Montag, 21. Mai 2007
Den heißeren Teil des gestrigen »internationalen Museumstages« verbrachten wir im Nürnberger Museum Industriekultur, woselbst mich zwei Sonderausstellungen (Die Maschinen Leonardo da Vincis, Geschichte der Videospiele) besonders reizten. Die umfangreiche Motorradsammlung (Zweiräder aus hiesiger Produktion) habe ich eher beiläufig passiert, am bewegendsten fand ich letztlich im Untergeschoß die Dokumentation über das ehemalige Kaufhaus Schocken am Aufseßplatz.
Neben der hilflosen Wut, die einen immer wieder überkommt, wenn man die Zeitzeugenberichte aus der Zeit der braunen Barbarei liest, empfand ich Hochachtung vor der inneren Haltung der Gebrüder Schocken, die sich sehr um die Weiterbildung und Förderung ihres Personals bemühten, z.B. durch regelmäßige Buchgaben nach eigener Wahl der Beschenkten. Die folgenden Auszüge aus der Schocken-Hauszeitung von 1926 (!) sollten sich viele Gewerbetreibende heutzutage hinter den Spiegel stecken:
Fünfzehn Leitsätze für das Verkaufspersonal der Kaufhäuser Schocken
|
-
Der Beruf des Verkäufers ... setzt Lebensklugheit und ein großes Verständnis für Menschen und menschliche Bedürfnisse voraus.
-
Der gute Verkäufer lobt seine Ware weniger, als er verantworten kann. Das Geschäft hat einen neuen Kunden geworben, wenn der Käufer später sagt: »Die Ware ist besser als ich erwartet habe«.
-
Die Warenkenntnis und Berufserfahrung des Verkäufers ... sind am besten angewandt, wenn sie den Käufer in die Voraussetzungen für die Beurteilung einer Ware auf ihren Gebrauchswert einführen. Nur wer Geringes oder Fragwürdiges bietet, hat Grund, die Sachkenntnis des Käufers zu scheuen.
-
Der gute Verkäufer wird stets freundlich und sachlich sein. In einer Umgebung, die von einer unaufdringlichen, ruhigen Gefälligkeit und einer allgemeinen Freudigkeit im Dienst bestimmt wird, fühlt sich jeder Käufer und mit ihm jeder Verkäufer wohl.
-
Der Verkäufer soll niemanden bevorzugen. ... Der treue Kunde mit kleinem Bedarf ist wichtiger als der einmalige Käufer großer Stücke.
-
Wünsche und Vorschläge des Käufers sind immer aufschlußreich. Der Verkäufer nehme sie höflich auf und melde sie dem Abteilungsleiter für die Geschäftsführung. Beschwerden behandle er mit freundlicher Ruhe. Eine gute Antwort ... ist die beste Werbearbeit, und manche Beschwerde hat wertvolle Verbesserung angeregt.
-
Der Gebrauchswert einer Ware ist oft nur durch den Gebrauch selbst zu erfahren. Der Verkäufer ... wird Kunden anregen, ihm über die Erfahrungen im Gebrauch zu berichten. ... Besonders aber wird er günstige und ungünstige Erfahrung zur Kenntnis der Stellen bringen, die sie für die zukünftigen Einkaufsentschließungen brauchen.
|
Derlei, meine Herrschaften, gehört dick unterstrichen und eingerahmt: Würde und Anstand waren für diese Unternehmer eine Selbstverständlichkeit. Geholfen hat es ihnen freilich nichts, als wenig später die würde- und anstandslosen Horden mit der braunen Scheiße im Hirn den Lauf der Dinge bestimmten...
Samstag, 19. Mai 2007
Bekannte waren verblüfft ob meiner Unwilligkeit, micht heute in Nürnberg durch die dortige Blaue Nacht treiben zu lassen. Wir wissen freilich aus eigener Erfahrung, daß das eher ein rechtes Geschiebe ist, und Massenauftriebe sind uns sowieso eher ein Greuel denn eine rechte Freude. Also folgten wir des Nachmittags einer alternativen Anregung des geschätzten Herrn Grabenkenner und flanierten durch den Südstadtpark zum Jubiläumsfest der Anlage 4 des Gartenbauvereins 1897 e.V. ...
Nun hatten wir ursprünglich nicht wirklich vorgehabt, den halben Tag dort zuzubringen, aber dieses große Fest der kleinen Leute war reich an unerwartet intensiven Begegnungen: Ein ausgeschilderter Rundweg durch die Kolonie führte an zahlreichen offenen Gartentüren entlang, hinter denen die freundlichen PächterInnen mit selbstgemachten Spezialitäten die Neugierigen empfingen und bewirteten.
Russischer Borschtsch mit Teigtaschen, prickelnd-frische Waldmeister-Bowle, Schnapstorte, Zwiebelkuchen zu selbstgekeltertem Rotwein (rumänische Traube auf fränkischer Scholle) und allerlei weitere Leckereien mehr fanden den direkten Weg in des zonebattler’s wachsende Wampe. Am nachhaltigsten aber werden uns aber die langen Gespräche mit den gastfreundlichen Leuten dort in Erinnerung bleiben, deren Weltbild mit dem unseren überaus gut harmoniert: Freude an den einfachen Dingen, naturnah statt naturentfremdet, bescheiden statt maßlos.
Andere berichten stolz davon, wenn sie derlei kathartische Erlebnisse zufällig im Urlaub am anderen Ende der Welt hatten. Unsereins muß nur eine Viertelstunde spazieren gehen, um zu einer Gemeinschaft erdnaher Philosophen zu finden. Gut so. Vielleicht sollte ich dem Herrn Gernstl mal einen Tipp geben...
Samstag, 12. Mai 2007
Letzten Mittwoch schnippelte mir die Hautärztin ein Basaliom aus der Backe. Heute ziehe ich mir das Verbandspflaster von der ziehenden Wange und bin perplex: So wie es aussieht (bzw. ich aussehe), kann ich als Pirat reüssieren! Mit drei Stichen ist die Wunde zugeschnürt, und wenn ich so auf die Straße gehe, rennt alles in Panik auseinander! Zum Glück war ich selbst auf das eigene Spiegelbild halbwegs vorbereitet...
Bin mal gespannt, ob und wie sich das verwächst. Womöglich schaue ich für den Rest meines Lebens aus wie ein schlagender (resp. geschlagener) Burschenschafter... Ein dokumentarisches Foto vom aktuellen Zustand meiner linken Gesichtshälfte erspare ich aber meiner feinfühligen LeserInnenschaft (und mir selbst).
Montag, 7. Mai 2007
Nachdem sich der glückliche Gewinner meines jüngsten Monatsrätsels bislang leider immer noch nicht zu einer definitiven Terminzusage hat durchringen können, reiße ich jetzt die Initiative an mich und rufe zu einem Stehempfang auf am morgigen Dienstag, den 8. Mai. Da wird nicht kapituliert, sondern sich unter Freunden die Hände geschüttelt und kollektiv Pizza gegessen, und zwar hier und wie schon beim letzten Mal nach’ dem Krieg um sechse. Will sagen, um 18:00 Uhr. Kommen können alle, die mögen. Den zonebattler sein Zeugs zu lesen ist keine Bedingung zum Mitmachen, auch wenn es ihm natürlich schmeicheln täte. Dann also bis morgen?!
P.S.: Wenn mein Herr Preisträger dann nicht da ist, kriegt er seinen schönen Gewinn natürlich trotzdem ausgehändigt, aber halt ein andermal...
Dienstag, 1. Mai 2007
Feiertag + Sonnenschein = Familienausflug, so dürfte die Gleichung wohl für die meisten meiner LeserInnen heute aufgehen. Nur eine radikale Minderheit kauert vor den Bildschirmen und fiebert meinem monatlichen Fürth-Bilderrätsel entgegen, zumal es bei diesem zum 1. Mai wie angekündigt einen ganz besonders wertvollen Preis zu gewinnen gibt.
Aber Ihr müßt Euch noch ein wenig gedulden, denn in meiner niederträchtigen Heimtücke starte ich das Rätsel erst dann, wenn ich Euch mehrheitlich auf den Fahrrädern oder im Biergarten wähne: Stubenhocker aller Länder, nutzt Eure Chance!
Sonntag, 29. April 2007
Freitag, 27. April 2007
Donnerstag, 26. April 2007
Heute abend die halbe Liegeradflotte ausgewintert und eine erste Patrouillenfahrt um die Stadt unternommen, vom Logenhaus im großen Bogen bis hin zur Kleinen Mainau und ihrem zwecks Neubau frisch abgerissenen Brunnen-Pavillon. Diversen Bekannten begegnet, dem Herrn JollyJudge in vollem Radrenn-Ornat (und in voller Fahrt) inklusive. Rückwärts heimatnah den Abend bei Bekannten spontan beschlossen, bei gutem Essen und gutem Trunke. O Leben, o Fürth! Aber wann arbeite ich nur den im großen Salon stetig wachsenden Medienstapel ab? Von elf bis nach Mitternacht? Da döse ich nach 10 Minuten selig weg...
Mittwoch, 25. April 2007
Am Garten vorhin einen für die DB als angemieteter Dienstleister tätigen Lokführer der Pressnitztalbahn gelobt, der, von seinem blauen Bock herabsteigend und Feierabend machend, seine Brotzeit-Verpackungsabfälle in der Hand hielt, um diese um unseren Garten herum bis zum städtischen Abfalleimer zu tragen (statt sie wie manch’ andere seiner Zunft an Ort und Stelle einfach fallen zu lassen). Er schien darob überrascht, hielt sein Tun für nichts weniger als selbstverständlich.
Braver Mann. Sofern er hier immer noch Dienst tut, wenn die Erdbeeren reif sind, kriegt er einen feinen Nachtisch kredenzt!
Dienstag, 24. April 2007
Aus dem diagonal gegenüberliegenden Büro eines an sich netten Kollegen (asnK) klingt Beethovens 3. Symphonie herüber (die »Eroica«), sich höchst unvorteilhaft mit den eigenen Lautsprecher-Ergüssen (Lautensonaten von Silvius Leopold Weiss) mischend und mich in meiner Konzentration auf das Geschäftliche empfindlich störend. Ich tappe also rüber und raunze in den Türrahmen:
zonebattler
Ich werde nie begreifen, wie man Beethovens Symphonien und Klavierkonzerte nebenher bei der Arbeit hören kann: Die sind doch viel zu hirnergreifend, als das man nebenher was arbeiten könnte!
asnK
?
zonebattler
(tappt zurück)
asnK
(ruft hinterher) Spricht das jetzt für mich?
zonebattler
(ruft zurück) Nein. Für Beethoven! (Schließt seine Tür und werkelt weiter)
Sonntag, 22. April 2007
Freitag, 20. April 2007
Bei der verehrten Kollegin nachtschwester gefunden: Ein Verweis auf das neue Blog flegeljahre einer königin. Wunderschöne Texte, hingehen, lesen, seufzen, lachen!
Süßer und scharfer Senf: