Heute mittag am Fürther Hauptbahnhof: Ansonsten pfeilschnelle ICEs trödeln träge im Schleichgang ohne Halt an den Bahnsteigen vorbei, die letzteren proppenvoll mit Menschen. Auch in der Unterführung lungern unüblich viele Fahr- bzw. jetzt Stehgäste herum, die Blicke entsetzt den leuchtenden Zuglaufbildschirmen zugewandt: »Verspätung 25 min« hier, »Zug unbekannt verspätet« da. Mißmut, Murren, Maulerei: Die Eisenbahn ist wieder mal an allem schuld, ist ja auch keine sonstige Ursache für das Kuddelmuddel ersichtlich. Auch für den Böses ahnenden zonebattler zunächst nicht.
Später lief dieser auf der Straße fast seinem ehemaligem Mentor in die Arme, der ihm im Frühjahr 1983 im Stellwerk zu Siegelsdorf das Eisenbahnspielen im Maßstab 1:1 beigebracht hat, in langen Tages- und noch längeren Nachtschichten. Seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen, in Sekundenbruchteilen wiedererkannt!
Der mittlerweile pensionierte Kollege Fahrdienstleiter war auf dem Wege zu einer Weihnachtsfeier und hatte ‑da ursprünglich selbst mit dem Zuge anreisen wollend- nun auch schon eine stattliche Verspätung auf dem Buckel. Immerhin erfuhr ich durch ihn aus sozusagen eineinhalbter Hand die Ursache für die aktuelle Misere...
Der Nürnberger Christkindlesmarkt zieht momentan dermaßen viele Besucher an, daß selbst die doppelstöckigen Regional-Expresse am Wochenende bis zum Bersten überfüllt sind. Manche dieser aus Bamberg über Forchheim und Erlangen gen Nürnberg eilenden Züge halten daher nicht mehr in Fürth, weil weiteres Zusteigen schlechterdings unmöglich wäre. Das hielt einen Passagier in einem dieser Züge nicht davon ab, seinem Aussteigewunsch in Fürth durch beherztes Ziehen der Notbremse Nachdruck zu verleihen.
Der egoistische Akt führte folgerichtig zur schlagartigen Entlüftung der Bremsleitung und damit zur Zwangsbremsung, in deren Verlauf es (möglicherweise begünstigt durch die grenzwertig hohe Zuladung) zu einer Zugtrennung kam. Ob da nun ein Kupplungshaken gerissen ist oder sonstwas sei mal dahingestellt, jedenfalls kam der beschädigte Blechwurm mitten im Weichenbereich zum Stehen, sozusagen diagonal über das Gleisfeld drapiert und damit auch die Würzburger Strecke wirkungsvoll blockierend...
Was geht in so einem Fall? Genau, zunächst einmal gar nix mehr. Die Bergung das unglücklichen Havaristen ist die eine Herausforderung, das zwischenzeitliche Umfahren des Hindernisses die andere, vor allem dann, wenn der Saboteur das Kunststück fertiggebracht hat, den notgebremsten Zug so ziemlich über sämtliche möglichen Fahrstraßen zu verteilen.
Tat und Täter zu verurteilen will sich der zonebattler nicht herausnehmen, aber das Aufzeigen und sich Ausmalen der sich domino-effektmäßig ins Land ausbreitenden Folgen (Verspätungen, Anschlußausfälle, Umlaufprobleme) mag die geneigte Leserschaft zum Nachdenken bringen: Nicht immer kann der Verkehrsbetreiber was dafür, wenn das feinsäuberlich vernetzte Fahrplangefüge urplötzlich zerrissen wird. Selbst der Beste und Stärkste kommt zu Fall, wenn er Knüppel zwischen die Beine geworfen kriegt...
Bis jetzt habe ich fast immer nur gute Erfahrungen mit der Bahn gemacht, kleinere Verspätungen und technische Defekte mal ausgeschlossen... Aber einmal (Selber Schuld!) wollte ich mit der S‑Bahn nach Feucht fahren, Feucht ist ja bekanntlich Preisstufe 2, dachte ich, von wegen, Preisstufe 3! Ich durfte das erhöhte Beförderungsentgeld von glaube 40DM zahlen, man hätte doch mal ein Auge zudrücken können. Allerdings hätte ich mich auch ausreichend informieren sollen.... Pech gehabt! Steht ja überall das Feucht Preisstufe 3 ist
#1
Nun ja...
...ich bin ja der Bahn auch eher zugeneigt, nicht zuletzt, weil sie mich auch einige Jahre ernährt hat ;)
ABER: Auch wenn das ZUSTEIGEN von weiteren Passagieren nicht mehr möglich ist, das AUSSTEIGEN sollte es dann schon sein. An einem Bahnhof durchzufahren, der eigentlich einen Halt erfordert, würde mich auch SEHR Ärgern (wenn auch nicht so sehr, gleich die Notbremse zu ziehen)!
Die Miesere ist also doch ein Stück weit hausgemacht – wenn ich in deinen Worten versteckt es richtig vernehmen konnte, dass der »Täter« berechtigte Hoffnungen auf einen Halt in Fürth haben durfte.
Ergo: Die Bahn hat an allem Schuld – und die Regierung am Rest! ;)
#2
Rasende Reporter?
Mit immerhin einer Woche Verspätung (sowas sollte sich die DB mal erlauben!) berichten die Fürther Nachrichten nunmehr auch über den Zwischenfall: Der rappelvolle Zug trennte sich in voller Fahrt und der notbremsenziehende Fahrgast war wohl doch nicht mehr als ein Gerücht...
#3