Sonntag, 20. November 2005
Von der »werkstatt edda schneider naturstücke« war kürzlich schon einmal in anderem Zusammenhang die Rede. Gestern gab es dort unter dem Motto »Kultur für alle Sinne: Begegnung mit der russischen Seele« ein großes Festessen. Der sinnenfrohe zonebattler freut sich, nachfolgend über einen sehr gelungenen Abend berichten zu können...
An der gemeinsamen Vor- und Zubereitung der Speisen am Vor- und Nachmittag (unter der fachkundigen Anleitung der VHS-Dozentin Nelli Schlaht) konnten wir aus Zeitgründen leider nicht teilnehmen, und so begannen wir den Abend als zahlende Gäste mit ‑wie könnte es anders sein- Krimsekt und Kaviarschnittchen:
Schon an den Vorspeisen (Gemüsekaviar, Heringsalat »Unter dem Pelz«, Gurken, Tomaten, Wassermelonen...) hätte man sich ohne weiteres satt essen können...
Der Hauptgang bestand aus Borschtsch-Suppe und »Piroschki«, also leckeren Quark- und Hefeteigtaschen mit Pilz- bzw. Hackfleisch-/Reisfüllung:
Doch der Genuß erstreckte sich keineswegs nur auf Gaumen und Zunge, während des Essens wurde sogar ein altes russisches Märchen (auf deutsch) vorgetragen. Die folgenden musikalischen Darbietungen rissen dann nicht nur die Russen, sondern auch die Franken hin und mit!
Die Namen der aufspielenden, singenden und tanzenden Herren sind mir leider nicht mehr präsent, umso mehr aber die zauberhafte Stimmung, die selbst jugendliche Passanten vor der Schaufensterscheibe von Edda Schneiders Werkstatt zu begeistern vermochte...
Musik ist ja immer noch der beste Klebstoff zwischen den Kulturen, und die ausgelassene Stimmung half bei den vielfältigen Gesprächen zwischen den Menschen über sprachliche Barrieren hinweg. Und das ganz ohne Wodka!
Der in Fürth wohnende und arbeitende Künstler David Krugmann erzählte von seiner Zeit in Rußland bis zur Emigration nach Deutschland. Humorvoll wie er ist, deutete er erlebte Härten nur dezent an, aber es wurde deutlich, daß man es in seiner Heimat mit ganz anderen Widrigkeiten zu tun bekommen konnte (und teilweise sicher immer noch kann) als hierzulande...
Mit dem Nachtisch rundete sich der Abend. Der zonebattler bekennt freimütig, bei Banketten jedweder Art sowieso eher den süßen Aspekten zuzuneigen, und auch da hat die russische Küche einiges zu bieten. Bei den traditionellen Kringeln freilich braucht man schon ein solides Gebiß und trainierte Beißmuskeln:
Diese kleinen Dinger hier waren schon zarterer Natur, an die könnte ich mich glatt gewöhnen:
Mein klarer Favorit waren indessen die »süßen Wurstscheiben« (eine gepreßte Melange aus Keksen, Kakao, Zucker und anderen Kalorienbomben). Da kam ich vor lauter Futtern tatsächlich gar nicht zum Fotografieren.
Der Abend hatte also nicht nur im kulturellen Sinne Gehalt und Substanz, und meine Waage attestiert mir heute morgen geschlagene 1,5 kg mehr als gestern. Wollen wir mal hoffen, daß ich die genauso schnell wieder loswerde, wie ich sie gestern in mich hineingestopft habe...
Nächstes Jahr soll es bei Edda Schneider zwei Neuauflagen des Gaumenschmauses geben, einmal in griechischer Ausprägung, einmal unter italienischer Flagge. Keine Frage, bis dahin bin ich wieder in jeder Hinsicht »aufnahmebereit«!
Freitag, 18. November 2005
Ende 1995 (also vor genau 10 Jahren) zog die US Army aus der William O. Darby-Kaserne in der Fürther Südstadt ab. Auf der 42 ha großen Fläche ist inzwischen ein neuer Stadtteil entstanden, mit einer interessanten Mischung aus umgewidmeten Altbauten (teils noch aus der Kaiserzeit) und modernen Gebäuden. Ein bunter (und überdies nicht unproblematischer) Mix, der aber nicht mein heutiges Thema ist. Ich will vielmehr von einem seltsamen Bodenfund berichten, den wir eines Sonntags beim nachmittäglichen Verdauungs-Spaziergang machten.
An der Ecke Sonnenstraße / Flößaustraße (also im Nordosten des ehemaligen Militärgeländes) wurde damals die Sonnenstraße neu geschottert und zur Asphaltierung vorbereitet. Zwischen den Bruchkalksteinen glänzten metallische Scheiben, die wir schon aus einiger Entfernung zweifelsfrei als Erkennungsmarken bestimmten, wie sie von Soldaten zur eindeutigen Identifizierung im Todesfall getragen werden. Über nur wenige Quadratmeter verstreut fanden wir gut zwei Dutzend dieser Zinkblech-Dinger, sämtlich mit der Stempelung »Flg. Ers. Batl. XII« versehen und ziemlich lückenlos fortlaufend nummeriert:
Obwohl ich in solchen Sachen durchaus kein Experte war und bin, lagen einige Schlußfolgerungen auf der Hand: Erstens waren diese »fabrikneuen« Marken nie ausgegeben worden, waren also vermutlich bis zum Verstreuen durch Unbekannte (Kinder?) ungenutzt als Vorrat in einem aufgegebenen alten Schreibtisch oder Büroschrank herumgelegen. Und das zweitens sechs Jahrzehnte lang, denn da vor den Amerikanern nie Bundeswehr in der Fürther Südstadt gelegen war, mußten die deutsch beschrifteten Marken aus der Zeit des »III. Reiches« stammen:
Daheim bestätigte mir eine schnelle Internet-Recherche meine Vermutungen: Das »Flieger-Ersatz-Bataillon XII« wurde 1942 in Trier-Büren (im Luftgau XII) aufgestellt und dann Ende 1944 nach Fürth i. Bay. (Luftgau VII) verlegt. Bingo! Rätselhaft bleibt indessen die Bedeutung der zusätzlichen Prägung »ITAL.«: Ob die Marken am Ende für italienische Kriegsfreiwillige im Dienst der Deutschen Wehrmacht bestimmt waren? Vielleicht kann ja ein Leser Erhellendes dazu beitragen...
Wir hatten jedenfalls Relikte aus der Zeit der Auflösung des Nazi-Reiches vor uns, und manch’ einer kann froh sein, damals nicht mehr in letzter Minute mit so einem fragwürdigen Schmuckstück um den Hals an die Front geschickt und sinnlos geopfert worden zu sein. Die Beschäftigung mit der jüngeren Zeitgeschichte ist oft schon erschütternd genug, aber mit solch’ greifbaren Artefakten in der Hand wird die Historie noch erheblich präsenter und beklemmender...
Literaturhinweis: Deutsche Erkennungsmarken des Zweiten Weltkrieges
Samstag, 12. November 2005
Früher wurde einem zuweilen die Luftpumpe vom Fahrrad geklaut, heutzutage eher der ganze Drahtesel bis auf das angeleinte Vorderrad: Schnellspannverschlüsse sind eben auch für böse Buben eine feine Sache!
Frischer Wind und buntes Herbstlaub decken den ungesühnten Frevel bald gnädig zu:
Scheinbar weiß der rechtmäßige Besitzer mit dem traurigen Rest nichts mehr anzufangen. Als flottes Einrad wäre er aber vielleicht rasch wieder einsatzklar zu machen?
Montag, 7. November 2005
Zum Kunstgenuß muß sich der zonebattler nur wenige Schritte weit aus dem Haus bemühen: Rundherum wohnen und arbeiten Künstler als Nachbarn und Freunde. Tatsächlich sind Galerien und Ateliers in der Fürther Südstadt zahlreicher vorhanden als Handy-Läden und 1‑Euro-Shops. So soll es sein, so mag es gerne bleiben...
Gleich um die Ecke in der Herrnstraße (im ehemaligen »Tengelmann« neben dem Finanzamt) hat die »werkstatt edda schneider naturstücke« ihren Sitz. Die Chefin macht überwiegend in Collagen aus in Wald und Flur vorgefundenen Materialien, gibt Kurse und stellt nebenbei auch anderer KünstlerInnen Arbeiten aus. Überdies ist sie eine fleißige Netzwerkerin, so daß man den geräumigen Ex-Supermarkt mit einiger Berechtigung als »Kommunikations-Hauptquartier« der Nachbarschaft bezeichnen kann. Sehr anregend (zumal bei Kaffee und Kuchen) und immer spannend!
Soviel zur Einführung. Letzten Freitag nun gab es eine Ausstellungseröffnung, in welche ich auf dem Heimweg (vom gediegenen Pizza-Vertilgen) erstens unverhofft zufällig und zweitens eher spät hineinplatzte. Unter dem Titel »gefunden II« stellen derzeit neben Edda Schneider ein halbes Dutzend Frauen von den hiesigen GEDOK-Künstlerinnen (was es nicht alles gibt)aus.
Meiner einem ist das Geschlecht der SchöpferInnen wurscht, solange mir die Werke zusagen. Was mich sofort ansprach, war der Schmuck von Birgid Niedermayr:
Die kunstfertigen Halsketten aus gesandstrahltem, venezianischem Glas haben mir dermaßen gefallen, daß ich davon sofort eine eigene Galerie in meinem Bildarchiv anfertigen mußte. Am Fuße der Übersichtsseite mit den kleinen Vorschaubildern findet sich die Mail-Anschrift der Künstlerin, die sich über Anfragen und Aufträge sicher freut...
Recht ansprechend fand ich auch diverse Torso-Figurinen der Erlanger Künstlerin Hanne-Lore Limbrunner:
Übrigens heißen Gliedmaßen auf englisch limbs, ein limb runner wäre mithin einer, der auf seinen Extremitäten dahinrennt (worauf auch sonst). Witzigerweise aber entbehren Frau Limbrunners Torsi jeglicher Limbs, so daß sie mithin nicht runnen können. Man sieht an diesem Exempel, daß des zonebattler’s Hirn ständig halt- und zügellos in alle Richtungen assoziiert, was auch für ihn selbst nicht immer die reine Freude ist. Doch zurück zur Kunst. Hier sehen wir eine Arbeit Edda Schneiders über einer Statuette von Frau Limbrunner schweben:
Und hier noch eine Collage von Edda Schneider mit einer lilanen Artischocken-Blüte:
Fotografiert habe ich übrigens am Samstag Mittag, schon wegen des Tageslichtes und weil im Menschengewühl der Vernissage am Freitag natürlich nicht gut zu knipsen war. Vom Samstag stammt auch der Schnappschuß, mit dem ich den heutigen Beitrag beschließen will:
Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Die Ausstellung geht noch bis zum 26. November (werkstatt edda schneider naturstücke, Herrnstraße 71, Tel. 0173–1876593).
Samstag, 5. November 2005
Ich eröffne heute die Rubrik Begegnungen mit einer eher unerfreulichen solchen, die aber zum Glück nur telefonisch stattfand. Unter dem Strich zeigte sie mir, daß manch einer gut daran täte, die Traghöhe seiner Nase gelegentlich einmal nachzujustieren...
Nun also, es ist schon ein paar Wochen her, wir waren auf dem Heimweg von einem Picknick im Stadtpark und sahen durch ein untypischerweise weit geöffnetes Tor in einen typischen Fürther Hinterhof. So etwas findet immer unser Interesse, also gingen wir hinein und inspizierten die Szenerie. Besonders neugierig machte uns das große Hinterhaus, dessen Tür ebenfalls offenstand. Von Warn- oder Verbotsschildern war nichts zu sehen, also betraten wir das leerstehende Gemäuer und sahen uns um.
Wie so oft in Fürth handelte es sich bei dem Hinterhaus um einen alten, längst stillgelegten Fabrikationsbetrieb, was man aus dem Vorhandensein von einem Lastenaufzug, diversen Förderbändern und allerlei alten Beschriftungen unschwer schlußfolgern konnte. Von reichlich Taubenmist abgesehen, war das Gebäude im Großen und Ganzen besenrein. Umso mehr fiel eine große Leinwand auf, die mit der Bildseite an eine Stirnwand im zweiten Stock gelehnt war...
Das riesenhafte Bild (eine interessante Pigment-Komposition) trug auf der Rückseite die Signatur eines einigermaßen stadtbekannten Künstlers, dessen Name hier aber weiss Gott nichts zur Sache tut. Ohne mir einen Reim auf den Grund seines Hierseins machen zu können, wähnte ich das Bild gefährdet durch andere unangemeldete Besucher, die möglicherweise weniger lokalhistorisch interessiert als vielmehr in alkoholisierter Randaliererlaune sein könnten. Jedenfalls hielt ich es für meine Bürgerpflicht, den Schöpfer (und mutmaßlichen Eigentümer des Bildes) über die Situation in Kenntnis zu setzen, auf daß er sich um die Sicherung seines Werkes kümmern möge.
Daheim angekommen, suchte ich im Telefonbuch sogleich des Meisters Nummer heraus und griff nach dem Hörer. [Einschub: Meine bessere Hälfte riet an dieser Stelle dringend davon ab, hier weiter tätig zu werden. Als Kenner und Liebhaber von Carl Orffs »Die Kluge« hätte ich mehr als jeder andere wissen müssen, daß man(n) solche intuitiv-weiblichen Ratschläge nicht leichtfertig in den Wind schlagen sollte!]
Also gut, in meiner helferkomplexverblendeten Torheit klingelte ich den Herrn Künstler an und hatte ihn auch gleich an der Strippe. Ich stellte mich artig vor und schilderte die vorgefundene Situation (Bild vermutlich wertvoll, jeder kommt hin, böse Buben könnten es aufschlitzen, abfackeln etc.). Der Herr Künstler seinerseits mutmaßte zunächst, ich hätte das Bild wohl eingesackt (nein), mir unberechtigt Zugang verschafft (nein), dann glaubte er mir nicht, daß alle Türen weithin offen und ungesichert waren (DOCH). Als ich ihn endlich durch mehrfaches Wiederholen meines Vortrages in jeweils variierendem Wortlaut soweit hatte, daß er die Lage in ihrer Tragweite erkannte, meinte er lapidar, er werde sich drum kümmern. Wiederhören, *klick*.
Damit hatte ich eigentlich erreicht, was ich wollte: Im Grunde war es für mich eine Selbstverständlichkeit, einen offenbar unbeabsichtigte Gefährdung fremder Leute Eigentum diesen zur Kenntnis zu bringen. Was mich aber doch eine ganze Zeit lang noch ordentlich gewurmt hat: Der Herr Künstler mag sich für einen Künstler halten oder meinethalben auch einer sein, ein wirklicher Herr indessen ist er nicht, denn das Wörtchen »danke« scheint ihm völlig fremd... Merkwürdig: So groß ist sein Ruhm denn auch wieder nicht, daß er ihm dermaßen zu Kopf gestiegen sein sollte?!
Freitag, 4. November 2005
In dieser fortgeschrittenen Jahreszeit fährt der zonebattler des Morgens im Zwielicht der Dämmerung zur Arbeit gen Nürnberg. Da er die Auswahl aus mehreren Pendler-Zügen hat, reicht die Wartezeit am Fürther Bahnsteig manchmal für ein paar Schnappschüsse:
Magische Momente ergeben sich, wenn Licht und Motiv sich gegenseitig ergänzen. Da die Sonne aber recht zügig emporsteigt, muß man schnell reagieren, denn wenige Sekunden später kann der Reiz verflogen sein...
Wieder ein Grund mehr, der liebgewonnenen Kleeblatt-Stadt die Treue zu halten!
Dienstag, 1. November 2005
Leider wollte (oder konnte) niemand meine erste Preisfrage vom 1. Okt. 2005 beantworten. Vielleicht war sie ja auch zu schwierig? Da wollen wir die Hürde diesmal etwas tieferlegen... Wo also ist das hier:
Auch dieser auf den ersten Blick wildromantische Ort ist öffentlich zugänglich und liegt im Fürther Stadtgebiet. Täglich fahren viele hundert (wenn nicht tausend) Menschen wenige Meter vor und hinter dem alten Gemäuer an ihm vorbei...
Wer als erste(r) unter richtigem Namen und mit funktionierender eMail-Adresse die korrekte Antwort in einen Kommentar zu diesem Beitrag schreibt, gewinnt einen schönen Preis aus meinem Fundus. Diesmal ist es:
Eine Original-DVD »Sleepy Hollow« mit Johnny Depp und Christina Ricci. Was würde zu der verwunschenen Ruine besser passen als ein guter Gruselfilm?! |
Bis zum Erscheinen des nächsten Rätsels (also genau einen Monat lang) können Lösungen eingereicht werden. Die Laufzeit endet mit dem Erscheinen eines weiteren Rätsel-Bildes am jeweils nächsten Monatsanfang. Mit der Vorstellung eines neuen Preisrätsels wird die zutreffende Antwort zur Vorgängerfrage (in einem Kommentar zu dieser) bekanntgegeben, sofern sie bis dahin nicht richtig beantwortet wurde.
Freitag, 21. Oktober 2005
Puh, das wird ein Marathon am Wochenende: Schon heute abend geht es los mit der Eröffnung der Ausstellung Tony Cragg im Neuen Museum Nürnberg. Persönlich geladen sind die Mitglieder der Museumsinitiative, mithin also auch der zonebattler. Der hat übrigens noch ein paar Jokerkarten für »Freunde der Freunde« des Museums übrig: Wer heute abend um 20:30 Uhr kommen mag, kann von mir ein oder gar zwei Tickets haben (und lernt nebenbei den Autor dieser Zeilen kennen).
Weiter geht es am Samstag und Sonntag mit dem vom Kulturring C ausgerichteten Fürther Kunstwochenende Gastspiel 2005: Wie jedes Jahr besteht hier die seltene Gelegenheit, viele verschiedene KünstlerInnen, ihre Werke und ihre Arbeitsweisen kennenzulernen. Von düsteren Kellerkatakomben bis zu luftigen Loft-Ateliers reicht das Spektrum der Lokalitäten, die ebenso vielfältig und individuell sind wie die darin arbeitenden KünstlerInnen. War in den letzten Jahren immer ein sehr spannendes und inspirierendes Event: Kommet also zuhauf!
Neben den offiziellen Teilnehmern werden noch eine ganze Reihe weiterer Ateliers und Galerien zeitgleich geöffnet haben: Die Organisatoren der Veranstaltung sind bei der Auswahl der mitmachenden Schar der Schaffenden recht eigen, nicht jede(r) wird gefragt oder gern gesehen. Das kann man (je nach persönlichem Standpunkt und eigener Betroffenheit) als qualitätssteigernd oder auch als arg selbstherrlich empfinden. [Kleiner Exkurs: Ich selbst dachte einst in meiner jugendlichen Naivität, daß Neid, Mißgunst und Überheblichkeit in der der satten Bürgerlichkeit fernstehenden Alternativ-Szene kein Thema wären. Es menschelt dort freilich nicht weniger als anderswo (und überall), drum halte ich mich inzwischen heraus und zurück und denke mir meinen Teil...] Jedenfalls lohnt es, nicht nur die im offiziellen Faltblatt genannten Stationen abzulaufen, sondern dabei auch links und rechts des Weges zu gucken. Zum Beispiel in das Kleine Atelier in der Hirschenstraße!
Tja, und dann muß meiner einer auch schon wieder dienstlich in die Ferne schweifen: Die Voranreise am Sonntag zu einem Wochen-Seminar in Mannheim konnte ich abbiegen, wenn auch um den Preis einer sehr kurzen Nachtruhe: Montag früh um 5:07 Uhr sitze ich dann also in der U‑Bahn Richtung Nürnberg Hbf. Gähn...
P.S.: Fortsetzung folgt, und zwar in den eigenen Kommentaren zu diesem Beitrag...
Montag, 17. Oktober 2005
Schon in der Antike wurden Leuchttürme und ‑feuer zum Schutze der (damals noch vorchristlichen) Seefahrt betrieben, man denke nur an den berühmten Leuchtturm von Alexandria, der ja immerhin zu den »Sieben Weltwundern« gezählt wird. Blinkanlagen sorgen noch heute dafür, daß Schiffe an den Küsten nicht stranden oder zerschellen. Leider kehrten Strandpiraten den hehren Zweck zuweilen in sein Gegenteil um, indem sie schwerbeladene Handelsschiffe mit irreführenden Feuern zur Havarie brachten, um sie (und die Besatzung) dann gnadenlos auszurauben...
Nun wird die Fürther Südstadt gemeinhin zu den eher sicheren Gestaden gerechnet, gleichwohl gibt es da ein »Leuchtfeuer« der besonderen Art: Die neue ALDI-Filiale um die Ecke ist innen taghell erleuchtet, und zwar rund um die Uhr und an sieben Tagen in der Woche:
Nachdem hier freilich weder Verkehrsteilnehmer geleitet noch an Sonntagen KäuferInnen mit vollem Geldbeutel angelockt werden müssen, erschien mir die Lichterpracht doch eher als schlichte Energieverschwendung. Sowas ist mir stets ein Dorn im Auge, auch wenn es nicht zu Lasten des eigenen Vermögens geht. Also hat sich der zonebattler ein Herz gefaßt und ist im Inneren des Handelstempels bei zuständiger Stelle vorstellig geworden...
Bei ersten Mal wurde mir Dank zuteil, man werde sich sogleich darum kümmern. Als zwei Wochen später immer noch keine Veränderung eingetreten war, unternahm ich einen zweiten Versuch: Diesmal war angeblich die Zeitschalt-Automatik schuld, die das Licht lange nach Ladenschluß in Abwesenheit des Personals ausschalten würde. Man werde aber einen Elektriker nachsehen lassen. Es wurden dann immerhin die Jalousien vor der Fensterfront ganztägig heruntergelassen, vielleicht wollte man nach Art der Schildbürger das Licht damit am Verschwinden nach draußen hindern?! Die Leuchtstoffröhren röhrten jedoch weiterhin. Beim dritten Hinweis meinerseits (wieder ein paar Wochen später) wies man mich schon leicht gereizt auf die eigens installierten Bewegungsmelder hin, die das Licht zur Abschreckung von potentiellen Einbrechern einschalten würden.
Die »Einbrecher« müssen dann wohl Mäuse sein, die nachts im Laden fröhliche Tänze aufführen und damit die Festbeleuchtung hervorrufen: Menschen sieht man zu später Stunde jedenfalls keine, weder im Laden noch auf dem (geschlossenen) Parkplatz davor. Ich habe allerdings keinen vierten Anlauf mehr unternommen, am Ende riskiere ich damit noch Hausverbot wegen permanenten Herumnörgelns. Sollen sie doch ihren Strom weiterhin verpulvern! Eigenartig nur, daß ein bekanntermaßen auf Gewinnmaximierung geeichtes Unternehmen nicht auf Kostenminimierung bedacht ist. Aber wahrscheinlich bin ich nur zu dumm, um das zu verstehen...
Samstag, 15. Oktober 2005
Mein Freund und Nachbar Udo Meyer (von dem in seiner Eigenschaft als Künstler noch zu berichten sein wird) ist ein alter Fürther, der seine Jugend hier in der Südstadt verbracht hat. Deswegen hat er allerlei mundartliche Ausdrücke in petto, die heute kaum einer mehr kennt. Sowas ist natürlich ein »gefundenes Fressen« für den Archivar in mir, und ich muß sogleich eine kleine Sammlung der altfürtherischen Fachausdrücke anlegen:
Ausdruck |
Bedeutung |
Blunzn |
Fußball aus einer aufgeblasenen Schweineblase mit selbstgenähter Stoff-Außenhülle |
Boggerla |
Wäscheklammer bzw. Kiefernzapfen (je nach Kontext) |
Bullern |
Mit (und um) Murmeln aus Glas oder Ton spielen(z.B. zur Munitionsgewinnung für die Gambl) |
Fotzn |
Mund (auch »Waffl« oder »Goschn«) |
Gambl |
Zwille, aus einer Astgabel selbstgebastelte Steinschleuder |
Gasbolln |
Dünnwandiger, luftgefüllter Ball zum Spielen (Tennisball) |
Hobergaaß |
Sehr schlankes, geradezu dürres Mädchen |
Kellerbembern |
Fußballspielen quer über die Straße mit ebenerdigen Kellerfenstern als Tor-Ersatz |
Schlupfen |
sich unerlaubterweise (unter dem Zaun durch) vom »Freibad«-Bereich des Flußbades aus in das »Zahlbad« einschleichen |
Wabbln |
Mit Geldstücken an eine Hauswand werfen (wessen Münze dann am nächsten an der Wand liegt, der gewinnt den Einsatz aller) |
Wasserschnallzn |
Dünne, sehr wässrige Suppe |
Die Tabelle wird laufend ergänzt, und sobald mir etwas »neues Altes« zu Ohren kommt, pflege ich das hier ein. Mal schauen, ob da nicht vielleicht langfristig ein kleiner Mundart-Almanach heranwächst... Ich bitte um rege Zuarbeit!
Mittwoch, 12. Oktober 2005
Wer Augen hat für die Kleinigkeiten des Lebens, kann manches erspähen. Zum Beispiel echte Wiesen-Champignons mitten in der Stadt:
Diese kleine Pilz-Kolonie sah ich an der Karolinenstraße, unweit des Hauptbahnhofs auf dem schmalen Grünstreifen zwischen Fahrbahn und Bahngelände. Machten einen sehr schmackhaften Eindruck, die vier Kameraden! Verspeisen wollte ich den unverhofften Fund dennoch nicht, schon wegen der omnipräsenten Hundekacke...
Gleich gegenüber findet auf einem großen Parkplatz derzeit ein grandioser Indian Summer statt, wie er auch in Massachusetts eindrucksvoller kaum sein kann:
Da soll noch einer sagen, es ginge nicht bunt zu in Fürth!
Wenige Meter später ein weiteres Exempel unüblicher Stadt-Vegetation: Ein ganzer Wald aus Duftbäumen! Was der Fahrer jenes Wagens wohl für Leichen im Kofferraum hatte? Eine (im Gegensatz zum deliziösen Champignon-Omelett) eher unappetitliche Vorstellung...
Ob man mit so einer geballten Ladung Nasenquäler an Bord noch fahrtauglich bleibt? Ist doch das reinste Nervengift! Unsereins riecht jedenfalls lieber natürliche Aromen als dergleichen Retorten-Dreck. Und die gibt es sogar in der »Karo«, nicht nur draußen in ländlichen Gefilden!
Mittwoch, 5. Oktober 2005
...man muß sie nur wahrnehmen (wollen und können):
Gesehen unmittelbar an der Kreuzung Gebhardtstraße / Jakobinenstraße, die ja nun nicht unbedingt zu den ästhetischen Highlights von Fürth gehört. Aber die Kamera (bzw. der Kerl dahinter) kann sich das zurechtlügen, indem sie (bzw. er) den Blick auf das Schöne richtet und dergestalt das Häßliche, Triste, Banale einfach außen vor läßt. Sicher keine empfehlenswerte Universal-Strategie für alle Lebenslagen, aber es hilft (bei mir zumindest) gegen die Herbstdepression! ;-)
Süßer und scharfer Senf: