Ein neuer Frühling, eine neue Insel: Nachdem der zonebattler und seine bessere Hälfte in den letzten Jahren schon allerlei Eilande bereist haben (namentlich La Palma, Malta samt Gozo sowie Mallorca), ward heuer wieder einmal eine Kanareninsel zum Ziel auserkoren: Teneriffa sollte es sein und damit eine Destination, welche man von der weiland Freien und Reichsstadt Nürnberg aus noch ohne lästiges und zeitraubendes Umsteigen erfliegen kann. Man wird ja bequem im Alter...
Der Ferienbomber startete nicht wie geplant und gebucht um 6:00 Uhr in der Früh’, sondern hob schon des Nachts um 3:40 Uhr in Frankens Metropole ab. Immerhin konnten wir dank dieser Terminverschiebung die letzte U‑Bahn des Vortages nehmen und mußten für den Transfer zum Flughafen weder auf Nachbarschaftshilfe noch auf ein Taxi zurückgreifen. Von daher hatte die kurze (und weitgehend schlaflose Nacht) auch ihr Gutes.
Nach knapp fünfstündigem Flug (mit kostenpflichtiger Verpflegung, dafür aber mit Gratis-Bazillen-Beaufschlagung durch Hundertschaften hustender Mitreisender) landeten wir auf dem internationalen Flughafen im heißen Süden Teneriffas. Ein Großteil der einschwärmenden Touristen bleibt dann auch dort in der Gegend, wird für die Dauer des Urlaubes in zu diesem Zwecke gebauten Großanlagen verstaut, mit Sonne und Mahlzeiten all inclusive versorgt und verstellt den an Land und Leuten interessierten Reisenden nicht den Ausblick auf das Wesentliche. Wir indes wurden mit einer Handvoll anderer Neuankömmlinge per Kleinbus in den Norden gefahren, zu unserer temporären Heimstatt in Puerto de la Cruz. Bevor wir aber in die Details einsteigen, sei zunächst – wie immer bei des zonebattler’s Reiseberichten – eine Landkarte mit den eingearbeiteten GPS-Tracks der während des Aufenthaltes zurückgelegten Wege eingebaut und vorgezeigt (Puerto de la Cruz liegt oberhalb von La Orotava direkt an der Küste):
Map data: © OpenStreetMap contributors, powered by OpenRouteService
Großfassung 900 x 750 Pixel
Zugegeben, aus großer Höhe betrachtet schaut das nach nicht sonderlich viel aus für zwei Wochen des Wandelns und Wanderns. Es geht aber erstens recht gebirgig zu auf Vulkaninseln und zweitens sieht man die ganzen kleinräumigen Mäandrierungen der schweißtreibend zurückgelegten (Höhen-)Meter erst beim Hineinzoomen. Drittens mußten wir leider auch ein paar Tage krankheitshalber pausieren. Dazu später mehr.
Nach einer guten Stunde Kleinbusfahrt kamen wir – immer noch recht früh am Tage – in Puerto an und bezogen Quartier im Hotel »Monopol«, über das ich mich hier und heute lobend auslassen möchte. [1] Da das uns zugedachte Zimmer zur vormittäglichen Stunde noch nicht wieder bezugsfertig gemacht worden war, lud uns der am Empfangstresen persönlich präsente Chef umstandslos zum Frühstück ein (»Sie haben doch heute bestimmt noch nichts gegessen?)« und schickte uns nach dem Abstellen des Reisegepäcks zur Stärkung hinunter ins hauseigene Restaurant. Aber hallo! Der unverhoffte Service setzte nahtlos fort, worauf uns die blumige Dekoration an der Schwelle des altehrwürdigen Hauses (gebaut im 18. Jahrhundert, seit mehr als 75 Jahren im Familienbesitz des heutigen, deutschstämmigen Betreibers) schon sehr verheißungsvoll eingestimmt hatte...
Weder als erstklassiger Dienstreisender noch als budgetzimmerbeziehender Privatmann ist der zonebattler derlei Umsicht und Generosität gewöhnt, es macht halt offenbar doch einen Unterschied, wenn sich in inhabergeführten Etablissements die Besitzer und Betreiber höchstselbst um den Gast bemühen. Chapeau!
Der größte Aktivposten des Hotels aber – und deswegen breite ich mich auch so opulent darüber aus – ist die wunderbare Palmenhalle, ein überdachter Innnenhof, über dessen holzgefaßte Galerien auf drei Etagen die umliegenden Zimmer erschlossen werden. So sieht es aus, wenn man sich unten in der Halle auf einer Sitzgarnitur niederläßt und den Blick gen Himmel richtet:
Welch eine Pracht, was ein Raumerlebnis, was für eine »Aufenthaltsqualität«, um einen neumodischen Begriff aus dem Blubberbottich des Investorenvokabulars zu gebrauchen! Jede(r) meiner Fürther Leser(innen) wird nachvollziehen können, daß wir uns da sofort an den Festsaal des ehem. Parkhotels daheim erinnert fühlten, einen noch viel größeren baulichen Schatz, den nach langem Dornröschenschlaf leichthin dem Kommerz geopfert zu haben ich unserem *piep* Oberbürgermeister und seinem *pieeeeeeeeeep* Stadtbaurat bis an mein eigenes Ende nimmermehr verzeihen werde. Ja, hier im fernen Puerto de la Cruz wurde uns unversehens im kleinen Maßstab vor Augen geführt, was für ein architektonisches Kleinod wir da hatten, verkannt von den Politikern, verleumdet gegenüber der Öffentlichkeit, verraten von der Gier der Investoren. Aus, vorbei, auf immer dahin...
Bezaubert vom großzügigen Raumeindruck einerseits, betrübt durch den sich aufdrängenden Vergleich mit fürtherischer Ignoranz andererseits, stellten wir die Koffer in unserer nunmehr freigegebenen Stube ab und schauten uns zunächt einmal die Dachterrasse an, von der aus man wunderbare Panoramablicke auf das nahe Meer und auf das eindrucksvolle vulkanische Gebirge im Hinterland werfen kann. Da der Autor freilich nur ungern ablichtet, was in jedem Ansichtskartenständer dutzendfach wohlfeil ist, muß sich die geschätzte Leserschaft einmal mehr mit einem nach assoziativ-ästhetischen Kriterien ausgewählten Realitäts-Ausschnitt begnügen:
Mit der eigenen Kemenate konnten wir mehr als nur zufrieden sein: Solides Bett, geschmackvolles Mobiliar, ein frisch renoviertes Bad. Das Fehlen eines Balkons – das offenbar einzige »Manko« gegenüber den höherpreisigen Zimmern – wird von uns Frischluft-Fanatikern regelmäßig nicht als Nachteil empfunden, wir pflegen ja unseren Urlaub primär in der Landschaft zu verbringen und nicht in der Herberge. Damit vorerst genug des Lobes über unser traditionsreiches Hotel; ein paar weitere Bemerkenswertigkeiten gedenke ich bei passender Gelegenheit in späteren Folgen meiner Berichterstattung einzustreuen...
Jetzt aber erstmal ein kleines Nickerchen gemacht (im Flieger war man nicht so recht zum Dösen gekommen wegen steten Herumhustens erkälteter Passagiere einerseits und ambulanter Verkaufsveranstaltungen des Bordpersonals andererseits) und dann das Hotel erstmals zur Erkundung der näheren Umgebung verlassen. In Ermangelung feinsandiger Strände gibt es in Puerto keinen überbordenden Badebetrieb zu beobachten, aber wer die Sonne sucht, die Seeluft schätzt und das Rauschen der Wellen liebt, der findet schon ein genußreiches Plätzchen zum Entspannen, beispielsweise auf einer gediegenen Befestigungsmauer unweit des kleinen Hafens:
Unter »Hafen« darf man sich übrigens auf den Kanaren nicht das Gleiche vorstellen wie auf mediterranen Inseln: Hier liegen keine Hundertschaften kleiner Segelboote und Fischerkähne Seite an Seite, hier hat nicht jede(r) ein eigenes Schifflein an der Leine baumeln: Hier ist man im Atlantik und nicht im mare nostrum, der »richtige« Ozean ist kein Tummelplatz für Freizeit-Kapitäne. Der zonebattler durfte am eigenen Leibe erfahren, daß des Atlantiks Wellen einiges Überraschungspotential bieten und den arglosen Küstenwanderer sehr plötzlich und sozusagen aus dem Stegreif durchnässen können, und das mit einiger Verve: Zosch!
Unter diesen Umständen mag es verständlich erscheinen, daß manche Urlauber dem unberechenbaren Ozean den Rücken kehren und im lieber Schutze der aus schwarzem Tuffstein gebauten Trutzmauern im Trockenen sitzen und landeinwärts sinnieren:
Worüber die Herrschaften wohl nachgedacht haben mögen? Vielleicht über etwas Abwechslung in der Tagesgestaltung, die für Fußfaule oder altersbedingt nurmehr eingeschränkt mobile Leute typischerweise aus Essen, Einkaufen, Bummeln, Zeitungslesen und Dösen besteht (in leicht varierenden Abfolgen und Szenenbildern). In der Tat vermag die pittoreske Altstadt von Puerto de la Cruz nur für ein paar Tage Neues zu bieten, dann dürfte man – sofern man planlos in den Tag hineinlebt – der Mischung aus Läden, Restaurants und ambulanten Gewerben überdrüssig werden. Wobei zur Ehrenrettung der Stadt doch betont werden muß, daß sie im Inneren noch authentisch und mehr von Einheimischen als von Touristen bevölkert ist. In den riesigen Hotelburgen drumherum sieht das natürlich anders aus...
Aber die lassen wir zunächst einmal beiseite und schlendern stattdessen in der Altstadt herum. Schnell wird deutlich, daß die Spanier es bunt und farbenfroh mögen. Gerne wird die eigene Finca stark kontrastierend von der benachbarten Behausung abgesetzt:
Mitunter fallen die flächig-plakativen Farbkontraste dermaßen schrill-schreiend aus, daß man die visuelle Plärrerei kaum auszuhalten vermag. Wer bis hierher geduldig mitgelesen und sich dabei längst gefragt hat, warum ich denn den Miniatur-Kontinent Teneriffa ausgerechnet als »Lärminsel« zu titulieren mir herausnehme, findet in dieser Beobachtung einen ersten Hinweis auf das namensgebend Kreischende, welches sich beileibe nicht nur akustisch äußert, sondern eben auch optisch und olfaktorisch und da nicht weniger nervtötend penetrant. Im weiteren Verlauf meiner auf sieben Teile angelegten Serie wird es dazu noch einiges zu sagen bzw. zu schreiben geben...
Bleiben wir noch etwas in Puerto de la Cruz, schauen wir uns ein wenig am Rande der Altstadt um, wo das wohlproportionierte Erscheinungsbild der erkennbar von städteplanerischer Weitsicht vergangener Jahrhunderte geprägten Straßen, Gassen und Plätze auszufransen beginnt, wo renditeoptimierte Wolkenkratzer in die Höhe sprießen, die einen als Hotel konzipiert, die anderen als Konglomerat von Eigentumswohnungen resp. ‑Apartments wie beispielsweise dieser Klotz hier in der Nähe der (seit Jahren wegen Baufälligkeit geschlossenen und ruinös dahinbröckelnden) Busstation [2]:
Nee, sowas wollte sich der Verfasser dieser Zeilen nicht als »Wertanlage« an die Backe binden. Wozu auch für allenfalls drei Wochen im Jahr in eigenen vier Wänden hausen (bei ganzjährig laufenden Kosten), wo es doch so einladende Gast-Stätten wie das »Monopol« gibt?
Soviel für heute, soviel zu unseren ersten Eindrücken von der größten Insel des kanarischen Archipels. In der nächsten Folge gucken wir uns dann nochmals in der näheren Umgebung unseres mit Bedacht gewählten Urlaubs-Hauptquartieres um, bevor wir uns dann zu ersten Wanderungen ins Umland aufmachen...
[1] Der Endesunterfertigte legt Wert auf die Feststellung, daß er weder aktiv bestochen worden ist noch seinerseits proaktiv um Vergünstigungen nachgesucht hat mit Hinweis auf die publizistische Heraushebung des spendablen Unternehmers. Wenn unsereiner Empfehlungen abgibt, dann ausschließlich aufgrund positiver Erlebnisse als regulärer Reisender. Zudem wäre es die schiere Hybris, seinem eigenen, letztlich banalen Befindlichkeits-Blog irgendeine werbewirksame Relevanz zuschreiben zu wollen!
[2] Das mit der omnipräsenten Ruinen-Romantik ist auch so eine eigenartige Sache: Immer wieder stößt man auf relativ junge Gebäude, Anlagen und Einrichtungen, die nach ihrer (teilweise mit EU-Geldern geförderten) Errichtung und Inbetriebnahme offenkundig nicht weiter instandgehalten und gepflegt werden: Aus kleinen Schäden werden dann schnell große, und irgendwann wird das marode Objekt dann aufgegeben, günstigstenfalls abgerissen und durch etwas Neues ersetzt. Die ökonomisch wie ökologisch hanebüchene Mentalität dahinter wird sich unsereinem nie erschließen...
Süßer und scharfer Senf: