Seit vorgestern kündigen Halteverbotsschilder auf beiden Seiten der Karlstraße ein Ereignis an, dessen Art und Ursache bis dato unbekannt sind:
Vorhin habe ich allerdings von einer gegenüber wohnenden Nachbarin erfahren, daß ihr demnächst ein Mobilfunkmast auf’s Dach gesetzt werden soll. Sowas wird ja typischerweise ambulant mit einem Autokran bewerkstelligt, und das könnte auch die angekündigte Straßensperrung erklären!
Keine wirklich angenehme Perspektive, selbst wenn die Strahlungsleistung eher gering sein dürfte und man sich bei der Engmaschigkeit der heutigen Handynetze im urbanen Bereich ohnehin nie weiter als ein paar Dutzend Meter vom nächsten Wellenerzeuger aufhält...
P.S.: Bitte lesen Sie unbedingt die Fortsetzung dieser Ent- bzw. Verhüllungsstory, und zwar in den Kommentaren zu diesem Beitrag...
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Ich hoffe sehr, dass Du damit nicht recht hast. Als ich die Schilder sah, erschien sofort ein Bild der Idylle vor meinem geistigen Auge: Die Zone 30 Schilder werden aktiviert und links und rechts der Straßenmündung werden große Pflanzkübel platziert um den Verkehrsteilnehmern in die neue Gewindigkeitsregelung zu zwingen. Allerdings hätte wohl dazu ein Spielstraßenschild montiert werden müssen. Vielleicht geht mein Traum ja doch noch in Erfüllung und Deine Informationen sind falsch. Die Hoffnung stirbt eben doch zuletzt.
Da ich begeisterter Handy-Benutzer bin werde ich wohl auch die Sendeantennen akzeptieren müssen. Doch auch hier die Angst: meine O2 Homezone wird doch hoffentlich nicht auf die zugesicherten 500 m Radius eingegrenzt. Denn bisher ist meine Homezone in ganz Fürth.
Liebe Grüße HJS
#1
Die Hoffnung ist dahin...
Es ist leider kein Zweifel mehr möglich, da liegt das stählerne Ding nämlich schon vor dem Haus gegenüber und wartet auf den Kran:
Ein Nachbar schlug vor, das ungeliebte und höchst unerwünschte Rohr nächtens davonzutragen. Ich gab jedoch zu bedenken, daß es womöglich weit mehr von diesen Teilen auf Halde gibt als wir auf Dauer verstecken könnten...
#2
Ruck, zuck, fertig...
Da steht er nun, der demnächst strahlende Spargel, und mimt den Unschuldigen:
So wie es aussieht, sind drei Antennen im Drehwinkelabstand von 120 Grad montiert, um eine lückenlose Rundum-Abstrahlcharakteristik zu gewährleisten.
Sofern die Dacheinführung bzw. deren Bleiblech-Abdeckung auf den Schieferschindeln kein Provisorium, sondern bereits die Endfassung darstellt, prophezeihe ich dem Hausherrn jetzt schon ein feuchtes Dachgebälk und mit etwas Glück mittelfristig einen neuen Hausbewohner namens serpula lacrimans. Dessen spätere Bekämpfung womöglich den Erlös für die Antennenduldung mehr als aufzehrt: So subventioniert die moderne Elektronik-Industrie lobenswerterweise auch das traditionelle Handwerk und setzt mit einiger Phasenverschiebung Zimmerleute, Dachdecker und Maurer in Brot und Arbeit...
#3
Sie sind wohl noch zugange...
...denn vorhin fuhr erneut eine mobile Arbeitsbühne unter unseren vorderen Balkon:
Gestern wurden offenbar die Antennen verkabelt, vielleicht dichten sie heute das Dach doch noch halbwegs fachmännisch gegen Regenwasser ab. Oder auch nicht.
Schon fliehen die Vögel in Panik den unheilbringenden Fortschrittsboten. Ich flüchte auch, und zwar (vorübergehend) ins Büro...
#4
Mondäne Mimikry oder makaberer Mummenschanz?
Kaum nach Hause gekommen, fällt mir schier die Kinnlade herunter: Sie haben den Handy-Masten doch tatsächlich als Schornstein verkleidet!
Ob aus architekturästhetischen Gründen veranlaßt, aus schlechtem Gewissen heraus betrieben oder um die Anlage vor eventuellen Gegnern zu verbergen: Das hier veranstaltete Versteckspiel entbehrt nicht einer grotesken Komponente. Einmal mehr freilich wurde die Rechnung ohne den zonebattler gemacht, der als selbsternannter Chronist der Fürther Karlstraße das Treiben hiermit dauerhaft dokumentiert hat...
P.S.: Google findet zum Thema »Mobilfunkmasten tarnen« viel Interessantes!
#5
Am Morgen danach...
...schaut das Ding auch nicht besser aus als gestern im abendlichen Gegenlicht:
Der mittig herausragende Blitzableiter und kleine Schraubenkappen oben und unten verraten die Attrappe. Vielleicht sollte ich auf meinen Stadtgängen zukünftig nicht nur nach verlorenen Zwiebeltürmen, sondern auch nach neu hinzugekommenen Schornsteinen Ausschau halten...
#6
ich frage mich, ob die verkleidung nicht hübscher aussöhe, wenn man ringsrum ne rolle alufolie drankleben würde... ;-)
#7
Hübscher sicherlich...
...und strahlungsärmer obendrein! ;-)
#8
Weitere Kommentare...
...zu diesem Thema gibt es hier.
#9
Der Regen bringt es an den Tag...
Kleine Identifizierungshilfe für fragwürdige Schornstein-Attrappen:
Echtes, verputztes Mauerwerk (rechts) saugt Regenwasser auf und verfärbt sich dabei vorübergehend, ein falscher Schlot aus Kunststoff (links) tut beides nicht!
#10
So ein Schlot !
Dafür scheint er in diesem Deinen Bild zu rauchen ;-)
#11
Eine Übersicht über mobilfunktechnischen Mummenschanz in Fürth findet sich hier !
#12
Pressespiegel: »Versteckten Strahlenquellen auf der Spur« (FN)
#13
Moin,
hier reden immer alle von »versteckten Standorten«.
Wenn ich hier schaue
emf2.bundesnetzagentur.de/karte.html
dann finden sich alle »versteckten« Standort sauber dokumentiert.
Viel Spaß.
#14
Na ja, auch von einbeinigen Piraten auf idyllischen Inseln versteckte Schätze sind mitunter sauber auf Schatzkarten dokumentiert, und trotzdem findet sie nicht jeder. Weil nicht jeder die Karte hat. Und nicht jeder, der eine Wohnung mieten oder kaufen will, wird vorher auf die Idee kommen, auf der Homepage der Bundesnetzagentur nach verborgenen Antennenmasten zu fahnden.
Es bleibt eine nicht wegzudiskutierende Tatsache, daß Mobilfunkmasten getarnt, kaschiert und verkleidet werden, in Fürth ebenso wie andernorts. Die Motive mögen vielschichtig sein (Denkmalschutzauflage hier, Wertverlust-Befürchtungen da), aber das ändert nix am Faktum, daß es viele Funkmasten gibt, die sich als Schlote, Bäume oder sonstwas ausgeben. Daß sich besorgte Bürger über die Hintergründe Gedanken machen, kann einen da schwerlich verwundern...
#15
Der Fotograf Dillon Marsh hat in und um Kapstadt Mobilfunkmasten »eingesammelt«, die als Bäume verkleidet worden sind: »Invasive Species«
#16
Ich hatte schon so eine Vorahnung im Bauch, als letzte Woche auf dem Gehsteig gegenüber plötzlich ambulante Parkverbotsschilder auftauchten, wieder in Autokranlänge die Straße vor dem Haus Karlstraße 14 freihaltend. Und heute morgen stand er tatsächlich da, der gelb gestrichene Riese mit dem teleskopierbaren Ausleger. Da hat mich heute nachmittag der Ausblick aus dem Wohnzimmerfenster nicht mehr überraschen können:
Die Mimikri ist abgelegt, der strahlende Spargel nicht mehr getarnt. Aber wieso? Werfen wir einen Blick nach drunten, woselbst ein Arbeiter am Aufräumen ist:
Ganz offenbar wurde die Anlage modernisiert, es wurden neue (größere, modernere, leistungsfähigere) Antennen-Elemente an den Mast geschraubt. Die alten liegen zum Abtransport bereit. Na toll. Jede Wette, daß spätestens morgen die plastikne Schornstein-Attrappe wieder drübergestülpt wird, um den Stengel visuell zu verharmlosen:
#17
Es kam, wie es kommen mußte:
#18
Knappe sechs Jahre später geht die Geschichte weiter! Gestern morgen wurde gegenüber wieder ein Stück Bürgersteig abgesperrt, und ich ahnte, daß da wieder ein Autokran im Anmarsch war:
Und tatsächlich stand heute früh wieder ein gelber Gigant vor Ort und brummte sich warm. Leider mußte ich dienstbeflissen ins Büro flitzen, daher kann ich hier nur im Bilde dokumentieren, was heute zum Feierabend Stand der Dinge war:
Genau, der freigelegte Antennenmast ist all seiner Verkabelungen beraubt, strahlt also momentan nicht mehr. Ob er demnächst durch einen neuen ersetzt wird oder ob der neue Hausbesitzer von gegenüber lieber Menschen als Maschinen im neu ausgebauten Dachgeschoß wohnen lassen mag, ist vorerst noch nicht genau zu sagen. Es bleibt spannend!
#19
Euer Balkon entwickelt sich zur regelrechten Grillstation...
Eine Physikerin hat mir mal erklärt, dass der Mast für die Leute im Haus direkt darunter relativ ungefährlich ist. Wenn ich mich recht an das Gespräch erinnere, ist es tatsächlich eher die unmittelbare Umgebung, die das Gros der Strahlung abkriegt. Wir wohnen ja auch recht nah, aber Dein Beobachtungsstand ist diesbezüglich nicht zu toppen.
#20
Ich bin mir nicht sicher, ob die Entwicklung (Dachbodenausbau, siehe neue Dachfenster) nicht doch eher auf einen Rückbau der Funkstation als bisherigen Alleinbewohner des Dachbodens hinweist. Wird sich bald zeigen...
#21
Neuer Tag, neuer Autokran. Und die Erkenntnis, daß demnächst wohl nicht nur die Sonne wieder strahlen wird:
#22
Während meiner einer noch in seinem Büro sitzt, hat eine Nachbarin eben den letzten Akt des Stückes im Bilde festgehalten, das erneute Hinaufhieven der tarnenden Kunststoff-Larve:
Bis ich nachher heimkomme, ist das Antennenbündel schon wieder vollverkleidet und macht ganz unschuldig auf Schornstein...
Nach meiner Rechnung waren da jetzt mindestens vier Autokrane an drei Tagen im Einsatz, wodurch der mutmaßlichen Antennentausch nicht zum Schnäppchenpreis zu haben war. Na, hoffentlich geht es jetzt strahlungsärmer weiter!
#23