In seiner rot-weißen Retro-Küche hat der zonebattler selbstredend eine passende Espresso-Maschine stehen:
Dieses schöne Gerät, eine »Rio Jeunesse« von Jura, erfüllt freilich meist mehr eine dekorative denn eine praktische Funktion, weil nämlich Maschinen mit Wasser-Vorratsbehältern an sich nicht das Richtige für mich sind: Da ich kein regelmäßiger Kaffeetrinker bin und meist nur an Wochenenden oder anderweitig freien Tagen einen guten Espresso nach dem Mittagessen genieße, würde der zu geringe Durchsatz das Wasser im Tank bald den Geschmack von Kunststoff annehmen lassen, wenn nicht gar Schlimmeres heraufbeschwören (Schimmel!). Daher vertraue ich seit immerhin zwei Jahrzehnten auf die kleine (aber feine) »Picco« von Tchibo:
Der dunkelblaue Apparat stellt in meiner Küche tatsächlich die einzige Fehlfarbe dar. Mit wenigen Handgriffen ist das pumpenlose, nach dem Zentrifugenprinzip funktionierende Maschinchen zerlegt: Deckel, Filter-Einsatz und Ablaufrinne können rasch im Waschbecken gespült, die im Grundgerät dann freiliegende Heizschale mit einem Lappen saubergewischt werden. Keine Schläuche, keine Armaturen, kein Gammel, kein Kalk. Dafür aber feiner Espresso mit anständiger Crema. Nichts für zappelige Kaffee-Süchtige mit hohem Tagesbedarf, aber genau das Passende für einen Gelegenheitsschlürfer wie den zonebattler...
Ein eigener Test kostet übrigens nicht viel: Auf (fast) jedem Flohmarkt oder auch im Gebrauchtwarenhof kann man eine guterhaltene »Picco« für 3–5 EUR erwerben [1]. Angesichts solcher Preis-Dimensionen verwundert es wohl niemanden, wenn der Autor dieser Zeilen bekennt, ein Bataillon von fünf bestens erhaltenen Reserve-Maschinen im Keller stehen zu haben...
Die »Picco« gab es in einer Reihe von (blauen, weißen, schwarzen) Varianten, spätere Bauserien kamen sogar mit einem Milchaufschäumer-Rüssel. In seinem Hang zum Einfachen und Ursprünglichen bevorzugt der zonebattler aber ganz fraglos das blaue »Urmodell« aus den 1980ern. Dafür sind seine liebsten Espresso-Tassen (auch so ein Flohmarkt-Schnäppchen) natürlich in rot und weiß gehalten: Wohl bekomm’s!
[1] Man achte auf das Vorhandensein von Filtereinsatz und Abtropf-Siebblech. Betriebsbedingte Verschmutzungen sind normal und bieten einen guten Ansatzpunkt zum Feilschen um einen (noch) günstigeren Preis: Die spätere Säuberung ist ja unkompliziert und schnell zu bewerkstelligen, da alle wasserführenden Teile sehr leicht zugänglich sind.
Regen bringt Segen: Weil ich heute einen nachfeiertäglichen Brücken-Freitag genießen kann, meine bessere Hälfte aber leider keinen solchen hat, habe ich sie galanterweise mit der Renngurke ins Büro gefahren. Von da aus war es nur ein Katzenwurf zum nächsten Gebrauchtwarenhof, den ich gelegenheitshalber sogleich inspizierte.
Wie es der Zufall wollte, konnte ich dort ein Trio Tchibo Piccos der ersten Bauserien (je eine in weiß, schwarz, blau) einsacken für zusammen (!) fünf Euro. Nicht, daß ich nicht noch ein gutes halbes Dutzend dieser nahezu unkaputtbaren Maschinchen im Keller stehen hätte: Nein, es geht um das einzige und mittlerweile unersetzbare Verschleißteil der Kaffeeschleudern, die Filtertrommel. Die fehlt gerne bei Angeboten aus zweiter Hand, da entweder kaputt oder geklaut. Bei meinen drei Neuzugängen sind freilich alle Filtertrommeln vorhanden und bar jeder Beschädigung: Die zuverlässige Espressoversorgung in der heimischen Küche scheint mir daher bis ans Ende meiner Tage gesichert zu sein...
#1
Hallo, Ich habe diese weiß/rote Siebträgermaschine ersteigert. Ich habe sie noch nicht bei mir und kann probieren. Leider habe ich und auch der Verkäufer keine Gebrauchsanleitung davon. Vielleicht können Sie mir helfen? Bin gerade dabei mir eine passende Kaffeemühle anzuschaffen. Da kann ich mich nicht entscheiden. Bin Anfänger, habe immer eine Jura impressa E 25 in Gebrauch. Ist gar nicht so einfach. Ich hoffe nur, dass ich mich mit der Jura Rio-Jeunesse nicht vertan habe....LG Kaffefan P.
#2
Ich hab’ die Anleitung auf telefonische Rückfrage hin vom Jura-Service bekommen, aber ich jage sie gerne durch den Kopierer und schicke Sie Ihnen zu, wenn Sie mir Ihre Adresse zukommen lassen... In Sachen Kaffemühle muß ich passen, da sind wir leidenschaftslos und werkeln mit einem alten Siemens-Häcksler vom Flohmarkt...
#3
Na super: Ich antworte hier binnen elf Minuten (!) ab Fragestellung, biete meine Hilfe an, kopiere wie zugesagt die Anleitung, und was höre ich von der Fragestellerin? Nix mehr! Und das seit drei Tagen schon. Na, dann hat die lazy Lady halt Pech gehabt (und ich ein paar Blatt rückseitig noch verwendbares Schmierpapier mehr)...
#4
Hallo, wir seit einiger Zeit auch eine Rio Jeunesse und wäre sehr interessiert an der Anleitung. Also wenn es mgl. ist wären wir sehr dankbar über eine Mail mit Anleitung. an lisasimpson_86@gmx.de
MFG
#5
Bitte wenden Sie sich an den Jura-Service, Ihr Prominenten-Bonus wird dort helfen...
#6
Hallo,
bei meinem Freund steht auch noch eine alte Picco gaaaaanz oben im Küchenregal. Ein Überbleibsel einer Verflossenen, deswegen dachte ich eigentlich, die war wohl nicht so der Burner (also die Picco... aber die Verflossene war’s wohl auch nicht).
Nach Ihrer Lobhudelei bin ich jetzt allerdings trotzdem ein wenig neugierig geworden und werde bei Gelegenheit das Teil mal säubern und die Motten darin artgerecht umsiedeln. Leider gibt es keine Bedienungsanleitung mehr, bzw. ist sie nicht mehr auffindbar. Mein Freund hat viele Regale mit vielen Schachteln, und meine Geduld ist begrenzt, wenn Sie verstehen...
Muss man irgendwas beachten? Oder einfach gemahlenen Espresso rein und das Spektakel beginnt? Für eine Antwort wäre ich wirklich dankbar, es eilt auch nicht.
Netter Blog übrigens, nur die Damenbeine machen mich etwas nachdenklich.
Viele Grüße aus dem wilden Oberfranken! :)
Doria
#7
Hallo Doria,
nach dem Saubermachen Espressopulver in die Schleudertrommel geben (1 Löffel = 1 Tasse, 2 Löffel = 2 Tassen) und den Deckel draufdrehen (Vorsicht, der Bajonettverschluß ist die Achillesferse, wenn der hinüber ist, ist die Trommel kaputt und damit die ganze Maschine nutzlos). Frisches Wasser in die Heizschale geben (Markierungen für 1 Tasse / 2 Tassen beachten), Ablaufrinne rein, befüllte Trommel auf die Achse stecken, Gerätedeckel auflegen und durch Drehung verriegeln. Hauptschalter auf Stellung »Heizen«, bis das Wasser kocht und die Kontroll-Lampe erlischt (wie beim normalen Wasserkocher). Hauptschalter in Stellung »Schleudern« drücken und festhalten.
Der Motor läßt die Trommel mit hoher Drehzahl rotieren, das heiße Wasser wird von unten reingesaugt, durch die Zentrifugalkräfte durch das Kaffeepulver gepresst, nach dem Verlassen der Trommel von der runden Auffangrinne eingesammelt und in die (hoffentlich vorne daruntergestellten) Espresso-Tasse(n) abgeleitet. Fertig. Hernach in umgekehrter Reihenfolge wieder zerlegen und unter fließendem Wasser abspülen.
Danke für das Lob betreffs meines Blogs hier. Nachdenklicher stimmend als meine harmlose Kollektion von Damenbeinen finde ich übrigens Mailadressen von Leserinnnen, die sich als »diabolische Häschen« ausgeben mit einem mutmaßlichem Geburtsjahrgang, der nur etwa zehn Jahre von meinem eigenen entfernt ist! ;-)
#8
Hallo,
vielen Dank für die prompte und ausführliche Auskunft!
Das klingt ja alles sehr abenteuerlich, ich hoffe nur, das Maschinchen funktioniert nach den langen Jahren im Dornröschenschlaf überhaupt noch...
Die Zahl in meiner Mailadresse ist übrigens meine Hausnummer.
Schönes Wochenende und diabolische Grüße :)
Doria
#9
Bitte sehr, gern geschehen! Liest sich übrigens nur im unbebilderten Text etwas abenteuerlich, in der Praxis erschließen sich einem diabolischen Häschen die nötigen Handgriffe fast von selbst, sofern es keine zwei linken Pfötchen hat!
Und auf das mit der Hausnummer in der Mailadresse muß man erst mal kommen...
Wünsche fröhliches Ausprobieren und einen teuflisch guten Espresso!
#10
Hallo,
gestern gab es den ersten Espresso! Und den zweiten, den dritten, den vierten und den fünften. Schließlich mussten wir erst die richtige Wasser- und Espressomenge für ein optimales Ergebnis austesten. Dies ist uns zwar gelungenen, allerdings war die Nacht auf Grund dieser hemmungslosen Koffeinorgie ziemlich kurz.
Die Bedienung ist wirklich pausibel, wenn man sich das Gerät mal etwas genauer anschaut (erst recht, wenn man einen Akademiker an seiner Seite hat, der einen mit qualifizierten Kommentaren unterstützt), trotzdem war Ihre Anleitung sehr hilfreich. Und dafür, dass die unscheinbare Picco eigentlich schon dem Elektroschrott geweiht war, liefert sie ein wirklich annehmbares Ergebnis. Wir müssen nur noch ausdiskutieren, in wessen Küche...
Ich dachte mir, Sie würden sich vielleicht über eine finale Erfolgsmeldung freuen. :)
Viele Grüße
Doria
#11
Daß ich in meinem Alter noch jemandem kurze Nächte bescheren kann, hihi... ;-)
Freut mich zu hören, daß der wackere Selbstversuch letztlich von Erfolg gekrönt war!
Den dräuenden Zwist um den zukünftigen Standort der wiederbelebten »Picco« könnte ich entschärfen durch ein Freundschaftsangebot: Ich habe mich zur Auflösung meines Lagerbestandes entschlossen und könnte Ihnen ein blaues, weißes oder auch schwarzes Maschinchen im Top-Zustand mit intakter Schleudertrommel für einen Dreißiger (inkl. Paketporto) überlassen. Damit wäre die Frage »Gehen wir zu mir oder zu Dir?« schon mal entkoffeiniert...
#12
So, alle meine sieben funktionstüchtigen Piccos haben inzwischen die Reise aus meinem Kellerlager zu guten neuen Herrchen oder Frauchen angetreten. Ich habe keine mehr abzugeben und bitte daher, von weiteren Anfragen abzusehen. Danke!
#13
Im Rahmen des derzeit laufenden Frühjahrsputzes hat der zonebattler entschieden, die im obersten Bild gezeigte, höchst dekorative Jura-Maschine fortzugeben und die von ihr belegte Stellfläche anderweitig zu nutzen. So sieht sie aus in voller Pracht (Fotos sind zwecks Vergrößerung anklickbar):
Die weißen Gehäuseteile scheinen mir über die Jahre hinweg etwas nachgedunkelt zu sein in Richtung cremeweiß, aber von regelrechter Vergilbung kann keine Rede sein. Die Bedienungsanleitung war ursprünglich nicht dabei, die habe ich mir vom Jura-Kundendienst als Kopie schicken lassen:
Die gestern testhalber nach Anleitung vorgenommene Inbetriebnahme verlief leider nur teilweise erfolgreich: Kessel heizt, Pumpe brummt, Aufschäumrüssel spuckt Dampf und Heißwasser, aber nach Schließung des seitlichen Drehventils kommt nix aus dem Siebträger raus... Irgendwas scheint also verstopft zu sein in der verstockten Maschine!
Weil ich mich aber nicht mit Basteleien an einem ohnehin überzähligem Gerät aufhalten will, offeriere ich die optisch sehr schön erhaltene Espressomaschine hier als defekt. Ein Kenner & Könner wird den Kaffee vermutlich in Minutenschnelle wieder zum Fließen bringen. Und darum geht es mir: Das Ding soll seiner Bestimmung nachgehen und nicht nur faul herumstehen!
Für schlappe 35,00 EUR (inkl. DHL-Paketversand) verschicke ich den rot-weißen Hingucker innerhalb Deutschlands. Interessenbekundungen bitte ich per Mail einzureichen. Danke!
#14
Das Gerät ist verkauft, das Angebot hat sich damit erledigt...
#15