Mein heutiger Beitrag entstammt meiner ersten (und inzwischen zugunsten dieses Weblogs stillgelegten) eigenen Homepage. Er ist schon einige Jahre alt, aber im Wesentlichen noch aktuell. Auch wenn wir heute in Euro statt in DM zahlen und die analoge Fotografie zusehends von der digitalen Technik verdrängt wird, das Knipsen mit der Agfa »Clack« macht (nicht nur mir) immer noch große Freude!
Obwohl ich eine nicht unbeträchtliche Menge Kleinbild-Kameras besitze, macht mir das Fotografieren im Mittelformat doch wesentlich mehr Spaß: Zum einen zwingen umständlichere Bedienung und wenige Aufnahmen pro Film zum konzentrierteren Arbeiten, zum anderen hat ein fertiges 6x9 Dia einfach eine ganz andere Anmutung als so eine 24x36mm »Briefmarke«! Mein Lieblingsgerät ist (standesbewußte Hasselblad-Besitzer mögen es mir nachsehen) eine Agfa »Clack« aus Bakelit und Blech, Baujahr 1954. Das für einen einstelligen DM-Betrag (!) auf dem Flohmarkt erstandene Fossil verfügt nur über eine einzige (Meniskus-)Linse und zwei Blenden, letztere durch Sonnen- und Wolken-Symbole einzustellen. Bedingt durch die Bauart des Primitiv-Objektives wird der Film hinten nicht eben, sondern gewölbt am Lichtschacht vorbeigezogen, übrigens ohne jede Sicherung gegen Doppelbelichtung!
Was aber kommt heraus, wenn man einen modernen, in der Empfindlichkeit den früheren Schwarzweiß-Filmen ähnlichen Diafilm wie den Fuji Velvia einlegt und bei schönem Wetter auf Motivsuche geht? Knackig scharfe, leuchtkräftige Dias, die selbst Profis zum Staunen bringen können! Leider geben die unten gezeigten Scans die technische Qualität der Diapositive nur andeutungsweise wieder. Ich kann aber jedem nur raten, sich nach einer gebrauchten Agfa »Clack« (oder dem 6x6 Schwestermodell »Click«) umzusehen und selbst auszuprobieren, was die Liaison aus alter Technik und moderner Filmchemie zuwege bringen kann...
Memmelsdorf bei Bamberg: Orangerie
Ein sonniger Sonntag-Nachmittag, die leichte »Clack« baumelt am Handgelenk und wartet auf ein schönes Motiv. In der frisch restaurierten Anlage des Schlosses Seehof im oberfränkischen Memmelsdorf werde ich schon am Eingang fündig: Das obige Bild zeigt den Torbogen zwischen den beiden weitgestreckten Flügeln der Orangerie. Der Detailreichtum der Ornamente ist auf dem großen Dia bestens zu erkennen, aber auch der Scan kann sich meiner Meinung nach durchaus sehen lassen: Meine »LowTech-Ausrüstung« besteht aus einem alten 300dpi-Flachbettscanner und dem »Transparency Adapter IV« von Mustek. Die flache Lichtquelle kostet nur knapp über 100 Mark und ist auch als Leuchtpult hervorragend zu verwenden! Umgekehrt eignen sich vorhandene Tageslicht-Leuchtpulte aber nicht unbedingt als Scanner-Beleuchtung: Das netzfrequenzbedingte 50 Hz-Flimmern führt immer zu unschönen Interferenzen, die den Scan unbrauchbar machen. Eine klare Empfehlung also für das praktische und preiswerte Mustek-Zubehör!
Memmelsdorf bei Bamberg: Schloß Seehof
Schloß Seehof selbst in seiner ganzen Pracht: Der kompakte Bau beherbergt heute eine Außenstelle des Bayerischen Amtes für Denkmalschutz. So schön gelegen wünschte ich mir auch meinen Arbeitsplatz! Gar nicht so leicht ist es übrigens, die Agfa-Kamera gerade zu halten. Der tonnenförmig verzeichnende Durchsicht-Sucher begünstigt unbeabsichtigte »Schieflagen«. Sobald man sich dessen aber erst mal bewußt ist und gut aufpaßt, kriegt man wirklich waagrechte Horizonte schon einigermaßen exakt hin...
Bamberg: »Klein Venedig«
Dieses Postkarten-Motiv hat vermutlich jeder schon irgendwann mal gesehen, gleichwohl ist und bleibt es eines der beliebtesten Motive Bambergs. Aber auch sonst ist die Stadt voller pittoresker Winkel: Jedem Fotografen sei ein Besuch der barocken Bischofsstadt hiermit wärmstens ans Herz gelegt! Die leichten Streifen an den oberen und unteren Rändern der Aufnahmen sind übrigens nicht auf Defekte der Kamera oder Fehler des Scanner-Aufbaus zurückzuführen: Ich habe meine empfindlichen Dias in Ihren rückseitig verschweißten Transparenthüllen belassen, um nicht Kratzer oder Fingerabdrücke zu riskieren. Bei Mittelformat-Filmen geht sowas ganz schnell...
Na, überzeugt? Es macht wirklich große Freude, mit so einer »alten Schachtel« durch die Lande zu streifen und unbeschwert von technischen Überlegungen einfach hinzugucken und »abzudrücken«. Einen Versuch zumindest ist es allemal wert: Die tolle Kleinbildausrüstung der Oberklasse kann man ja zusätzlich noch mitschleifen. Gut Licht!
Neugierig geworden? In meiner Fotogalerie »zeiTRAum« finden Sie viele weitere Agfa Clack-Fotos! Besuchen Sie auch mein nicht-ganz-so-künstlerisches Bildarchiv mit interessanten Motivserien...
Soweit mein alter Artikel, den ich im Interesse verklärend-wehmütiger Authentizität nicht verändert habe. Heutzutage würde ich online veröffentlichte Fotos wie die das mit der Gesamtansicht von Schloß Memmelsdorf natürlich perspektivisch nachkorrigieren, um die stürzenden Linien zu eliminieren. Aber was hilft’s, auf dem Original-Dia bleiben die natürlich bestehen.
Es hat CLACK gemacht!
Schon vor Jahren habe den Abschnitt Deiner Web-Site »Geclacktes« besucht. Ich kann mich gut erinnern, dass ich von Deinen Photos mit der CLACK beeindruckt war. Zur selben Zeit hatte ich nämlich mit der KOSMOS-OPTIKUS-Kamera experimentiert. Da ich damals keinen RAPID-Film mehr auftreiben konnte, habe ich eine RAPID-Kasette mit Kleinformat-Film »gefüttert« und konnte zumindest eine kleine Serie von Photos machen. Die Ergebnisse waren qualitativ eher ernüchternd.
Unlängst streunte ich auf Ebay herum und plötzlich fiel mir Deine Web-Site ein und Deine Anregung an den Leser, eine AGFA-CLACK auszuprobieren. Prompt habe ich dann auch eine um ein Butterbrot ersteigert. (Das Porto war der doppelte Warenwert)
Als die Kamera ankam, habe ich sie geöffnet und mal reingesehen. Dann wurde mir die Aussage Deiner Web-Site erst wirklich klar! Da ist nichts drinn, nur eine Meniskus-Linse, das ist die ganze Optik. Selbst die OPTIKUS-Kamera ist komplizierter aufgebaut, die hat zumindest einen Achromaten, Spiegelreflex und einen »ordentlichen« Filmtransport. Darum war mir zunächst völlig unklar, wie Du diese tollen Bilder gemacht hast.
Ich hatte also Blut geleckt (geclackt) und zeigte die Kamera meinem 84-jährigen Vater. Er erkannte sie sofort und meinte nur dazu, Zitat: »Jo, des war die anzige, die man sich domals hot leisten könna« (Breites Österreichisch). Zeitlich reihte er die Kamera um 1960 ein. (»Do warst no net auf der Welt, Bua!«) Auf seine Erfahrungen mit Mittelformat gefragt, antwortete er: »Jo, do hab ma halt in der Kuchl entwickelt, in der Nocht.«
Als Neuling auf diesem Gebiet stöberte ich also nach Bezugsquellen für Rollfilm und Möglichkeiten zur Entwicklung. Interessanterweise fand ich hier in der Nähe einen Versand für Filme jeder Art und in Linz ein Labor zur Ausarbeitung. Ich entschied mich, wie empfohlen, für den FUJI VELVIA mit 50 ASA.
Mit der CLACK und einem Stativ ausgestattet, fuhr ich also auf den Linzer »Hausberg«. Bei strahlender Sonne photographierte ich auf dem »Pöstlingberg«, wobei ich ein bißchen Publikum bekam. Der Pöstlingberg ist ein frequentierter Freizeitort und schnell wurde ich über die Kamera befragt. Ein älteres Ehepaar kam vorbei, wobei der Herr meinte: »Jo mei, das jemand noch sowas hot«. Nach mehreren Gesprächen wurde mein photographischer Ausflug eher zu einer Zeitreise. Ich hatte an diesem Tag wirklich ein paar gute Begegnungen mit Menschen. (Liegt vermutlich daran, dass mein Bartwuchs inzwischen völlig weiss ist. Damit sehe ich nicht mehr wie ein jugendlicher Lümmel aus!)
Als ich die entwickelten Resultate in die Hand bekam, war ich verblüfft. Mangels eines Lichtpults habe ich die Dias ans Fenster geklebt. Haarscharf, brilliante Farben und »Leuchtkraft«.
Technische Bemerkungen:
Den Effekt der fallenden Linien kann ich nur zähneknirschend bestätigen. Der Kirchturm der Pöstlingberg-Kirche ist ein bißchen »schief«!
Die Handhabung der Kamera habe ich eher als unkompliziert empfunden, soferne man auf die Gefahr der Doppelbelichtung achtgibt.
Beim Filmwechsel hatte ich die Befürchtung, die Federklemmung zu zerbrechen. Diese Angst ist unbegründet, die CLACK hält das aus.
Der Gehäuseverschluss hat keine einrastenden Endstellen. Nach Einlegen des Films also prüfen, ob das Gehäuse wirklich verschlossen ist! Dies ist besonders bei Verwendung eines Stativs zu beachten, da die Stativschraube direkt auf den Verschlussmechanismus wirkt.
Beim Sucher kann ich folgende Regel empfehlen: Das Auge nicht an den Sucher anpressen. Den Abstand zwischen Auge und Sucher soweit vergrößern, bis keine schwarzen Schatten mehr im Suchfeld zu sehen sind.
Persönliche Bemerkungen:
Hatte durch diese Kamera mehr soziale Kontakte gehabt, als ich Bilder gemacht habe.
Es hat grossen Spass gemacht!
#1
In der Tat – ein feines Stück Fotogeschichte.
Zudem mit M, B, Drahtauslöseranschluss und zur eleganten Lochkamera umzubauen. Sogar zur digitalen Lochkamera: Auf = 1, zu = 0 ;-)
#2
Nicht doch! Habe erst neulich meinem Nachbarn Robert das Versprechen abgerungen, seine Agfa Clacks nicht durch Umbau zu Lochkameras zu verschandeln. Nimm auch Du eine Pappschachtel und laß’ die armen Agfas leben!
#3