Samstag, 28. Januar 2006
So sprach in Kindertagen eines meiner Plüschtiere, ich glaube es war ein Hase. Sein Repertoire war äußerst dürftig: Die beiden anderen Sprüche, die er auf Kommando (sprich Druck auf seinen Bauch) von einer im Wanst befindlichen Plastik-Schallplatte abnudelte, waren »Willst Du mit mir spielen?« und »Bitte bürste mein Fell!«.
Noch heute kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, da irgendwie betrogen worden zu sein: Im vordigitalen Zeitalter war erheblicher mechanischer Aufwand nötig, um einer Puppe ein paar Sekunden halbwegs verständlicher Sprache mitzugeben. Wieso wurde dann ein Drittel der Kapazität darauf ver(sch)wendet, just diesen Mangel hinauszuposaunen? Hätte es da nicht weit Wichtigeres mitzuteilen gegeben? Beispielsweise »Ich hab’ Dich soooooo lieb!«?!
Mittwoch, 11. Januar 2006
Der zonebattler hat schon in Call-Centern als Trainer und Coach gearbeitet, mithin kennt er die professionelle Telefoniererei von allen Seiten. Doch so abgebrüht er sich in dieser Hinsicht auch wähnte, es bleibt doch noch Raum für gelegentliche Überraschungseffekte...
Ich komme also vorgestern heim und sehe den Anrufbeantworter (der ja recht eigentlich nur ein Anrufentgegennehmer ist) freudig blinken: Ein Gespräch harrt der Abhörung. Arglos drücke ich auf die Wiedergabe-Taste und vernehme das Folgende:
War mein Anrufbeantworter der Rolle als subalterner, stummer Diener überdrüssig? Wollte er auch mal jemanden anrufen? Woher hatte er die Nummer meiner Bank (denn da hat er offenbar angeläutet)? Wollte er sich von meinem Konto Geld abzweigen, um sich damit aus dem Staub zu machen? Erschrak er dann vor der eigenen Courage und brachte er daraufhin keinen Ton mehr heraus? Oder wurde ihm nur rechtzeitig klar, daß er nicht weiter gekommen wäre, als sein Stromkabel reicht?
Freitag, 6. Januar 2006
Eine merkwürdige Volte des Schicksals hat den zonebattler leider weder zum Nobelpreisträger noch zum Astronauten gemacht, sondern vor mehr als einem Vierteljahrhundert Dienst bei der Eisenbahn nehmen lassen (was er bis heute nicht so recht verstehen kann). Auch wenn ihm da mittlerweile durchaus der Wind der Marktwirtschaft um die Nase weht, so hat er seine Erinnerungen an die Merkwürdigkeiten der Staatsbahnzeit sorgfältig bewahrt und so manches Artefakt aus dem Behörden-Kosmos in die Gegenwart hinübergerettet...
Zum Beispiel ein paar jener praktischen Klebe-Vignetten, mit denen weiland die wiederzuverwendenden Umschläge der innerdienstlichen Postsendungen (korrekte Bezeichnung »EDS« = Eisenbahn-Dienstsache) verschlossen werden konnten. Neben prosaischem Einfach-Klebeband gab es recht martialisch anmutende Motiv-Marken:
Es sollte einen nicht wundern, wenn die Urfassungen dieser hübschen Illustrationen aus »großdeutscher« Zeit stammten: Bestimmt wurden später zu Bundesbahn-Zeiten nur die Uniformen der Ex-Reichsbahner graphisch »entnazifiziert«...
Der zonebattler hat schneidige Schlipse, sprich forsche Unternehmensberater erlebt, die langjährigen Eisenbahnern erst völlige Inkompetenz attestierten, um wenige Minuten später beim achtlosen Überqueren von Werksgleisen fast überfahren zu werden. Da sieht man es wieder: Wer wie ich dem Tod jahrelang die Zunge herausgestreckt hat (um ihm die rückwärtige Gummierung anzufeuchten), dem kann so etwas nicht passieren!
Donnerstag, 22. Dezember 2005
Die vorweihnachtliche Verwandtschafts-Besuchstour führte ja wie berichtet hinwärts über Wertheim und Frankfurt, rückwärts flitzten wir der Abwechslung halber über Kaiserslautern, Ludwigshafen und an Speyer vorbei Richtung Heimat. Da bietet sich stets ein Zwischenstopp im Technikmuseum Sinsheim an: Zwar hat man als heimwollender »Transit-Reisender« oft nicht genug Zeit und Nerven für einen ausgiebigen Museumsbesuch, aber auch das angeschlossene IMAX-Kino oder der Museumsshop bieten hinreichend Abwechslung für ein gepflegtes Pausenstündchen...
Nach dem Parken auf dem einzig freien Stellplatz vor dem Hauptgebäude schaute ich unwillkürlich nach oben durch das Glasdach meines Minibusses und zuckte vor Schreck erstmal ordentlich zusammen:
So dicht ist ein Feuerlösch-Flugboot noch nie über mich hinweggebraust! Allerdings flog auch dieses Exemplar nicht, es war nämlich statisch aufgeständert und ich hatte es beim Rangieren mit dem Wagen bei Schneeregen zunächst schlicht übersehen... Der plötzliche Adrenalinschub war dann allerdings sehr herzerwärmend!
Montag, 19. Dezember 2005
Ich hatte einen komischen Vogel zu transportieren, der recht nervige Quäklaute absondern kann. Es ist mir aber gelungen, das Vieh nachhaltig ruhigzustellen, ohne ihm Gewalt anzutun:
Kaum wieder ausgepackt und seiner Fesseln ledig, hat der vorlaute Bursche bei mir daheim sofort wieder mit dem Herumtröten angefangen...
Donnerstag, 15. Dezember 2005
Was bin ich froh, in halbwegs aufgeklärt-demokratischen Zeiten aufgewachsen zu sein: Gegen die pompös-hohlen Propaganda-Inszenierungen des »III. Reiches« wäre ich womöglich nicht wirklich immun gewesen! In meinem latenten Hang zum Theatralischen denke ich mir ja immerzu selber allerlei schwülstigen Bombast aus, an dem womöglich sogar eine Leni Riefenstahl ihre ästhetische Freude gehabt hätte...
Mein heutiges, filmreifes Thema ist die martialische Wirkung vorbeidonnernder Schienenfahrzeuge, in Sonderheit der von schweren Containerzügen. Da drängt es mich, die Musik Richard Wagners mit Bildern von der Eisenbahn in Riefenstahl’scher Manier zu einer höchst bizarren Version des Lohengrin zusammenzumixen: Eine meiner Lieblingsstellen ist die 2. Szene des 3. Aufzuges, deren fetzige Musik von den Nazis gerne in der Deutschen Wochenschau für martialische Kriegspropaganda instrumentalisiert wurde. Unsereins sieht vor seinem geistigen Auge indessen weder berittene Heere (Wagner) noch Volkssturm (Wochenschau) vorbeidefilieren, sondern Taurus-Loks und deren Fracht: Die technisch zeitgemäß aufgerüsteten Truppen der brabantinischen Grafen tragen bei mir die Wappen von HANJIN, CHINA SHIPPING, P&O NEDLLOYD und MAERSK auf ihren Schilden, marschieren aber ebenfalls zu höchst beeindruckenden Armeen auf:
Die Aue am Ufer der Schelde, wie im 1. Akt. Glühende Morgenröte, allmählicher Anbruch des vollen Tages.
(Ein Graf mit seinem Heergefolge zieht im Vordergrunde rechts auf, steigt vom Pferde und übergibt dies einem Knechte. Zwei Edelknaben tragen ihm Schild und Speer. Er pflanzt sein Banner auf, sein Heergefolge sammelt sich um dasselbe.)
(Während ein zweiter Graf auf die Weise wie der erste einzieht, hört man bereits die Trompeten eines dritten sich nähern.)
(Ein dritter Graf zieht mit seinem Heergefolge ebenso ein. Die neuen Scharen sammeln sich um ihre Banner; die Grafen und Edlen begrüßen sich, prüfen und loben ihre Waffen usw.)
(Ein vierter Graf zieht mit seinem Gefolge von rechts her ein und stellt sich bis in die Mitte des Hintergrundes auf.)
(Als von links die Trompeten des Königs vernommen werden, eilt alles, um sich um die Banner zu ordnen. Der König mit seinem sächsischen Heerbann zieht von links ein.)
Alle Männer (als der König unter der Eiche angelangt ist)
Heil König Heinrich!
König Heinrich Heil!
König Heinrich
Habt Dank, ihr Lieben von Brabant!
Wie fühl’ ich stolz mein Herz entbrannt,
find’ ich in jedem deutschen Land
so kräftig reichen Heerverband!
Nun soll des Reiches Feind sich nahn,
wir wollen tapfer ihn empfahn:
Aus seinem öden Ost daher
soll er sich nimmer wagen mehr!
Für deutsches Land das deutsche Schwert!
So sei des Reiches Kraft bewährt!
Alle Männer
Für deutsches Land das deutsche Schwert!
So sei des Reiches Kraft bewährt! |
Wie ich den Triebfahrzeugen und Übersee-Containern das Singen beibringe und das blecherne Scheppern abgewöhne? Nun, daran arbeite ich noch! Und auch der Text paßt nimmer so ganz, denn da die meisten beladenen Container aus dem öden Ost daher kommen, kann das so öde nicht sein...
Sollte ich meine mir bis dato geneigten LeserInnen mit dieser pathetisch-pompösen Propaganda-Pastete zutiefst befremdet haben, dann kann ich da leider auch nix machen: Ich schreibe ja hier primär zu eigentherapeutischen Zwecken und nicht, um einen harmlosen Feuilleton-Ersatz zusammenzubrauen! ;-)
P.S.: Leider kann ich den zur angemessenen Würdigung meines Beitrages unbedingt erforderlichen »Soundtrack« aus urheberrechtlichen Gründen hier nicht bereitstellen. Interessierte können mich freilich gerne mal besuchen, um sich mit der dazugehörigen Musik in passender Lautstärke besch(w)allen zu lassen!
Montag, 5. Dezember 2005
Mit diesem (unretouchierten) Praxisschild eröffne ich meine Sammlung netter Namen, die mit der Profession des Trägers bzw. der Trägerin so wunderbar zu harmonieren (oder zu kollidieren) scheinen: Wenn z.B. ein Brauereidirektor Trunk heißt oder eben ein Hautarzt Schweiß, so ist das ja schon eine schmunzelnswerte Koinzidenz!
Leider besteht mein mit ähnlich kuriosen Fällen reich gefüllter Fundus überwiegend aus ausgeschnittenen Trauer-Anzeigen, und die mag ich aus Stil- und Pietätsgründen natürlich nicht in diesem Kontext veröffentlichen. Aber ich bin sicher, auch unter den Lebenden noch genug Beispiele von Namen zu finden, die sozusagen »wie die Faust auf’s Auge« passen...
Sonntag, 4. Dezember 2005
Eines Abends besuchten wir einen Kollegen meiner besseren Hälfte. In dessen Wohnzimmer stand eine Tischlampe im Tiffany-Stil, deren warmes Licht mich sogleich faszinierte: Das mußte festgehalten werden! Für verwackelungsfreie Aufnahmen frei Hand sah ich keine Chance, also ließ ich es gleich bleiben und zog einer Eingebung folgend die Kamera während der Belichtung am Objekt zügig vorbei. Kostet im Digital-Zeitalter ja keinen Film mehr, darum drückte ich gleich ein paar Dutzend mal ab. Das Ergebnis sah dann so aus:
Als ich das Bild tags drauf meiner Freundin zeigte, sagte die ungerührt: »Sowas hängt bei uns in der Firma«. Ich wußte nicht so recht, was ich davon halten sollte, bis sie mir aus dem Büro das Link zur Homepage des Künstlers mailte. Mein Erstaunen war beträchtlich, und ich starrte ungläubig auf den Monitor:
Schon kurios, nicht wahr? Ich will mir keinesfalls anmaßen, mein Zufalls-Foto mit dem Gemälde eines etablierten Künstlers zu vergleichen, aber bemerkenswert finde ich die Ähnlichkeit schon...
Montag, 21. November 2005
Gesehen bei uns in der Fürther Karlstraße. Papa zeigt dem Junior gerade, wie man sich verteidigt und dazu dem Gegner am besten gleich »die Schaufel ’naufhaut«!
In der Badstraße hingegen nimmt Mama Bagger den kleineren Nachwuchs schützend unter ihre Fittiche. Welch weiches Herz schlägt da unter ruppig-rauher Schale...
P.S.: Wie sich Baumaschinen vermehren? Wie die Tiere !
Mittwoch, 9. November 2005
Zur Überwindung der Herbst-/Winter-Depression habe ich mir im Asia-Laden einen geradezu provozierend freundlichen »Nicker« gekauft und neben den Computer-Arbeitsplatz auf die Fensterbank gestellt:
Der japanische Plastik-Geselle ist solarbetrieben und nickt bei Licht betrachtet den ganzen Tag selbstversunken und ‑zufrieden vor sich hin. Kitsch hin oder her, die demonstrativ zur Schau gestellte Gelassenheit des skurrilen Männleins (oder Weibleins?) färbt ab: Für 7,90 EUR wird sich kaum ein besserer Therapeut finden!
Mittwoch, 2. November 2005
Nachtrag: Als ich dieses nette Preisschild sah und schmunzeln mußte, glaubte ich, mit dem Herzeigen hier einen harmlosen Scherz zu machen, der keinesfalls zu Lasten einer Landsmannschaft geht. Allerdings mußte ich zu meiner Bestürzung feststellen, daß sich ein amerikanischer Freund chinesischer Abstammung davon zutiefst beleidigt fühlte. Daher möchte ich hier in aller Deutlichkeit klarstellen:
Die Veröffentlichung des obigen Bildes fällt für mich in die gleiche Kategorie, wie harmlose Witzchen über den schwäbischen, sächsischen, bayerischen oder eben auch den eigenen, fränkischen Dialekt zu reißen. In keiner Weise soll damit eine ethnische Minderheit bloßgestellt oder der Lächerlichkeit preisgegeben werden! Und es steht wohl außer Zweifel, daß sich andersherum unsereiner im fernen China noch erheblich hilfloser anstellen würde... Es ist in der Tat bewundernswert, wie sich fleißige Mitbürger fernöstlicher Herkunft hier in unserer für sie völlig andersartigen Kultur zu behaupten wissen: Hut ab!
Freilich sind wir Menschen nun mal alle verschieden, und sich auf gutmütige Weise über des jeweils anderen Eigenheiten zu amüsieren sollte unter Freunden erlaubt sein: Es stärkt meiner Meinung nach sogar die gegenseitige Wertschätzung!In diesem Sinne bitte ich meinen Bildbeitrag als augenzwinkernden Jux zu begreifen und nicht als böswilligen Spott mißzuverstehen... Danke.
Dienstag, 25. Oktober 2005
Weil mit zunehmendem Alter die Kindheitserinnerungen immer präsenter werden (dafür das Kurzzeitgedächtnis stetig schlechter), habe ich zuweilen befremdliche Assoziationen. Seit ich zum Beispiel mal »von Nämberch auf Färdd« in gut zwei Stunden zu Fuß nach Hause tappte, kommt mir beim Queren der Ferdinandstraße stets der gleichnamige Jagdpanzer in den Sinn, eine von Anfang an ziemlich mißratene Konstruktion Ferdinand Porsches aus dem 2. Weltkrieg. Als in vor-internetlicher Zeit aufgewachsener Knabe hatte ich mich vor Jahrzehnten dem Modellbau verschrieben, und da waren deutsche Flugzeuge und Militärfahrzeuge aus den beiden Weltkriegen natürlich der naheliegende Interessenschwerpunkt. Hat mich durchaus nicht zum Militaristen werden lassen, eher zum geduldigen Tüftler mit ruhiger Hand und ausgeprägter Feinmotorik. Doch zurück zum »Ferdinand«:
Jener hier ist recht winzig, da im Maßstab 1:285 gehalten. Für diese Größe ist er aber doch außerordentlich fein detailliert! Da der Nachwuchs heute meist durch Gameboy-Abusus zu hibbelig und unkonzentriert zum Selberbasteln ist, liefert die Branche mittlerweile erstaunlich realistische Fertigmodelle in 1:72. In der Nürnberger Ferdinandstraße freilich würde sich ein museales 1:1 Original besser (und die ansonsten eher öde Gegend unweit der U‑Bahn-Station Muggenhof um eine Attraktion reicher) machen. Aus dem Geschützrohr könnten Blumen wachsen und es mögen ferner weiße Tauben in der Kommandantenkuppel brüten... So gäbe der kriegerische Ferdinand ein überaus friedliches Denk- und Mahnmal ab! Ob ich den Vorschlag mal dem Oberbürgermeister der Nachbarstadt unterbreiten sollte?
Süßer und scharfer Senf: