Den heutigen Samstag Vormittag wollte ich der Horizonterweiterung halber in der Fürther Innenstadt, namentlich in der Volksbücherei, Ableger »Hohe Mitte« verbringen. Punkt 10 Uhr spurtete ich als erster Besucher des Tages das potthäßliche Treppenhaus hinauf (auch für diesen baulichen Schund wurde der substantiell gut erhaltene Festsaal des Parkhotels leichtfertigerweise geopfert). Oben zielgerichtet die Lesebrille gezückt, den Kittel ins Schließfach gesperrt, die angepeilten drei Magazine gegriffen (brand eins, PSYCHOLOGIE HEUTE und fotoMAGAZIN) und in der begehrten gläsernen Ecke mit Blick auf die »Freiheit« Platz genommen...
Nach 20 Minuten klappte ich das erste Heft entnervt zu, ging vor zum Tresen der Bibliothekarin und sprach wie folgt: »Junge Frau, wissen Sie, was ich als überzeugter Fürther jetzt mache? Ich setze mich in den nächsten Zug nach Nürnberg und marschiere dort schnurstracks zur Stadtbibliothek am Cinecitta, woselbst ich in Ruhe und konzentriert lesen kann, während ich hier ohne Unterlaß mit enervierendem Italo-Gedudel aus der scheppernden Billig-Quäke beaufschlagt und drangsaliert werde. Der Herr Oberbürgermeister hat uns eine Bibliothek mit kleinem Snack-Angebot versprochen, herausgekommen ist ein lärmendes Café-Haus mit erweitertem Lektüreangebot. Ein weiterer Fürth-typischer Etikettenschwindel!«
Gesagt, getan: Auf dem Weg runterwärts habe ich mein Lamento noch ein Stockwerk tiefer weitgehend wortgleich den dort diensttuenden Buchbewacherinnen ins Ohr gesungen (sicher ist sicher), und wenige Minuten später saß ich im Regionalexpreß gen Osten...
In Nürnberg habe ich dann zwei vergnügliche und lehrreiche Lesestunden in gediegener Atmosphäre verbracht und bin dann noch etwas durch die Etagen geschlendert, um mir Anregungen für weitere Besuche zu holen. Ich hatte den üppig gefüllten Bildungstempel ja schon vor Jahren für mich entdeckt, war aber immer geneigt, im Zweifel das heimische Angebot vorzuziehen. Das tue ich mir zukünftig nimmer an: Wenn mir nach ambualanter Lektüre zumute ist, mache ich mich gleich auf in Richtung Pegnitz!
Bravo,
kurz und präzise haben Sie beschrieben, was man in Fürth für Volksbildung und Volksausbildung tut. Fundamentaler Demokratismus ist das beherrschende Merkmal. Sein Kern besteht darin, dass Differenzen aller Art für unerträglich gelten. Das bedeutet: Angleichung der Lebensverhältnisse, überall und zu jeder Zeit. Jeder soll sich überall gleich wohl fühlen. Mit Jeans und Pullover im Theater, mit Handytelefonaten beim Gottesdienst, mit Kaffeebecher und Wurstsemmel auf der Straße (möglichst dort, wo sich viele Menschen aufhalten) und eben hier mit Dudelmusik in einer Bibliothek. Hauptsache ist, die Zuneigung möglichst vieler wird gewonnen.
#1
... Sorry... ich schon wieder ... aber ich stelle fest, dass ich mich zunehmend über die Beiträge auf dieser Plattform freue.
Die »Bibliothek« in Fürths Mitte IST eine Mogelpackung – ganz offensichtlich. Hier wurde Gastronomie verschoben und »getröstet«, die andernorts keine »Entfaltungsmöglichkeit« mehr hatte, scheint mir.
Betrachtet man die Fürther Gastro-Szene im Ganzen, fällt schon sehr deutlich auf, wie viel Einfluss sie auf die Fürther Politik hat: Ein Wochenmarkt soll zum Schnabuliermarkt werden, der nur noch an den Rändern Obst und Gemüse bietet – das irgendwann dann wohl wegfällt. Eine Bibliothek wird mit einem Lokal »aufgehübscht«, das Lesende (s.o.) vor allem stört – aber wer muss in Fürth schon konzentriert lesen, wenn er auch was trinken könnte?
Kürzlich wurde in den FN berichtet, dass auch eine Festival-Organisation auf der Freiheit in die Hände der Gastronomir gegeben wurde – so ähnlich, wie die Feste der Altstadt von einer »Wirtegemeinschaft« – mehr oder weniger – »verantwortet« wurden?
Na, denn Prost!
Und nun ganz höflich die schüchterne Frage ins Rathaus: Darf man auch die Gründe für diese »Verantwortungsverlagerung« erfahren?
#2
Wobei zu differenzieren ist zwischen »dieser Plattform«, also meinem höchst privaten Blog, und der »Fürther Freiheit«, dem von mir als Herausgeber ebenfalls verantworteten, aber überwiegend von anderen Fürther BürgerInnen »befüllten« Meinungsportal. Das erste ist mein Spielzimmer, das zweite mein Salon. Hier in dieser Ecke gestellte Fragen an die Stadtspitze erreichen diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht...
#3
@zonebattler: Die schüchterne Frage Richtung Rathaus war auch eher eine rhetorische.
In diesem Zimmerchen hier wollte ich das Spiel nicht stören ... nur u.a. die Bemerkung von MM zur »Demokratisierung« aufgreifen, die m.M.n. in Fürth hauptsächlich in Form von »Gastronomisierung« stattfindet ...
... und schließe hiermit die Türe zum Spielzimmer – von außen.
#4
Gäste (und deren Einlassungen) sind hier jederzeit willkommen, ich wollte nur etwaige Verwechselungen vermeiden helfen: Die Mobilfassungen beider meiner Baustellen gleichen sich (bis auf die Farbe), da können sich Smartphone-BenutzerInnen durchaus mal dort wähnen, obwohl sie in realiter hier sind...
#5