Mittwoch, 28. Juni 2006
In der Mittagspause kam ich gestern an einem kleinen Kosaken-Chor vor der Nürnberger Lorenzkirche nicht vorbei: Der virtuose Gesang der in Räuberzivil auftretenden Männer brachte freilich nicht nur mich zum An- und Innehalten...
Selbst wenn man als Einheimischer der fremden Sprache nicht ansatzweise mächtig ist, Leidenschaft und Wehmut teilen sich auch auf rein klanglicher Ebene mit. Selten bin ich von den Darbietungen ambulanter Straßenmusikanten berührt, noch seltener öffnen sie mir den Geldbeutel: Hier passierte beides.
Samstag, 24. Juni 2006
...fühle ich mich zwar nicht, aber egal: Heute grinse ich gut behütet, wenn auch leicht gequält aus der Zeitung !
Donnerstag, 22. Juni 2006
Ich neigte schon recht früh zur Dickköpfigkeit [1] und mußte daher vermittels einer Zangengeburt in diese Welt gezogen werden, und zwar im Waldkrankenhaus zu Erlangen. Meine eher unspektakuläre Jugend verbrachte ich in einem Kaff nebendran, woselbst sich die Dinge eher behäbig drehten (und das bis auf den heutigen Tag immer noch tun). Neun Schuljahre lang besuchte ich in Alterlangen ein Gymnasium, wonach mir zwar nicht unbedingt menschliche, so aber immerhin doch die allgemeine Hochschulreife attestiert werden konnte...
In Erlangen hatte ich später den ersten eigenen Hausstand, die erste Frau, die erste Wohnung und den ersten Garten. Das alles währte lange, ist aber mittlerweile schon noch länger Vergangenheit, was nicht unbedingt der Stadt Erlangen anzulasten wäre. Gleichwohl ist mir die Stadt inzwischen so fremd geworden, daß ich sie trotz der Nachbarschaft zur neuen Heimat allenfalls noch zweimal im Jahr aufsuche: Einmal (demnächst wieder) zum Flohmarkt des Zollhausfestes, dann noch einmal nach den Sommerferien zum Flohmarkt am Würzburger Ring drüben in Büchenbach, jenseits des Main-Donau-Kanals.
Ich will damit durchaus nichts gegen die Stadt der Studenten und Siemensianer sagen, sie hat halt in meinem Augen nichts, was mich anzöge und nichts, was mich länger dort hielte: Sie ist so nüchtern und glatt wie die dort ansässige Industrie [2].
In den letzten Jahren sind mir fast alle Bekanntschaften dorthin versandet, was einerseits traurig stimmt, andererseits durch unvergleichlich vitalere Kontakte innerhalb Fürths mehr als nur ausgeglichen wird. Ob’s an der hiesigen Kulturszene liegt oder an altersmilder Herangehensweise meinerseits, ich weiß es nicht, und es ist mir auch einerlei! Jedenfalls höre ich jetzt endgültig damit auf, gelegentlich in die Erlanger Nachrichten reinzuklicken. In diesem Sinne: Ade Erlangen, mach’s gut!
[1] nicht zu verwechseln mit Engstirnigkeit!
[2] die freilich zugegeben für Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum sorgt...
Mittwoch, 21. Juni 2006
Mit seinem ambulant-amateuerhaften Geschreibsel lokalpatriotischer Prägung hat der zonebattler mittlerweile die Aufmerksamkeit der Profis erregt: Nach Dienstschluß hat er daher heute nicht etwa Feierabend, sondern gleich mehrere Verabredungen mit VertreterInnen der schreibenden und werbenden Zunft! Die einen wollen ihn für einen Zeitungsartikel interviewen, die anderen mit ihm die Möglichkeiten einer kreativen Zusammenarbeit ausloten...
Da pocht des Schreibers Herz ganz aufgeregt (was bei der gegenwärtig schwülen Witterung eher kontraproduktiv ist), denn derlei Interesse ist natürlich zuförderst eine implizite Anerkennung des eigenen Tuns, positives Feedback also, wie man es sich direkter und ehrlicher kaum wünschen kann. Andererseits schwappen im Gefolge natürlich sogleich Versagensängste und die Furcht hoch, möglichen Erwartungen nicht gerecht werden zu können: Merkwürdigerweise macht auch jahrelange Berufspraxis als extrovertierter Vorturner mit besten Referenzen nicht frei davon.
Andererseits könnte ich das ganze Aufhebens eigentlich ganz locker nehmen und genüßlich auskosten: Ich muß ja weder von meinen Wortdrechseleien noch von meinen fotografischen Eskapaden leben! Den Lebensunterhalt verdiene ich mir schließlich auf gänzlich prosaische Art und Weise... Im Grunde aber bin ich froh, im gesetzten Alter immer noch zu Aufbruchstimmung und Lampenfieber fähig zu sein!
Dienstag, 20. Juni 2006
Ich komme soeben von einem beruflich bedingten Menschenauflauf aus Troisdorf zurück, wobei ich einen Gutteil der Fahrt im rappelvollen ICE zwar standesgemäß in der 1. Klasse, jedoch auf dem Fußboden neben der Außentür sitzend verbrachte: So ein Perspektivwechsel ist zwischendrin auch mal nicht verkehrt! Ursache des für einen Dienstag ungewöhnlich hohen Auslastungsgrades war die bei Freunden zu Gast seiende Welt, hier repräsentiert durch eine Auswahl betuchter Eidgenossen.
Nun ist es für mich als dienstreisenden DB-Konzernangehörigen eine platte Selbstverständlichkeit, der löhnenden Kundschaft die regulären Plätze zu überlassen: Immerhin zahlt die ja letztlich mein Gehalt! Gleichwohl empfand ich das Gebaren des vom Speisewagen retournierenden Goldkettchenträgers, mit dem er mich »seines« Platzes verwies, eines Gentlemans eher unwürdig. Aber immerhin, zumindest gab das behäbige Alpenvolk ansonsten Ruhe und tanzte nicht hüftschwingend durch den Gang. Unscharf wurde mein Foto gleichwohl: Bei 300 km/h ist Stillehalten schwierig!
Sonntag, 18. Juni 2006
Ein lesenswertes Beispiel von Zivilcourage! Die Fortsetzung nicht verpassen...
Gestern spätabends nach der Rückkunft aus Bamberg setzen wir noch ein Brot an für’s sonnige Sonntagsfrühstück. Ich werde abkommandiert zum Gewürzemahlen und drehe brav wie mir geheißen an der Kurbel der Handmühle, dabei einen uralten Gassenhauer summend. Plötzlich merke ich bestürzt, daß es sich ja um die Melodie einer alten Spieluhr meiner längst verstorbenen Großmutter handelt, die mir den kleinen Klangerzeuger in frühen Kindertagen zur Beruhigung und Freude vorspielen ließ...
Ich habe jene wohl noch im Elternhaus befindliche Spieluhr seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen, geschweige denn gehört. Doch offenbar wäre das auch nicht nötig: Ihr Klingen und ihr Rhythmus ist in meinen Synapsen längst unauslöschlich fest verdrahtet. Es reicht das gedankenverlorene Drehen an irgendeiner Kurbel, um die verschüttet geglaubte Erinnerung zu heben! Ich kriegte vor Rührung eine Gänsehaut und feuchte Augen.
Samstag, 17. Juni 2006
Ich komme gerade aus dem Stadtpark zurück, woselbst ich mich für ein Stündchen auf dem frisch gemähten Rasen vor den Fontänen niedergelassen hatte, um einen heute früh auf dem Nürnberger Rot-Kreuz-Flohmarkt erstandenen Roman anzulesen. Kaum lag ich auf der Wiese, fuhren mehrere Hochzeitspaare in dicken Limousinen vor, um sich von bestallten Profis vor als »romantisch« geltender Kulisse ablichten zu lassen, die auf Kommando eingenommenen Posen mal mehr, mal weniger originell.
Was ich freilich meinen Lebtag nicht verstehen werde: Warum muß neben Braut und Bräutigam immer ein fettes Auto mit auf das Festtagsfoto? Verheißt es Glück und Prosperität, wenn der (womöglich nur für einen Tag angemietete) Blechhaufen mit vor die Linse kommt? Muß das Industriedesign aufhübschen, was die Gesichter der Protagonisten nicht hergeben? Wollen es die Fotografierten so haben, weil es die anderen auch so machen und man nicht aus der Rolle fallen will? Meiner einer sähe jedenfalls die wirklich schönen Motive beispielsweise in den ungekünstelt herumhopsenden Brautjungern im Kindesalter und niemals im auf mich eher lächerlich wirkenden Statussymbol...
...
stand on one foot, stand on stand on one foot...
In Nürnberg drüben haben sie schon merkwürdige Bräuche. Oder macht es die Hitze?
Mittwoch, 14. Juni 2006
In Funk und Fernsehen kann man sich mittlerweile nicht nur die die eigenen Vorurteile am wenigsten irritierenden Programme heraussuchen, sondern auch eine die persönlichen Präferenzen bedienende Wettervorhersage. Wirklich zutreffend sind freilich die wenigsten, wie die Erfahrung zeigt. Im Grunde führen die Sendeanstalten billiger, wenn sie statt der ganzen spekulierenden Kaffeesatzleserei allabendlich ein nettes Gesicht präsentieren würden und dieses den Satz
Morgen wird es im Wesentlichen so sein wie es heute gewesen ist |
aufsagen ließen. Die Erstellungskosten wären marginal, die Trefferquote indessen auch nicht signifikant schlechter...
Diesen launischen Seitenhieb gegen die Kachelmänner der Republik souverän ausgeführt habend, empfehle ich nunmehr doch einen der (weniger egomanischen) Wetterfrösche, genauer gesagt und sozusagen einen Ochsenfrosch. Unter der griffigen Adresse www.wetterochs.de erstellt der Hobby-Meteorologe Stefan Ochs täglich eine recht profunde Prognose für den Raum zwischen Nürnberg und Bamberg.
Diese selbst auferlegte Ochsentour verdient nicht nur wegen ihrer relativen Akkuratesse unsere uneingeschränkte Bewunderung, sondern nicht zuletzt auch bzw. gerade wegen der systemimmanenten Flüchtigkeit des Werkes: In einem netten Blog wühlt man sich gerne durch den Schatz der gesammelten Elaborate, aber wer läse einen alten Wetterbericht? Ein großes Lob daher für diesen bemerkenswerten (und obendrein kostenlosen) Service!
Montag, 12. Juni 2006
Die Zeit lese ich lieber als die Süddeutsche lese ich lieber als den Spiegel lese ich lieber als den Stern lese ich lieber als den Focus und wenn ich dann immer noch nicht dran bin lese ich dem Doktor die Leviten.
Dienstag, 6. Juni 2006
Um den mittäglichen Hunger zu stillen, habe ich mir soeben aus den Tiefen des Nürnberger Hauptbahnhofes einen Salat [1] von Yorma’s (EUR 2,00) sowie zwei noch warme Laugenbrezeln aus dem Backwerk (EUR 0,58) geholt.
Nach erfolgter Vertilgung der leckeren Ration nehme ich nunmehr wieder vor dem Bildschirm Platz und frage mit plötzlich erwachter Neugier meine geschätzten LeserInnen, wie Sie es denn mit der werktäglichen Nahrungsaufnahme halten? Wer verspachtelt zähen Kantinenbraten, wer schnappt nach süßen Schokoriegeln? [2]
[1] Mit Schinken, jedoch ohne Dressing, weil solches von mir flaschen- und damit geldsparenderweise im Dienst-Kühlschrank vorgehalten wird.
[2] Diesbezügliche Geständnisse werden selbstredend vertraulich behandelt und weder an die zuständige Personalabteilung noch an den Vorgesetzten übermittelt!
Süßer und scharfer Senf: