Samstag, 8. Dezember 2007
Heute mittag am Fürther Hauptbahnhof: Ansonsten pfeilschnelle ICEs trödeln träge im Schleichgang ohne Halt an den Bahnsteigen vorbei, die letzteren proppenvoll mit Menschen. Auch in der Unterführung lungern unüblich viele Fahr- bzw. jetzt Stehgäste herum, die Blicke entsetzt den leuchtenden Zuglaufbildschirmen zugewandt: »Verspätung 25 min« hier, »Zug unbekannt verspätet« da. Mißmut, Murren, Maulerei: Die Eisenbahn ist wieder mal an allem schuld, ist ja auch keine sonstige Ursache für das Kuddelmuddel ersichtlich. Auch für den Böses ahnenden zonebattler zunächst nicht.
Später lief dieser auf der Straße fast seinem ehemaligem Mentor in die Arme, der ihm im Frühjahr 1983 im Stellwerk zu Siegelsdorf das Eisenbahnspielen im Maßstab 1:1 beigebracht hat, in langen Tages- und noch längeren Nachtschichten. Seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen, in Sekundenbruchteilen wiedererkannt!
Der mittlerweile pensionierte Kollege Fahrdienstleiter war auf dem Wege zu einer Weihnachtsfeier und hatte ‑da ursprünglich selbst mit dem Zuge anreisen wollend- nun auch schon eine stattliche Verspätung auf dem Buckel. Immerhin erfuhr ich durch ihn aus sozusagen eineinhalbter Hand die Ursache für die aktuelle Misere...
Der Nürnberger Christkindlesmarkt zieht momentan dermaßen viele Besucher an, daß selbst die doppelstöckigen Regional-Expresse am Wochenende bis zum Bersten überfüllt sind. Manche dieser aus Bamberg über Forchheim und Erlangen gen Nürnberg eilenden Züge halten daher nicht mehr in Fürth, weil weiteres Zusteigen schlechterdings unmöglich wäre. Das hielt einen Passagier in einem dieser Züge nicht davon ab, seinem Aussteigewunsch in Fürth durch beherztes Ziehen der Notbremse Nachdruck zu verleihen.
Der egoistische Akt führte folgerichtig zur schlagartigen Entlüftung der Bremsleitung und damit zur Zwangsbremsung, in deren Verlauf es (möglicherweise begünstigt durch die grenzwertig hohe Zuladung) zu einer Zugtrennung kam. Ob da nun ein Kupplungshaken gerissen ist oder sonstwas sei mal dahingestellt, jedenfalls kam der beschädigte Blechwurm mitten im Weichenbereich zum Stehen, sozusagen diagonal über das Gleisfeld drapiert und damit auch die Würzburger Strecke wirkungsvoll blockierend...
Was geht in so einem Fall? Genau, zunächst einmal gar nix mehr. Die Bergung das unglücklichen Havaristen ist die eine Herausforderung, das zwischenzeitliche Umfahren des Hindernisses die andere, vor allem dann, wenn der Saboteur das Kunststück fertiggebracht hat, den notgebremsten Zug so ziemlich über sämtliche möglichen Fahrstraßen zu verteilen.
Tat und Täter zu verurteilen will sich der zonebattler nicht herausnehmen, aber das Aufzeigen und sich Ausmalen der sich domino-effektmäßig ins Land ausbreitenden Folgen (Verspätungen, Anschlußausfälle, Umlaufprobleme) mag die geneigte Leserschaft zum Nachdenken bringen: Nicht immer kann der Verkehrsbetreiber was dafür, wenn das feinsäuberlich vernetzte Fahrplangefüge urplötzlich zerrissen wird. Selbst der Beste und Stärkste kommt zu Fall, wenn er Knüppel zwischen die Beine geworfen kriegt...
Aus semipermeablen Gründen wird der zonebattler-Stammtisch b.a.w. nicht mehr mittwochs, sondern am jeweils 1. und 3. Dienstag eines jeden Monats abgehalten. Wir bitten um freundliche Beachtung!
Donnerstag, 6. Dezember 2007
Der in Sachen Skurrilika über ein elefantöses Gedächtnis verfügende zonebattler erinnerte sich vorhin mit Befremden daran, in seiner Jugend regelmäßig die Karnevals-Umtriebe nördlich des Weißwurst-Äquators im damals noch schwarzweißen Fernsehen verfolgt zu haben. [1]
Eine vor Fröhlichkeit unbekannten Ursprungs schier berstende Person namens Margit Sponheimer brachte da seinerzeit die Mainzer Jecken und wohl auch Teile des vor den Mattscheiben andernorts mitschunkelnden Narrenvolkes mit einem frenetisch geschmetterten »Am Rosenmontag bin ich geboren« schier zur Raserei. So befremdlich mir im Rückblick beides erscheint (der Gesang ebenso wie mein trotziges Ausharren vor der Glotze), jener Song ist mir als schwerlich zu toppen im Gedächtnis geblieben...
Bis heute.
Der sardonischer Häme zuweilen nicht abgeneigte MietMichel schick schak schuk mir nämlich ein Link zu einem sozusagen fränkischem Pendant der rheinland-pfälzischen Nachtigall: Das Fürther Sturmgeschütz der seichten Muse heißt Carola Gebhart und ist offizielle Sängerin der offiziellen Fürth-Hymne zum offiziellen Jubiläumsjahr unserer nunmehr 1000-jährigen Stadt.
Da sich die Wirkung jener (nicht nur) syntaktisch bemerkenswerten Jubel-Arie auf mein wertes Publikum schwerlich vorhersagen läßt, lehne ich hiermit schon im Vorfeld kategorisch jegliche Verantwortung für etwaige Folgeschäden ab und bitte alle LeserInnen eindringlichst, eventuell vorhandene Kleintiere und ‑kinder außer Hörweite an einen sicheren Ort zu verbringen, und zwar vor dem Klick auf den nachfolgend präsentierten Verweis zur Homepage der Künstlerin. [2]
So, genug der Vorrede und der Vorsicht. Damen und Herren, liebe FürtherInnen:
Tja, da bleibt kein Auge tränenleer, wie einer meiner Lehrer und Mentoren weiland recht süffisant zu sagen pflegte. Ob unser omnipräsenter, stets und unverdrossen verbindlich lächelnder Oberbürgermeister die Ode wohl höchstpersönlich in Auftrag gab, der Kommune (und sich selbst) zum ewigen Ruhme? Wurde ihm die Ehre einer Uraufführung im kleinsten Kreise zuteil? Gefror ihm dabei sein Lächeln zur dauerhaften Maske? Wir werden es ‑so fürchtet der zonebattler trotz seiner gewöhnlich gut informierten Zugträger in und aus der Stadtverwaltung- wohl leider nie erfahren...
[1] Manche meinen, das Fernsehen wäre schon immer farbig gewesen, nur die Welt damals eben noch nicht, aber im Interesse einer stringenten Themenverfolgung möchte ich diesen Seitenarm meines Argumentationsflusses an dieser Stelle nicht weiter verfolgen.
[2] In musikalischen Angelegenheiten bin ich immer sehr um das geistige Wohl meiner LeserInnen bemüht, wie die Geschichte mit dem Gnu exemplarisch beweist.
Donnerstag, 29. November 2007
»Ralph«, sagt der betagte Bekannte, »ich will nur ein bißchen knipsen, aber Du kennst Dich bestens aus mit dem Fotografieren: Such’ eine gute Kamera für mich und besorge sie mir!«
Gesagt, getan. Eine Woche später soll ich ihm erklären, wozu die ganzen Knöpfe gut sind und wie er die gemachten Fotos anschauen kann. Ein anderer anwesender Besucher kritisiert derweilen meine Produktwahl.
Der nächste Tag, der nächste Kumpel: »Du hast mir doch die Software X empfohlen, bei mir tut die nicht, was ich will. Was muß ich tun, erklär’ mir das!«
Stundenlanges Mail-Ping-Pong. Jede gute Antwort provoziert die nächste Frage. Die ausführliche Dokumentation des Herstellers hat er natürlich nicht gelesen...
Dann der Anruf einer Nachbarin: »Ich brauch’ jetzt endlich auch eine Homepage, kannst Du mir schnell eine basteln? Muß nix Besonderes sein, sie soll aber bei Suchanfragen ganz oben stehen. Das geht doch bei Dir!«
Beratung, Empfehlungen, Verweise, freundliche Fragen zur Bedürfnisklärung. Die sind freilich nicht wirklich gewünscht: Ich soll nicht diskutieren, sondern es machen und richten, und zwar schnell, alleine und für ein Bussi und ein Stück Kuchen...
Nun ist es ja nicht so, daß ich nicht gerne anderen hülfe, Bekannten zumal, Freunden sowieso. Und selbstverständlich gebe ich auch mit Freuden die Erfahrungen und das Wissen weiter, welches sich im Laufe der eigenen, intensiven Beschäftigung mit irgendwelchen Themen zwangsläufig bei mir eingestellt und in mir angesammelt hat.
Wenn da nur nicht oftmals ein fader Beigeschmack dabei wäre, der sich in so beiläufig dahingeworfenen Floskeln manifestiert wie »ich selbst habe dafür keine Zeit« oder, offensichtlicher noch: »mir ist meine Zeit dafür zu schade!« Was ja dann umgekehrt ‑wenn auch nicht explizit ausgesprochen- nichts anderes bedeutet als: »Deine Zeit hingegen ist mir wurscht!«
Recht verstanden: Mir geht es nicht um eine angemessene Entlohnung (m)einer Dienstleistung. (Echte) Freundschaft ist mir allemal genug, auch »Naturalientäusche« gehen ohne kleinliches Aufrechnen absolut in Ordnung, wenn jeder ein bißchen was von seinem wertvollsten Gut auf Erden ‑die eigene Lebenszeit nämlich- dem anderen widmet. Aber unreflektiertes oder gar kalkuliertes Ausnutzen des Anderen aus eigener Faulheit oder Unwilligkeit, das ist eben nicht OK. Freilich scheint meine bisherige Praxis, lieb blinzelnden Dummies aus schierem Mitleid erst einmal alles zuzusagen (und mich hernach aus Ehrpusseligkeit ans eigene Wort gebunden zu fühlen), die Siechen und Beladenen dieser Welt regelrecht anzuziehen. Zu Lasten der eigenen Zeitsouveränität und natürlich auch zum Nachteil jener guten Freunde, die mit ihren Bitten bescheiden bleiben und sich auch nicht vordrängeln möchten.
Zeit also, endlich erwachsen zu werden: Mit knapp 48 Jahren beschließt der zonebattler hiermit, weiterhin gerne Hilfe zur Selbsthilfe zu gewähren, wo immer er kann und danach gefragt wird. Aber das Denken und die eigene Mühe will er fürderhin niemandem mehr abnehmen, nicht zuletzt im Sinne des oder der Betroffenen selbst: Wer knipsen möchte, muß ohnehin einiges lernen, soll sich also gefälligst selbst grundlegend kundig machen. Wer ein Computer-Programm einsetzen will, möge sich einlesen. Wer meint, irgendetwas zu brauchen oder (gleichfalls) haben zu müssen, wolle sich damit auch näher beschäftigen. Fachsimpeln oder Feinheiten diskutieren können wir dann später gerne. Aber auf gleicher Augenhöhe und auch zu meinem Vorteil!
Sonntag, 25. November 2007
Mittwoch, 21. November 2007
Die Lektüre dieses Insider-Protokolls hat mir die Laune und den Tag verdorben. Doch wohin mit der ohnmächtigen Wut im Bauch über soviel Inkompetenz und himmelschreiende Ignoranz?
Freitag, 16. November 2007
Den gestrigen Abend verbrachte ich im Wesentlichen auf der offiziellen Bürgerversammlung für die Fürther Stadtteile Südstadt, Innenstadt, Dambach, Westvorstadt und was dergleichen periphere Siedlungen mehr sind. Meine bessere Hälfte war natürlich auch dabei sowie der Herr Grabenkenner. Wie zahlreiche andere Bürger und Bürgerinnen auch machte ich von meinem Rede- und Fragerecht Gebrauch, und die Vertreter der Kommune (vom Oberbürgermeister über seine Fachreferenten bis hin zum Kontaktbeamten der Polizei) sicherten zu, sich der vorgetragenen Probleme zeitnah anzunehmen (was sie aller Erfahrung nach auch sehr zuverlässig tun).
Soweit, so gut. Was aber nachdenklich stimmt, ja nachgerade alarmiert, ist die unter dem Strich erschreckend geringe Beteiligung der Bürgerschaft an solchen Veranstaltungen. Hier besteht tatsächlich mal die Möglichkeit, auf öffentliche Angelegenheiten Einfluß zu nehmen, und dennoch ist die Resonanz sehr verhalten: 50–60 Leute sitzen da, angehen täte es tausendmal so viele. Sage mir keine(r), man wisse nichts von den Terminen der jeweiligen Stadtteilversammlungen: Die kriegt jede(r) über das städtische Amtsblatt mitsamt der Stadtzeitung kostenlos in den Briefkasten gestopft!
Sehr bedenklich finde ich auch, daß sich der Anteil der BürgerInnen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung in keiner Weise im Publikum repräsentativ abbildet. Ich will das nicht als stichhaltiges Indiz für abgeschottete Parallelgesellschaften werten, aber hier sieht man klar eine Kluft, die kommunikativ zu überbrücken Not täte...
Montag, 12. November 2007
Heute abend um sieben gibt’s eine interessante Vernissage gleich bei mir um die Ecke in der werkstatt edda schneider naturstücke: Mein Freund Udo Meyer zeigt dort (s)eine subversive entwicklung.
Es handelt sich dabei um erstaunliche Papierabzüge von Dias aus einer frühen Nepal-Reise, die durch langjährige Lagerung an unpassender Stelle (im feuchten Keller nämlich) irgendwann Schimmel ansetzten. Der zerstörerische Pilz fand in den organischen Farbsubstrat-Schichten einen guten Nährboden und breitete sich langsam, aber sicher auf den farbigen Folienbildchen aus...
Nun sollte man meinen, daß derartig verrottende Lichtbilder ein klarer Fall für den Mülleimer wären! Indessen passierte Wundersames und Wunderbares: Selbst vorher eher banale Schnappschüsse erfuhren durch den Schimmelbefall geradezu mysthische Überhöhung durch spektakuläre Farb-Orgien und psychedelisch wirkende Feinst-Strukturen über große Flächen hinweg.
Man kann das nicht wirklich beschreiben, man muß es mit eigenen Augen sehen. Es ist wirklich ebenso kurios wie faszinierend, was so ein bizarrer Zufall an ästhetischen Wirkungen zu schaffen vermag: Wer dergleichen mit Ziel und Plan zu erzeugen versuchte, würde vermutlich grandios scheitern. Es lockt also ein seltenes Erlebnis, zu dem ich meine interessierten LeserInnen hiermit animieren möchte!
Donnerstag, 8. November 2007
...titelt Herr blue sky und stellt in seinem Blog eine recht perfide Mausefalle vor. Tja, so sind sie. Die Mäuse und die Menschen...
Dienstag, 6. November 2007
Konservativ ist die F.A.Z., konserviert ist Tutanchamun. Alles andere als dröge Konservenkost ist der lesenswerte Essay »Ehe sein Gesicht zu Puder zerfällt«, dessen Lektüre ich hiermit meinen LeserInnen anempfehlen möchte...
Sonntag, 4. November 2007
Der zonebattler ist im Kopf ein bestens durchorganisierter Ordnungsfanatiker, in der Praxis freilich mitunter zu faul, seine genialen Ideen und Konzepte auch konsequent in die Praxis umzusetzen. Das verrät er natürlich nicht jedem (schon um seine einschlägige Reputation nicht zu gefährden) und bittet daher hiermit seine paar LeserInnen um vertraulich-verschwiegene Mitwisserschaft...
Guten Gewissens drückt sich ums Aufräumen und Entrümpeln der eigenen Sphäre herum, wer faul vor dem Bildschirm hockt und eifrig studiert, wie andere ihr Leben (oder das ihrer Angehörigen) in geordnete Bahnen lenken bzw. zurückführen. Manchmal gibt es ja ganz simple Optimierungs-Tricks [1], auf die man selbst nicht so ohne weiteres gekommen wäre!
Eine wahre Fundgrube für derlei pragmatische Ratschläge ist die blogmäßig aufgemachte Website unclutterer.com : Die Themenvielfalt ist bemerkenswert, nicht minder erfreulich ist das Niveau der Kommentare aus der Leserschaft. Wenn man nach der Lektüre die eine oder andere Erkenntnis [2] in den eigenen Alltag transferieren [3] kann, dann ist das doch schon etwas gewonnen!
[1] z.B. den, nur weißes Geschirr zu kaufen, dafür aber lauter verschiedene Gläser, was Abwechslung bei Tische schafft, jedoch im Fall der Fälle umstandlos zu ersetzen ist: Spart Geld, spart Mühe, spart Platz!
[2] z.B. die, daß es für einen Englisch-Kurs nie zu spät ist...
[3] Bitte mir das Fremdwort nachzusehen, ich wollte nicht nochmal »umsetzen« schreiben, mir ist aber en passant kein originär germanisches Synonym eingefallen.
Freitag, 2. November 2007
...ist das Motiv des heutigen arte-Themenabends, dessen Reportagen man sich nicht entgehen lassen sollte: Ein pechschwarzer junger Mann in preußischer Uniform! Die Schwester eines Sultans als Frau eines Hamburger Kaufmanns im ausgehenden 19. Jahrhundert! Wenn das keine außergewöhnlichen Themen sind! Gleichwohl wird der zonebattler sicherheitshalber seinen Videorecorder mitlaufen lassen, denn er selbst neigt zur späten Stunde dazu, auf seinem Sofa auch dann wegzudösen, wenn das Programm eigentlich seine volle Aufmerksamkeit verdient hätte...
Süßer und scharfer Senf: