Samstag, 15. Juli 2006
Gerade eben sind wir nochmal zwecks Bereicherung des Speiseplanes in Richtung Marktkauf losgezogen. Als wir am Garten in die Luisen-Unterführung hinabsteigen, steht da unten ein gutes Dutzend großer Jünglinge herum, alle sehr kräftig, sehr cool, sehr schwarz. Pechschwarz. Basketballspieler oder Rapper, sowas in der Richtung. Zwei Bleichgesichter hantieren mit einem professionell aussehenden Camcorder, möchten den offenbar auf ein Stativ montieren.
Aha, denkt sich der zonebattler, sie wollen ein Harlem-Musical drehen und sind zwecks Spesendeckelung von New York nach Fürth ausgewichen. Warum auch nicht. Zu näheren Betrachtungen fehlt die indessen Zeit, der hungrige Bauch und der archaische Männergeruch [1] motivieren zum hurtigen Fortschreiten...
Weiter hinten im Tunnel steht ein älterer Mann mit seinen Einkäufen und beäugt das Treiben aus der Ferne. Sehr zuvorkommend, denke ich, er will den Jungs nicht ins Bild laufen. Aber nein, der Alte spricht uns an und fragt, ob man da nicht die Polizei rufen müsse. Warum dieses? Er habe Angst, das seien doch lauter Neger, und wir wären doch hier in Deutschland und nicht in Afrika!
Wir beruhigen den Aufgebrachten und versichern ihm, daß er die bunte Truppe unbesorgt passieren könne. Hinterher denke ich, Du bist Deutschland, der Alte ist Deutschland, und die Ebenholzfarbigen sind es nicht minder. Doch Angst vor der Mehrzahl kommt schnell auf, zumal wenn diese erstens kräftig und zweitens fremd erscheint. Von der Angst zur Ablehnung, von der Ablehnung zum Hass ist es freilich nicht weit. Ich ärgere mich im Nachhinein, dem Alten nicht noch ein paar deutlichere Worte in Sachen Toleranz mit auf den Weg gegeben zu haben...
[1] Zum Thema Sommergerüche hat der Baron unlängst Lesenswertes geschrieben.
Von der Doglady gegenüber hatte ich schon früher berichtet, heute will ich ergänzungshalber von einer Catwoman Kunde geben, die im Eckhaus nebendran wohnt und mehrmals täglich ihre ziemlich garfieldeske Katze gassihält. Hält, wohlverstanden, nicht etwa führt: Die pralle Mieze hat während des außerhäusigen Luftschnappens keinerlei Bodenkontakt, sie ruht die ganze Zeit sicher in Frauchens Armen und guckt einigermaßen verwundert in die Welt... [1]
Psychologische Deutungsversuche gibt es sonder Zahl, ein jeder verwegener als der andere. Indessen muß alles nur Spekulation bleiben, wenn man den felinen Feigling nicht befragen kann und die Halterin nicht durch diebezügliche Neugierde befremden mag. Der zonebattler ist zwar einschlägig erfahren, kann sich auf den kuriosen Fall aber auch keinen gescheiten Reim machen. Durch Beobachtung erscheint einzig gesichert, daß die Katze drinnen normal herumsitzt und nicht etwa kardanisch freischwebend im Raume aufgehängt wird!
Hat jemand aus der geneigten Leserschaft eine Idee, warum ein gestandenes Katzenvieh Angst vor aushäusiger Bodenberührung haben könnte?
[1] »verwundert« trifft es nicht wirklich (zu schwach), »ängstlich« erschiene hingegen übertrieben. Am besten wäre der Blick wohl mit dem englischen »bewildered« zu beschreiben...
Freitag, 14. Juli 2006
Am Nürnberger Hauptbahnhof und anderswo werden die Raucherzonen schrittweise zurückgenommen und die stinkenden Aschenbecher fleißig demontiert. Das hält hirnreduzierte ZeitgenossInnen freilich nicht davon ab, unverdrossen weiterhin paffend um die ehemalige Qualmstelle zu stehen und ihre Fluppen in die noch an der Wand befindliche Montagevorrichtung des verschwundenen Kippenkübels zu stopfen: Denken ist Glückssache, für benebelte bzw. verqualmte Köpfe offenbar besonders!
Mittwoch, 12. Juli 2006
...wurde mein Freund und Nachbar Stefan Günther, den ich hier in diesem Theater unter der Überschrift »Gold und Silber lieb’ ich sehr« bereits vorgestellt hatte. Ein (man kann es nicht anders nennen) höchst unehrenhafter Kunde hat bei ihm kürzlich einen recht aufwendigen Mosaiktisch in Auftrag gegeben, das fertige (und überaus gelungene Stück) dann aber ohne jede Begründung nicht abgenommen. Die Lektion ist bitter (keine Anzahlung erhalten, erhebliche Materialkosten vorgestreckt, eine Woche Arbeit für die Katz’), die Leutseligkeit und das Vertrauen in die Menschen dadurch schwer erschüttert. Wer rechnet auch mit einem plötzlichen Rückzieher, wenn der Kunde vorher so präzise Vorstellungen artikuliert? Hier ist das edle Möbel:
Das Gestell aus geschwärztem Stahl (Länge 90 cm, Breite 60 cm, Höhe 70 cm) trägt eine Mosaik-Platte aus polierten Granitstücken (blaugrau und braun), deren feine Kristallstruktur je nach Lichteinfall und Betrachtungswinkel immer wieder anders schimmert und glänzt. Der Zauber der hochgradig faszinierenden Oberfläche ist fotografisch leider nicht einmal ansatzweise einzufangen:
Na, vielleicht kann man doch ein bißchen was erahnen: Mir wäre die Oberfläche freilich fast zu schade, um hernach irgendetwas darauf abzulegen und damit das Lichterspiel zu verstecken! ;-)
Der Preis von 750 EUR mag Baumarkt-Schnäppchenjägern als unrealistisch hoch erscheinen, aber wer sich den Tisch und seine Verarbeitung aus der Nähe besieht, wird diesen Betrag allemal als angemessen empfinden. Vielleicht kann ich mit dieser Präsentation und dem Hinweis auf Stefans Website www.SymPole.de jemanden zu einem in jeder Hinsicht einmaligen Blickfänger (und meinen Nachbarn zu seinem verdienten Lohn) verhelfen: Es würde mich für beide Seiten freuen!
Ein wirklich unkomplizierter, liebenswerter und großzügiger Mann wird sich zukünftig wohl gezwungen sehen, stets auf schriftliche Beauftragung mit entsprechenden Anzahlungen zu bestehen. Wie so oft im Leben sorgen letztlich die Skrupellosen zu Lasten aller dafür, daß man mißtrauischer wird und sich gegen ihresgleichen zu schützen versucht: Nemo prudens punit, quia peccatum est, sed ne peccetur...
Samstag, 8. Juli 2006
Mit den Möhrendorfer Wasserrädern bzw. den zuständigen Traditionsbewahrern bin ich familiär verbandelt, drum radelten wir gestern von Fürth aus über Erlangen zu einem Familientreffen am Fluß, überwiegend am »neuen« Rhein-Main-Donau-Kanal entlang. Die abendliche Rückfahrt verlief trotz voller Bäuche noch einen Zacken flotter, denn schwere Wolken und drohender Gewitterregen motivierten zum schnelleren Strampeln. Nichts ist übrigens deprimierender und entwürdigender, als auf Liegerädern kräftig abgeduscht zu werden...
Das Schicksal der Durchnässung blieb uns glücklicherweise erspart, denn wir fuhren genau zwischen zwei Regenfronten: Während es Möhrendorf hinter uns ordentlich durchweichte und in Fürth schon alles vor Nässe triefte, fuhren wir selber (immer gerade an der Regenkante entlang) im Trockenen. Die Dusche von oben gönnte ich mir dann planmäßig in der heimischen Wanne.
Donnerstag, 6. Juli 2006
Mein privater Schreibtisch steht wie hinlänglich bekannt in Fürth (Bay), mein dienstlicher hingegen in Nürnberg. Beide befinden sich jeweils im 3. Stockwerk. Den Weg dazwischen lege ich werktäglich je 1x in beiden Richtungen zurück, wofür ich ohne jede Hast und Eile jeweils knappe 20 Minuten brauche: 7 Minuten Fahrzeit per Regional-Express, links wie rechts flankiert von ein paar Minuten Spaziergang zu Fuß. Wenn’s knapp ist, geht’s auch in einer Viertelstunde zu machen...
Mit diesem denkbar kurzen Dienstweg (den ich dazu noch großenteils lesend verbringen kann) weiß ich mich im Vergleich zu Kollegen, Bekannten und Freunden als geradezu unerhört privilegiert. Und ich hoffe, diesen paradiesischen Zustand noch lange genießen zu können: Nicht für 300 EUR Gehaltserhöhung würde ich signifikant längere Wegezeiten in Kauf nehmen wollen!
Darf ich die geschätze Leserschaft (sofern berufstätig) nunmehr neugierigerhalber befragen, wie’s mit dem eigenen Hin und Her zur Arbeit aussieht?
Samstag, 1. Juli 2006
Zollhausfest Erlangen: Eine Interessentin beäugt am Stande einer Anbieterin diverse gerahmte Poster. Vor einem großen Picasso-Druck mit unübersehbar großer Signatur verweilt sie etwas länger. Der zonebattler steht zufällig daneben...
Anbieterin
Des is fei ein Picasso!
Interessentin
Was kostet denn der?
zonebattler
Ein Picasso ist unbezahlbar!
Anbieterin
Ach wo, bei mir ist der erschwinglich. Und schauen’s amol den Rahmen an, der ist noch super beieinander! (Sie schiebt den Rahmen aus dunkelgrau eloxierten Alu-Profilen schurrend über den Straßenbelag in Vorführposition)
zonebattler
Wenn Sie ihn so über den Asphalt ziehen, wird er bestimmt noch besser...
Anbieterin
? (wischt mit einem Finger irritiert über die Oberkante des Rahmens)
Interessentin
(eilt davon)
zonebattler
(schreitet von hinnen)
Freitag, 30. Juni 2006
Robert Gernhardt ist heute gestorben. Nachrufe gibt es hier, da und dort.
Ob ich dem X seinen Bucherfolg neide?
Die Welt ist doch groß, sie hat Platz für uns beide.
Der nimmt mir doch nichts, diese schmierige Kröte,
außer: den Ruhm und die Fraun und die Knete. |
Die Welt verliert mehr als einen großen Meister der kleinen Nonsens-Lyrik...
Mittwoch, 28. Juni 2006
Auf dem Heimweg kam ich an einer öffentlichen Telefonsäule vorbei, -zelle kann man ja die Dinger nicht wirklich mehr nennen. Drin oder vielmehr dran stand ein fernsprechender Fernsprechteilnehmer von unzweifelhaft türkischer Herkunft und fernsprach in einer Lautstärke, als müsse er allein mit der Kraft seiner Stimme die mutmaßliche Distanz zur Gegenstelle überbrücken...
Bemerkenswert an der mir zwangsweise zugänglich gemachten Konversation war, daß aus dem ansonsten rein türkischen Wortschwall ganz klar und deutlich der Terminus »Bandscheibenvorfall« herauszuhören war! Daß es dafür ein deutsches Lehnwort braucht, ist schon sonderbar: Sind in der Türkei Rückenleiden gänzlich unbekannt, so daß man dafür kein eigenes Wort im Sprachschatz hat? Oder kennen das dort womöglich nur die Frauen?
Süßer und scharfer Senf: