hier gleich­falls vor des Him­mels tief­ster Bläue prä­sen­tie­ren möch­te:

Selmun Palace unweit der Stadt Mellieha

Dank ge­schick­ter Stand­ort­wahl des Fo­to­gra­fen ver­deckt der al­te Klotz in der Nä­he der Stadt Mel­lieħa das weit we­ni­ger schö­ne Lu­xus­ho­tel da­hin­ter, mit des­sen Lu­xus es aus­weis­lich di­ver­ser Be­wer­tungs­po­ra­le aber auch nicht mehr weit her sein soll. Nicht im­mer hal­ten die Zu­stän­de im In­ne­ren, was die Fas­sa­den ver­spre­chen, aber das ist ja nicht nur auf Mal­ta so.

Auch des zonebattler’s Ein­las­sun­gen ent­spre­chen nicht im­mer den selbst­auf­er­leg­ten Stan­dards, das krampf­haf­te Ent­lang­han­geln an der Far­be von Him­mel und Was­ser war ver­mut­lich nicht der Weis­heit letz­ter Schluß für ei­nen ei­ni­ger­ma­ßen le­ser­li­chen Rei­se­be­richt, aber ich trö­ste mich mit dem Ge­dan­ken, daß die mei­sten mei­ner ge­schätz­ten Le­se­rIn­nen oh­ne­hin lie­ber bun­te Bild­chen an­schau­en als el­len­lan­ge Tex­te am Bild­schirm stu­die­ren. Den­noch will ich na­tür­lich auch die wirk­lich Wiß­be­gie­ri­gen nicht ver­prel­len und ver­spre­che hier­mit leicht­hin, mich in der näch­sten Fol­ge wie­der et­was zu­sam­men­zu­rei­ßen und ge­halt­vol­le­re Sen­ten­zen ab­zu­son­dern.

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Montag, 21. Mai 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (1)

Zwei Jah­re nach sei­nem Ur­laub auf der »Schatz­in­sel« zog es den zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te heu­er er­neut auf ein sa­gen­um­wo­be­nes Ei­land: Mal­ta war dies­mal un­ser mee­res­um­spül­tes Ex­pe­di­ti­ons­ziel. Zwei­ein­halb Wo­chen lang er­forsch­ten wir den me­di­ter­ra­nen In­sel­staat zwi­schen Si­zi­li­en und Afri­ka, und wie die über­ein­an­der­ge­leg­ten GPS-Tracker-Da­ten zei­gen, mach­ten wir da­bei auch ei­nen klei­nen Ab­ste­cher nach Go­zo, der zwei­ten, deut­lich klei­ne­ren (und ru­hi­ge­ren) Haupt­in­sel des Ar­chi­pels. War­um ich die mehr­tei­li­ge Be­richt­erstat­tung mit »Die Ver­kehrs­in­sel« über­schrei­be, wird spä­ter deut­lich wer­den, wenn ich un­se­re schier un­glaub­li­chen Er­fah­run­gen mit dem öf­fent­li­chen Nah­ver­kehr dort in epi­scher Brei­te aus­wal­ze...

Übersichtskarte von Gozo und Malta mit den von uns zurückgelegten Wegen
Map da­ta: © Open­Street­Map con­tri­bu­tors, powered by Open­Rou­te­Ser­vice

Nach knapp drei Wo­chen Ur­laub da drun­ten gibt es ziem­lich viel zu er­zäh­len und auch man­ches im Bil­de vor­zu­zei­gen, al­lein wie Struk­tur hin­ein­brin­gen und am be­sten an­fan­gen? Star­ten wir doch ein­fach mal mit ein paar Spe­zia­li­tä­ten und Wun­der­lich­kei­ten, die uns mehr­fach und im­mer wie­der, ja nach­ge­ra­de stän­dig un­ter die Au­gen und vor die Fü­ße ge­kom­men sind. Zu­vör­derst ist das das bau­li­che Er­be der über 150-jäh­ri­gen bri­ti­schen Ko­lo­ni­al­herr­schaft: Die mal­te­si­che Stadt­ar­chi­tek­tur im geor­gia­ni­schen Stil ist trotz al­ler neu­zeit­li­chen Kahl­schlä­ge zu­gun­sten du­bio­ser Ap­par­te­ment-Häu­ser oder ge­sichts­lo­ser Ho­tel-Tür­me im­mer noch flä­chig prä­sent, und mit ihr die aus Eng­land be­kann­te Viel­falt an bun­ten Tü­ren mit (mehr oder we­ni­ger) no­blen Knäu­fen und Klop­fern dran:

Türknäufe und -klopfer in allen Formen und Farben

Nicht im­mer hal­ten üb­ri­gens die um den po­lier­ten Tür­knauf her­um ge­bau­ten Häu­ser, was die ge­pfleg­ten Be­schlä­ge ver­spre­chen: So man­ches der nicht im­mer in Wür­de ge­al­ter­ten Ge­bäu­de wä­re mit dem eng­li­schen Eu­phe­mis­mus »has seen bet­ter days« nur un­zu­rei­chend be­schrie­ben. Drum eben nicht die gan­ze Hüt­te ge­zeigt, son­dern voll fett auf die Mit­te der Haus­tür ge­zoomt, und schon ist die Welt – zu­min­dest bild­lich ge­spro­chen – wie­der in Ord­nung...

Oh­ne­hin un­sicht­bar ist da­ge­gen die mo­der­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons-In­fra­struk­tur in Form ko­sten­lo­ser und frei zu­gäng­li­cher WLAN-Hot­spots, im eng­li­schen Sprach­raum Wi-Fi ge­hei­ßen. In den tou­ri­stisch ge­präg­ten Ge­gen­den Mal­tas fin­det man al­le paar Me­ter ein Lo­kal, ei­ne Bar oder ei­nen der glo­bal om­ni­prä­sen­ten Bu­let­ten-Bra­ter, bei dem man sich zur gleich­zei­ti­gen Stil­lung von Ka­lo­rien- und Nach­rich­ten­hun­ger tem­po­rär nie­der­las­sen kann. Die hier­zu­lan­de ge­fürch­te­te und stets als Da­mo­kles­schwert über dem leicht­sin­ni­gen Rou­ter­be­sit­zer schwe­ben­de Be­trei­ber­haf­tung ist im EU-Mit­glieds­staat Mal­ta of­fen­bar (noch?) kein The­ma:

Praktisch und hilfreich: freies WLAN für alle

Wir mach­ten von dem vir­tu­el­len Kom­fort reich­lich Ge­brauch, in­dem wir mit dem Smart­phone fast täg­lich die ein­ge­gan­ge­nen Mails check­ten, vor al­lem aber, um uns für den Le­se­abend im Ho­tel­bett mit ak­tu­el­lem Ma­te­ri­al zu ver­sor­gen: Da­heim in der Hei­mat warf Freund Le­xi­ka­li­ker täg­lich »ca­lib­re« an, um uns die ak­tu­el­len News­feeds von FAZ.NET, Süddeutsche.de, ZEIT ONLINE und noch ein paar an­de­ren gern auf­ge­saug­ten Quel­len fein for­ma­tiert über den Äther auf mein stets mit­ge­führ­tes Le­se­brett­chen zu bea­men. Tags­über auf den Bei­nen und in der Frem­de Neu­es zu ent­decken, abends ak­tu­el­len In­put aus der Hei­mat zu stu­die­ren, die­se Mi­schung aus Fuß- und Kopf­ar­beit lern­ten wir zu schät­zen...

Schät­zen tut der zone­batt­ler be­kannt­lich auch sei­ne mo­to­ri­sier­te Renn­gur­ke, und so war er hoch­er­freut, vier­räd­ri­ge Cou­sins sei­nes ei­ge­nen Ve­hi­kels (au­ßer­halb des deut­schen Mark­tes »Sub­aru Sam­bar« ge­nannt) an al­len Ecken und En­den der In­sel her­um­flit­zen (oder her­um­ste­hen) zu se­hen:

Praktisch und beliebt: Subaru-Renngurken in allen Varianten

Über­haupt fin­den sich auf Mal­ta vie­le ja­pa­ni­sche Au­tos, die aus­weis­lich di­ver­ser Auf­kle­ber mit fern­öst­li­chen Schrift­zei­chen of­fen­kun­dig als Ge­braucht­fahr­zeu­ge nach Eu­ro­pa im­por­tiert wor­den sind. Da ei­ne hei­mi­sche Nach­fra­ge nach be­reits be­nutz­ten Fahr­zeu­gen in Ja­pan aus kul­tu­rel­len Grün­den kaum exi­stiert, flo­riert der Ver­kauf nach Über­see in Re­gio­nen mit Links­ver­kehr und Rechts­len­kung (wo­zu aus Grün­den des bri­ti­schen Er­bes eben auch Mal­ta ge­hört). Der Libero/Sambar ist je­den­falls der idea­le Klein­trans­por­ter für die zu­wei­len en­gen Gas­sen und hol­pe­ri­gen Stra­ßen Mal­tas!

We­ni­ger nach­voll­zieh­bar als die Lie­be zu knuf­fi­gen Töff-Töffs ist der Hang mal­te­si­scher Bal­ler-Män­ner zum Schie­ßen auf al­les, was Flü­gel hat und flat­tert. Jen­seits der mensch­li­chen Sied­lun­gen ste­hen in der idyl­li­schen Land­schaft al­le paar Me­ter pro­vi­so­ri­sche und ziem­lich schä­bi­ge Un­ter­stän­de her­um, und auch au­ßer­halb der of­fi­zi­el­len Jagd­sai­son kann man dort die Spu­ren des für Vö­gel je­der Art und Grö­ße töd­li­chen Ge­tu­es schwer­lich über­se­hen:

leere Schrotpatronen künden vom jähen Vogeltod

Für den ge­mei­nen Mal­te­ken scheint das Pul­ve­ri­sie­ren von be­weg­li­chen Luft­zie­len nicht min­der er­re­gend zu sein als für die Spa­ni­er der Stier­kampf. Gan­ze Po­pu­la­tio­nen zwit­schern­der Luf­ti­kus­se wer­den da weit­ge­hend aus­ge­rot­tet, für Zug­vö­gel ist das Ei­land mit­ten im Mit­tel­meer ja ein kaum zu ver­mei­den­der Zwi­schen­stopp. Ver­we­ge­ne Tief­flie­ger könn­ten mit schnei­di­gem Kur­ven in Bo­den­nä­he si­cher­lich da­zu bei­tra­gen, daß sich die wil­de Jä­ger­schar durch fri­end­ly fire selbst de­zi­miert, so vie­le von de­nen sind da zu­gan­ge mit dem Fin­ger am Ab­zug ih­rer Flin­te...

So wie der Ang­ler sei­ne Lieb­lings­ge­wäs­ser hat (und dort sei­ner Lei­den­schaft zu­min­dest laut­los, wenn­gleich für sei­ne Op­fer nicht min­der töd­lich nach­geht), so scheint auch der Schrot­schüt­ze sei­ne be­vor­zug­ten Re­vie­re zu ha­ben. Die Rei­se­füh­rer be­haup­ten je­den­falls froh­ge­mut, daß die in der frei­en Wild­bahn al­ler­or­ten an­zu­tref­fen­den Warn- und Ver­bots­schil­der nicht auf den arg­lo­sen Wan­de­rer ge­münzt sei­en, son­dern eher auf die (mehr oder we­ni­ger waid­män­nisch agie­ren­de) Kon­kur­renz mit Schieß­ge­wehr:

Wanderer, bleib' auf Deinem Wege...

Wir ha­ben das frei­lich nicht ve­ri­fi­ziert und blie­ben stets dies­seits der ty­po­gra­phisch kru­den Droh­ge­bär­den, es gab ja schließ­lich auch so ge­nü­gend un­ge­fähr­li­che Mög­lich­kei­ten, das Land per pe­des zu be­strei­fen.

Nun gut, nach die­sen et­was be­fremd­lich an­mu­ten­den Aspek­ten lo­ka­ler Sit­ten, Ri­ten und Ge­bräu­che wol­len wir uns dann aber doch end­lich und in­ten­siv den Schön­hei­ten der In­sel­grup­pe zu­wen­den, und de­rer gibt es wirk­lich vie­le: Die Land­schaft ist gran­di­os, die kul­tu­rel­len Zeug­nis­se ver­gan­ge­ner Epo­chen sind es nicht min­der, die Ein­hei­mi­schen freund­lich, nah­bar und um­gäng­lich (je­den­falls die oh­ne Feu­er­büch­se im An­schlag). In der näch­sten Fol­ge spu­len wir in Kür­ze noch ein­mal zu­rück und set­zen mit der Air Ber­lin zum Lan­de­an­flug an auf den Staat mit der no­mi­nell größ­ten Be­völ­ke­rungs­dich­te un­se­res Pla­ne­ten!

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Donnerstag, 16. September 2010

Die Hei­mat hat uns wie­der

Ge­stern Nacht ist der zone­batt­ler aus sei­nem zwei­ten Jah­res­ur­laub re­tour­niert. War der er­ste schon exo­tisch ge­nug, so führ­te ihn der jüng­ste in noch un­be­kann­te­re Re­gio­nen. Wie üb­lich wird es hier in der Ru­brik Ex­pe­di­tio­nen dem­nächst ei­ne klei­ne Rei­se-Re­pri­se ge­ben. Vor­her aber wol­len Sa­chen ver­staut, Kla­mot­ten ge­wa­schen, Mails und Kom­men­ta­re be­ant­wor­tet, meh­re­re Neu­zu­gän­ge auf der zwei­ten Bau­stel­le re­di­giert, Pil­ze ge­sam­melt und ei­ne Ver­nis­sa­ge be­sucht wer­den. Ich bit­te da­her noch um et­was Ge­duld...

Samstag, 26. Juni 2010

Die Schatz­in­sel (10)

Nach schier end­los er­schei­nen­der Kur­ve­rei über stei­le Ser­pen­ti­nen er­reicht man end­lich die höch­ste Er­he­bung La Pal­mas, den Ro­que de los Mucha­chos im Nor­den der In­sel. Der Pan­ora­ma­blick, der sich dort oben in gut 2.400 Me­tern Hö­he dem wacke­ren Wan­de­rer eben­so wie dem fuß­fau­len Au­to­mo­bi­li­sten bie­tet, ist nichts we­ni­ger als atem­be­rau­bend spek­ta­ku­lär! Wer bei­zei­ten auf­ge­bro­chen und noch vor der Mit­tags­stun­de vor Ort ist, kann zu­se­hen, wie die wei­ße Wol­ken-Wat­te über den öst­li­chen Kes­sel­rand der Cal­de­ra schwappt und den ge­wal­ti­gen Topf nach und nach füllt, bis man nur noch den äu­ße­ren Grat aus der wäs­se­ri­gen Sup­pe ra­gen sieht! Hoch über den glei­ßend wei­ßen Wol­ken ra­gen die vie­len Kup­peln des Ob­ser­va­to­ri­ums aus dem kar­gen Vul­kan­ge­stein und ge­ben ei­nem das Ge­fühl, den un­end­li­chen Wei­ten des Uni­ver­sums so na­he zu sein wie kaum je zu­vor:

Kuppel einer Sternwarte höchsten Punkt La Palmas

Man kann sich schwer lö­sen von dem fas­zi­nie­ren­den Wech­sel­spiel zwi­schen Wand und Wol­ke: schroff die Gra­te, weich das Wa­bern der Was­ser­tröpf­chen, ein An­blick, den man wahr­lich nicht oft ge­bo­ten be­kommt. Er­staun­lich, daß man die Er­ha­ben­heit des ge­ni­us lo­ci den­noch nicht mit all­zu­vie­len an­de­ren Tou­ri­sten tei­len muß, selbst da oben trifft man auf sei­nes­glei­chen nur in ho­möo­pa­ti­scher (und da­mit ver­träg­li­cher) Ver­dün­nung...

Spiel der wabernden Wolken am Roque de los Muchachos

Auch viel wei­ter un­ten ist das ei­gen­ar­ti­ge (und nach­ge­ra­de ein­ma­li­ge) Spiel der Wet­ter­kräf­te wun­der­bar zu be­ob­ach­ten: Im­mer wie­der sa­hen wir die wei­ße Wol­ken­wal­ze über die Cumbre wup­pen, wo sie sich aber durch die En­er­gie des Son­nen­lich­tes ge­nau­so schnell in Wohl­ge­fal­len auf­löst, wie von hin­ten neu­er Was­ser­dampf nach­ge­scho­ben wird. Was für ein Schau­spiel!

Blick vom Westen über die aus dem Osten herübergedrückte Wolkenwalze

Nicht min­der fas­zi­nie­rend wa­ren die abend­li­chen Son­nen­un­ter­gän­ge, die wir fast je­den Abend von der Ter­ras­se un­se­rer Ca­sa aus ge­gen 20:50 Uhr Orts­zeit ge­nie­ßen konn­ten: Auch da sorg­ten kon­den­sier­te Was­ser­tröpf­chen (vul­go: Wol­ken) für ein vi­su­el­les Sin­nes­spek­ta­kel, in dem sie die ho­ri­zon­ta­le Grenz­li­nie zwi­schen Him­mel und Oze­an auf­ho­ben zu ei­ner fein aqua­rel­lier­ten Farb­ver­laufs­stu­die er­lö­schen­den Lich­tes:

Sonnenuntergang, gesehen von La Laguna aus

Aber wie der Mensch so ist, er ge­wöhnt sich rasch auch an das Au­ßer­ge­wöhn­li­che: Ir­gend­wann guckt man dann nur noch flüch­tig hin, es ist ja eh fast je­den Abend das glei­che Feu­er­werk zu se­hen...

Wo­mit wir am En­de un­se­rer dies­jäh­ri­gen Ex­pe­di­ti­ons-Be­richt­erstat­tung an­ge­kom­men wä­ren. Der zone­batt­ler (der da­für tat­säch­lich län­ger ge­braucht hat als für die Rei­se selbst) ge­steht frei­mü­tig, die Se­rie oh­ne rech­tes Kon­zept an­ge­gan­gen zu sein in der Hoff­nung, daß sich das knap­pe hal­be Hun­dert zum Vor­zei­gen aus­ge­wähl­ter Fo­tos schon ir­gend­wie zu ei­ner halb­wegs in­ter­es­san­ten Ge­schich­te zu­sam­men­fä­deln las­sen wür­de. Ob das nun aus der Sicht der ge­schätz­ten Le­ser­schaft ge­klappt hat und zu­dem ei­ni­ger­ma­ßen in­ter­es­sant und le­sens­wert ist, ver­mag er al­len­falls zu hof­fen; für das Be­wah­ren des Er­leb­ten in der ei­ge­nen Er­in­ne­rung ge­nügt ihm das Er­geb­nis al­le­mal.

Schlie­ßen möch­te ich mit ei­nem emp­feh­len­den Hin­weis auf die pri­va­te Web­site La Pal­ma Ak­tu­ell. Die »täg­lich fri­schen Nach­rich­ten von ei­ner klei­nen grü­nen In­sel im At­lan­tik« tau­gen nicht nur zur Ur­laubs­vor­be­rei­tung, son­dern bie­ten ei­ne Fül­le von ak­tu­el­len und fun­dier­ten In­si­der­infor­ma­tio­nen für al­le, die sich mit ih­rem Rei­se­ziel (oder gar dem ins Au­ge ge­faß­ten spä­te­ren Wohn­sitz) in­ten­siv be­schäf­ti­gen möch­ten.

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Donnerstag, 24. Juni 2010

Die Schatz­in­sel (9)

Wie­wohl auf La Pal­ma und den üb­ri­gen In­seln des ka­na­ri­schen Ar­chi­pels ewi­ger Früh­ling herrscht, geht die­ser na­tür­lich schon mit zu­wei­len ganz be­acht­li­chen Nie­der­schlags­men­gen ein­her, zu­mal auf der pas­sat­wind­be­auf­schlag­ten Ost­sei­te von La Is­la Bo­ni­ta. Kein Wun­der al­so, daß die tra­di­tio­nel­le Dach­form dem Rech­nung trägt und dem vom Him­mel fal­len­den Was­ser den kür­ze­sten Weg nach un­ten weist:

schön restaurierte Dachlandschaft eines traditionellen bäuerlichen Anwesens

Den­noch ist auch die fest­land­spa­ni­sche Flach­dach­bau­wei­se weit ver­brei­tet, wohl weil ei­ne be­spiel­ba­re Dach­flä­che prak­ti­scher­wei­se zum Trock­nen und Dör­ren der Ern­te, zum Fuß­ball­spie­len, Son­nen­ba­den und nicht zu­letzt zum Wä­sche­auf­hän­gen taugt. Lei­der ist sie halt auch im­ma­nent ur­säch­lich für die oft an­zu­tref­fen­den Schim­mel­pro­ble­me im In­ne­ren der Häu­ser, denn Was­ser hat ei­nen klei­nen Kopf, wie die al­ten Ar­chi­tek­ten zu sa­gen pfle­gen. Auch sonst zeich­nen sich die oft­mals in den Hang ge­bau­ten Bau­ern­häus­chen durch in un­se­ren Au­gen eher un­prak­ti­sche De­tails aus: War­um zum Bei­spiel mon­tie­ren die in­su­la­ren Spa­ni­er die Fen­ster­schei­ben vor die Fen­ster­lä­den? Ist das am En­de das Re­sul­tat ei­ner ar­beits­be­schaf­fen­den ge­setz­li­chen Re­ge­lung, in­iti­iert und durch­ge­setzt von der über­mäch­ti­gen Gla­ser­lob­by?

kleine Casa mit Flachdach und einwurfgefährdeten Fenstern

Na ja, nicht al­les kann und muß man mit un­se­rer ger­ma­nisch-ana­ly­ti­schen Denk­wei­se er­klä­ren, die Welt ist bunt und das ist auch gut so. Auf der Groß­bri­tan­ni­schen In­sel hal­ten sie ja auch an ih­ren win­zi­gen Häh­nen für Eis­wür­fel links und Was­ser­dampf rechts fest und kä­men nie auf den Ge­dan­ken, die tra­di­to­nel­len Ar­ma­tu­ren ge­gen un­sport­li­che Ein­he­bel­mi­scher from the con­ti­nent aus­zu­tau­schen...

Aber las­sen wir das Gen­öle und wer­fen wir statt­des­sen lie­ber noch schnell ei­nen Blick auf ei­ne L(i)egebatterie zur platz­spa­ren­den Hal­tung von Pau­schal-Tou­ri­sten:

uniforme Appartment-Anlage in El Socoro

So manch ein fröh­li­cher Ze­cher dürf­te dort nach über­mä­ßi­gem Ge­nuß al­ko­ho­li­scher Ge­trän­ke sei­ne lie­be Not ha­ben, den Ein­gang zur ei­ge­nen Zel­le wie­der­zu­fin­den, sieht es doch links wie rechts auf Dut­zen­den von Me­tern gleich aus. Na ja, je­dem das sei­ne und je­der das ih­re...

Wer es sich lei­sten kann und et­was ab­seits der Haupt­stra­ße sei­ne Ru­he sucht, kann na­tür­lich auch ex­klu­si­ver woh­nen, und das nicht nur für ein paar Ta­ge im Jahr:

ein mustergültig instandgesetztes Anwesen

So man­ches Häus­chen im (üp­pig wu­chern­den) Grü­nen hät­te dem zone­batt­ler und sei­ner bes­se­ren Hälf­te durch­aus zu­ge­sagt, in­des es nag­ten in ih­nen lei­se Zwei­fel, ob die auf Rei­sen er­leb­ten Freu­den des Gast­lan­des, die Schön­hei­ten der Na­tur und ein eher ent­schleu­nig­ter Le­bens­stil auf Dau­er nicht doch et­was ein­tö­nig wä­ren: Das kul­tu­rel­le An­ge­bot ist bei al­ler Viel­falt letzt­lich nicht mit dem hei­mi­schen zu ver­glei­chen! Und dar­um fan­den wir nach drei Wo­chen in­ten­si­ven Ein­las­sens auf die ört­li­chen Ver­hält­nis­se, das es da­mit jetzt doch (vor­erst) ge­nug wä­re...

Dies al­so war der neun­te Streich, und der zehn­te folgt so­gleich: Im letz­ten Teil un­se­res bun­ten Bil­der­bo­gens wol­len wir un­se­re lau­ni­sche Rei­se-Re­por­ta­ge mit ein paar wol­ki­gen Aus­blicken be­schlie­ßen (und dann end­lich wie­der zur Ta­ges­ord­nung über­ge­hen)...

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Dienstag, 22. Juni 2010

Die Schatz­in­sel (8)

Der ei­ne oder die an­de­re wird sich si­cher­lich schon ge­fragt ha­ben, war­um sich des zonebattler’s dies­jäh­ri­ger Rei­se-Rap­port der­ma­ßen in die Län­ge zieht und kein En­de fin­den will. Nun, ei­ne na­he­lie­gen­de Er­klä­rung könn­te der am gest­ri­gen Tag of­fi­zi­ell ein­ge­läu­te­te Som­mer sein, der sich zu­min­dest hier in der frän­ki­schen Pro­vinz so gar nicht von der som­mer­li­chen Sei­te zei­gen mag! Da schwelgt un­ser­ei­ner nur zu gern in den noch fast fri­schen Ur­laubs­er­in­ne­run­gen und ver­setzt sich im Gei­ste lie­ber zu­rück in das an­ge­neh­me Kli­ma der Ka­na­ren...

Blick aus den Bergen auf Santa Cruz de La Palma

Das obi­ge Bild rückt die üp­pi­ge Ve­ge­ta­ti­on, das Meer und die mensch­li­che Zi­vi­li­sa­ti­on in en­ge Nach­bar­schaft, und ge­nau so ist es dort drü­ben auch: Wer sich in ei­nem je­ner Le­bens­räu­me tum­melt, hat es nie weit bis zu den bei­den an­de­ren! Man ge­wöhnt sich schnell dar­an und wünsch­te sich bald, daß es da­heim in der gro­ßen Stadt im Bin­nen­land doch ge­nau­so ein­fach sein mö­ge, den ei­ge­nen Art­ge­nos­sen zu ent­flie­hen und zum völ­lig un­ge­stör­ten Kon­takt mit der un­ge­stü­men Na­tur zu fin­den.

alte Getreidemühle mit abgerüsteten Flügeln

Na­tür­lich ist auch La Pal­ma trotz al­ler Schön­hei­ten nicht das Pa­ra­dies auf Er­den, hier wie an­dern­orts sind wirt­schaft­li­che In­ter­es­sen, ego­isti­sches Be­sitz­den­ken und Stre­ben nach Macht star­ke Trieb­fe­dern des mensch­li­chen Tuns. Und ob die Pal­me­ros in ih­rer Mehr­heit die Schön­heit Ih­rer In­sel an­ge­mes­sen zu wür­di­gen wis­sen, ist auch noch nicht er­wie­sen. Hat­te ich üb­ri­gens schon er­wähnt, daß die groß­flä­chi­gen Ba­na­nen­plan­ta­gen dem Ei­land nicht eben zur Zier­de ge­rei­chen?

Bananenfelder, wohin das Auge blickt...

Aus­ge­rech­net Ba­na­nen! Zum knall­hart ma­ni­pu­la­tiv-an­kla­gen­den Re­por­ta­ge­fo­to­gra­fen hat der Ver­fas­ser in­des ganz of­fen­kun­dig nicht das Zeug, so­gar die häß­li­chen Pla­nen und Fo­li­en der Ba­na­nen­bau­ern ver­wan­delt er im abend­li­chen Ge­gen­licht zu nett an­zu­schau­en­den Licht­spie­le­rei­en. Er kann halt nicht an­ders! Und wenn wir vom Osten über die Cal­de­ra hin­weg in den We­sten sprin­gen und da die Lin­se auf die Wein-Ter­ras­sen rich­ten, dann se­hen auch die auf den er­sten Blick nicht pro­ble­ma­tisch aus:

Weinanbau im Westen La Palmas

Den­noch, selbst wenn das ge­rö­te­te Au­ge des wacke­ren Wan­de­rers den groß­flä­chi­gen Mo­no­kul­tu­ren zu­wei­len man­chen Reiz ab­ge­win­nen kann, die Rei­zung des Riech­or­gans durch die reich­lich aus­ge­brach­ten Spritz­mit­tel geht ihm dort in des Wor­tes dop­pel­ter Be­deu­tung bald die Na­se hoch. Dar­um schneu­zen wir uns jetzt kräf­tig und war­ten auf den näch­sten Teil, in dem wir uns noch ein we­nig der ein­hei­mi­schen Ar­chi­tek­tur auf La Pal­ma an­neh­men wol­len...

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Freitag, 18. Juni 2010

Die Schatz­in­sel (7)

Das Meer! Der wei­te, wei­te Oze­an und sei­ne rau­schen­de Bran­dung, sein un­ab­läs­sig for­dern­des Lecken am Land, sei­ne am Ufer oft spie­le­ri­schen, mit­un­ter aber heil­los ver­hee­ren­den De­mon­stra­tio­nen ei­ner kollos­sa­len Macht fas­zi­nie­ren die Men­schen seit je­her. Ins­be­son­de­re na­tür­lich den ge­mei­nen Bin­nen­länd­ler, der je­ne ge­wal­ti­gen und schier end­los er­schei­nen­den Was­ser­mas­sen nicht tag­täg­lich vor Au­gen hat, son­dern dem die­se Be­geg­nung nur ur­laubs­hal­ber und in grö­ße­ren Zeit­ab­stän­den ver­gönnt ist.

Der zone­batt­ler ist in der ord­nungs­ge­mäß ab­ge­wickel­ten er­sten Hälf­te sei­nes auf 100 Jah­re an­ge­leg­ten ir­di­schen Da­sei­nes schon di­ver­se Ma­le an des sal­zi­gen Was­sers Kan­te ge­stan­den, an der Nord­see, an der Ost­see, im Mit­tel­meer, am At­lan­tik und tat­säch­lich auch am Pa­zi­fik. Schwar­ze Strän­de aus fein zer­krü­mel­ter La­va wa­ren ihm frei­lich bis da­to noch nicht un­ter­ge­kom­men:

Läuferin am abendlichen Strand von Puerto Naos

Wie neu­lich be­reits aus­ge­führt, ist die Kü­ste La Pal­mas über­wie­gend zer­klüf­tet und un­weg­sam, re­gel­rech­te Ba­de­strän­de gibt es nur we­ni­ge und die­se sind noch da­zu von über­schau­ba­rer Aus­deh­nung. Doch selbst dort geht es nicht eben über­lau­fen zu, was un­ser­ei­nem zu­ge­ge­ben sehr ge­le­gen kam, der ich zwar die Men­schen mag, die Leu­te aber mit­un­ter nicht aus­ste­hen kann... Über die Grün­de des Tou­ri­sten-Man­gels zu spe­ku­lie­ren ist hier nicht der rech­te Ort, je­den­falls herrscht im »Won­ne­mo­nat« Mai so­gar in un­mit­tel­ba­rer Nä­he grö­ße­rer Ho­tel­an­la­gen un­über­seh­ba­re Be­le­gungs­flau­te:

Badestrand bei El Socoro

Von der trüb-trau­ri­gen Tri­stesse der über­di­men­sio­nier­ten Bet­ten­bur­gen und der dar­in statt­fin­den­den Zwangs­be­spaßung trä­ger Tou­ri­sten will ich in ei­ner spä­te­ren Fol­ge noch be­rich­ten, hier wol­len wir es bei dem Hin­weis be­las­sen, daß das Meer dort am schön­sten ist, wo man es weit­ge­hend für sich al­lei­ne hat. Wie zum Bei­spiel rund um die so­ge­nann­te »Pi­ra­ten­bucht« un­ter­halb von El Pue­blo an der West­kü­ste:

bunte Schwarzbauten Einheimischer in einer natürlichen Höhle

Der kei­nes­wegs knie­scho­nen­de Ab­stieg dort­hin fand nicht nur in pral­lem Son­nen­lich­te statt, son­dern im spä­te­ren Ver­lauf auch ab­seits der of­fi­zi­el­len We­ge. Über Stun­den kam sich der zone­batt­ler wie­der wie im Film vor, ein ein­sa­mer Schiff­brü­chi­ger ab­seits al­ler be­wohn­ten Ge­fil­de. Das müh­sa­me Vor­an­kom­men, Schritt für Schritt und Me­ter für Me­ter ent­lang eben­so un­ge­si­cher­ter wie stei­ler Ab­bruch­kan­ten sorg­te für sel­ten zu­vor er­leb­ten Ad­re­na­lin­aus­stoß. Doch wie woll­te man je sei­ne ei­ge­nen Gren­zen aus­lo­ten, wenn man sich Ih­nen nicht hin und wie­der auf Sicht- (bzw. Tritt-)weite nä­her­te? Eben. Der spä­te­re, gleich­falls mehr­stün­di­ge Auf­stieg in der glei­ßen­den Son­ne schat­ten­lo­ser Glut re­du­zier­te den Be­richt­erstat­ter auf ein he­cheln­des, japp­sen­des, keu­chen­des und auch weit­ge­hend wür­de­lo­ses Et­was. Ei­ne läu­tern­de Er­fah­rung, ich woll­te sie nie­mals mehr mis­sen.

Nicht min­der be­we­gend war für den Au­tor ein kör­per­lich eher we­nig an­stren­gen­der Nach­mit­tag an den se­mi-na­tür­li­chen Plansch­becken un­weit von Ho­yo Gran­de, nörd­lich von San An­drés an der Ost­kü­ste La Pal­mas ge­le­gen: Ziem­lich ge­nau 19 Jah­re nach sei­nem letz­ten Tauch­gang zog er sich sei­ne (in all den Jah­ren nur leicht gelb­lich ver­färb­te) Pro­fi-Tau­cher­bril­le über, steck­te sich den Schnor­chel in den Schlund und sah fort­an fas­zi­niert dem flim­mern­den Trei­ben un­ter­halb der Was­ser­ober­flä­che zu...

ertauchte Schätze des Meeres: Seeigel-Skelette, Steckmuscheln und ein einsames Krabbenbein

Flos­sen und Blei wa­ren aus Platz- und Ge­wichts­grün­den da­heim ge­blie­ben; in­des es geht auch oh­ne, wenn­gleich man es dann nicht viel tie­fer als drei oder vier Me­ter schafft, be­vor ei­nen der im Salz­was­ser oh­ne­hin er­höh­te Auf­trieb wie­der an die Ober­flä­che zu­rück­drückt. Egal, viel tie­fer sind die in die La­va­kü­ste ge­bag­ger­ten Becken oh­ne­hin nicht. Den­noch wa­ren sie ein span­nen­des Re­vier, denn im­mer wie­der schwapp­te der an­bran­den­de Oze­an über die see­sei­ti­ge Kan­te und spül­te neu­es Ge­tier her­ein, klei­ne Fi­sche, grö­ße­re Fi­sche, gut ge­tarn­te eben­so wie in auf­fäl­li­gen Faben leuch­ten­de. Oh, wie schön ist es dort un­ten, wo al­le lun­gen­at­men­den Zwei­bei­ner die Klap­pe hal­ten und sich in De­mut üben müs­sen...

Nach ei­ner Stun­de ein­sa­men Ge­nus­ses er­hiel­ten der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te un­ver­hofft Ge­sell­schaft in Form ei­nes zwei­ten Pär­chens, wel­ches sich zu­nächst auf ita­lie­nisch un­ter­hielt. Man kam rasch ins Ge­spräch, man schal­te­te auf Deutsch um, denn wie­wohl der jun­ge Mann ita­lie­ni­scher Ab­stam­mung war und sei­ne Freun­din pol­ni­scher, so ka­men sie doch bei­de aus... nein, nicht aus Fürth, aber im­mer­hin aus Nürn­berg-Go­sten­hof! Der Zu­fall woll­te es fer­ner, daß wir ei­ne Wo­che spä­ter nicht nur al­le­samt im glei­chen Flie­ger gen Hei­mat sa­ßen, son­dern dann auch noch die glei­che U‑Bahn nah­men, Um­stei­gen am Plär­rer in­klu­si­ve! So klein ist die Welt. Den bei­den sei hier­mit noch­mals herz­lich zu­ge­wun­ken!

Nun, da­mit sind wir schon wie­der am En­de ei­ner Epi­so­de an­ge­kom­men und kön­nen mitt­ler­wei­le ab­se­hen, daß es ins­ge­samt wohl de­rer zehn ge­ben wird. Ein Dut­zend stim­mungs­vol­ler Schnapp­schüs­se ha­be ich noch vor­be­rei­tet auf Hal­de lie­gen, vier Stück da­von schau­en wir uns in der näch­sten Fol­ge an...

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