Österreich ist ein sehr beschauliches, ja nachgerade idyllisches Land von großer landschaftlicher Schönheit: Vielerorts dominiert der stille Zauber der Natur über die Begleiterscheinungen der Besiedelung (resp. Besudelung) durch den Menschen. Damit das auch weiterhin so bleibt, werden die in großer Zahl einströmenden Besucher aus aller Herren Länder in speziellen Touristengehegen konzentriert gesammelt und sicher aufbewahrt. Wenn man den Fremden ‑so die dahinterstehende Überlegung- auf kompaktem Raume alles bietet, was sie suchen und zu finden hoffen, dann verschonen sie das übrige Land mit ihren dicken, stinkenden Autos und ihren zuweilen auch recht fragwürdigen Umgangsformen...
Ein solches grenznahes Auffanglager ist Salzburg, in welches wir ‑von Norden her über Freilassing kommend- am frühen Morgen einfielen. Wie stets in solchen Fällen ließen wir den Einsatzwagen in einiger Entfernung vom Zentrum in einer Wohnstraße stehen, um uns per pedes die Stadt zu erwandern. Dies erwies sich bald als kluger Schachzug, denn die Innenstadt entpuppte sich als rappelvoller Schmelztiegel der Nationen, in dem das Finden eines Parkplatzes (eines kostenlosen zumal) ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre!
Anhand zahlloser Schlösser, Paläste und Stadtvillen wird dem staunenden Gast aus der Fremde exemplarisch vorgeführt, was man hier schon zu k.u.k.-Zeiten an architektonischen Glanzleistungen mit spielerischer Leichtigkeit hervorzubringen vermochte. Rund um die pompösen Bauten liegen oft bemerkenswert gepflegte Parkanlagen und Gärten: In hoher Blüte (!) steht bis heute die hehre Gartenbaukunst, und allerorten hat bestens geschultes Fachpersonal ein Auge darauf, daß die floralen Arrangements unter dem Besucheranstrom keinen bleibenden Schaden nehmen:
Ja, ihren gigantischen Theme Park haben die Salzburger im Griff! Wunderlicherweise läuft der Betrieb trotz all’ der Leute reibungslos und effizient, und Auswüchse von Agression findet man allenfalls bei in Stein gehauenen Gestalten aus vorgeschichtlich mythologischen Zeiten:
Für Besucher aus außereuropäischen Gefilden muß das alles von unerhörter Exotik sein. Was Wunder also, wenn freundliche Asiaten aller Altersklassen ihre Kameras gar nicht mehr aus der Hand legen: Ohne unwiderlegbare Bildbeweise würde man ihnen daheim die Schilderungen aus felix Austria vermutlich gar nicht glauben und als heillos übertrieben abtun!
Indes, die Wunder Salzburgs sämtlich abzulichten würde auch den ausdauerndsten Fotografen überfordern: Nicht umsonst steht die Altstadt auf der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO! Der Chronist gesteht freilich ein, nach kurzem, ziellosen Treiben durch die bunten Ladengassen erst den Dom und dann diverse Kunstausstellungen in quasiöffentlichen Gebäuden besichtigt zu haben, um erstens den Menschenmassen und später dann auch dem einsetzenden Regen zu entfliehen. Wo Kunst dargeboten wird ‑moderne zumal- da lichten sich die Reihen schnell, und es wird einem manche Überraschung zuteil. Besonders reizvoll fällt der Kontrast aus, wenn zeitgenössische Werke der Bildenden Kunst im Kontext historischer Prunkräume zu sehen sind:
Doch irgendwann hat man genug gesehen und will wieder nach draußen. Dort freilich regnete es noch immer. Das erwies sich aber unverhofft als glückliche Fügung, denn beim unbeschirmten Spurt durch die schmalen Gassen sahen wir plötzlich, wie unter schützenden Markisen die vielbesungene Spezialität der Stadt serviert wurde: Salzburger Nockerl ! Also nichts wie hinein in die gastliche Stätte und eine Portion für zwei in Auftrag gegeben. Die leckere Süßspeise wird stets frisch zubereitet und kam gerade zur rechten Zeit, bevor die Vorfreude in Wartefrust umschlug...
Wie man sieht, war des zonebattler’s Hunger größer als sein Drang zur bildlichen Dokumentation. Immerhin ist erkennbar, daß es vortrefflich gemundet hatte! [1]
Nach dem Essen war der Dauerregen noch nicht ganz vorbei, aber doch auf ein einigermaßen erträgliches Maß zurückgegangen. Leider fand ich rund um die Goldgasse das mir aus fernen Kindheitstagen erinnerliche »Goldene Dachl« nicht wieder, aber das war vor allem dem später nachrecherchierten Umstand geschuldet, daß dieses seit jeher in Innsbruck bereitgehalten wird. Tja.
Ein städtischer Bus brachte uns schließlich wieder hinauf nach Liefering, wo unser braves Vehikel geduldig auf uns gewartet hatte. Nach einem kurzen Tankstopp ging es dann wieder zurück nach Bayern mit Kurs Bad Reichenhall, wovon in der nächsten Folge zu berichten sein wird...
[1] Die riesig erscheinenden Nockerl sind zwar letztlich sättigend, aber doch im Wesentlichen aus heißer Luft bestehend. Das macht die gezuckerten Berge aus Eischaum bezwingbar...
Süßer und scharfer Senf: