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zonebattler's homezone 2.1 - Merkwürdiges aus Fürth und der Welt


Montag, 17. Oktober 2016

Da­men­bei­ne (16)

Reiterin auf Schusters Rappen in Prag

Rei­te­rin auf Schu­sters Rap­pen in Prag
 
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Dienstag, 11. Oktober 2016

Son­der­fahrt

Heu­te Mit­tag im Rah­men ei­nes nicht-öf­fent­li­chen Be­la­stungs­te­stes mit dem na­gel­neu­en ICE 4 von Nürn­berg nach Mün­chen ge­düst. Vier (nicht bei der Fir­ma be­schäf­tig­te) Freun­de durf­ten ko­sten­los mit­ge­nom­men wer­den. Ab­fahrt im kal­ten Nürn­berg mit nicht durch­ge­sag­ten +35 Min., aber bei ei­ner ge­spon­ser­ten Frei­fahrt wol­len wir nicht klein­lich sein. Ei­ne gu­te Stun­de spä­ter lie­fen wir in der Lan­des­haupt­stadt ein:

Bildschirm des Fahrgastinformationssystems im ICE 4

Es folg­ten ein Spa­zier­gang durch die Stadt samt Sight­see­ing, am­bu­lan­ter Ver­pfle­gung am Vik­tua­li­en­markt und an­schlie­ßen­dem Be­such des Mu­se­um Fünf Kon­ti­nen­te. Dann noch Käff­chen, Schwätz­chen, Bum­me­lei zum Bahn­hof und mit ei­nem re­gu­lä­ren ICE (gleich­falls für lau, cour­te­sy of DB Fern­ver­kehr) wie­der rauf nach Nürn­berg ge­rutscht. Ein schö­ner, vol­ler, run­der Tag. Fo­tos? Fehl­an­zei­ge! Ge­nuß war heu­te an­ge­sagt, nicht akri­bi­sche Do­ku­men­ta­ti­on des Er­leb­ten. Man mö­ge es mir ver­zei­hen...

Donnerstag, 22. September 2016

Ein Mann sieht bunt

Ein Rent­ner be­sucht je­den Tag das Phan­ta­sia­land. Welt­flucht oder spä­tes Le­bens­glück, wer woll­te das ent­schei­den?

Donnerstag, 18. August 2016

Da­men­bei­ne (15)

Hochhackige Stiletteuse in Fürth (Bay) Hbf

Hoch­hacki­ge Sti­let­teu­se in Fürth (Bay) Hbf
 
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Montag, 8. August 2016

Tü­ten-Trau­er

Er­öff­net mir doch mei­ne Mut­ter ge­stern Abend, daß sie im Rah­men ei­ner spon­ta­nen Ent­rüm­pe­lungs­ak­ti­on un­der an­de­rem die drei Schul­tü­ten von mir und mei­nen bei­den Brü­dern zum So­zi­al­kauf­haus ge­fah­ren hat. 50 Jah­re hat mein ri­tu­el­ler Papp­hohl­ke­gel über­lebt, oh­ne daß ich da­von wuß­te! Und nun ist er auf Nim­mer­wie­der­se­hen da­hin, oh­ne daß ich ei­ne Chan­ce be­kom­men hät­te, ihn noch­mal in die Hand zu neh­men, zu fo­to­gra­fie­ren und hier vor­zu­stel­len. So sehr ich mei­ner Ma­ma Ord­nungs­lie­be be­grü­ße, das hät­te sie mir er­spa­ren kön­nen (oder mir zu­min­dest nicht zu er­zäh­len brau­chen)...

Samstag, 6. August 2016

Land der Lu­pi­nen und La­krit­zen (3)

Nach ei­ni­gen Ta­gen des er­hol­sa­men Auf­ent­halts kri­stal­li­sier­ten sich für uns ein paar of­fen­bar spe­zi­fi­sche Merk­ma­le des Schwe­den­tums her­aus. Der Schwe­de als sol­cher ist zu­nächst ein­mal noch ein rich­ti­ger Mann, von dem die paa­rungs­wil­li­gen Weib­chen zu Recht er­war­ten, daß er al­le an­fal­len­den Ar­bei­ten am und rund ums Haus be­herrscht und selbst lei­sten kann. Für die Er­rich­tung und In­stand­hal­tung der ei­ge­nen vier Wän­de wird ex­ter­ne Hil­fe nur dann in An­spruch ge­nom­men, wenn’s gar nicht an­ders geht. An­son­sten greift der Schwe­de be­herzt ei­gen­hän­dig zu Sä­ge, Axt und Ham­mer: Gro­ße Vol­vo-Kom­bis und rie­si­ge Bau­märk­te sind land­auf, land­ab gang und gä­be und be­le­gen des Schwe­den Hang und Drang zur Aut­ar­kie.

Tra­di­tio­nel­ler­wei­se streicht der Schwe­de sein höl­zer­nes Heim nach Fer­tig­stel­lung in rost­rot an; die­se Tra­di­ti­on hat nicht nur äs­the­ti­sche, son­dern pri­mär kon­ser­vie­ren­de Wir­kung ge­gen die Un­bil­den von Wind und Wet­ter, wie wir uns sa­gen lie­ßen. Was im­mer in der Far­be an che­mi­schen Keu­len (wei­land Ab­fall­pro­duk­te des Berg- und Hüt­ten­we­sens) ver­steckt sein mag, vor­zeig­bar ist das Er­geb­nis je­den­falls al­le­mal:

typisches Schwedenhaus der größeren Sorte

Vom Herrn des Hau­ses wird fer­ner er­war­tet, daß er den Ra­sen rund­her­um kurz und ge­pflegt hält, wes­halb es mit der idyl­li­schen Ru­he auf dem Land ei­ne re­la­ti­ve Sa­che ist: Ir­gend­ei­ner knat­tert im­mer mit (oder gar auf) sei­nem Ben­zin-Ra­sen­mä­her um sei­ne Dat­sche her­um, was bei den lan­des­üb­li­chen Par­zel­len­grö­ßen schon ei­ne gu­te Wei­le dau­ern kann...

Gro­ße Grund­stücke, gro­ße Ab­stän­de zum Nach­barn: Die sple­ndid iso­la­ti­on bringt ei­ne ge­wis­se Zer­sie­de­lung der Land­schaft mit sich. Da­mit die Post­bo­tin nicht in bis zum En­de je­der Schot­ter­stra­ße pre­schen muß, um ein Brief­lein oder ei­ne Ga­zet­te zu­zu­stel­len, geht sie mit ih­rem rechts­ge­lenk­ten gel­ben Post­au­to an ei­ner Bat­te­rie von Brief­kä­sten läs­sig längs­seits, um dann – oh­ne ihr Ve­hi­kel ver­las­sen zu müs­sen – vom Lie­bes­brief bis zur amt­li­chen Vor­la­dung al­les in die schlüs­sel­los auf­zu­klap­pen­den Brief­bo­xen zu stop­fen:

Briefkästen in Reih' und Glied

Ja, post­zu­stell­tech­nisch herr­schen im Schwe­den­land Usu­an­cen wie in den US of A. Die Brief­kä­sten ste­hen weit vor der ei­ge­nen Haus­tür ir­gend­wo an der näch­sten Stra­ßen­ab­zwei­gung oder ‑kreu­zung. Bö­se Bu­ben mit si­ni­stren Ab­sich­ten scheint es auf dem wei­ten Land kaum zu ge­ben. Ver­mut­lich gäb’s eh nix Wert­vol­les zu sti­bit­zen, Pa­ke­te wer­den ja wohl doch bis zum Emp­fän­ger ge­fah­ren oder beim Nach­barn ab­ge­ge­ben...

Was aber macht der ge­mei­ne Schwe­de, wenn die Post ge­le­sen, der Ra­sen ge­mäht und die Frau – so­fern vor­han­den – un­leid­lich ist? Ge­nau, er wirft An­gel und Kö­der in den Kof­fer­raum sei­nes (Volvo-)Kombis und macht sich auf zum Was­ser, ge­nau ge­sagt zu je­nem Ge­wäs­ser, an wel­chem er sein Boot lie­gen hat. Die­ses macht er mit we­ni­gen Hand­grif­fen see­klar und sticht in den­sel­ben, um die See­le und die ha­ken­be­schwer­te An­gel­schnur bau­meln zu las­sen. Der Kor­re­spon­dent und sei­ne bes­se­re Hälf­te wa­ren ei­nes Abends teil­neh­men­de Be­ob­ach­ter ei­ner sol­chen Ver­an­stal­tung:

abendliche Angel-Kreuzfahrt

Des Freun­des Nuß­scha­le aus GFK bot Platz für uns drei, das an­gel­tech­ni­sche Zu­be­hör und na­tür­lich auch für die bei­den mit­ge­schlepp­ten Blei-Ak­kus im Au­to­bat­te­rien-For­mat, die dem elek­tri­schen Au­ßen­bor­der die nö­ti­ge En­er­gie zum laut­lo­sen Glei­ten über die abend­li­che Glit­zer­ober­flä­che des still ru­hen­den Sees lie­fer­ten. Glück­li­cher­wei­se »fin­gen« wir letzt­lich nur ein paar Fel­sen und Schling­pflan­zen, so daß sich die Fra­ge zum ord­nungs­ge­mä­ßen Um­gang mit le­ben­dem Beu­te­gut gar nicht erst stell­te.

Wir sprin­gen wie­der an Land und wei­ter zum näch­sten The­ma. Un­ser Freund und Gast­ge­ber ist nicht nur zum Ver­gnü­gen in Schwe­den an­säs­sig, er ist tat­säch­lich aus be­ruf­li­chen Grün­den dort­hin gezogen.[1] Nach­dem er vor­her drei Jah­re für sei­nen in Er­lan­gen be­hei­ma­te­ten Ar­beit­ge­ber in Shang­hai und sonst­wo auf der an­de­ren Sei­te der Erd­ku­gel tä­tig war, hat ihn das dar­auf fol­gen­de En­ga­ge­ment vom bro­deln­den He­xen­kes­sel der asia­ti­schen Groß­stadt ins so­zu­sa­gen skan­di­na­vi­sche Ge­gen­teil ver­schla­gen. Im­mer­hin un­ter­hält die SIEMENS AG in Finspång das ein­zi­ge kon­zern­ei­ge­ne Schloß:

Schloß Finspång

Die vor dem Ge­mäu­er sorg­sam in Stel­lung ge­brach­ten Ka­no­nen sol­len die Fir­ma wohl eher nicht vor ei­ner feind­li­chen Über­nah­me be­wah­ren, sie müs­sen als Re­mi­nes­zenz an die Pro­dukt­pa­let­te der Finspång’schen Ei­sen-In­du­strie ver­gan­ge­ner Jahr­zehn­te und Jahr­hun­der­te gel­ten. Wo­bei: In die­sen tur­bu­len­ten Zei­ten von »In­du­strie 4.0« kann es nicht scha­den, ein paar nicht-vir­tua­li­sier­te, hand­fe­ste Ar­gu­men­te mit Knall­ef­fekt in der Hin­ter­hand zu ha­ben...

Her­stel­len tun sie heut­zu­ta­ge in dem gro­ßen, vor ein paar Jah­ren von ALSTOM über­nom­me­nen SIE­MENS-Werk kei­ne Knall­büch­sen mehr, son­dern Gas­tur­bi­nen mitt­le­ren Ka­li­bers. Selbst­re­dend herrscht im von uns aus­gie­bigst be­sich­tig­ten Pro­duk­ti­ons­be­reich streng­stes Fo­to­gra­fier­ver­bot, aber im­mer­hin darf ich hier auf ei­ne of­fi­zi­el­le Ani­ma­ti­on ver­wei­sen, die sehr schön zeigt, was Sa­che ist. Statt mit ei­nem Fo­tos aus der Tur­bi­nen­bau-Werk­statt kann ich selbst nur mit der (nicht min­der re­prä­sen­ta­ti­ven) Kehr­sei­te des sie­men­sia­ni­schens Schlöß­leins die­nen:

Schloß Finspång von hinten

Das SIE­MENS-Werk grenzt un­mit­tel­bar an den Schloß­park und ist über­haupt sehr un­auf­fäl­lig in die Land­schaft ein­ge­bet­tet. Der zone­batt­ler be­kennt frei­mü­tig, der­lei vor­her noch nie ge­se­hen zu ha­ben: Schwer­indu­strie fin­det ge­mein­hin in tri­ster bis de­so­la­ter Um­ge­bung statt. In Finspång sieht es eher nach Frei­zeit­park aus als nach dem Sitz ei­nes Welt­markt­füh­rers im An­la­gen­bau. Der uns dort zu­teil­ge­wor­de­ne Blick hin­ter die Ku­lis­sen und das Er­le­ben von cut­ting edge tech­no­lo­gy war für uns frag­los ei­ner der Hö­he­punk­te die­ser Rei­se!

Zu­rück zur Na­tur: Zu ger­ne hät­te ich ja mal ei­nen mür­risch drein­blicken­den Elch mit aus­la­den­dem Schau­fel­ge­weih vor mei­ne Lin­se be­kom­men, aber der­lei Fo­to­gra­fen­glück ist mir lei­der nicht zu­teil ge­wor­den. Wie schon mal er­wähnt, sind die of­fi­zi­ell als tag­ak­ti­ve Ein­zel­gän­ger gel­ten­den Paar­hu­fer in der Pra­xis eher in der Däm­me­rung un­ter­wegs, und da lag der zone­batt­ler halt noch (oder schon wie­der) im Bett re­spek­ti­ve auf dem So­fa. Da­für gab es al­ler­or­ten den höchst agi­len Nach­wuchs von En­ten oder Schwä­nen zu se­hen und zu knip­sen:

Schwanenmama mit Nachwuchs

Ein Dut­zend Fo­tos ha­be ich al­lein von die­ser Schwa­nen­ma­ma und ih­rer sechs­köp­fi­gen Kin­der­schar ge­schos­sen, die mun­ter pad­delnd ge­mein­sam im Ha­fen­becken vor dem Schloß von Vad­ste­na un­ter­wegs wa­ren. Mensch und Tier ge­hen hier und an­dern­orts ge­schäf­tig, aber stets un­auf­ge­regt ih­rer Ar­beit nach. Man kann sich sehr schnell an den be­schau­li­chen Le­bens­stil ge­wöh­nen...

Über­haupt scheint ganz Schwe­den – oder zu­min­dest der Teil der Lan­des, den wir be­reist ha­ben – ei­ne ein­zi­ge Idyl­le zu sein. In der von üp­pi­gem Grün ge­präg­ten Ge­gend neh­men sich so­gar la­ten­te Um­welt-Fre­ve­lei­en lieb­lich aus, wie der in Fol­ge 1 ge­zeig­te Trak­tor und die­ser vor sich hin se­di­men­tie­ren­de PKW de­mon­strie­ren:

abgestellter und eingewachsener PKW

Man be­ach­te, daß nicht et­wa die ab­ge­stell­te Kar­re Ge­gen­stand von und An­laß zu so­zia­ler Äch­tung des Be­sit­zers ist. Nein, ver­werf­lich wä­re es, den Ra­sen nicht or­dent­lich kurz zu hal­ten, wes­we­gen fein säu­ber­lich um den Blech­hau­fen her­um ge­mäht wird. Dies mut­wil­lig zu un­ter­las­sen wä­re hier­orts wohl die ei­gent­li­che Schan­de...

Wie­sen, Wäl­der, Was­ser: Dem na­tür­lich über­all er­reich­ba­ren World Wi­de Web steht in Schwe­den gleich­falls flä­chen­deckend ein wun­der­ba­res »WWW« im Rea­len ge­gen­über, an dem man sich nicht satt­se­hen kann. Zum Ab­schluß der heu­ti­gen Epi­so­de sei­en die­se drei Ele­men­te in ei­nem Bild ver­eint ge­zeigt, so­gar noch er­gänzt um ein vier­tes »W« wie »Wol­ken«:

Bucht am Campingplatz Fiskeboda

Wie ge­stran­de­te Del­phi­ne lie­gen sie da, die um­ge­kipp­ten Boo­te, und wir­ken an­ge­sichts ih­rer ele­gant-schnit­ti­gen Form kei­nes­wegs wie Fremd­kör­per in der an­son­sten un­be­rührt er­schei­nen­den Land­schaft. Sze­nen wie die­se fin­den sich an je­dem grö­ße­ren Ge­wäs­ser, und da die all­ge­gen­wär­ti­gen Ka­jaks und Käh­ne ge­dul­di­ge Mo­del­le dar­stel­len und durch­aus län­ger als nur 1/125 Se­kun­de still­hal­ten, kann man sie auch gut in Ru­he ma­len statt sie nur en pas­sant abzulichten...[2]

Das war es dann auch schon wie­der für heu­te. Dem­nächst mehr!

 
[1] Mit dem Be­trei­ben ei­nes Boo­tes, ei­nes Ra­sen­mä­hers von Hus­q­var­na, dem His­sen schwe­di­scher Fähn­chen am Haus so­wie dem zü­gi­gen Er­ler­nen der Spra­che muß un­ser frän­ki­scher Freund in Öster­göt­land als mu­ster­gül­tig in­te­gra­ti­ons­wil­lig, ja ge­ra­de­zu als As­si­mi­lant gel­ten. Lei­der trifft das nur auf ei­ne Min­der­heit von Ex­pats zu: Die mei­sten von ih­ren Fir­men ins Aus­land ent­sand­ten Fach­kräf­te las­sen sich von den Sit­ten und Ge­bräu­chen ih­res Gast­lan­des nur we­nig be­net­zen und blei­ben über­wie­gend un­ter sich. Selbst schuld!

[2} Was ich bei­spiel­haft auch ge­tan ha­be bzw. ha­be tun las­sen, sie­he da­zu den er­sten Kom­men­tar un­ter die­sem Bei­trag.

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Sonntag, 24. Juli 2016

Land der Lu­pi­nen und La­krit­zen (1)

Der Ein­la­dung ei­nes der­zeit dort le­ben­den und ar­bei­ten­den Freun­des aus hei­mi­schen Ge­fil­den fol­gend, mach­ten sich der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te An­fang Ju­ni nach (Süd-)Schweden auf. Knapp drei Wo­chen lang woll­ten wir im Hau­se un­se­res Gast­ge­bers le­ben, uns dort nütz­lich ma­chen und die Aben­de und Wo­chen­en­den zu ge­mein­sa­men Un­ter­neh­mun­gen nut­zen.

Die U‑Bahn brach­te uns von Fürth zum Nürn­ber­ger Flug­ha­fen, mit KLM Ci­ty­hop­per hupf­ten wir dann von dort erst nach Am­ster­dam und von da aus nach Lin­kö­ping. Schon im Lan­de­an­flug auf den be­schau­li­chen Lin­kö­ping Ci­ty Air­port (mit im­mer­hin je zwei plan­mä­ßi­gen Starts und Lan­dun­gen pro Tag) war of­fen­sicht­lich, daß Wald und Was­ser be­stim­men­de Ele­men­te ei­nes na­tur­na­hen Ur­laubs wer­den wür­den:

im Anflug auf Linköping

Un­ser Freund emp­fing uns am Gate mit gro­ßem Hal­lo und dem Schlüs­sel des für uns be­reits an­ge­mie­te­ten Leih­wa­gens. Der renn­gur­ken­ge­wohn­te zone­batt­ler hat­te sei­ne lie­be Not, sich in dem ver­gleichs­wei­se lu­xu­riö­sen Ge­fährt zu­recht­zu­fin­den und des­sen Mo­tor über­haupt erst ein­mal an­zu­las­sen (nicht per Schlüs­sel­dre­hung, son­dern per Knopf­druck). Im­mer­hin hat­te er dann auf der gut ein­stün­di­gen Fahrt nach Grytgöl in der öster­göt­län­di­schen Flä­chen­ge­mein­de Finspång ge­nug Ge­le­gen­heit, sich mit den Ei­gen­schaf­ten des un­ge­wohn­ten Ve­hi­kels ei­ni­ger­ma­ßen ver­traut zu ma­chen. [1]

Schon bald nach der An­kunft in des Freun­des herr­li­chen Häus­chen wa­ren die Kof­fer ge­leert, die Kla­mot­ten ver­staut, die Neu­gier auf Land und Leu­te groß. Auf er­sten Spa­zier­gän­gen und ‑fahr­ten er­leb­ten wir qua­si die Es­senz des schwe­di­schen Land­le­bens. Der mit­un­ter zu pla­ka­ti­ven Ge­ne­ra­li­sie­run­gen nei­gen­de Au­tor ge­wann da­bei den Ein­druck, daß – von re­gel­be­stä­ti­gen­den Aus­nah­men ab­ge­se­hen – die schwe­di­schen Häu­ser grund­sätz­lich rot ge­stri­chen und die Au­tos sämt­lich von Vol­vo fa­bri­ziert sind:

typisches Schwedenhaus mit untypischem Volvo-Pickup

Die von Fran­ken aus ge­se­hen gut 1.500 km wei­ter nörd­li­che­re La­ge merkt man un­ter an­de­rem am Licht: Es wirkt auch im Hoch­som­mer ir­gend­wie herbst­lich, da die Son­ne fla­cher über dem Ho­ri­zont steht und die Schat­ten da­her selbst zur Mit­tags­stun­de deut­lich schrä­ger fal­len als da­heim. Und na­tür­lich ist es län­ger hell als ge­wohnt: Erst nach 23 Uhr wird es ei­ni­ger­ma­ßen dun­kel, und schon um vier Uhr in der Früh’ kann man oh­ne Lam­pe dem be­gin­nen­den Tag ins freund­li­che Ant­litz se­hen. Im Win­ter kehrt sich das Gan­ze dum­mer­wei­se um, wes­halb man hin­ter je­dem Fen­ster min­de­stens ei­ne stu­ben- und stim­mungs­auf­hel­len­de Leuch­te ste­hen sieht...

Die lan­gen Aben­de bo­ten sich na­tür­lich an zu aus­ge­dehn­ten Spa­zier­gän­gen ums Haus her­um. Kein Ver­kehr, kaum Men­schen, fri­sche Luft und so gut wie kei­ne zi­vi­li­sa­ti­ons­ty­pi­schen Ge­räu­sche: Da staunt der Städ­ter, der da­heim zwar kur­ze We­ge und kul­tu­rel­le Viel­falt ge­nießt, aber eben auch die Schat­ten­sei­ten des Le­bens im Bal­lungs­raum im­mer vor Au­gen (so­wie in Na­se und Oh­ren) ge­führt be­kommt. Der zone­batt­ler freu­te sich fer­ner über die zahl­lo­sen Mo­ti­ve am We­ges­rand und wuß­te an­fangs kaum, wo­hin er sei­ne Ka­me­ra­lin­se zu­erst rich­ten soll­te.

verlassenes Gebäude bei Grytgöl

In die­ser Ge­gend des Lan­des nahm die In­du­stria­li­sie­rung Schwe­dens einst ih­ren An­fang: Nach Ei­sen­erz ge­gra­ben (und Ka­no­nen ge­gos­sen) wur­de hier schon vor Jahr­hun­der­ten. Al­les da­zu Nö­ti­ge (ei­sen­hal­ti­ges Ge­stein, Holz und Was­ser­kraft) war ja reich­lich vor­han­den. Heu­te sind zahl­rei­che Über­bleib­sel von al­ten In­du­strie­an­la­gen in pit­to­res­ker Um­ge­bung zu be­wun­dern, mit­un­ter wer­den sie in eh­ren­amt­li­cher Ar­beit er­hal­ten und zu­min­dest ta­ge­wei­se zu neu­em Le­ben er­weckt.

Apro­pos Le­ben: Nein, El­che ha­ben wir (je­den­falls in frei­er Wild­bahn) kei­ne ge­se­hen, die tap­pen ja ger­ne in der Dun­kel­heit her­um und die nutz­ten wir zum Schla­fen. We­ni­ger be­dau­er­lich fan­den wir den Um­stand, daß wir we­nig bis gar nicht von ste­chen­den In­sek­ten heim­ge­sucht wur­den. Flo­ra­sei­tig über­rasch­te uns die Ent­deckung, daß so gut wie über­all an den Stra­ßen- und Wal­des­rän­dern (so­wie in zahl­lo­sen Vor­gär­ten) bun­te Lu­pi­nen fröh­lich vor sich hin blüh­ten:

Lupinen im Wald

Die­se Pflan­zen ge­dei­hen in Schwe­den der­ma­ßen reich­lich und üp­pig, daß der Be­richt­erstat­ter sie hier­mit für sich zum in­of­fi­zi­el­len Wap­pen­tier er­klärt, ver­gleich­bar et­wa der Di­stel Schott­lands. Üb­ri­gens war es gar nicht so ein­fach, ein paar präch­ti­ge Ex­em­pla­re ir­gend­wo aus­zu­bud­deln und in des Freun­des Gar­ten zwecks lan­des­ty­pi­scher Ver­zie­rung des­sel­ben wie­der ein­zu­gra­ben: Die elend lan­gen Pfahl­wur­zeln sind der­ma­ßen mit­ein­an­der ver­wach­sen, daß selbst gu­te 80 kg Kör­per­ge­wicht auf dem Spa­ten nicht aus­rei­chen, das Ge­krö­se um­stands­los zu durch­ste­chen...

Ver­wei­len wir noch et­was im 250-See­len-Dorf Grytgöl (das zwei­te »g« im Na­men wird üb­ri­gens wie ein »j« aus­ge­spro­chen), des­sen Ein­woh­ner­schaft sich in groß­zü­gi­ger Ver­dün­nung über et­li­che Hekt­ar Flä­che ver­teilt. Mas­sen­mensch­hal­tung ist hier un­be­kannt, viel­mehr lebt man luf­tig und un­ein­ge­engt, z.B. in al­ten Fa­bri­kan­ten­vil­len:

ehem. Fabrikantenvilla

Man muß na­tür­lich da­zu­sa­gen, daß Schwe­den im Ver­gleich zu Deutsch­land 90.000 Qua­drat­ki­lo­me­ter mehr Flä­che, aber nur 1/8 der Ein­woh­ner hat. Wäh­rend sich al­so in der Bun­des­re­pu­blik durch­schnitt­lich et­wa 230 Leu­te ei­nen Qua­drat­ki­lo­me­ter tei­len, le­ben in Schwe­den nur 22 Men­schen auf der glei­chen Flä­che. Aber auch dort wol­len die mei­sten jun­gen und agi­len Zwei­bei­ner eher in den Städ­ten woh­nen, was sich auf die Im­mo­bi­li­en­prei­se wei­ter drau­ßen im Land merk­lich aus­wirkt: Für um­ge­rech­net 100.000 EUR kann man ein schö­nes Häus­chen mit mehr Gar­ten drum­her­um be­kom­men, als ei­nem wo­mög­lich lieb ist, aber da­für muß man halt zum näch­sten Su­per­markt un­ter Um­stän­den mehr als 30 km weit fah­ren. Von der Pen­de­lei zum Ar­beits­platz nicht zu re­den.

Da­für fin­det man auf der an­de­ren Sei­te der Me­dail­le Ru­he und Frie­den, und das ist na­tür­lich auch was wert. Wald und Was­ser sind qua­si im­mer in fuß­läu­fi­ger Nä­he, und ein Spa­zier­gang ent­lang der Tram­pel­pfa­de hat stets auch et­was Me­di­ta­ti­ves...

alter Industriebau an künstlich aufgestautem Gewässer

Denkt man an öf­fent­li­che Frei­bä­der, hat man als Ger­ma­ne so­fort ei­ne ka­ko­pho­ni­sche Ge­räusch­ku­lis­se aus Kin­der­ge­schrei, Was­ser­plat­schern, Ru­fen und Flu­chen im Ohr. Nicht so im schwe­di­schen Hin­ter­land: Je­des Kaff ver­fügt über Ge­wäs­ser, die sich oh­ne gro­ßes Drum­her­um zum Ba­den und Schwim­men eig­nen (und zum An­geln so­wie­so).

Ei­ne »Ba­de­an­stalt« be­steht da­her im We­sent­li­chen aus ei­nem Stück ge­mäh­ter Wie­se, ei­nem Um­klei­de­schup­pen, ei­nem Steg, ei­nem Ret­tungs­boot nebst Ret­tungs­ring und viel, viel wald­um­stan­de­nen Was­ser. Hö­ren tut man dort meist gar nix, denn mehr als ei­ne Hand­voll Dorf­nixen ist in der Idyl­le ge­mein­hin nicht an­zu­tref­fen:

Badesee von Grytgöl

Ach ja... Beim Be­bil­dern die­ser höchst sub­jek­ti­ven Rei­se-Re­por­ta­ge be­fällt den Be­richt­erstat­ter ein star­kes Ver­lan­gen, so­gleich wie­der gen Schwe­den auf­zu­bre­chen. Er wä­re auch je­der­zeit will­kom­men im Haus­halt sei­nes wei­land Forch­hei­mer (und spä­ter nach Fürth mi­grier­ten) Freun­des, al­lein der Jah­res­ur­laub ist voll­stän­dig auf­ge­braucht und die näch­ste Ge­le­gen­heit zum Flug in die Fer­ne bö­te sich da­mit al­len­falls in der Be­triebs­ru­he zwi­schen Weih­nach­ten und Sil­ve­ster. Aber dann sind die Ta­ge dort dro­ben im Nor­den kurz und du­ster und statt ei­nes Miet­wa­gens bräuch­te man min­de­stens ei­nen Schnee­pflug, wenn nicht gar ei­nen Ber­ge­pan­zer...

Zum The­ma Spe­zi­al­fahr­zeu­ge sei hier noch er­wähnt, daß die Schwe­den ger­ne al­te Au­to­mo­bi­le sam­meln: Na­ment­lich klas­si­sche US-Stra­ßen­kreu­zer ste­hen hoch im Kurs, und das, ob­wohl es hier in der Nach­kriegs­zeit kei­ne Be­sat­zer gab, die mit der­lei mon­dän ge­stal­te­ten Sprit­schluckern pu­bli­kums­wirk­sam her­um­fuh­ren. Egal, der Ben­zin-Vi­rus hat auch die Mo­tor­freaks im neu­tra­len Schwe­den be­fal­len, und so sieht (und hört) man auch im ent­le­gen­sten Hin­ter­land im­mer wie­der mal ei­nen Ami­schlit­ten mit so­nor blub­bern­dem V8-Mo­tor vor­bei­crui­sen. Was nicht mehr fährt, wird auf dem ei­ge­nen Grund ab­ge­stellt, auch die­se (Un-)Sitte scheint man von den Ame­ri­ka­nern über­nom­men zu ha­ben:

abgestellter Traktor

Ob chrom­blit­zen­des Schlacht­schiff, 90er-Jah­re-Kom­bi oder al­te Trak­to­ren wie der oben ge­zeig­te: Was im­mer aus­ge­dient hat oder un­fall­be­dingt nicht mehr aus ei­ge­ner Kraft fah­ren kann, wird nicht et­wa ver­schrot­tet, son­dern an mehr oder we­ni­ger pro­mi­nent sicht­ba­rer Stel­le vor oder hin­ter dem Haus dau­er­de­po­niert. Der Be­su­cher wun­dert sich dar­über bis heu­te, denn er kann sich schwer­lich vor­stel­len, daß ein oh­ne wei­te­re Kon­ser­vie­rungs­maß­nah­men of­fen un­ter frei­em Him­mel end­ge­la­ger­tes Kraft­fahr­zeug je­mals wie­der er­folg­reich in­stand­ge­setzt wer­den könn­te: Son­ne, Re­gen, Schnee und kras­se Tem­pe­ra­tur­un­ter­schie­de dürf­ten der­lei Ab­sich­ten von Jahr zu Jahr wei­ter un­ter­mi­nie­ren. Aber viel­leicht ist das »Gras dar­über wach­sen las­sen« in Schwe­den ja die deut­lich bil­li­ge­re Al­ter­na­ti­ve zur ord­nungs­ge­mä­ßen Ent­sor­gung?

Mit die­sem er­sten Blick in die rät­sel­haf­te Men­ta­li­tät der Schwe­den las­sen wir es für heu­te be­wen­den. In der näch­sten Fol­ge ma­chen wir uns in ein paar Ta­gen auf den Weg in ei­ne grö­ße­re Stadt und be­ge­ben uns an­schlie­ßend auf ei­ne Land­par­tie mit al­ler­lei wei­te­ren un­ge­wöhn­li­chen Ein- und Aus­blicken. Hej så län­ge!

 
[1] Wie so oft hat­te ich nach der Heim­kehr spä­ter das Ge­fühl, der ei­ge­ne Wa­gen wä­re durch Stand­schä­den qua­si un­be­nutz­bar ge­wor­den: Len­kung und Pe­da­le über­aus schwer­gän­gig, die Brem­se zwar ver­zö­gernd, aber doch deut­lich trä­ger. War na­tür­lich wie­der ein­mal nur ei­ne Fra­ge der (Um-)Gewöhnung...

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Montag, 13. Juni 2016

Drei­schat­tig­keit

Drei Freunde, drei Schatten
Freitag, 6. Mai 2016

Kreis­ver­kehr

Aufführungspause im Fürther Stadttheater
Mittwoch, 27. April 2016

Da­men­bei­ne (14)

Trottoir-Tapperin in München

Trot­toir-Tap­pe­rin in Mün­chen
 
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Sonntag, 17. April 2016

Rei­sen ins Licht (3)

Heu­te eil­ten zone­batt­ler, bes­se­re Hälf­te & fri­ends in die Lan­des­haupt­stadt, um sich in der Kunst­hal­le Mün­chen ei­ne in den Feuil­le­tons viel­ge­prie­se­ne Aus­stel­lung an­zu­se­hen: »Joa­quín Sor­ol­la / Spa­ni­ens Mei­ster des Lichts«

In der Ausstellung 'Joaquín Sorolla / Spaniens Meister des Lichts'

Bis vor ei­ner Wo­che konn­te ich mit dem Na­men des spa­ni­schen Im­pres­sio­ni­sten nichts an­fan­gen, jetzt wer­de ich ihn zeit­le­bens nicht mehr ver­ges­sen. Was die­ser Mann vor gut 100 Jah­ren auf die Lein­wand ge­bracht hat, strahlt bis heu­te glei­ßend hell und er­wärmt das Herz des über­wäl­tig­ten Be­trach­ters. Mei­ner ei­ner war den Trä­nen schon lan­ge nicht mehr so na­he wie heu­te in die­ser ful­mi­nan­ten Werk­schau.

In der Ausstellung 'Joaquín Sorolla / Spaniens Meister des Lichts'

Wer da sagt, das Ta­fel­bild ha­be sich über­lebt in der Kunst, der mö­ge sich in Mün­chen ei­nes Bes­se­ren be­leh­ren las­sen. Der Be­richt­erstat­ter emp­fiehlt aus­drück­lich die Aus­lei­he und aus­gie­bi­ge Be­nut­zung des an­ge­bo­te­nen Au­dio Gui­des: Das Ge­hör­te schärft den Blick un­ge­mein.

Die Aus­stel­lung läuft noch bis zum 3. Ju­li. Bes­ser kann man 12 EUR gar nicht an­le­gen.

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Donnerstag, 4. Februar 2016

Ge­schich­te und Ge­schich­ten

Mit ei­nem ei­gens an­ge­kauf­ten Auf­nah­me­ge­rät bin ich neu­lich ei­nem längst pen­sio­nier­ten Ei­sen­bah­ner-Kol­le­gen auf die Pel­le ge­rückt und ha­be sei­ne leb­haft vor­ge­tra­ge­nen Er­in­ne­run­gen an sei­ne Dienst­zeit auf­ge­zeich­net. Acht in­ter­es­san­te (und zu­dem äu­ßerst amü­san­te) Ge­schich­ten sind ab so­fort auf­ruf- und an­hör­bar in den Für­thWi­ki-Ar­ti­keln zum Gü­ter­bahn­hof, zum Stell­werk Ot­to­stra­ße und zur Ka­ser­nen­bahn (je­weils im Ab­schnitt »Zeit­zeu­gen­be­rich­te«). Viel Spaß beim Lau­schen!

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