Montag, 26. September 2005
Vorneweg: Ich bin mit und unter Tieren aufgewachsen, großen und kleinen, mauenden und wauenden, kreuchenden und fleuchenden, sprechenden (!) und schweigenden. Bevor hierzulande irgendjemand wußte, was ein Pferdeflüsterer ist, war ich schon Katzenkrabbler und Hundekrauler. Der elterliche Garten ist der mutmaßlich größte Tierfriedhof Mittelfrankens, und ich habe in meiner Kindheit manche Träne über den Verlust pelziger Freunde vergossen. Ich maße mir also Kompetenz und Kennerschaft an in Fragen der Tierhaltung und der emotionalen Bindung zu Vierbeinern. Und damit auch gleich zu meiner provokanten These:
Hundehaltung in der Großstadt ist Tierquälerei |
Zur empirischen Begründung verweise ich auf nunmehr sechs Jahre Wohnerfahrung in der Fürther Südstadt: Der Anteil verhaltensgestörter Köter aller Kaliber erscheint mir hier deutlich größer als in ländlichen Gebieten und kleineren Gemeinden. Seien es enervierend dauerkläffende Teppichhupen, übermästete Bettwürste oder randalierende Riesenkälber, sie alle führen hier in der Steinwüste ein nicht ansatzweise artgerechtes Leben mit hinreichend Bewegung und ausgewogener Ernährung. Ja, wie denn auch?! Aushäusige Bewegung ist ja nur an der Leine möglich, und weder Herr- noch Frauchen können da lange mit Lumpis Bewegungsdrang mithalten. Ausdauernd ist auf Dauer nur das Tier, nicht der Mensch. So drängt sich also der Verdacht auf, daß der devote Vierbeiner nicht selten alleinstehenden BesitzerInnen als Kindersatz dient oder geltungsbedürftigen Angebern als Potenzverstärker. Von Tierliebe freilich kann in beiden Fällen wohl kaum die Rede sein...
Und die neurotischen und womöglich traumatisierten Viecher selbst? Kacken allerorten auf die Straße und vor unseren Garten, wollen überall pinkelnd Reviere markieren, wo es schon von Duftmarken der Konkurrenz nur so wimmelt. Da muß man bzw. Tier zwangsläufig entweder irre oder zum Frustfresser werden. Wahrlich ein Hundeleben!
Montag, 12. September 2005
Bunt ist das Leben in der Fürther Südstadt, und schon der Blick über die Straße offenbart die Vielfalt der Lebensentwürfe! Im Haus gegenüber wohnt zum Exempel eine junge Frau zusammen mit (mindestens) drei vierbeinigen Lebensgefährten der Größe XXL, weswegen wir sie intern Doglady getauft haben. Sobald sich unsereins an Fenster oder Balkon blicken läßt, nölen die Tölen unverzüglich los und verteidigen ‑am offenen Fenster stehend- laut kläffend ihr Revier gegen mich, den mutmaßlichen Angreifer. Dabei will ich im Regelfalle nur das Rollo runterlassen oder draußen die Blumenkästen wässern, keineswegs aber mich in Tarzanart nach drüben schwingen. Zu derlei Einsichten (wo sollte denn bitteschön im steinernen Dschungel der Südstadt eine tragfähige Liane wachsen?) sind die Köter indessen nicht fähig, deren Kernkompetenz ist mehr zähnefletschend-muskulöser denn intellektueller Art. Böse bin ich Ihnen wegen des Radaus natürlich nicht, sie machen halt wie alle nur ihren Job. Der besteht allerdings auch darin, uns auf den schmalen Grünstreifen vor unserem Garten zu kacken, und das nehme ich ihnen denn doch übel. Wobei freilich zu erörtern wäre, ob Vieh oder Frauchen die eigentliche Verantwortung für die Haufen tragen...
Doch zurück zum Haus gegenüber: Wand an Wand mit der Doglady wohnt neuerdings Catman, dessen Gefolgschaft aus geschmeidigen Miezen besteht. Die haben gleichfalls vier Beine, scheinen aber mehr Hirn und Stil zu besitzen als die Wauwaus von nebenan. Jedenfalls sitzen sie zuweilen würdevoll-gelangweilt auf der breiten Fensterbank, ein kuschelig wärmendes Tuch unter den samtigen Pfötchen. Ihre Feinsinnigkeit trägt leicht arrogante Züge, denn sie würdigen mich auch bei zartem Miauen meinerseits nicht eines Blickes. Egal, immerhin hört man von ihnen keinen Mucks.
Was aber, wenn ich einmal arglos die Balkontür öffne, ohne an die sich möglicherweise hoch über der Straße am Abgrund räkelnden Katzen zu denken? Die könnten ob der Sekundenbruchteile später lostosenden Hundemeute zwei Fenster weiter dermaßen erschrecken, daß sie über die Kante kippen und auf dem Bürgersteig zerschellen, zumindest aber je eines ihrer sieben Leben abgezogen kriegen. Wer trägt dann dafür die moralische Verantwortung? Ich als der Stein des Anstoßes? Catman wegen Leichtsinns? Doglady aufgrund unangemessenen Haltens großkalibriger Hunde in Wohnvierteln? Vielleicht sollte ich mich vorsichtshalber bei meiner Rechtsanwältin nebenan rückversichern, ob ich mich noch am Fenster zeigen darf!
Süßer und scharfer Senf: