Zum Inhalt springen


zonebattler's homezone 2.1 - Merkwürdiges aus Fürth und der Welt


Sonntag, 17. Oktober 2010

Rei­se ins Re­vier (3)

Nach dem Auf­wa­chen auf dem – wie es ein smar­ter Mak­ler sehr tref­fend aus­drücken wür­de – äu­ßerst ver­kehrs­gün­stig ge­le­ge­nen Wohn­mo­bil-Stell­platz be­sich­tig­ten wir (nur ei­ne ob­li­ga­to­ri­sche Kat­zen­wä­sche und ein wie üb­lich am­bu­lant ein­ge­nom­me­nes Früh­stück spä­ter) den Ober­hau­se­ner Ga­so­me­ter. Als in der Tat sehr ein­drucks­voll er­wies sich das In­ne­re des gi­gan­ti­schen Hohl­kör­pers, ins­be­son­de­re aber auch die ak­tu­el­le Aus­stel­lung »Stern­stun­den – Wun­der des Son­nen­sy­stems«, die noch bis zum En­de des lau­fen­den Jah­res be­wun­dert wer­den kann. Die über­gro­ßen Fo­tos, die aus­la­den­den Pla­ne­ten­mo­del­le und ins­be­son­de­re das nach­ge­ra­de rie­si­ge Mond­mo­dell loh­nen ei­nen Ab­ste­cher in die dicke Röh­re al­le­mal!

Aus den Tie­fen des Alls resp. des ehe­ma­li­gen Gas­be­häl­ters wie­der ans Ta­ges­licht zu­rück­ge­kehrt, mach­ten wir in­ter­es­se­hal­ber ei­nen Rund­gang durch das na­he­ge­le­ge­ne Cen­trO, dem laut Ei­gen­wer­bung »größ­ten Shop­ping- und Frei­zeit­zen­trum Eu­ro­pas«. Na ja, es gibt dort wie hier und über­all sonst im We­sent­li­chen die glei­chen Ket­ten­lä­den, ei­ne Freß­ro­tun­de ei­nen Food Court und die heut­zu­ta­ge üb­li­che Shop­ping-Cen­ter-Ar­chi­tek­tur. Der zone­batt­ler ließ sich letzt­lich von der all­ge­mei­nen Kon­sum-Stim­mung um ihn her­um an­stecken und zück­te ver­zückt sei­ne Geld­bör­se... [1]

Über dem Kauf­rausch war es Nach­mit­tag ge­wor­den, dar­um galt es, hur­tig auf die Au­to­bahn zu flit­zen und sich vom sanft säu­seln­den Han­dy in die quir­li­ge In­nen­stadt Düs­sel­dorfs lot­sen zu las­sen. In der dor­ti­gen Kunst­samm­lung NRW (K20 am Grab­beplatz) tra­fen wir uns zu­nächst mit ei­nem uns bis da­to nur vir­tu­ell be­kann­ten Blog­ger-Kol­le­gen zu ei­nem höchst an­re­gen­den Plausch. Dann mee­te­ten & gree­te­ten wir noch ei­ne lie­be (Fast-)Nachbarin aus Fürth, welch­sel­be in wacke­rer, ge­dul­dig er­tra­ge­ner Pend­ler-Exi­stenz in je­nem be­rühm­ten Kunst-Tem­pel ihr werk­täg­li­ches Ein- und Aus­kom­men fin­det...

In­des wa­ren wir ja nicht nur zum Schä­kern und sich Be­schnup­pern nach Düs­sel­dorf ge­kom­men, nein, es war­te­te am Abend ein re­spek­ta­bler Kunst­ma­ra­thon auf uns in Form der vie­len zeit­gleich statt­fin­den­den Ver­nis­sa­gen zur Qua­dri­en­na­le 2010! Wir guck­ten und scho­ben uns bis spät in die mil­de Nacht durch die frisch er­öff­ne­ten Aus­stel­lun­gen »Jo­seph Beu­ys. Par­al­lel­pro­zes­se« (K20), »Nam Ju­ne Pa­ik« (mu­se­um kunst pa­last) und »Der Ro­te Bul­li. Ste­phen Shore und die Neue Düs­sel­dor­fer Fo­to­gra­fie« (NRW-Fo­rum), bis wir dann end­lich er­mat­tet quer durch die Stadt (er­neut vom Han­dy si­cher ge­lei­tet) in Rich­tung Aus­stel­lung Nr. 4 (K21 Stän­de­haus) tapp­ten, wo­selbst die eben­so ab­seits wie ko­sten­frei ge­park­te Renn­gur­ke un­se­rer harr­te. Schön war die Kunst, schön war die Nacht, schön zeig­te sich auch die bunt il­lu­mi­nier­te Sky­line des Dor­fes an der Düs­sel:

Düsseldorf bei Nacht

Erst nach Mit­ter­nacht lie­fen wir wie­der in Ober­hau­sen ein, wo wir di­rekt am Fu­ße des Ga­so­me­ters ei­ne Wa­gen­burg bil­de­ten und uns zur (dies­mal ge­büh­ren­frei­en) Ru­he nie­der­leg­ten...

