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zonebattler's homezone 2.1 - Merkwürdiges aus Fürth und der Welt


Samstag, 10. Februar 2007

Tem­pus fu­git (1)

Sehr le­sens­wert: »Auf der Su­che nach der ver­lo­re­nen Zeit«. Ge­fun­den in der Zeit beim rast­lo­sen Zap­pen vom blue sky zum zeit­neh­mer. Kei­ne Zeit für Er­läu­te­run­gen!

Färdd wärdd (oder geht ba­den)

Die Für­ther Nach­rich­ten ste­hen heu­te ganz im Zei­chen des frisch er­öff­ne­ten »Stadt­mu­se­ums Lud­wig Er­hard«. In sa­ge und schrei­be drei Ar­ti­keln wird das The­ma aus- und breit­ge­walzt:

»Kul­tur-Sau­er­stoff­zu­fuhr für die In­nen­stadt«

»Ge­schich­te mit­ten in der Stadt«

»Mo­sa­ik­stei­ne aus dem far­bi­gen Vor­ort Ita­li­ens«

In letzt­ge­nann­ten Bei­trag glaubt des­sen Au­tor dar­auf hin­wei­sen zu müs­sen, daß es in Fürth dem Ver­neh­men nach reich­lich »Neun­mal­klu­ge« gä­be [1]. Da fühlt sich der zone­batt­ler na­tür­lich so­fort an­ge­spro­chen und zö­gert nicht, sei­ne Mei­nung kund­zu­tun. Al­ler­dings vor­erst nicht zum neu­en Stadt­mu­se­um, zu wel­chem er sich ei­ne sol­che bis­lang noch nicht bil­den konn­te, son­dern zum Über­ra­schungs-Coup des Er­öff­nungs-Eh­ren­ga­stes Staats­mi­ni­ster Tho­mas Gop­pel, der un­ser Ge­mein­we­sen zur »Wis­sen­schafts­stadt Fürth« be­för­dern möch­te. Das, wer­tes Pu­bli­kum, er­scheint mir an­ge­sichts der Nach­bar­schaft zu Er­lan­gen und Nürn­berg als reich­lich über­trie­ben, wenn nicht nach­ge­ra­de lä­cher­lich. Bad Fürth wä­re al­le­mal die stil­vol­le­re Al­ter­na­ti­ve!

 
[1] desgl. sie­ben­ge­schei­te Schrei­ber­lin­ge (Anm. des Verf.)

Dienstag, 6. Februar 2007

Fund­gru­be

Heu­te abend bin ich bei bei Re­cher­chen zur lo­ka­len Hi­sto­rie auf die be­mer­kens­wer­te Home­page www.verkehrsrelikte.de ge­sto­ßen: Für ei­nen Spu­ren­su­cher wie mich ein ge­fun­de­nes Fres­sen! Le­se­rIn­nen aus Fürth und Um­ge­bung möch­te ich be­son­ders auf die Un­ter­sei­te mit den Ver­kehrs­re­lik­ten im Groß­raum Nürn­berg hin­wei­sen, die ei­ne Fül­le an hoch­in­ter­es­san­ten In­for­ma­tio­nen und Bild­do­ku­men­ten bie­tet!

Dienstag, 30. Januar 2007

Schö­ner le­ben?

Schwe­den er­öff­net er­ste Bot­schaft in der Spie­le­welt »Se­cond Life«, wie hei­se on­line ge­stern mel­de­te. Le­be ich al­ter Schwe­de hin­ter dem Mond, wenn ich trotz al­ler In­ter­net-Be­gei­ste­rung mit mei­nem rea­len First Life leid­lich zu­frie­den bin und be­wußt kei­nen Ein­bür­ge­rungs­an­trag in der Neu­en Welt stel­le?

Donnerstag, 25. Januar 2007

Ma­le­ri­scher Mu­sen­tem­pel

Heu­te nach­mit­tag ha­be ich die Nürn­ber­ger Stadt­bi­blio­thek für mich ent­deckt: Ei­ne Of­fen­ba­rung! Nach Fei­er­abend von mir zu Fuß in zehn Mi­nu­ten zu er­rei­chen (am Ge­wer­be­mu­se­ums­platz gleich ne­ben dem Cine­ci­t­ta). Be­son­ders nett fand ich das in­te­grier­te Zei­tungs­ca­fé im »Klo­ster­bau«, von dem man heu­te abend ei­nen wun­der­ba­ren Blick in den ver­schnei­ten Kreuz­gang-In­nen­hof ge­nie­ßen konn­te: Wie ge­malt! Tat­säch­lich und bar je­den Zwei­fels wie von Cas­par Da­vid Fried­rich ge­malt, wie ei­ne auch eher zu­fäl­lig vor­bei­kom­men­de Schul­freun­din und Kunst-Lei­stungs­kurs-Kom­mi­li­to­nin mit mir über­ein­stimm­te! In je­nem recht nett ein­ge­rich­te­ten Ca­fé ist üb­ri­gens das Le­sen er­wünscht und das Rau­chen ver­pönt: Ich glau­be, da tap­pe ich jetzt min­de­stens ein­mal in der Wo­che hin...

Mittwoch, 24. Januar 2007

Blitz­mer­ker

Ge­row von Ran­dow hat in der Zeit be­merkt, daß noch nicht al­le be­merkt ha­ben, was das In­ter­net an be­mer­kens­wer­ten Än­de­run­gen zei­tigt: Le­ben im Netz heißt sein Ar­ti­kel, der durch die Kom­men­ta­re am Schluß erst rich­tig be­mer­kens­wert wird!

P.S.: Ich ha­be den vor ei­ner Wo­che er­schie­ne­nen Ar­ti­kel auch erst heu­te be­merkt...

Dienstag, 23. Januar 2007

Sprach­vir­tuo­si­tät aus dem Gift­schränk­chen

Ein ge­wis­ser Gerd Gai­ser war in der noch jun­gen Bun­des­re­pu­blik ein viel­ge­le­se­ner und viel­dis­ku­tier­ter Au­tor, heu­te ist er so gut wie ver­ges­sen. Von sei­nen zahl­rei­chen Ro­ma­nen, Er­zäh­lun­gen und an­de­ren Wer­ken ist der­zeit nichts mehr im re­gu­lä­ren Buch­han­del er­hält­lich, in man­cher Bi­blio­thek läßt sich je­doch zu­min­dest der wei­land ge­fei­er­te Nach­kriegs­zeit-Ro­man »Schluß­ball« ent­lei­hen.

Daß der Ruhm des Au­tors heu­te er­lo­schen ist, liegt si­cher auch (und vor al­lem) an sei­ner per­sön­li­chen Hal­tung und po­li­ti­schen Ein­stel­lung: Als fa­na­ti­scher An­hän­ger der na­tio­nal­so­zia­li­sti­schen Blut-und-Bo­den-Ideo­lo­gie hat er wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges schlim­me Haß­ti­ra­den zu Pa­pier ge­bracht. Der Un­ter­gang des Drit­ten Rei­ches, von ihm da­her auch als per­sön­li­che Ka­ta­stro­phe er­lebt, präg­te Gai­sers un­ver­wech­sel­ba­ren Stil: In ele­gisch lar­moy­an­ter Wei­se schil­dert er ‑nicht oh­ne im­mer wie­der durch­schim­mern­des Selbst­mit­leid- ei­ge­ne Er­leb­nis­se oder fik­ti­ve Be­ge­ben­hei­ten aus je­nen be­weg­ten Zei­ten.

Was al­so macht die­sen Schrift­stel­ler über­haupt er­wäh­nens­wert, wie­so konn­te er sei­ner­zeit ge­stei­ger­te Be­ach­tung fin­den? Nun, es ist die fes­seln­de Sug­ge­stiv­kraft sei­ner pla­sti­schen und bild­rei­chen Spra­che. Gai­sers Stär­ke lag, so wür­dig­te in ei­nem zu sei­nem To­de im Ju­ni 1976 ver­faß­ten Nach­ruf so­gar Mar­cel Reich-Ra­nicki, »in der Wie­der­ga­be sinn­li­cher Wahr­neh­mun­gen, in der Schil­de­rung des Ko­lo­rits, im At­mo­sphä­ri­schen«. Die von Reich-Ra­nicki kon­sta­tier­te »au­ßer­or­dent­li­che In­ten­si­tät der Dar­stel­lung« macht in der Tat das Fas­zi­nie­ren­de der Gai­ser­schen Pro­sa aus, es bleibt be­mer­kens­wer­te, zu­wei­len im Wort­sin­ne er­grei­fen­de Sprach­kunst.

Das im Fol­gen­den ex­em­pla­risch an­ge­spro­che­ne Buch »Die ster­ben­de Jagd« ist we­ni­ger ein Ro­man im klas­si­schen Sin­ne als viel­mehr ei­ne An­ein­an­der­rei­hung in­ten­si­ver Ein­drücke und Sze­nen, qua­si ein ver­ba­les Mo­sa­ik, aus dem ein ge­fühls­be­ton­tes Ge­samt­bild er­wächst. Es geht um den ver­zwei­fel­ten Kampf der deut­schen Jagd­flie­ger ge­gen die er­drücken­de Über­macht der al­li­ier­ten Bom­ber­strö­me in der Spät­pha­se des 2. Welt­krie­ges. Man mag Gai­ser zu Recht die Fä­hig­keit ab­spre­chen, ei­nen gro­ßen er­zäh­le­ri­schen Bo­gen span­nen zu kön­nen, sein ex­pres­si­ver Patch­work-Stil fes­selt den Le­ser gleich­wohl auf höchst un­ge­wöhn­li­che Art.

Ob es an­de­rer­seits ad­äquat ist, ein der­ar­ti­ges The­ma in solch äs­the­ti­sie­ren­der Wei­se ab­zu­han­deln, er­scheint na­tür­lich zwei­fel­haft: Nach­hal­tig be­ein­druckend ist es aber al­le­mal. Da das Buch heu­te nur noch an­ti­qua­risch ge­fun­den wer­den kann, möch­te ich hier mit ei­ner klei­nen Le­se­pro­be die Gai­ser­sche Wort­vir­tuo­si­tät de­mon­strie­ren. Als nö­ti­ges »Ge­gen­gift« zur trun­ke­nen Sprach-Äs­the­tik soll­te man sich frei­lich gleich an­schlie­ßend den kri­ti­schen Auf­satz »Gerd Gai­sers Rei­ter am Him­mel« von Rein­hold Grimm zu Ge­mü­te füh­ren...

Gerd Gai­ser: Die ster­ben­de Jagd (Ka­pi­tel 23)
 
Hin­ab! Sie such­ten ein­an­der. Sie such­ten ei­ner den an­dern auf und zer­stör­ten sich. Sie lu­den sich auf mit Ton­nen von Treib­stoff und mit Ton­nen von Spreng­stof­fen, um ein­an­der in Stücke zu bla­sen. Lau­ter teu­re To­te, der Tod ko­ste­te viel. Nie­mand kann für Le­ben­di­ge so viel aus­ge­ben. So ho­he Ko­sten recht­fer­tigt al­lein der Krieg. Hin­ab! Wer stark ist, zer­fetzt den an­dern. Hin­ab. Im­mer mehr hin­ab und her­un­ter. Wer hin­ab ist, kommt nicht wie­der her­auf.
 
Der Un­ter­of­fi­zier Mahn kam auf Po­si­ti­on, drück­te an und schoß, er leg­te vor sich ei­ne Feu­er­stra­ße, die sein Geg­ner, ein Jä­ger, schnei­den muß­te. Da­vor­hal­ten, dach­te er und hör­te den al­ten Gritz­ner, der sag­te mit sei­ner grun­zen­den Stim­me: »Halt ihm vor die Schnau­ze, das ist mei­ne Tour, laß ihn hin­e­inflie­gen.« Im spit­zen Win­kel wuch­sen sie auf­ein­an­der zu, drü­ben ein Fleck auf den Ble­chen, ein Fleck auf die sau­ber­ge­feg­te Flan­ke hin­ge­rotzt und vor­her nicht da­ge­we­sen; er spür­te den Schweiß aus­bre­chen in Len­den und Ach­seln und setz­te zum Schrei an, da hör­te er plötz­lich, was in der Kopf­mu­schel plärr­te und schon vor­hin da­ge­we­sen war, oder was heißt vor­hin, ei­nen Bruch­teil von ei­nes Atem­zugs Län­ge: der an­de­re Schrei, der ihn warn­te; aber schon war der Se­gen über ihm. Es schmet­ter­te von schräg hin­ten in sei­ne Ka­bi­ne, beu­tel­te ihm den Kopf und bog ihn. Oh Le­ben, all das Dröh­nen und Bel­len ging in ein ho­hes Sir­ren über wie von Zi­ka­den, be­täu­bend, den Atem zer­stö­rend, in der Mit­tagstil­le, auf dem Mon­te Pin­cio über Rom, be­täu­bend wie Äther, die Mit­tags­zi­ka­de, jetzt sah man das Sir­ren far­big, Rin­ge von iri­sie­ren­dem Licht, ela­sti­sche, bis zum Sprin­gen be­an­spruch­te Rin­ge aus fei­nem me­tal­li­schem Stoff, Rin­ge, ins Milch­wei­ße mün­dend, und dann trä­ger ro­tie­ren­de Schei­ben, und dann das Sir­ren wie un­ter sei­de­nen Kis­sen er­stickt.
 
Ein Feld­we­bel na­mens Lutz, sie­ben­te Staf­fel, tak­ti­sche Num­mer Elf, sah den Vor­gang mit an. Merk­wür­dig, jetzt fin­gen die bei­den Flug­zeu­ge zu klet­tern an, dann schlug zu­erst aus dem frem­den Flug­zeug die Flam­me, es schmier­te seit­wärts über ei­ne Flä­che hin­ab. Die ei­ge­ne Ma­schi­ne flog noch ei­nen Au­gen­blick län­ger, dann schien sie über­zo­gen zu ste­hen, und dann tauch­te sie mit der Spit­ze vorn­über und fiel ei­ne Strecke weit durch wie ein Stein. Jetzt fing sie sich, schwang pen­delnd um ei­ne senk­rech­te Ach­se, tru­del­te und ließ ih­re Flä­chen blit­zen. Jetzt war sie schon sehr klein, ein Spiel­ding, tot, zer­brech­lich und zart, sie schob wie ein Fal­ter vorm Wind schräg über ei­ne samt­grü­ne Flä­che, ein Feld von Lu­zer­nen, ein Kie­fern­wäld­chen, viel­fin­ge­rig wie ein Hand­schuh, das in grau­en Sand aus­lief, und dort war jetzt der Schat­ten auf­ge­taucht und rann dem stür­zen­den Flug­zeug sehr rasch ent­ge­gen. Das währ­te noch ei­nen Au­gen­blick, dann die Stich­flam­me, ei­ne Brun­nen­säu­le von Dreck, die ei­nen Au­gen­blick stand und sich fein zer­teil­te und kreis­för­mig aus­ein­an­der­sank.
 
Lutz dreh­te den Kopf flei­ßig, denn er hat­te nie­mand mehr hin­ter sich. Ei­nen Au­gen­blick war der Raum leer, die Lee­re der Schlacht, die Stil­le zwi­schen zwei Atem­zü­gen, er hat­te die Schlacht aus dem Ge­sicht ver­lo­ren, die Schlacht hat­te ihn aus­ge­spuckt. Bläue oben und un­ten, ein paar Wölk­chen tief drun­ten kraß und flott über ih­ren Schat­ten. Die Zei­ger am In­stru­men­ten­brett, leicht wie Gei­ster­zun­gen. Sa­cra con­ver­sa­zio­ne. Das tie­fe Ge­dröhn, das Dröh­nen der blau­en Mu­schel; die Mu­schel dröhn­te um ihn, sü­ßer Ge­sang, Welt süß und dröh­nend, das Mu­schel-Lied. Dann kehr­te er jäh zu sich selbst und sah al­le drei Pulks fast auf ei­nen Schlag.
 
Er sah ei­ge­ne Jä­ger, an­schei­nend ei­ne Staf­fel, al­le mit gel­ben Num­mern, al­so die Neun­te, aber nur sie­ben Flug­zeu­ge, ein Schwarm­keil vor­aus und dann ab­ge­setzt drei Ma­schi­nen in Rei­he flie­gend. Dann sah er zwei­tens ei­nen an­de­ren Jagd­ver­band, und das wa­ren kei­ne ei­ge­nen Jä­ger, vie­le Punk­te, gif­tig und mücken­klein und so hän­gend, daß sie so­gleich auf die­se Staf­fel zu sto­ßen ver­moch­ten. Sprech­ver­kehr hör­te er nicht, aber er sah, daß die gel­ben Num­mern ge­ra­de­aus wei­ter­zo­gen. Of­fen­bar küm­mer­ten sie sich nicht um den Pulk, der sich über ih­nen be­fand. Und des­halb, oh­ne ei­ne ge­naue Ver­knüp­fung sei­ner Ge­dan­ken, so wie der An­blick der To­des­ver­ach­tung ei­nen Sog aus­übt, hielt der Feld­we­bel Lutz Kurs auf die­se Staf­fel. Und jetzt sah er drit­tens, daß die­se Ma­schi­nen ih­rer­seits schon im An­griff la­gen. Sie flo­gen ge­ra­de­aus ge­gen ei­nen schwe­ren Pulk. Das ging al­les sehr schnell, die Ge­schwin­dig­kei­ten fra­ßen ein­an­der weg, Feu­er­schlä­ge, auf­rei­ßen­de Lich­ter vor­ne und rechts und links, Licht­ge­stö­ber, Licht­stö­ße oben und un­ten; wie in der Schmie­de, in der brül­len­den Schmie­de mit­ten dar­in, sie fie­len und lie­ßen sich fal­len, zer­sto­ben wie Fun­ken im Sturm, kei­ner sah mehr den an­dern, zwei schleif­ten wei­ße Fah­nen, Lutz sel­ber brann­te, ei­ne Flam­me leck­te ihn an und war weg wie ein­ge­haucht, dann spie es wie­der, spie wie Flam­menge­blä­se und ruß­te ihn an. So­fort schoß er die Ka­bi­nen­hau­be ab, riß Hau­be und Gur­te auf und wand sich halb er­stickt auf den Bord­rand.
 
Der Fahrt­wind um­schlang ihn brül­lend, feg­te ihn ab, nahm den Atem, es gur­gel­te in sei­ner Keh­le und schnitt ins Ge­därm, sei­ne Hän­de wehr­ten sich, sie ka­men nicht nach, dum­me Hän­de, die sich wehr­ten und nicht los­lie­ßen, wo es dar­auf an­kam los­zu­las­sen; dann war der Druck mäch­ti­ger und leg­te ihn um. Ei­ne Schwin­ge schoß an ihm vor­bei, ein furcht­ba­rer Streich, der ihn fehl­te. Dann er selbst ein Bün­del in der Luft, schlen­kernd, den Mund voll Druck, und dann krampf­haft die Bei­ne an­ge­krümmt wie ein Kind in der Mut­ter, ein Kind in der gro­ßen Mu­schel, kopp­he­ister und noch ein­mal hei, noch ein­mal him­me­l­an und auf und hin­an zu der lu­sti­gen Er­de, mit dem dicken Kopf schwap­pend voll Blut und den flie­ßen­den Au­gen, mit dem Salz­was­ser die Wan­gen her­ab, him­me­l­an und die himm­li­schen Heer­scha­ren auch da­bei, Frie­de auf Er­den und al­len die gu­ten Wil­lens sind. Den Men­schen ein Wohl­ge­fal­len, die Er­de so weit und so lu­stig grün. Ei­ne Fa­brik so spa­ßig wie aus der Span­schach­tel, ei­ne Fa­brik, ken­ternd und noch ein­mal ganz her­um, und dann in der Luft Bla­sen, Bla­sen wie Glas­ku­geln, an­mu­ti­ge Ver­nei­gung der Ku­geln, und noch ein­mal ganz her­um. Er wuß­te bis da­hin von sei­ner Hand nichts. Sei­ne Hand ar­bei­te­te, er und sei­ne Hand, das wa­ren wie­der zwei Din­ge, und die Hand war be­son­ne­ner als der Feld­we­bel Lutz. Sie hat­te den Griff ge­ris­sen. Sein Kör­per emp­fand den Ruck, als das Öff­nen des Fall­schirms ein­setz­te, ei­nen Ruck und noch ei­nen. Es zerr­te und stieß, aber jetzt war der Sturz ge­bän­digt. Die Kraft nahm zu, die über dem Sturz sich aus­ge­fal­tet hat­te. Wohl­ge­fäl­lig, halb be­täubt sah Lutz das wei­ße Se­gel über sich auf­ge­bläht, das flü­stern­de Sei­den­zelt. Es war ei­ne Kup­pel, und die Kup­pel hü­te­te ihn. Sie gab ihm nach und ließ ihn spie­len. Er schwang wie ein Kind in den Turn­rin­gen. Es war ihm, als schwe­be er auf­wärts, ob­wohl er noch im­mer mit sie­ben Se­kun­den­me­tern stürz­te. Und jetzt auch ver­spür­te er ei­ne Zug­luft an sei­nem lin­ken Bein. Er sah an sich hin­un­ter und sah sei­nen Fuß in der grau­en Woll­socke, den Fuß über der Er­de. Er hat­te im Aus­stei­gen den ei­nen Pelz­stie­fel ein­ge­büßt.

Rein hand­werk­lich könn­te sich da so man­cher ei­ne Schei­be von der Schrei­be ab­schnei­den, den­ke ich mir. In­halt­lich gilt es zu­wei­len, kri­ti­sche Di­stanz zu wah­ren!

Loh­nens­wert ist es üb­ri­gens auch, nach der Gaiser’schen Er­zäh­lungs­samm­lung »Gib’ acht in Da­mo­kosch« Aus­schau zu hal­ten. Wer mit dem mal pa­sto­sen, mal leicht­fü­ßig skiz­zier­ten Wort­ge­mäl­den Gai­sers et­was an­fan­gen kann, wird sich dann ver­mut­lich auch nach den wei­te­ren Wer­ken des ehe­ma­li­gen Jagd­flie­gers und Kunst­er­zie­hers um­se­hen wol­len: Heut­zu­ta­ge sind sei­ne Bü­cher in al­ten Aus­ga­ben über amazon.de pro­blem­los zu be­kom­men.

Samstag, 20. Januar 2007

Pro­to­koll ei­nes Ge­stran­de­ten

Am gest­ri­gen Mor­gen hieß es ja be­kannt­lich: Al­le Rä­der ste­hen still, weil der Herr Pe­trus es so will. Be­vor ich mit der U‑Bahn in Rich­tung Nürn­berg fuhr, ha­be ich mich noch über ei­nen im Für­ther Haupt­bahn­hof ste­hen­den ICE 3 ge­wun­dert. So­eben wird mir klar, daß der da seit dem Vor­abend ver­harrt ha­ben muß: Im Spie­gel be­rich­tet ein be­trof­fe­ner Fahr­gast von sei­ner un­frei­wil­lig in Fürth ver­brach­ten Nacht. Viel Ge­le­gen­heit, die Schön­hei­ten un­se­rer Stadt zu ent­decken, hat der ar­me Mann na­tur­ge­mäß nicht ge­habt, dar­um sei ihm sein mil­der Sar­kas­mus gnä­dig ver­zie­hen...

P.S. Falls sich der, die, das Link zu SPIEGEL ONLINE als kurz­le­big er­wei­sen soll­te: Die Ge­schich­te ist auch als Blog­bei­trag des Be­trof­fe­nen ver­füg­bar!

Dienstag, 16. Januar 2007

Künst­ler, Ko­pie­rer, Kin­der­schän­der

Wie­der ein­mal kann, nein muß ich zwei Ar­ti­kel aus TELEPOLIS emp­feh­len. Bei­de ha­ben auf den er­sten Blick we­nig ge­mein, dre­hen sich aber letzt­lich doch um den ge­mein­sa­men Nen­ner Recht, Un­recht und Un­rechts­be­wußt­sein:

»Oh­ne Dei­ne Fans… da bi­ste gar nichts«

»Ge­ne­ral­ver­dacht ge­gen al­le Kre­dit­kar­ten­be­sit­zer«

Sehr be­denk­li­che Ent­wick­lun­gen, das!

Sonntag, 14. Januar 2007

Die Re­pu­blik ver­liert ihr kul­tu­rel­les Er­be

So er­nüch­ternd, ja so ka­ta­stro­phal ist das Fa­zit ei­nes Ar­ti­kels in der Zeit, der sich der un­ge­brem­sten Ver­nich­tung von Bau­denk­ma­len quer durch das Land an­nimmt. Ein schlim­mer und schmerz­li­cher Be­fund, auch wenn wir in Fürth viel­leicht mar­gi­nal bes­ser da­ste­hen als an­de­re an­ders­wo.

Freitag, 12. Januar 2007

Der Fluch der Un­ter­bre­chung

So lau­tet die Über­schrift ei­nes ZEIT-Ar­ti­kels, den ich mei­nen Le­se­rIn­nen zur Lek­tü­re emp­feh­le. Vie­le wer­den sich wie­der­erken­nen, die mei­sten wer­den ‑wie auch der zone­batt­ler selbst- nicht wirk­lich mit ei­ner Pa­tent­lö­sung auf­war­ten kön­nen...

Sonntag, 31. Dezember 2006

Re­spekt vor der Pri­vat­sphä­re

In gleich dop­pel­ter Aus­füh­rung emp­fiehlt sich heu­te ein ita­li­en­sches Ho­tel per Wer­be­mail. Be­mer­kens­wert ist vor al­lem der Schluß­ab­satz:

Das dein ge­ge­be­ne per­sön­li­che ist von der Post ge­sam­melt wor­den, die emp­fan­gen wer­den, von den Sei­ten, die weiß sind oder vom be­sich­tig­ten Auf­stel­lungs­ort. Die Be­hand­lung von den glei­chen wird in der ex­klu­si­ven Wei­se von der Schrei­ben Fir­ma und im kom­plet­te­sten und to­tal­re­spekt des Codes des Pri­vat­le­bens ge­hand­habt. Wenn die nicht Gru­ben, die in­ter­es­siert sind, um die­se zu emp­fan­gen, ver­schicken, be­ten wir dich, um hier zu an­nul­lie­ren

Das könn­te der schwer be­ein­druck­te zone­batt­ler auch nicht bes­ser for­mu­lie­ren...

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