Am Tag Nr. 8 un­se­rer Ex­pe­di­ti­on wa­ren wir schon lan­ge vor der er­neu­ten Öff­nung des dicken Wahr­zei­chens von Ober­hau­sen wie­der wach und rei­se­be­reit. Wir tucker­ten los in Rich­tung Es­sen, wo­selbst wir schon wie­der ei­ne Ver­ab­re­dung hat­ten: Am Ran­de der welt­be­rühm­ten Ze­che Zoll­ver­ein woll­ten wir uns mit ei­nem mei­ner flei­ßi­gen Home­page-Zu­trä­ger tref­fen, der uns – als Ein­hei­mi­scher be­stens orts- und kul­tur­kun­dig – die um­fang­rei­chen Ein­rich­tun­gen der rie­si­gen still­ge­leg­ten An­la­ge zei­gen und er­läu­tern woll­te. Es wur­de ein lan­ger, lehr­rei­cher und bun­ter Tag...

Förderturm der Zeche Zollverein
 
Detail der Kokerei
 
abgesperrtes Werksgebäude

In sei­nem Hang zum Skur­ri­len und Bi­zar­ren fiel dem zone­batt­ler so man­ches De­tail auf. Un­ter an­de­rem kam ihm die­ser höchst ei­gen­ar­ti­ge Mast­schmuck vor die Lin­se:

mustergültiges Exempel von Strickgraffiti

Zu­nächst konn­ten wir uns kei­nen Reim auf je­nes eben­so ge­lun­ge­ne wie selt­sa­me Woll-Ob­jekt ma­chen. Ein Blick auf den an­ge­knüpf­ten Bei­pack­zet­tel klär­te uns je­doch schnell auf: »Strick­graf­fi­ti soll den öf­fent­li­chen Raum et­was bun­ter ma­chen und be­schä­digt nichts.« Wenn das kein Bei­spiel für vor­bild­haft bür­ger­li­ches En­ga­ge­ment ist!

Nach­dem wir uns am spä­ten Nach­mit­tag von un­se­rem mul­ti­ta­len­tier­ten Füh­rer-Freund ver­ab­schie­det hat­ten, fuh­ren wir wei­ter in Rich­tung Sü­den, nah­men un­ter­wegs Be­triebs­stof­fe für Mensch und Ma­schi­ne auf und be­gan­nen mit der Su­che nach ei­nem Plätz­chen für die Nacht. Dies ge­stal­te­te sich dies­mal als un­er­war­tet schwie­rig, es woll­te sich par­tout kein ge­eig­ne­ter Ort er­spä­hen las­sen. Nach lan­ger Odys­see – es war in­zwi­schen schon dun­kel ge­wor­den – be­zo­gen wir end­lich pro­vi­so­risch Po­sten auf ei­nem Be­su­cher-Park­platz am Nord­ost-Ufer des Bal­de­ney­se­es.

Was sich letzt­lich als gu­te Wahl ent­pupp­te: Im Grun­de soll­te man sich in Bal­lungs­räu­men oh­ne­hin von der Idee ver­ab­schie­den, ei­nen Schlaf­platz »im Grü­nen« aus­fin­dig ma­chen zu kön­nen. Mit­ten drin im ur­ba­nen Ge­tüm­mel fin­den sich noch am ehe­sten leid­lich ab­ge­le­ge­ne Ecken an Fried­hö­fen, Su­per­märk­ten oder Fa­bri­ken, wo sich des Nachts kaum ein Mensch hin­ver­irrt. Und wenn doch mal ei­ner sei­nen Vier­bei­ner Gas­si führt, dann gucken bei­de meist dis­kret zu Sei­te. So je­den­falls un­se­re Er­fah­rung; die ech­ten Schur­ken schla­gen am helll­lich­ten Ta­ge zu...

Der neun­te Tag un­se­rer Rei­se war er­stens ein Sonn­tag und mach­te zwei­tens sei­nem Na­men we­nig Eh­re: Es reg­ne­te mehr oder we­ni­ger fast den gan­zen Tag über. Das scher­te (schor?) uns frei­lich we­nig, denn wir hat­ten oh­ne­hin ein eher in­häu­si­ges Be­sich­ti­gungs­pro­gramm zu ab­sol­vie­ren. Die er­ste Sta­ti­on (die uns schon fast ei­nen hal­ben Tag ko­ste­te) war die ober­halb des Bal­de­ney­se­es thro­nen­de Vil­la Hü­gel, die bis 1945 das re­prä­sen­ta­ti­ve Re­fu­gi­um der In­du­stri­el­len-Fa­mi­lie Krupp ge­we­sen war:

fauchender Löwe aus Stein, die Villa Hügel bewachend

Die in der Vil­la ge­zeig­te Dau­er­aus­stel­lung zur Ge­schich­te von Fa­mi­lie und Fa­brik wür­digt ei­ner­seits die gro­ßen tech­ni­schen Lei­stun­gen des von der klei­nen Klit­sche zum Welt­kon­zern ge­wach­se­nen Un­ter­neh­mens, do­ku­men­tiert aber auch die schick­sal­haf­te Ver­strickung mit dem NS-Re­gime, das oh­ne den »Krupp­stahl« schwer­lich hät­te Krieg füh­ren kön­nen...

Nach Ver­ab­fol­gung die­ser üp­pi­gen Do­sis Zeit­ge­schich­te mach­ten wir uns wie­der auf in Rich­tung In­nen­stadt, um die zwei­te Ta­ges­hälf­te im Mu­se­um Folk­wang zu ver­brin­gen. Da­nach wa­ren wir platt bzw. voll, aber es reich­te doch noch für ei­ne schnel­le Um­run­dung des Aal­to-Thea­ters zu Fuß, um nach der be­reits im April er­folg­ten Be­sich­ti­gung des Wolfs­bur­ger Kul­tur­hau­ses je­nem Bau ein zwei­tes Werk des fin­ni­schen Ar­chi­tek­ten ver­gleichs­hal­ber hin­zu­zu­ge­sel­len. Und weil sich der Marsch an der fri­schen Luft als be­le­bend er­wies, ha­ben wir dann auch noch ‑zu­min­dest von au­ßen – die präch­ti­ge Al­te Syn­ago­ge in­spi­ziert.

Nach so viel Es­sen für die Au­gen war die Zeit zum Es­sen für den Ma­gen ge­kom­men, welch­sel­bi­ges wir wie­der an den Ge­sta­den des Bal­de­ney­se­es ein­nah­men, an sei­nem nord­west­li­chen Zip­fel un­ter­halb der Vil­la Hü­gel. Mit ei­nem nächt­li­chen Spa­zier­gang (es reg­ne­te mitt­ler­wei­le nicht mehr) zum in der Fer­ne er­ahn­ten Stau­wehr run­de­te sich der Tag: Drei Vier­tel der Rei­se ins Un­be­kann­te konn­ten nun­mehr als er­folg­reich ab­sol­viert gel­ten. Zum letz­ten Vier­tel bre­chen wir in der näch­sten Fol­ge auf!

 
[1] Aus­ga­ben­rech­nung: EUR 2,40 (Piz­za­stück) + EUR 0,40 (Klo­frau) = EUR 2,80 To­tal

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Sonntag, 19. September 2010

Zei­chen der Zeit

Heu­te ha­be ich mich zum er­sten Mal seit Jah­ren wie­der mit ei­ner Arm­band­uhr ins öf­fent­li­che Le­ben be­ge­ben, na­ment­lich in die Kunst­hal­le Würth zu Schwä­bisch Hall. Und was soll ich sa­gen? Ob­wohl die ei­gent­li­chen At­trak­tio­nen an den Wän­den hin­gen (To­my Un­ge­rer hier, Chri­sto und Jean­ne-Clau­de da), guck­ten die Be­su­che­rIn­nen rei­hen­wei­se nach mir und mei­nem schwer­me­tal­le­nen Zeit­mes­ser am Hand­ge­lenk, die Män­ner schein­bar an­er­ken­nend bis nei­disch, die Frau­en ko­ket­tiernd bis flir­tend. Al­ler­hand! Selbst wenn es sich um das le­gen­dä­re Ori­gi­nal und nicht um ei­nen lo­go- und na­men­lo­sen Nach­bau ei­nes ro­bu­sten Klas­si­kers ge­han­delt hät­te, ich hät­te nie und nim­mer ge­dacht, daß 104 Gramm Fein­me­cha­nik am Arm sol­che Wir­kung ent­fal­ten kön­nen. Wer weiß, wo ich heu­te wä­re, wenn ich mein Dut­zend Arm­band­uh­ren nicht seit Jah­ren in der Schub­la­de schlum­mern lie­ße!

P.S.: Nein, ich hat­te kei­ne Nu­del im Ge­sicht und auch kein Loch im Kit­tel, ich ha­be mich selbst­re­dend (und selbst­kri­tisch) da­von über­zeugt...

Sonntag, 29. August 2010

Pfef­fer und Palz, Gott erhalt’s!

Würzgelegenheiten im Museums-Café der Schirn Kunsthalle zu Frankfurt am Main
Freitag, 27. August 2010

Be­trühbli­ches

verkorkstes Verbotsschild im Luftmuseum zu Amberg
Montag, 23. August 2010

Tee-Stun­de

TEE-Triebkopf der Baureihe 602 im DB Museum Nürnberg
Samstag, 21. August 2010

Druckerzeug­nis

Plastik aus prall aufgepumpten Gummischläuchen im Luftmuseum zu Amberg

Für die hier vorgesehene(n) Abbildung(en) konn­ten nicht al­le even­tu­ell tan­gier­ten Li­zenz- und/oder Ur­he­ber­rechts­fra­gen mit letz­ter Ge­wiß­heit ge­klärt wer­den, wes­halb auf ei­ne kennt­li­che Dar­stel­lung lei­der ver­zich­tet wer­den muß.

Samstag, 10. Juli 2010

Ro­bo­ter-Bal­lett

Im Neu­en Mu­se­um Nürn­berg gibt es der­zeit ei­ne Aus­stel­lung mit an­thro­po­mor­phen Skulp­tu­ren des Köl­ner Künst­lers Joa­chim Ban­dau. Bei ei­nem Künst­ler­ge­spräch am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag räum­te Ban­dau frei­mü­tig ein, mit sei­nen vor über 40 Jah­ren (!) ent­stan­de­nen Ar­bei­ten heu­te gar nicht mehr so­viel an­fan­gen zu kön­nen, doch ver­mö­gen die zeit­los wir­ken­den, über­wie­gend aus Pup­pen­be­stand­tei­len kon­stru­ier­ten Pla­sti­ken den Be­trach­ter noch im­mer zu be­gei­stern. Das lang­sam-laut­lo­se Bal­lett der sich in­ner­halb ei­ner durch ein Blei­band mar­kier­ten »Tanz­flä­che« elek­tro­mo­to­risch be­we­gen­den »Gru­si­ni­schen Tän­zer« (zu se­hen im zwei­ten Bild) lädt zum län­ge­ren Be­trach­ten ein und ist nicht oh­ne amü­san­te No­te (wenn ei­ne der rol­len­den Skulp­tu­ren an der Be­gren­zung hilf­los hän­gen­bleibt oder gar zu ent­kom­men droht und dann von ei­ner be­hand­schuh­ten Auf­sichts­per­son wie­der mit sanf­ter Ge­walt in das vor­ge­se­he­ne Are­al zu­rück­bug­siert wer­den muß)...

Joachim Bandau im Neuen Museum Nürnberg
 
Joachim Bandau im Neuen Museum Nürnberg
 
Joachim Bandau im Neuen Museum Nürnberg
 
Joachim Bandau im Neuen Museum Nürnberg

Für die hier vorgesehene(n) Abbildung(en) konn­ten nicht al­le even­tu­ell tan­gier­ten Li­zenz- und/oder Ur­he­ber­rechts­fra­gen mit letz­ter Ge­wiß­heit ge­klärt wer­den, wes­halb auf ei­ne kennt­li­che Dar­stel­lung lei­der ver­zich­tet wer­den muß.

Die Aus­stel­lung »Gru­si­ni­sche Tän­zer« läuft noch bis zum 1. Aug. 2010.

Mittwoch, 23. Juni 2010

Kar­rie­re­sprung (2)

Kaum sind die Stadt(ver)führungen ab­sol­viert, da ste­hen auch schon die näch­sten Ein­sät­ze als Füh­rungs­kraft vor der Tür: Die Aus­stel­lung »Steam and Steel / Die letz­ten Dampf­lo­ko­mo­ti­ven der USA« mit un­glaub­lich auf­wen­dig in­sze­nier­ten Fo­tos des ame­ri­ka­ni­schen Fo­to­gra­fen O. Win­s­ton Link wird am kom­men­den Frei­tag in der kunst ga­le­rie fürth er­öff­net. An ins­ge­samt vier Sonn­ta­gen (Ter­mi­ne sie­he Fly­er) wird der zone­batt­ler durch die Aus­stel­lung füh­ren. Puf­fer­küs­ser sei­en aber vor­ge­warnt: Hier geht es we­ni­ger um tech­ni­sches Fach­sim­peln als um die Ana­ly­se gran­dio­ser Bild­äs­the­tik!

Dienstag, 27. April 2010

Rei­sen ins Licht (2)

In Be­glei­tung ei­ner hal­ben Hun­dert­schaft an­de­rer Se­nio­ren Kunst­in­ter­es­sier­ter so­wie sei­ner bes­se­ren Hälf­te als Nest­häk­chen un­ter­nahm der zone­batt­ler am letz­ten Wo­chen­en­de ei­ne von der hie­si­gen Mu­se­ums­in­i­ti­ta­ti­ve or­ga­ni­sier­te Bus­rei­se ins fer­ne Wolfs­burg. Er­ste Sta­ti­on der auch in grup­pen­dy­na­mi­scher Hin­sicht span­nen­den Ex­pe­di­ti­on war das in Pri­vat­be­sitz be­find­li­che Schloß Der­ne­burg, des­sen be­tuch­ter Haus­herr sei­ne Lei­den­schaft für mo­der­ne Kunst pla­stisch zu de­mon­strie­ren weiß:

Skulptur im Garten von Schloß Derneburg

Der Na­me je­nes sehr po­ten­ten ame­ri­ka­ni­schen Geld­jon­gleurs und Wel­ten­bür­gers sei hier dis­kret ver­schwie­gen, ver­dank­te es die Rei­se­grup­pe doch sei­ner Ge­ne­ro­si­tät, daß sie in Be­glei­tung sei­ner ir­di­schen deut­schen Statt­hal­te­rin das in Re­stau­rie­rung be­find­li­che Ge­mäu­er nebst be­stens be­stück­ter Bi­blio­thek und son­sti­gen In­ne­rei­en aus­gie­big be­sich­ti­gen und ge­büh­rend be­stau­nen konn­te.

Die Kunst im Griff ha­bend und gleich­zei­tig von der Kunst er­grif­fen zeig­te sich auch der kun­di­ge Ku­ra­tor un­se­res Nürn­ber­ger Mu­sen-Tem­pels und Fast-Nach­bar des hier rap­por­tie­ren­den Be­richt­erstat­ters. Den an­däch­tig lau­schend Ver­har­ren­den von hin­ten fest­zu­hal­ten war in­des kei­ne gro­ße Kunst:

die Hände des Kurators

An­ge­sichts des ge­trie­be­nen Auf­wan­des zur In­stand­set­zung des al­ten Ge­mäu­ers und der Be­deu­tung der spä­ter dort be­hei­ma­te­ten Kunst­samm­lung war wohl manch ei­ner über­rascht ob der Aus­sa­ge, daß da­für kei­ner­lei öf­fent­li­che Mit­tel in An­spruch ge­nom­men wur­den und wer­den. Je nun, wer hat, der hat! Und wer viel hat und da­von auch der Öf­fent­lich­keit et­was zu­rück­gibt, hat sich al­le Ach­tung red­lich ver­dient...

Gleich ne­ben dem Schloß steht üb­ri­gens ein Ate­lier­haus, wel­ches sich der Vor­be­sit­zer Ge­org Base­litz er­rich­ten ließ. Dort drin­nen spuk­ten ne­ben dem Geist des (durch­aus noch le­ben­den) be­rühm­ten Bild­hau­ers di­ver­se an­de­re sche­men­haf­te Ge­stal­ten her­um:

im ehemaligen Atelierhaus von Georg Baselitz

Nach dem Ge­nuß von ge­reich­tem Ge­bäck und Ge­trän­ken und ei­nem an­schlie­ßen­den Ver­dau­ungs­spa­zier­gang zu den ar­chi­tek­to­ni­schen Schman­kerln im an­gren­zen­den Wald ging es wei­ter zum Schloß Es­sen­ro­de, wel­ches wir mit nur ge­rin­ger Ver­spä­tung er­reich­ten. Des­sen warm­her­zi­ge Haus­her­rin ge­währ­te uns ei­nen in­ter­es­san­ten Ein­blick in die Hi­sto­rie des ba­rocken Hau­ses und in die Tücken der Be­wirt­schaf­tung ei­nes der­ar­ti­gen Be­sit­zes. Im­mer­hin, man hat sich mit Acker­bau und Pfer­de­zucht bis in die Ge­gen­wart zu be­haup­ten ge­wußt. Schwein ge­habt!

stubenreines Hausschwein auf Schloß Essenrode

Ei­gen­tum ver­pflich­tet ja be­kannt­lich, und im Fal­le denk­mal­ge­schütz­ter Ge­mäu­er grö­ße­ren Ka­li­bers ist die­se Her­aus­for­de­rung ge­ra­de­zu mit Hän­den zu grei­fen: Der Er­halt von Haus und Hof er­for­dert nicht nur fi­nan­zi­el­len Ein­satz, son­dern auch gro­ße Hin­ga­be und frag­los auch Dis­zi­plin. Kei­ne klei­ne Auf­ga­be, aber doch ei­ne, die ih­ren Lohn in sich trägt. Bei Tee, Kaf­fee und Ku­chen klang die Stipp­vi­si­te be­schau­lich aus.

Fenstergucker im Schloß Essenrode

Von Es­sen­ro­de aus war es bis Wolfs­burg nur­mehr ein bes­se­rer Kat­zen­sprung. Nach dem Ein­checken ins Ho­tel stand der Abend zur frei­en Ver­fü­gung, was der zone­batt­ler und sei­ne Be­ge­lei­te­rin zu ei­nem aus­gie­bi­gen Fuß­marsch durch die ehe­ma­li­ge Stadt des KdF-Wa­gens bei Fal­lers­le­ben nutz­ten.

Wer aus Fürth kommt und dem­zu­fol­ge ar­chi­tek­to­nisch doch ei­ni­ger­ma­ßen ver­wöhnt ist, der kann der ziem­lich ge­sichts­lo­sen An­häu­fung von bunt zu­sam­men­ge­wür­felt er­schei­nen­den Be­ton­bau­ten in der zu­gi­gen und maß­los wei­ten Fuß­gän­ger­zo­ne nur we­nig ab­ge­win­nen, von re­gel­be­stä­ti­gen­den Aus­nah­men ab­ge­se­hen, von de­nen spä­ter noch die Re­de sein soll. Der abend­li­che In­spek­ti­ons­gang führ­te uns bis in die »Au­to­stadt«, ei­ner Art Dis­ney­land des Volks­wa­gen­kon­zerns. Im abend­li­chen Däm­mer­licht wa­ren kaum noch Pas­san­ten un­ter­wegs, und auch die dienst­tu­en­den En­ten hat­ten zur blau­en Stun­de of­fen­bar schon Fei­er­abend...

Feierabend in der Wolfsburger Autostadt

Dem zone­batt­ler ist der dort mit im­mensem Auf­wand ge­trie­be­ne Kult ums Au­to­mo­bil ab­so­lut un­ver­ständ­lich und we­sens­fremd. Den Schlüs­sel zu sei­ner da­mals na­gel­neu­en Renn­gur­ke fern­öst­li­cher Pro­ve­ni­enz hat er wei­land aus der Hand der Che­fin ei­nes zwei­ein­halb­köp­fi­gen Fa­mi­li­en­be­trie­bes (den in Aus­bil­dung be­find­li­chen Sohn zur Hälf­te, des­sen vor der Werk­statt un­kraut­zup­fen­de Groß­mutter gar nicht ge­rech­net) in Emp­fang ge­nom­men, das er­scheint ihm im Rück­blick als al­le­mal an­ge­mes­se­ner als ein spek­ta­ku­lär in­sze­nier­tes Ab­ho­lungs-Brim­bo­ri­um mit Lich­ter­zau­ber und son­sti­gem (in den Pro­dukt­preis frag­los mit ein­kal­ku­lier­ten) Fir­le­fanz. Aber egal, der künst­li­che Frei­zeit­park rund um des mo­to­ri­sier­ten Deut­schen lieb­stes Kind war ja nur ein en pas­sant mit­ge­nom­me­nes Bett­hup­ferl und als sol­ches dann doch ver­dau­lich...

Der Fol­ge­tag be­gann mit ei­nem üp­pi­gen Sonn­tags­früh­stück (das Wolfs­bur­ger Ho­li­day Inn sei hier­mit lo­bend wei­ter­emp­foh­len), wel­ches ei­ne gu­te Grund­la­ge dar­stell­te für ei­ne sorg­fäl­tig vor­be­rei­te­te Ar­chi­tek­tur­füh­rung. Un­ter der über­aus en­ga­gier­ten und höchst sach­kun­di­gen Lei­tung ei­ner Ar­chi­tek­tin und ei­nes an­ge­hen­den sol­chen ging es in zwei Grup­pen zu­nächst zum Al­var-Aal­to-Kul­tur­haus: Äu­ßer­lich ver­mag der nun schon knapp 50 Jah­re al­te Bau des fin­ni­schen Ar­chi­tek­ten heut­zu­ta­ge nicht mehr son­der­lich zu ge­fal­len, im In­ne­ren aber ist er ei­ne Fund­gru­be wun­der­bar krea­ti­ver De­tail­lö­sun­gen. So­gar die da­mals vom Mei­ster selbst ge­stal­te­ten Lam­pen, Hocker und an­de­ren Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de sind noch weit­ge­hend er­hal­ten. Am nach­hal­tig­sten aber bleibt die raf­fi­nier­te Füh­rung des Ta­ges­lich­tes über dreh- und klapp­ba­re Wand- und Decken­ele­men­te in Er­in­ne­rung. Die da­zu­ge­hö­ri­gen Licht­ein­läs­se ver­lei­hen dem kup­fer­ver­klei­de­ten Dach ei­ne un­ver­wech­sel­ba­re To­po­gra­phie:

Dachdetail des Wolfsburger Alvar-alto-Kulturhauses

Das im An­schluß be­such­te Wis­sen­schafts­mu­se­um »phæ­no« der ira­kisch-bri­ti­schen Ar­chi­tek­tin Za­ha Ha­did stammt aus dem Jah­re 2005 und ist in ge­wis­ser Wei­se das ge­naue Ge­gen­teil des Kul­tur­hau­ses: Äu­ßer­lich spek­ta­ku­lär und wahl­wei­se an ein Raum­schiff, ei­nen Wal, ei­nen Zep­pe­lin oder ei­nen sin­ken­den Hoch­see­damp­fer er­in­nernd, prä­sen­tiert sich das rie­si­ge Ge­bäu­de aus grau­em Sicht­be­ton in sei­nem In­ne­ren eher als kan­ten­ge­glät­te­te Lu­xus-Ver­si­on ei­ner groß­räu­mi­gen La­ger­hal­le...

Nach die­sen sub­jek­ti­ven und we­nig qua­li­fi­zier­ten Ein­las­sun­gen zur zeit­ge­nös­si­schen Bau­kunst der Welt­klas­se wen­den wir uns nun end­lich dem Hö­he­punkt der Rei­se zu, dem lan­ge er­war­te­ten Be­such im Kunst­mu­se­um Wolfs­burg. Des­sen Be­hau­sung weiß in sei­ner stren­gen Ma­te­ri­al­äs­the­tik aus Glas und Me­tall durch­aus zu ge­fal­len, je­den­falls dem Schrei­ber die­ser Zei­len, der hier sei­nem Hang zur Sym­me­trie hul­di­gen und hem­mungs­los aus­le­ben konn­te:

kunstfertige Kamera-Installation am Kunstmuseum

An den Ver­zehr ei­nes Mit­tag­essens mit in­te­grier­tem Kul­tur­zu­schlag im haus­ei­ge­nen Re­stau­rant an­schlie­ßend, er­war­te­te uns nun­mehr die ti­tel­ge­ben­de Rei­se ins Licht, die Be­ge­hung der im­ma­te­ri­el­len Ar­beit »Bridget’s Bar­do« des ame­ri­ka­ni­schen Land-Art-Künst­lers Ja­mes Tur­rell. Im Ge­fol­ge des fach­lich be­schla­ge­nen Licht­künst­lers Bernd Schulz tauch­ten wir ein in ei­nen Raum aus rein­stem Licht...

Man könn­te die­ses phä­no­me­na­le Er­leb­nis schwer­lich ab-lich­ten (und dürf­te das aus ur­he­ber­recht­li­chen Grün­den lei­der oh­ne­hin nicht ma­chen, da­her muß es nach­fol­gend zur ru­di­men­tä­ren Il­lu­stra­ti­on ei­ne kru­de Per­spek­tiv­zeich­nung von ei­ge­ner Hand tun), man kann es kaum be­schrei­ben, man muß es selbst er­lebt ha­ben: Über ei­ne lan­ge Ram­pe geht es hin­ab in ei­nen rie­si­gen Raum, des­sen Wän­de zu leuch­ten schei­nen in ei­nem zy­kli­schen Wech­sel von Rot nach Blau und um­ge­kehrt. Im Wort­sin­ne nicht zu fas­sen ist die Stirn­wand der quad­er­för­mi­gen Hal­le am Fu­ße der Ram­pe, die durch ei­ne Licht­schran­ke und zwei Auf­se­her ge­si­chert wer­den muß: Die Wand ist näm­lich ei­ne dem Ge­hirn nur vor­ge­gau­kel­te, in rea­li­ter öff­net sich der Raum trom­pe­ten­gleich über Hohl­keh­len in al­le vier Rich­tun­gen. Die ei­gent­li­che Rück­wand liegt viel wei­ter hin­ten als ver­mu­tet und ist vom Be­trach­ter beim be­sten Wil­len nicht aus­zu­ma­chen.

am Ziel der Reise: Eintauchen ins reine Licht (perspektivische Prinzipzeichnung)

Au­ßer­halb des Blick­fel­des sind je­ne star­ken LED-Scheinwer­fer (sic!) po­si­tio­niert, die das kom­ple­xe Raum­ge­bil­de in­di­rekt il­lu­mi­nie­ren. Selbst mit die­sem Wis­sen im Hin­ter­kopf sieht der Be­trach­ter aber stets ei­ne far­bi­ge und durch­aus ge­gen­ständ­lich wir­ken­de Wand vor sich: De­ren per­fek­te Il­lu­si­on wä­re nur zu bre­chen, in­dem man ei­nen Ge­gen­stand hin­durch wür­fe (und den man dann auf dem ei­gent­li­chen Bo­den weit da­hin­ter zu lie­gen kom­men sä­he)...

Doch das ist nicht die ein­zi­ge Sen­sa­ti­on: Die von in­nen er­kenn­ba­ren Räu­me hin­ter dem Ein­gang oben und dem Aus­gang un­ten schei­nen in in­ten­siv kom­ple­men­tä­rem Grün oder Gelb zu leuch­ten, ob­wohl sie je­weils rein­weiß ge­stri­chen und auch neu­tral be­leuch­tet sind: Die ei­ge­ne Farb­wahr­neh­mung, der in­ne­re »Weiß­ab­gleich« wird der­ma­ßen nach­hal­tig ver­scho­ben, daß man her­nach meh­re­re Mi­nu­ten braucht, bis die ge­wohn­te Farb­wahr­neh­mung wie­der­her­ge­stellt ist. Es ist im Wort­sin­ne un­faß­bar und gleich­zei­tig un­be­schreib­lich schön: Ge­het hin und seht selbst, so lan­ge das tem­po­rä­re Werk noch be­steht und zu be­stau­nen ist!

Was da­nach noch kom­men konn­te (und muß­te), ist in­des kaum der Re­de wert: Gu­te sechs Stun­den im Bus näm­lich, die le­send, dis­ku­tie­rend oder auch dö­send ab­zu­sit­zen wa­ren. Ge­gen 22 Uhr hat­te uns die Hei­mat wie­der. Noch Ta­ge spä­ter leuch­tet es in der Er­in­ne­rung nach: Der wei­te Weg hat sich oh­ne je­den Zwei­fel und in mehr­fa­cher Hin­sicht ge­lohnt!

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Freitag, 16. April 2010

Frei­heit der Kunst

Das Neue Mu­se­um Nürn­berg fei­ert an die­sem Wo­chen­en­de sein 10-jäh­ri­ges Be­stehen mit ei­nem recht reich­hal­ti­gen Pro­gramm. Der freie Ein­tritt von heu­te bis ein­schließ­lich Sonn­tag soll­te auch Skep­ti­kern hel­fen, even­tu­el­le Be­rüh­rungs­äng­ste mit mo­der­ner Kunst zu über­win­den: Kom­met zu­hauf!

Mittwoch, 7. April 2010

Kom­merz­kunst

Noch bis zum kom­men­den Sonn­tag zeigt das Ger­ma­ni­sche Na­tio­nal­mu­se­um in der Son­der­aus­stel­lung »Pla­ka­tiv!« ei­nen Teil der äu­ßerst um­fang­rei­chen Nürn­ber­ger Pla­kat­samm­lung. Wie an je­dem Mitt­woch konn­te man auch heu­te wie­der ab 18:00 Uhr bei frei­em Ein­tritt durch das be­mer­kens­wer­te Mu­se­um schlen­dern:

in der Ausstellung 'Plakativ' des Germanischen Nationalmuseums
 
in der Ausstellung 'Plakativ' des Germanischen Nationalmuseums
 
in der Ausstellung 'Plakativ' des Germanischen Nationalmuseums
 
in der Ausstellung 'Plakativ' des Germanischen Nationalmuseums

Wer sich für Gra­fik, De­sign, Lay­out, Ge­stal­tung und Ty­po­gra­phie auch nur ei­nen Hauch in­ter­es­siert, soll­te die näch­sten Ta­ge zu ei­nem Be­such in Nürn­berg nut­zen: Man muß die gro­ßen Ori­gi­na­le se­hen, um sie an­ge­mes­sen wür­di­gen zu kön­nen!

Sonntag, 21. März 2010

Aus­sichts­bank

Himmelsbilder (fotografierte Modellinszenierungen aus Watte) von Oliver Boberg im Neuen Museum Nürnberg

Für die hier vorgesehene(n) Abbildung(en) konn­ten nicht al­le even­tu­ell tan­gier­ten Li­zenz- und/oder Ur­he­ber­rechts­fra­gen mit letz­ter Ge­wiß­heit ge­klärt wer­den, wes­halb auf ei­ne kennt­li­che Dar­stel­lung lei­der ver­zich­tet wer­den muß.

« Vorherige Seite Nächste Seite »