Zum Inhalt springen


zonebattler's homezone 2.1 - Merkwürdiges aus Fürth und der Welt


Sonntag, 19. Mai 2013

Da­men­bei­ne (9)

Von böigen Winden dezent freigelegte Damenbeine auf der Fähre Malta-Gozo

Von bö­igen Win­den de­zent frei­ge­leg­te Da­men­bei­ne auf der Fäh­re Mal­ta-Go­zo
 
vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Samstag, 4. Mai 2013

Zeit­dieb­stahl

zeigerloses Zifferblatt
Mittwoch, 3. Oktober 2012

Rah­men­hand­lung

Aus dem Rahmen gefallen: Segelboot auf dem Rothsee
 
Nach der Fahrt mit dem Drachenboot: trocknende Schwimmwesten
 
Kunststück im Abendlicht: »Rahmendes Tor«
 
Im feuchten Element: Angler im Rothsee
Sonntag, 8. Juli 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (8)

In der ach­ten und – vor­erst – letz­ten Fol­ge mei­ner Mal­ta-Im­pres­sio­nen kom­me ich zu­nächst noch ein­mal auf das mensch­li­che Stre­ben nach Schutz und Ab­gren­zung zu spre­chen und wid­me dem Bau von Mau­ern ein paar Sät­ze und Bil­der. Ge­ra­de an den al­ten Fe­stungs­an­la­gen sind Ero­si­ons­er­schei­nun­gen evi­dent, und wenn nicht an den kri­tisch­sten Stel­len im­mer wie­der Aus­bes­se­rungs­ar­bei­ten statt­fin­den wür­den, wä­re die Na­tur mit ih­rem gna­den­lo­sen Rück­erobe­rungs­werk viel schnel­ler fer­tig, als die al­ten Bau­mei­ster sich das ge­dacht ha­ben mö­gen.

Der dro­hen­de Ver­fall hat frei­lich auch sei­ne äs­the­ti­sche Sei­te. Hier ei­ne De­tail­auf­nah­me ei­ner rie­si­gen al­ten Fe­stungs­mau­er aus dem ört­li­chen Kalk­sand­stein, an der Wind und Wet­ter schon flei­ßig ge­schlif­fen und ge­schmir­gelt ha­ben:

stark verwitterte Festungsmauer aus Kalksandstein

Frisch zu­ge­hau­en, wird man den Qua­dern aus Se­di­ment­ge­stein ih­re in­ne­re Schich­tung nicht un­be­dingt an­ge­se­hen ha­ben. Das per­ma­nen­te Be­bla­sen mit salz­hal­ti­ger Luft läßt die in­ne­re Struk­tur pla­stisch her­vor­tre­ten, und auch die vom Wind mit­ge­führ­ten Sand­kör­ner tra­gen das ih­re da­zu bei, die wei­che­ren Schich­ten der Blöcke im Wort­sin­ne zu pul­ve­ri­sie­ren (wäh­rend här­te­re Sek­tio­nen län­ger Wi­der­stand lei­sten). Und so schaut ir­gend­wann aus wie ein Schwamm, was einst­mals ein mas­si­ves Ge­fü­ge war.

Man er­lebt hier al­so im klei­nen Maß­stab, was an Or­ten wie dem Mo­nu­ment Val­ley und an­ders­wo im Süd­we­sten der USA seit ‑zig Jahr­tau­sen­den im Gro­ßen statt­fin­det. Prag­ma­tisch wie die Mal­te­ken nun mal sind, ak­zep­tie­ren sie den na­tür­li­chen Lauf der Din­ge und ma­chen sich da­her heut­zu­ta­ge nicht mehr mehr Mü­he beim Mau­er­bau als un­be­dingt nö­tig:

Nicht schön, aber auch nicht selten: arg provisorische Flickschusterei

»Des dud’s«, wie der Fran­ke sa­gen wür­de. Man be­ach­te üb­ri­gens die glat­ten Kan­ten der gel­ben Qua­der mit­samt den halb­kreis­för­mi­gen Sä­ge­spu­ren: von Hand ge­bro­chen und müh­sam auf Maß ge­hau­en wer­den die Stei­ne na­tür­lich schon län­ge­re Zeit nicht mehr...

Mal­te­si­sche Ge­witzt­heit und Bau­ern­schläue trei­ben manch­mal auch ku­rio­se Blü­ten. Hier sieht man ei­ne sehr krea­ti­ve Kom­bi­na­ti­on aus Grenz­be­fe­sti­gung und um­stands­lo­ser Müll­ent­sor­gung:

Feldmauer mit integriertem Herd

Da hat je­mand ganz of­fen­kun­dig die Be­zeich­nung »Ein­bau­herd« zu wört­lich ge­nom­men, wie mir schei­nen will. Na ja, we­nig­stens be­steht so ein al­tes Kü­chen­ge­rät im we­sent­li­chen aus Stahl und Ei­sen und da­mit aus wenn nicht kom­po­stier­ba­ren, so doch leid­lich un­schäd­lich ver­rot­ten­den Ma­te­ria­li­en.

Man fin­det aber lei­der auch al­ler­lei an­de­res in der Land­schaft her­um­lie­gen, was da de­fi­ni­tiv nicht hin­ge­hört: PET-Fla­schen son­der Zahl (Pfand wird dar­auf der­zeit noch nicht er­ho­ben), aber auch al­te Kunst­stoff-Ka­ni­ster und Blech­fäs­ser, de­ren frü­he­rer In­halt nicht un­be­dingt für ei­ne wil­de Ent­sor­gung in der Na­tur sprach:

Warn-Aufkleber auf einer wild entsorgten Chemikalien-Tonne

Da feh­len ei­nem mit­un­ter die Wor­te. Lei­der man­gelt den Be­woh­nern klei­ne­rer In­seln ja oft am Ge­fühl für das Frev­le­ri­sche ih­res Tuns, denn was sie an Dreck in die Luft pu­sten, ins Erd­reich ver­bud­deln oder ins Was­ser kip­pen, be­ein­träch­tigt sie und ihr ei­ge­nes Wohl­be­fin­den meist nicht di­rekt und un­mit­tel­bar. Wind und Was­ser ver­dün­nen das schäd­li­che Zeugs und tra­gen es fort, aus den Au­gen, aus der Na­se, aus dem Sinn. Da ist es si­cher­lich nicht eben ein­fach, dem Nach­wuchs in der Schu­le was von Um­welt­schutz, Nach­hal­tig­keit oder Res­sour­cen­scho­nung zu er­zäh­len. Der Papst müß­te sei­ne Schäf­chen (nicht nur die mal­te­si­schen) nach­drück­lich zum Er­halt der Schöp­fung auf­for­dern, da­mit die­se sich die Er­de nicht im­mer nur oh­ne Rück­sicht auf Ver­lu­ste un­ter­tan ma­chen...

Aber ganz hoff­nungs­los scheint der Fall dann doch nicht zu sein: Auf un­se­ren Streif­zü­gen kreuz und quer durch Mal­ta be­geg­ne­ten uns hier und da Re­cy­cling-Con­tai­ner zum art­rei­nen Sam­meln al­ten Pla­stiks, Gla­ses, Me­talls und Pa­piers, von de­nen un­se­re et­wa zehn Jah­re al­ten Rei­se­füh­rer noch gar nichts wuß­ten. Der in jüng­ster Zeit zag­haft be­gon­ne­ne Ver­such von Müll­tren­nung und Wie­der­ver­wer­tung wird den Aber­witz des Ver­bren­nens jeg­li­chen Misch-Ab­falls hof­fent­lich ir­gend­wann be­en­den.

ambulanter Landungssteg

Mit ein paar ver­söhn­li­che­ren Fo­tos wie dem vom die­sem klei­nen Lan­dungs­steg im Abend­licht krat­zen wir nun die Kur­ve und stre­ben dem En­de des gut zwei- bzw. knapp drei­wö­chi­gen Ak­tiv-Ur­laubs ent­ge­gen, der – das sei hier ne­ben­her er­wähnt – mit knapp 500 EUR pro Na­se für Hin- und Rück­flug, Trans­fer und Ho­tel­zim­mer mit Früh­stück so­gar zu den au­ßer­or­dent­lich preis­wer­ten zu zäh­len war.

Be­schwö­ren wir ein letz­tes Mal die Gran­dez­za ver­gan­ge­ner Epo­chen her­auf mit dem Ab­bild ei­ner präch­ti­gen Vil­la in At­tard, in de­ren Nach­bar­schaft sich der Re­gie­rungs­pa­last und di­ver­se aus­län­di­sche Bot­schaf­ten be­fin­den:

noble Villa in Attard

Pas­send zum Prunk der Ar­chi­tek­tur er­scheint der üp­pi­ge Wuchs der Pflan­zen drum­her­um, das pal­men­ar­ti­ge Ge­wächs in der Mit­te scheint ja ge­ra­de­wegs zu ex­plo­die­ren, wie ein flo­ra­les Feu­er­werk, so­zu­sa­gen.

Das die­se As­so­zia­ti­on nicht von un­ge­fähr kommt, sei mit dem letz­ten Bild be­legt, mit wel­chem ich nun mit ei­nem gro­ßen Knall die­sen Ar­ti­kel und da­mit die gan­ze Se­rie be­schlie­ßen will. En­de April/Anfang Mai lie­ßen es die Or­ga­ni­sa­to­ren des »Mal­ta In­ter­na­tio­nal Fire­works Fe­sti­val« nach al­len Re­geln der Kunst blit­zen und kra­chen:

prächtiges Feuerwerk über dem Grand Harbour von Valletta

Drei Aben­de hin­ter­ein­an­der gab es da im Grand Har­bour von Val­let­ta Spek­ta­ku­lä­res zu se­hen und zu hö­ren: Py­ro­tech­nik-Her­stel­ler aus al­ler Welt über­bo­ten sich mit ih­ren Dar­bie­tun­gen, und so­gar der al­te Zünd­ler zone­batt­ler, der in den fünf De­ka­den sei­nes ir­di­schen Da­seins schon man­che Lun­te selbst ge­legt und an­ge­steckt hat, hat­te Ver­gleich­ba­res bis­lang noch nicht ge­se­hen...

Mit die­sem Feu­er­re­gen be­dan­ke ich mich bei mei­ner ge­schätz­ten Le­ser­schaft für das In­ter­es­se und klap­pe mein Ur­laub­s­al­bum zu, nicht oh­ne die Ab­sicht zu be­kräf­ti­gen, der klei­ne­ren und et­was we­ni­ger tur­bu­len­ten In­sel Go­zo der­ma­l­einst ei­ne ei­ge­ne Ex­pe­di­ti­on zu wid­men. Viel­leicht schon im näch­sten Jahr, wer weiß?

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Sonntag, 1. Juli 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (7)

Schau­en wir uns noch ein we­nig in Mal­tas Städ­ten um, die für un­se­re an frän­ki­sche Ge­ge­ben­hei­ten ge­wöhn­ten Au­gen im­mer wie­der Über­ra­schen­des be­reit­hal­ten. Die ex­trem ho­he Be­völ­ke­rungs­dich­te ist na­tür­lich vor al­lem an der Ar­chi­tek­tur ab­les­bar. Aus der Ent­fer­nung er­in­nern die mei­sten mensch­li­chen An­sied­lun­gen an Amei­sen­hau­fen:

Blick vom Schiff aus auf Valletta

Hier hat selbst­re­dend die per­spek­tiv­ver­dich­ten­de Wir­kung der Te­le-Brenn­wei­te nach­ge­hol­fen, zwi­schen den im Bild ge­zeig­ten Häu­ser­rei­hen gibt es na­tür­lich noch Stra­ßen und We­ge. Gleich­wohl ist es schon er­staun­lich, wie dicht ge­packt die Men­schen hier le­ben. Wenn Sie denn tat­säch­lich noch in der Stadt le­ben, der ho­he Pro­zent­satz an (ge­se­he­nem wie ge­fühl­tem) Leer­stand läßt da mit­un­ter Zwei­fel auf­kom­men.

Die die Kü­sten­li­nie und Strän­de säu­men­den Ho­tel­bau­ten fü­gen sich zwar farb­lich in das bau­li­che Um­feld be­stens ein (die grau­gel­be Far­be des hei­mi­schen Kalk­sand­steins do­mi­niert al­ler­or­ten die bau­li­che Sze­ne­rie), den­noch kommt man mit­un­ter in Ver­su­chung, die über­ho­hen Tou­ri­sten­bur­gen ein­fach weg­zu­knal­len. Werk­zeu­ge da­für wä­ren durch­aus vor­han­den:

alte Kanone am Yachthafen von Paceville

In­des, es hül­fe nichts: Aus den Trüm­mern wür­de das al­te Mal­ta nicht wie­der auf­er­ste­hen, man muß den Flä­chen­fraß und das Wu­chern in die Hö­he wohl hin­neh­men, im Grun­de ist es an­ders­wo (und fast über­all) ge­nau das Glei­che...

Aber es gibt ja im­mer noch ge­nug Al­tes zu se­hen, was Herz und Au­ge er­freut. Zum Bei­spiel die ty­pi­schen Er­ker (für die man das Holz wei­land tat­säch­lich aus dem fer­nen Eng­land her­an­schaf­fen muß­te):

Erker an der Straßenseite traditioneller maltesischer Häuser aus der Georgianischen Zeit

Auch da hat aber mitt­ler­wei­le schon manch zwei­fel­haf­ter »Fort­schritt« Ein­zug ge­hal­ten: Der Er­ker links vom hoch­kant ge­stell­ten Wer­be­schild des Schnei­ders bei­spiels­wei­se hat schon Fen­ster aus bron­ze­far­ben elo­xier­tem Alu­mi­ni­um, oben ist noch da­zu Rif­fel­glas oder ‑pla­stik drin. Das mag pfle­ge­leich­ter und bil­li­ger sein als die höl­zer­nen Fen­ster­rah­men von frü­her, schö­ner ist es kei­nes­falls. Auch un­ten­rum ist be­sag­ter Er­ker glatt und schmuck­los, sol­che au­ra­be­frei­ten Tei­le wird man ver­mut­lich zu­künf­tig lei­der im­mer häu­fi­ger vor­fin­den...

Ich hat­te schon er­wähnt, daß man ab­seits der tou­ri­sti­schen Tram­pel­pfa­de selbst in den Städ­ten ziem­lich schnell in Ge­fil­de fin­det, in de­nen man mit sich und den al­ten Ge­mäu­ern al­lein ist. Wäh­rend in den Haupt­stra­ßen em­si­ge Be­trieb­sam­keit herrscht, trifft man zwei, drei Fuß­mi­nu­ten ent­fernt mit­un­ter noch nicht ein­mal Ein­hei­mi­sche in den ru­hi­gen Gas­sen. Da muß ein Fo­to­graf prak­ti­scher­wei­se nicht lan­ge war­ten, um men­schen­lee­re An­sich­ten kom­po­nie­ren zu kön­nen:

Festungsmauer-Durchführung in Senglea

Möch­te na­tür­lich sein, daß die Mal­te­ken wäh­rend der Mit­tags­stun­den ein Nicker­chen hal­ten und ih­re Häu­ser nur ver­las­sen, wenn es sich nicht ver­mei­den läßt. Als Rei­sen­der ist man da­ge­gen eben auch dann un­ter­wegs, wenn die Son­ne (und das Ther­mo­me­ter) am höch­sten ste­hen...

Hin und wie­der kommt es aber selbst in den ent­le­gen­sten Win­keln vor, daß man ein paar neu­gie­ri­ge Au­gen auf sich ru­hen fühlt:

eingekerkerte Katze

Ob­zwar sie jeg­li­che Vö­gel un­ter Ein­satz von Feu­er­waf­fen vom Him­mel ho­len, schei­nen die In­su­la­ner ih­re Kat­zen zu lie­ben: An zahl­rei­chen Or­ten fan­den wir »Cat Ca­fés« vor, am­bu­lan­te Füt­te­rungs­sta­tio­nen für schnur­ren­de Vier­bei­ner, de­rer auch vie­le dort her­um­lun­gern. Kein Wun­der, ko­sten­lo­ses Es­sen wird im­mer gern ge­nom­men. Wo­mög­lich se­hen sich die Leu­te in ei­ner ge­wis­sens­be­ding­ten Bring­schuld, denn im­mer­hin las­sen sie ih­ren Vier­bei­nern ja kaum noch flie­gen­de Beu­te zum Sel­ber­ja­gen üb­rig!

Von den vier­bei­ni­gen Mie­zen ist der Bo­gen zu den zwei­bei­ni­gen sol­chen ele­gant zu schla­gen: Da an den Strand­pro­me­na­den rund um die Uhr fla­niert und in den na­hen Bars und Clubs ge­fei­ert wird, müs­sen sich die be­geh­rens­wer­ten Frau­en (und sol­che, die es wer­den wol­len), schon ein Stück­chen grö­ßer ma­chen, um aus dem Heer ih­rer Ge­schlechts­ge­nos­si­nen im Wort­sin­ne her­aus­zu­ra­gen. Die da­zu er­for­der­li­chen Vor­rich­tun­gen gibt es al­ler­or­ten in rei­cher Aus­wahl und in al­len Preis­la­gen zu kau­fen:

High Heels ohne Ende in einem Schuladen

Ja, da kann man(n) nur stau­nen. Und das tat der Be­richt­erstat­ter denn auch oft und aus­gie­big, oh­ne das hier im De­tail er­läu­tern zu wol­len. Je­den­falls bleibt fest­zu­hal­ten, daß die Ab­satz­hö­hen auf Mal­ta eu­ro­päi­sche Höchst­stän­de er­rei­chen. Frau­en zwi­schen 15 und 55 mit Trek­king-San­da­len an den Fü­ßen sind oh­ne je­de Not­wen­dig­keit zur wei­te­ren Be­weis­erhe­bung so­fort als deut­sche Tou­ri­stin­nen zu iden­ti­fi­zie­ren. Wo­bei sich nicht we­ni­ge von de­nen in den in­su­la­ren Schuh­ge­schäf­ten mit ho­hen Hacken ein­zu­decken schei­nen...

Wen­den wir zum Schluß der heu­ti­gen Fol­ge den Blick wie­der vom Bo­den ab und hoch hin­aus, um uns an ei­nem gra­fi­schen Spiel von Licht und Schat­ten zu er­freu­en. Auch so­was kann ja elek­tri­sie­rend wir­ken:

Hausfassade mit externer Stromleitungsführung

Ab­satz­gek­lacker hin, Ka­me­ra­ge­klicke her: Die Viel­falt der Sin­nes­ein­drücke auf Mal­ta ist enorm, wes­we­gen ich ei­ne Ex­pe­di­ti­on dort­hin mei­nen Le­se­rin­nen und Le­sern nur wärm­stens emp­feh­len kann. In ei­ner wei­te­ren und letz­ten Fol­ge las­se ich es zum Ab­schluß mei­ner Rei­se-Re­pri­se dem­nächst noch ein­mal rich­tig kra­chen!

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Sonntag, 17. Juni 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (6)

Im Mit­tel­punkt der heu­ti­gen Fol­ge der zone­batt­ler­schen Rei­se­be­richt­erstat­tung steht der Mensch als sol­cher, und zwar so­wohl in sei­ner Aus­prä­gung als sta­tio­när wal­ten­der Ein­hei­mi­scher wie auch in sei­ner phä­no­ty­pi­schen Er­schei­nung als Frem­der und Tou­rist. Al­len Zwei­bei­nern ge­mein ist ein la­ten­ter Hang zur trot­zi­gen Un­ver­nunft im Ver­hal­ten, wel­cher wie­der­um bei Rei­sen­den – ver­mut­lich we­gen der feh­len­den So­zi­al­kon­trol­le des hei­mi­schen Ha­bi­tats so­wie der Nicht-All­täg­lich­keit der tem­po­rä­ren Le­bens­füh­rung – deut­lich stär­ker aus­ge­prägt ist.

Als il­lu­strie­ren­des Bei­spiel mö­ge die ex­zes­si­ve Son­nen­licht-Ex­po­si­ti­on der ei­ge­nen Schwar­te die­nen, die ja nach­ge­wie­se­ner­ma­ßen nicht nur zur Be­wun­de­rung durch Art­ge­nos­sen, son­dern auch zum (durch­aus we­ni­ger an­ge­neh­men) Haut­krebs füh­ren kann. Da die mög­li­chen ge­sund­heit­li­chen Nach­tei­le des Son­nen­ba­dens seit lan­gem be­kannt sind, be­mü­hen sich die Men­schen in ih­rem hei­mi­schen Um­feld ge­mein­hin um »scho­nen­des« Gril­len:

Beim Sonnenbad: schlafende Frau und wacher Hund

Tou­ri­sten hin­ge­gen las­sen nicht sel­ten al­le Ra­tio in der Hei­mat zu­rück. Na­ment­lich die bri­ti­schen Pau­schal-Rei­sen­den nei­gen da­zu, am er­sten Tag ih­res Ur­laubs­auf­ent­halts kä­se­weiß bis krei­de­bleich zum Früh­stücks­b­ufett zu er­schei­nen, am zwei­ten Mor­gen je­doch be­reits in leuch­ten­dem Feu­er­rot nach Art frisch ge­koch­ter Hum­mer. Mög­li­cher­wei­se sind sie der Auf­fas­sung, daß Ver­bren­nun­gen zwei­ten Gra­des ein ge­rin­ger Preis für die ver­lockend er­schei­nen­de Aus­sicht sind, in ih­ren zwei Wo­chen auf der klei­nen In­sel mehr Son­ne »tan­ken« zu kön­nen als den Rest des Jah­res über da­heim auf dem gro­ßen Ei­land mit sei­ner sprich­wört­lich ne­bu­lö­sen Wit­te­rung...

Schwie­ri­ger noch als das Ein­hal­ten ei­ner to­lar­a­blen Be­strah­lungs­do­sis ist das Fin­den ei­ner kom­mu­ni­ka­ti­ven Ba­sis mit dem mit­rei­sen­den Part­ner. Nicht we­ni­ge Paa­re se­hen sich im lang er­sehn­ten Ur­laub mit der un­ver­hofft auf­tre­ten­den Si­tua­ti­on kon­fron­tiert, mehr als die werk­täg­lich üb­li­chen paar Mi­nu­ten mit­ein­an­der re­den zu kön­nen (oder gar zu müs­sen). Kein Wun­der, das ei­nem da mit­un­ter die Wor­te feh­len:

distanziertes Paar in der Bucht von Xlendi (Gozo)

Na, im­mer­hin ist das Hand­tuch zwi­schen den bei­den hier im Bild noch nicht zer­ris­sen. Fei­ner her­aus sind da je­ne, die Mal­ta oh­ne­hin nur an­steu­ern, um non-stop Par­ty zu fei­ern. Wer sol­ches tut, braucht sich im don­nern­den Ge­stamp­fe mehr oder we­ni­ger mu­si­ka­li­scher Rhyth­men oh­ne­hin nicht ver­bal zu äu­ßern, es ver­stün­de ihn eh kei­ner. Die zur hel­len Ta­ges­zeit da­von sicht­ba­ren Spu­ren im für der­lei Ex­zes­se zu­stän­di­gen Ort St. Julian’s ha­ben dem Be­richt­erstat­ter schon von fer­ne ge­zeigt, daß das sei­ne Welt nicht ist, wes­halb er sich da­zu auch nicht wei­ter aus­las­sen kann und mag.

Doch sche­ren wir uns nicht wei­ter um die zwi­schen­mensch­li­chen Ri­si­ken und Ne­ben­wir­kun­gen ei­nes mit ho­hem Er­war­tungs­druck an­ge­tre­te­nen Er­ho­lungs­ur­laubs (!), wen­den wir uns viel­mehr wie­der der Be­trach­tung der mal­te­si­schen Be­völ­ke­rung zu. Hier be­trach­tet ih­rer­seits ei­ne männ­li­che Aus­wahl der­sel­ben die po­li­zei­amt­li­chen Kon­se­quen­zen ei­nes klei­ne­ren Ver­kehrs­un­falls mit min­de­ren Blech­schä­den:

Drei müßiggängerische Kibitze

Tja, den ge­mei­nen Mal­te­ken bringt so schnell nichts aus der Ru­he. Ist ja auch kein Wun­der bei der be­weg­ten Ge­schich­te: Wer so vie­le Be­sat­zer, Er­obe­rer, Re­gen­ten und Ver­wal­ter hat kom­men (und wie­der ge­hen) se­hen, der regt sich über Ba­ga­tel­len nicht mehr auf, son­dern freut sich al­len­falls über die klei­ne Ab­wechs­lung im an­son­sten un­spek­ta­ku­lä­ren Ta­ges­lauf.

Mög­li­cher­wei­se wirkt auch das Fi­schen und An­geln – ein auf In­seln aus na­he­lie­gen­den Grün­den weit­ver­brei­te­ter Zeit­ver­treib – be­ru­hi­gend auf das Ge­müt. Je­den­falls ge­ben die ru­ten­schwin­gen­den Män­ner rund um die Ha­fen­pro­me­na­den nicht nur pit­to­res­ke Gen­re-Mo­ti­ve, son­dern auch ein Bild der Ru­he ab:

Angler beim Angeln mit Angel

Wo­bei das mit der Ru­he so ei­ne Sa­che ist: Wie wir ja schon ge­hört ha­ben, han­tie­ren die männ­li­chen Mal­te­ken nicht nur mit der An­gel­ru­te her­um, son­dern auch ger­ne mit dem Schieß­ge­wehr, was der me­di­ta­ti­ven Kon­tem­pla­ti­on der Schüt­zen wo­mög­lich den Hö­he­punkt be­schert, dem arg­lo­sen Wan­de­rer in­des ei­nen jä­hen Schrecken.

Al­ler ka­tho­li­schen Fröm­mig­keit zum Trotz hat der Jagd­trieb der Mal­te­ken, der ab­so­lut nix mit tra­di­ti­ons­be­wuß­ter Wehr­haf­tig­keit zu tun hat (die Sing­vö­gel grei­fen die In­sel ja nicht an und feind­li­che Jagd­bom­ber wie­der­um wä­ren mit Blei­schrot schwer­lich zu be­ein­drucken), sei­nen Nie­der­schlag in der kol­lek­ti­ven Iko­no­gra­phie ge­fun­den. Hier sieht man ein­deu­tig, wo­her der Wind weht:

Wetterhahn bzw. Windfahne in Form eines Ballermanns

Ei­ne Fas­zi­na­ti­on für das Schie­ßen, ins­be­son­de­re mit weit grö­ße­ren Ka­li­bern, ist auch den bri­ti­schen Be­su­chern zu ei­gen (den männ­li­chen, ver­steht sich). Ger­ne be­su­chen sie da­her in Mann­schafts­stär­ke die Re­lik­te der krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen in, auf und um Mal­ta. Der Chro­nist hat ei­nem fan­ta­sie­be­gab­ten Hob­by-Hi­sto­ri­ker die fi­xe Idee aus­re­den müs­sen, wo­nach es sich bei di­ver­sen auf­ge­ge­ben Ba­de­becken am Fel­sen­strand um Ge­schütz­stel­lun­gen (»gun em­pla­ce­ments«) aus dem zwei­ten Welt­krieg ge­han­delt ha­be. Die Ex­zen­tri­zi­tät der Eng­län­der mag auch beim Mi­li­tär die ei­ne oder an­de­re Ent­spre­chung ge­fun­den ha­ben, aber auch die Ka­no­nie­re Ih­rer Ma­je­stät schos­sen und schie­ßen ger­ne mit trocke­nen Fü­ßen und un­be­hel­ligt von Eb­be und Flut!

Ein im­mer­hin nett an­zu­schau­en­des Re­likt des mi­li­tä­ri­schen Er­bes aus der Ko­lo­ni­al­zeit ist die Wa­che vor dem Groß­mei­ster­pa­last in Val­let­ta. Schnei­di­ge Kerls in fe­schen Uni­for­men knal­len mit ih­ren ei­sen­be­schla­ge­nen Tre­tern auf den Bo­den, fuch­teln ri­tua­li­siert mit ih­ren sei­ten­ge­wehr­be­stück­ten Ka­ra­bi­nern her­um und wer­den an­schlie­ßend in ih­ren win­zi­gen Schil­der­häus­chen von den Tou­ri­sten – zone­batt­ler in­klu­si­ve – als Ku­rio­si­tät ab­ge­lich­tet:

Wachhabender beim Wachen im Wachhäuschen

Mei­ner ei­ner hat mit Männ­lich­keits­ri­tua­len und Im­po­nier­ge­ha­be we­nig am Hut, aber ich bin ja auch nur ein ol­ler zone­batt­ler und kein gan­zer Kerl.

Doch auch die Ker­le wa­ren mal Kin­der, und de­nen wol­len wir uns heu­te ab­schlie­ßend zu­wen­den. Auf den er­sten Blick schau­en die Jungs und Mä­dels auf Mal­ta ge­nau­so aus wie der früh­rei­fe Nach­wuchs al­ler­or­ten, man trifft sich drau­ßen, fin­det sich und sei­ne Freun­de cool und die an­de­ren doof (und vice ver­sa).

Knaben unter sich

Ein be­mer­kens­wer­ter Un­ter­schied zur hei­mi­schen Ju­gend ist uns al­ler­dings auf­ge­fal­len: Die Er­zie­hung zum so­zia­len We­sen scheint auf Mal­ta noch be­stens zu funk­tio­nie­ren! Jun­ge Leu­te ste­hen, ja sprin­gen un­auf­ge­for­dert in den rap­pel­vol­len Bus­sen auf, wenn äl­te­re Men­schen zu­stei­gen und ei­nen Sitz­platz ge­brau­chen könn­ten. Steht man als Aus­wär­ti­ger rat­los mit Land­kar­te oder Stadt­plan in der Hand am We­ges­rand her­um, kriegt man von alt und jung so­gleich Ori­en­tie­rungs­hil­fe an­ge­bo­ten. Ob das nun mit der star­ken Ver­wur­ze­lung im Chri­sten­tum rö­mi­scher Prä­gung zu tun hat, sei da­hin­ge­stellt. In je­dem Fall sind Höf­lich­keit und ge­gen­sei­ti­ge Rück­sicht­nah­me es­sen­ti­el­le so­zia­le Schmier­stof­fe in dicht­be­völ­ker­ten Le­bens­räu­men, und daß der­lei Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten an­dern­orts kei­ne mehr sind, ist mehr als nur scha­de.

Ins nä­he­re Ge­spräch sind wir mit Ju­gend­li­chen nicht ge­kom­men, was hät­ten wir ih­nen auch er­zäh­len kön­nen? Es war aber of­fen­sicht­lich, daß es ih­nen trotz der pe­ri­phe­ren In­sel­la­ge an nichts fehlt, was ih­re Al­ters­ge­nos­sen auf dem Fest­land für selbst­ver­ständ­lich hal­ten. Auch das In­ter­net wird sei­nen Teil da­zu bei­tra­gen, daß Iso­la­ti­ons­ge­füh­le gar nicht erst auf­kom­men. Zu kau­fen gibt es heut­zu­ta­ge so­wie­so al­les über­all. Üb­ri­gens muß man­cher­lei Spiel­zeug, wel­ches im Für­ther Um­land er­dacht wor­den ist, noch nicht ein­mal im­por­tiert wer­den: Sämt­li­che Play­mo­bil-Fi­gu­ren et­wa er­blicken schon lan­ge nicht mehr in Zirn­dorf das Licht der Welt, son­dern mit­ten in Mal­ta! Das gilt auch für die in der Für­ther Fuß­gän­ger­zo­ne ver­kauf­ten Ex­em­pla­re, wie de­ren Schach­tel­auf­drucke be­wei­sen...

noch eine Rotte junger Freunde

Das Zeit­fen­ster für die spie­le­ri­sche Be­schäf­ti­gung mit Pla­stik-Männ­chen scheint in­des im­mer kür­zer zu wer­den: Kaum muß man nicht mehr be­fürch­ten, daß das Klein­kind die Din­ger ver­schluckt, da ist es auch schon fast in der Pu­ber­tät an­ge­langt und be­ginnt sich für rich­ti­ge Männ­chen (oder Weib­chen) zu in­ter­es­sie­ren. Das ist auf Mal­ta nicht an­ders als in Deutsch­land und den an­de­ren west­li­chen Län­dern.

Wir sind nun auch an­ge­langt, und zwar am En­de der heu­ti­gen Fol­ge. Dem­nächst gibt es ei­ne wei­te­re mit neu­en fo­to­gra­fi­schen Im­pres­sio­nen aus dem klei­nen In­sel­staat zwi­schen Eu­ro­pa und Afri­ka.

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Sonntag, 10. Juni 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (5)

An­sichts­kar­ten­wür­di­ge Auf­nah­men an der Kitsch­gren­ze ent­lang ha­be ich in der vor­her­ge­hen­den Fol­ge für dies­mal ver­spro­chen, und so ha­be ich mich hin­ge­setzt und ei­ne Aus­wahl Fo­tos her­aus­ge­sucht, in de­nen das Blau am blau­e­sten ist! Frü­her hat­te man für so­was ei­nen für sei­ne sat­ten Far­ben be­kann­ten Fu­ji Vel­via Dial­film mit 50 ASA in der Ka­me­ra, im di­gi­ta­len Hier und Jetzt greift mei­ner ei­ner gern auf die I2E-Op­ti­mie­rung von Fix­Fo­to zu­rück, um die drau­ßen im pral­len Le­ben vor­han­de­ne Farb­in­ten­si­tät noch ein we­nig zu be­to­nen. Fan­gen wir mal an mit ei­nem Blick über die Klip­pen auf das ma­re nostrum hin­aus:

Des zonebattler's bessere Hälfte beim Blick über das weite Meer

Ja, da kann man schon den Blues krie­gen. Nicht min­der satt ist üb­ri­gens das Grün der üp­pi­gen Ve­ge­ta­ti­on, was den Früh­ling ganz klar zur be­sten Be­suchs­zeit macht: Im Som­mer ist es auf Mal­ta viel zu heiß, um sich auf aus­ge­dehn­te Wan­de­run­gen zu be­ge­ben; im Herbst wer­den die Tem­pe­ra­tu­ren zwar wie­der er­trägl­li­cher, aber dann ist von der fri­schen Flo­ra des Früh­lings nichts mehr zu se­hen und die Land­schaft ist so trocken und so gelb­grau wie die stei­ner­nen Städ­te.

Und weil wir da­mit schon wie­der den Bo­gen zu­rück in die Stadt ge­schla­gen ha­ben, schau­en wir uns bei be­stem Wan­der­wet­ter ei­nen Aus­schnitt aus den rund um Val­let­ta all­ge­gen­wär­ti­gen Fe­stungs­an­la­gen an:

Festungsmauer bei Valletta

Ku­rio­ser­wei­se ha­ben uns die Fe­stun­gen und Ba­stio­nen im­mer wie­der an die gleich­falls von ita­lie­ni­schen Bau­mei­stern er­rich­te­te Stadt­mau­er von Forch­heim (Ober­fr) er­in­nert, im deut­lich grö­ße­ren Maß­stab, ver­steht sich. Aber das Prin­zip der Ver­tei­di­gungs­wäl­le mit stern­för­mig ge­zack­ten Vor­sprün­gen, Rück­sprün­gen, Wach­türm­chen etc. ist hier wie da das glei­che. Der im­mense Auf­wand, der hier in frü­he­ren Epo­chen be­trie­ben wur­de, legt ein be­red­tes Zeug­nis ab von der stra­te­gi­schen Wich­tig­keit Mal­tas über Jahr­hun­der­te hin­weg.

Doch ver­las­sen wir die trut­zi­gen Re­lik­te krie­ge­ri­scher Zei­ten und wen­den wir uns wie­der der fried­li­chen Ge­gen­wart zu. Im im­mer noch recht idyl­li­schen Fi­scher­ort Mar­sax­l­okk (das »x« wird zi­schend wie »sch« aus­ge­spro­chen) sind die bun­ten Boo­te der Fi­scher am frü­hen Nach­mit­tag schon längst wie­der ein­ge­lau­fen und im Ha­fen ver­täut:

Der Hafen von Marsaxlokk

Der dem Ver­zehr von Mee­res­früch­ten ge­mein­hin nicht zu­ge­neig­te Chro­nist hat sich den lo­ka­len Ge­ge­ben­hei­ten an­ge­paßt und di­rekt an der Mo­le in ei­nem der zahl­rei­chen Re­stau­rants ei­nen Fisch­tel­ler ver­speist (oh­ne den Tel­ler na­tür­lich) und fand die drei ver­schie­de­nen Fi­lets tat­säch­lich gar nicht mal so übel. Den Ver­zehr ten­ta­kel­be­haf­te­ter Kopf­füß­ler in­des lehnt er wei­ter­hin strin­gent ab, da­für mag er die in­tel­li­gen­ten und ver­spiel­ten Kra­ken und Tin­ten­fi­sche viel zu sehr lei­den. Freun­de ißt man nicht.

Zwei Ta­ge spä­ter ka­men wir er­neut nach Mar­sax­l­okk, wel­ches dies­mal den End­punkt ei­ner in Mar­saska­la be­gin­nen­den Wan­de­rung dar­stell­te. Un­ter­wegs ka­men wir an gran­dio­sen Klip­pen vor­bei, die den be­kann­ten Krei­de­fel­sen auf Rü­gen nicht ganz un­ähn­lich se­hen:

Klippen bei Marsaskala am Ostzipfel Maltas

Klei­ner Ein­schub: Im Ver­gleich zu un­se­rem letz­ten In­sel-Ur­laub auf La Pal­ma wa­ren die Wan­de­run­gen auf Mal­ta ins­ge­samt we­ni­ger schlau­chend (schon auf­grund der deut­lich ge­rin­ge­ren Hö­hen­un­ter­schie­de und der Ab­we­sen­heit von un­ter dem Fuß weg­rut­schen­der Vul­kan­asche), we­ni­ger zi­vi­li­sa­ti­ons­fern und da­mit un­ter dem Strich ab­wechs­lungs­rei­cher. So ver­wun­dert es we­nig, daß ich aus 2,5 Wo­chen auf Mal­ta dop­pelt so­vie­le Fo­tos heim­ge­bracht ha­be als von drei Wo­chen auf La Pal­ma...

In Mar­sax­l­okk an­ge­kom­men, zeig­te sich der Him­mel dies­mal nicht mehr so die­sig wie am Vor­vor­ta­ge, als das wei­ter oben ge­zeig­te Fo­to vom Boots­ge­wim­mel im Ha­fen­becken ent­stan­den war. Dies­mal war das sat­te Blau des Him­mels kaum noch zu stei­gern, und so er­gab sich end­lich die Ge­le­gen­heit, das ty­pi­sche Rei­se­füh­rer­mo­tiv schlecht­hin ein­zu­fan­gen und fest­zu­hal­ten:

traditionelles Fischerboot mit dem Horusauge

Ja, so ein pop­pi­ges Luz­zu macht schon was her, erst recht, wenn sein be­schüt­zen­des Ho­rusau­ge so sorg­fäl­tig be­malt ist wie an dem ge­zeig­ten Ex­em­plar! Ein­mal mehr war der zone­batt­ler froh, sich für Per­spek­ti­ven wie die­se dank des Schwenk­dis­plays sei­ner Ka­me­ra nicht zu aben­teu­er­li­chen akro­ba­ti­schen Ver­ren­kun­gen her­ab­las­sen zu müs­sen...

Kaum we­ni­ger pit­to­resk als die bun­ten Boo­te sind die elek­tri­schen In­stal­la­tio­nen auf Mal­ta, de­ren ober­ir­di­sche Lei­tungs­füh­rung eher prag­ma­ti­schen Er­wä­gun­gen zu fol­gen scheint als den deut­schen Si­cher­heits­vor­schrif­ten und den an­er­kann­ten Re­geln der Tech­nik: Wo ein­mal ein Ka­bel ge­spannt wor­den ist, kommt hier noch eins da­zu und da noch eins dran, und ob das al­les so wit­te­rungs­fest und auf Dau­er un­ge­fähr­lich ist wie es sein soll­te und müß­te, ist doch mehr als frag­lich. Egal, des Fo­to­gra­fen Au­ge er­freut das Spiel von Licht und Schat­ten je­den­falls:

Stromleitungen und Anzapfungen an einer Hausecke

Bei sol­chen und ähn­li­chen An­blicken (die Ab­was­ser­rohr­füh­run­gen an den Au­ßen­wän­den mu­ten mit­un­ter ähn­lich aben­teu­er­lich an) fra­ge ich mich zu­wei­len, ob die Süd­län­der nun zu lax oder wir Nord­län­der nur zu pe­ni­bel sind in der Be­ur­tei­lung und Hand­ha­bung in­fra­struk­tu­rel­ler An­ge­le­gen­hei­ten. Viel mehr Un­fäl­le als bei uns scheint es an­dern­orts ja auch nicht zu ge­ben, was durch­aus ge­gen ei­ne über­mä­ßi­ge Re­gle­men­tie­rung sprä­che. An­de­rer­seits muß das aus­häu­sig an­ge­brach­te Ma­te­ri­al in un­se­ren Brei­ten ge­mein­hin mehr aus­hal­ten, schließ­lich sind die Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen übers Jahr ge­se­hen grö­ßer. Wie dem auch sei, von Strom­un­fäl­len oder plötz­li­chen Was­ser­ein­brü­chen sind wir wäh­rend un­se­res Ur­laubs ver­schont ge­blie­ben...

So, nach­dem ich heu­te den blau­en Farb­topf auf­ge­macht ha­be, darf ein Schön­wet­ter­blick auf den Ha­fen von Val­let­ta von der Fe­stung ge­gen­über na­tür­lich nicht feh­len:

Wachturm am Grand Harbour von Valletta

Er­staun­lich üb­ri­gens, das man selbst an viel­ge­knip­sten und sehr be­lieb­ten Tou­ri­sten-High­lights wie die­sem Wach­türm­chen sel­ten ein Pro­blem da­mit hat, »men­schen­lee­re« An­sich­ten ab­zu­lich­ten: Die Men­ge ver­läuft sich (wohl auch in des Wor­tes mehr­fa­cher Be­deu­tung) in den Stra­ßen und Gas­sen, man fin­det we­ni­ge Schrit­te ab­seits der Zen­tren schnell in ru­hi­ge und be­schau­li­che Ecken...

Ein ab­schlie­ßen­der Sprung quer über die In­sel in den Nord­we­sten führt uns zu ei­nem präch­tig re­stau­rier­ten al­ten Pa­last, den ich hier gleich­falls vor des Him­mels tief­ster Bläue prä­sen­tie­ren möch­te:

Selmun Palace unweit der Stadt Mellieha

Dank ge­schick­ter Stand­ort­wahl des Fo­to­gra­fen ver­deckt der al­te Klotz in der Nä­he der Stadt Mel­lieħa das weit we­ni­ger schö­ne Lu­xus­ho­tel da­hin­ter, mit des­sen Lu­xus es aus­weis­lich di­ver­ser Be­wer­tungs­po­ra­le aber auch nicht mehr weit her sein soll. Nicht im­mer hal­ten die Zu­stän­de im In­ne­ren, was die Fas­sa­den ver­spre­chen, aber das ist ja nicht nur auf Mal­ta so.

Auch des zonebattler’s Ein­las­sun­gen ent­spre­chen nicht im­mer den selbst­auf­er­leg­ten Stan­dards, das krampf­haf­te Ent­lang­han­geln an der Far­be von Him­mel und Was­ser war ver­mut­lich nicht der Weis­heit letz­ter Schluß für ei­nen ei­ni­ger­ma­ßen le­ser­li­chen Rei­se­be­richt, aber ich trö­ste mich mit dem Ge­dan­ken, daß die mei­sten mei­ner ge­schätz­ten Le­se­rIn­nen oh­ne­hin lie­ber bun­te Bild­chen an­schau­en als el­len­lan­ge Tex­te am Bild­schirm stu­die­ren. Den­noch will ich na­tür­lich auch die wirk­lich Wiß­be­gie­ri­gen nicht ver­prel­len und ver­spre­che hier­mit leicht­hin, mich in der näch­sten Fol­ge wie­der et­was zu­sam­men­zu­rei­ßen und ge­halt­vol­le­re Sen­ten­zen ab­zu­son­dern.

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Sonntag, 3. Juni 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (4)

Ge­mein­hin sind wir im Ur­laub weit­ge­hend aut­ar­ke Selbst­ver­sor­ger, die früh­mor­gend­li­che Be­geg­nun­gen mit Ha­se und Igel sol­chen mit Hinz und Kunz vor­zie­hen. Den­noch hat­ten wir dies­mal das grup­pen­dy­na­mi­sche Ex­pe­ri­ment ge­wagt, ei­nen mehr­wö­chi­gen Ho­tel­auf­ent­halt mit Teil­nah­me am Früh­stücks-Buf­fet im haus­ei­ge­nen Re­stau­rant zu bu­chen. Und in­ter­es­sant ge­riet es al­le­mal: Das an bri­ti­schen Ge­schmacks­prä­fe­ren­zen ori­en­tier­te Nah­rungs­an­ge­bot war durch­aus ge­nieß­bar, wenn­gleich et­was arm an Ab­wechs­lung. Wir pepp­ten uns den Start in den Tag ge­le­gent­lich mit selbst mit­ge­brach­ten To­ma­ten auf, denn au­ßer ein paar ge­häck­sel­ten Blätt­chen gab es nichts, was an Sa­lat er­in­nert hät­te. Aber gut, man kann sich auch von Mues­li, Toast­broat mit Schei­ben­kä­se und/oder Mar­me­la­de so­wie Spie­gelei (sun­ny si­de up) er­näh­ren. Ei­ne Zeit­lang je­den­falls...

Als ei­ne ku­li­na­ri­sche Of­fen­ba­rung er­sten Ran­ges ent­pupp­ten sich hin­ge­gen die lo­ka­len Back­wa­ren, zum Ex­em­pel die knusp­rig-war­men Blät­ter­teig­ta­schen mit Fül­lun­gen aus Schafs­kä­se oder Erb­sen­pü­ree (letz­te­res ge­würzt mit Kreuz­küm­mel). Auch die sü­ßen Ver­su­chun­gen auf Mal­ta sind von ex­qui­si­tem Ge­schmack und wur­den vom für der­lei Gau­men­freu­den stets emp­fäng­li­chen zone­batt­ler ger­ne ver­stoff­wech­selt. Sein Fa­vo­rit wa­ren die aus dem na­hen Si­zi­li­en in den mal­te­si­schen Kü­chen-Ka­non über­nom­me­nen Can­no­li:

Auf Gozo gesehene (und anschließend vertilgte) Cannoli Siciliani

Glück­li­cher­wei­se fan­den das zu­min­dest men­gen­mä­ßig üp­pi­ge Früh­stück und die am­bu­lan­te Spe­ze­rei­en-Ver­ko­stung un­ter­wegs ih­ren Aus­gleich in re­ger kör­per­li­cher Be­tä­ti­gung, sonst wä­re der Ver­fas­ser die­ser Zei­len um ei­ni­ges schwe­rer heim­ge­kom­men, als er zur Rei­se auf­ge­bro­chen war. Aber zu un­se­rer Er­leich­te­rung (sic!) ha­ben die aus­ge­dehn­ten Wan­de­run­gen die er­höh­te Ka­lo­rien­zu­fuhr aus­ge­gli­chen, und mei­ner ei­ner kann jetzt bei kon­stant ge­blie­be­nem Dienst­ge­wicht von vie­ler­lei gau­men­kitz­le­ri­schen Er­in­ne­run­gen zeh­ren...

Aber na­tür­lich auch von bild­li­chen sol­chen, die sich in mei­ne Netz­haut und we­ni­ge Au­gen­blicke spä­ter in den Sen­sor mei­ner Ka­me­ra ein­ge­brannt ha­ben! Dar­um klap­pen wir nach all dem spei­chel­fluß­för­dern­den Ge­re­de ums Ge­fut­te­re jetzt end­lich das bun­te Bil­der­al­bum auf und blät­tern ein we­nig dar­in her­um. Was hier hin­ter der früh­lings­fro­hen Fau­na hin­ter ei­nem Mäu­er­chen her­vor­lugt, ist die Kup­pel­kir­che von Mġarr:

Die Pfarrkirche Sta. Maria aus großer Entfernung

In ei­ner be­schau­li­chen 3000-See­len-Ge­mein­de im Nord­we­sten Mal­tas steht al­so ei­ne der größ­ten Kup­pel­kir­chen der Welt! Doch das ver­wun­dert hier nie­man­den, denn es gibt hier noch mehr Got­tes­häu­ser von bom­ba­sti­schen Aus­ma­ßen. Tat­säch­lich sind die zahl­rei­chen Sa­kral­bau­ten wich­ti­ge Land­mar­ken, und so fin­den auf Mal­ta be­son­de­re Ver­kehrs­schil­der Ver­wen­dung, die den des We­ges kom­men­den Pil­ger auf die weit­hin sicht­ba­ren, hei­li­gen Hal­len hin­wei­sen:

Wir nähern uns Mġarr auf staubigen Pfaden...

Je nä­her wir dem Dor­fe ka­men, de­sto gi­gan­ti­scher er­schien uns die Kir­che. Al­le paar Me­ter blieb ich ste­hen, um stau­nend auf den Aus­lö­ser zu drücken und in Bits und Bytes fest­zu­hal­ten, was ei­nem in die­ser Form und Grö­ße da­heim in Deutsch­land nicht be­geg­net, selbst in den tief­ka­tho­lisch­sten Ecken Bay­erns nicht:

Und noch einmal: die Kuppelkirche Sta. Maria in Mġarr

Üb­ri­gens ist je­nes pom­pö­se Got­tes­haus nicht an­nä­hernd so alt, wie man viel­leicht mei­nen könn­te: Im Jah­re des Herrn 1912 be­gon­nen, wur­de die Kir­che erst nach dem 2. Welt­krieg fer­tig­ge­stellt. Auch heu­te noch wä­re die Spen­dier­freu­dig­keit der lo­ka­len Chri­sten­heit ka­tho­li­scher Ge­schmacks­rich­tung wo­mög­lich zur Fi­nan­zie­rung ver­gleich­ba­rer Pro­jek­te in der La­ge, al­lein wo­zu? Es gibt ja kei­nen Ort und kei­ne Sied­lung auf Mal­ta, die nicht schon über (min­de­stens) ei­ne Kir­che ver­füg­ten...

Im In­ne­ren des Mġarr’schen Ex­em­pla­res ha­ben wir uns na­tür­lich auch um­ge­se­hen, die Ka­me­ra ha­be ich dort in­des nicht ge­zückt, ich weiß gar nicht mehr so recht, war­um. Ver­mut­lich weil mich die Ein­rich­tung nicht so sehr be­ein­druckt hat wie je­ne der er­heb­lich äl­te­ren St. Ma­ry of Je­sus Church in Ra­bat mit ih­ren in­ten­si­ven Far­ben:

Im Inneren der St. Mary of Jesus Church in Rabat

So­gar des zonebattler’s bes­se­re Hälf­te, die auf Rei­sen ty­pi­scher­wei­se kaum ei­ne Kir­che aus­läßt, war dies­mal ob der schie­ren Zahl christ­li­cher Kult­stät­ten des Be­sich­ti­gens ir­gend­wann über­drüs­sig. Aber es bot sich kul­tur­hi­sto­risch be­deut­sa­mer Er­satz an in Form der me­ga­li­thi­schen Tem­pel aus der spä­ten Jung­stein­zeit. In Tar­xien gibt es bei­spiels­wei­se ei­ne ko­los­sa­le Da­me oh­ne Ober­leib zu be­wun­dern, die »Ma­gna Ma­ter«:

»Magna Mater« in der Tempelanlage von Tarxien

Der Schluß liegt na­he, daß das weib­li­che Ide­al­bild von vor gut 6000 Jah­ren ein eher üp­pi­ges war. Scha­de, daß der Rest des Tor­sos im Lau­fe der Ge­schich­te ver­lo­ren ge­gan­gen ist!

Nur ein paar Me­ter von der dicken Ma­ma ent­fernt steht die­ser höchst be­mer­kens­wer­te Plat­ten­bau (den auch die Rück­sei­ten al­ler mal­te­si­schen Kup­fer­mün­zen in sti­li­sier­ter Form zei­gen):

jungsteinzeitliche Architektur in der Tempelanlage von Tarxien

Die ver­wen­de­ten Stein­qua­der und ‑plat­ten stam­men (was man ja heut­zu­ta­ge mit wis­sen­schaft­li­chen Me­tho­den zwei­fels­frei er­mit­teln kann) nicht aus Stein­brü­chen der nä­he­ren Um­ge­bung, sind al­so an­ders­wo (oh­ne Me­tall­werk­zeu­ge!) be­hau­en und dann über gro­ße Di­stanz zum »Bau­platz« ge­schafft wor­den. Oh­ne Krä­ne und Tief­la­der, ver­steht sich, si­cher auch oh­ne Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren, EU-wei­ter Auschrei­bung, Ar­chi­tek­ten­wett­be­werb, Un­fall­ver­hü­tungs­ein­wei­sung und Ein­hal­tung ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­ner Ar­beits­schutz­pau­sen, was die Sa­che (und die nach­ge­wie­se­ne Halt­bar­keit des Re­sul­tats) noch er­staun­li­cher macht...

Der Tag neigt sich nun­mehr sei­nem En­de zu, dem Au­tor ver­schwim­men die vie­len Bil­der lang­sam vor Au­gen und sein Geist wird trä­ge. Wir schau­en da­her in der rasch ein­set­zen­den Däm­me­rung noch ver­son­nen ei­nem Seg­ler nach, be­vor wir un­se­rer­seits für heu­te die Se­gel strei­chen:

Segelboot vor St. Julian's im letzten Sonnenlicht

So ger­ne ich pit­to­res­ke Was­ser­fahr­zeu­ge ab­lich­te, ich selbst ha­be lie­ber fe­sten Bo­den un­ter den Fü­ßen, um bei kla­rem Kop­fe zu blei­ben und mei­ne Ka­me­ra ru­hig hal­ten zu kön­nen. Zu­min­dest letz­te­res ist mir über­wie­gend ge­lun­gen: In der näch­sten Fol­ge geht es in Kür­ze wei­ter mit knall­bun­ten und knack­schar­fen Bil­dern hart an der Kitsch­kan­te ent­lang.

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Montag, 28. Mai 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (3)

So, heu­te nun nimmt sich der Chro­nist end­lich den ÖPNV auf Mal­ta vor, der nicht oh­ne Grund zum Na­mens­stif­ter sei­ner dies­jäh­ri­gen Rei­se­be­richt­erstat­tung wur­de.

Frü­her – al­so ich mei­ne ganz frü­her – muß­te ja je­der selbst schau­en, wo er bleibt (und wie er bei Be­darf wo­an­ders hin­kommt). Erst in der (re­la­ti­ven) Neu­zeit kam die Idee des öf­fent­li­chen Per­so­nen­trans­ports auf. An­ge­fan­gen hat die Lohn­kut­sche­rei der­ma­l­einst wohl mit 1 PS, und noch heu­te kann man sich von ei­nem gleich­mü­tig kau­en­dem Gaul bei­spiels­wei­se durch Val­let­ta zie­hen las­sen:

Ein Einspänner in Valletta

Die lie­be­voll re­stau­rier­ten und be­stens ge­pfleg­ten Ein­spän­ner die­nen heut­zu­ta­ge na­tür­lich pri­mär der am­bu­lan­ten Tou­ri­sten-Ver­schau­ke­lung, doch auch die­se schei­nen nicht mehr so stark dar­auf an­zu­spre­chen wie ehe­dem: Un­ser­eins hat je­den­falls auf Mal­ta mehr war­ten­de als tra­ben­de Pfer­de­fü­ße ge­se­hen.

Zeit­gleich zur auf­kom­men­den Mo­to­ri­sie­rung zu Be­ginn des 20. Jahr­hun­derts wur­de der Om­ni­bus (lat.: »für al­le«) er­fun­den, und auf dem klei­nen In­sel­staat ver­mehr­ten sich die prak­ti­schen Groß­raum­fahr­zeu­ge ganz au­ßer­o­dent­lich schnell, wo­mög­lich in­fol­ge des mil­den Mee­res­kli­mas. Bis vor knapp ei­nem Jahr tucker­ten leuch­tend gelb-oran­ge-weiß be­mal­te Bus­se äl­te­rer Jahr­gän­ge und Bau­jah­re in gro­ßer Zahl quer durch Mal­ta, und wenn man den Er­zäh­lun­gen der Ein­hei­mi­schen Glau­ben schenkt, dann hat das be­stens funk­tio­niert: Die Bus­se ge­hör­ten näm­lich Klein­un­ter­neh­mern, die selbst am Steu­er sa­ßen und für die ste­te In­stand­hal­tung ih­res rol­len­den Ka­pi­tals aus vi­ta­lem Ei­gen­in­ter­es­se Sor­ge tru­gen. Den Fahr­plan konn­ten sie wohl schon da­mals nicht wirk­lich ein­hal­ten, aber im­mer­hin, ei­ne ge­wis­se Ver­läss­lich­keit und Re­gel­mä­ßig­keit schien al­le­mal ge­währ­lei­stet. Das frei­lich ist nun end­gül­tig Ver­gan­gen­heit, die stil- und cha­rak­ter­vol­len Fahr­zeu­ge sind heu­te ein sel­te­ner An­blick ge­wor­den, es kur­ven nur noch we­ni­ge die­ser Old­ti­mer als be­stens auf­po­lier­te Blick- und Kun­den­fän­ger pri­va­ter Tou­ren­an­bie­ter her­um:

traditioneller Bus auf Nostalgie-Trip

Die Ge­gen­wart ist un­gleich nüch­ter­ner, die Glo­ba­li­sie­rung hielt vor Jah­res­frist Ein­zug in Form der gro­ßen Fir­ma Ar­ri­va aus dem fer­nen Eng­land. Die­se ist heu­te ih­rer­seits ei­ne Toch­ter der Deut­schen Bahn, von ger­ma­ni­schen Stan­dards in Sa­chen Or­ga­ni­sa­ti­on und Pünkt­lich­keit (ja­wohl!) ist man hier je­doch noch Licht­jah­re ent­fernt.

Die Ur­sa­chen da­für sind si­cher­lich viel­fäl­ti­ger Na­tur, nicht we­ni­ge da­von lie­gen frei­lich of­fen­sicht­lich zu­ta­ge und be­dür­fen kei­ner für teu­er Geld ein­ge­kauf­ten Un­ter­neh­mens­be­ra­ter, um iden­ti­fi­ziert und an der Wur­zel ge­packt zu wer­den. Es geht im Grun­de schon mit den Fahr­zeu­gen los, die man ge­nau­so­gut in Lon­don hät­te ab­lich­ten kön­nen:

Ein Gelenk-Bus (Mercedes-Benz Citaro) am zentralen Busbahnhof von Valletta

Ne­ben die­sen enorm gro­ßen Ge­lenk-Bus­sen vom Typ Mer­ce­des-Benz Ci­ta­ro kom­men auf Mal­ta vor al­lem Fahr­zeu­ge des chi­ne­si­schen Her­stel­lers King Long zum Ein­satz. Die mo­der­nen Nie­der­flur­bus­se pas­sen mit ih­rer tür­ki­sen­en Lackie­rung und den sehr dun­kel ge­tön­ten Sei­ten­schei­ben nicht nur au­ra­tisch schlecht zum süd­län­disch-folk­lo­ri­sti­schen Flair der In­sel, son­dern vor al­lem kaum bis al­ler­knäpp­stens durch die en­gen Stra­ßen! Zeit­rau­ben­des Ran­gie­ren im Zen­ti­me­ter­be­reich, Hup­kon­zer­te und tem­po­rä­re Ver­kehrs­in­fark­te in den Stadt­zen­tren sind da­mit vor­pro­gram­miert und un­aus­weich­lich. Nicht im­mer ge­hen die Ma­nö­ver glimpf­lich aus, nach ge­ra­de ein­mal zehn Mo­na­ten Be­triebs­zeit zeigt man­cher Bus schon mehr Schram­men als an­de­re an­ders­wo nach Jah­ren. Auch au­ßer­halb der Ort­schaf­ten wer­den die Fahr­zeu­ge hart ran­ge­nom­men, wir ha­ben es im­mer wie­der er­lebt, daß die Fahr­wer­ke von un­ten ans Chas­sis krach­ten, weil die Fe­dern und die Stoß­dämp­fer über Ge­bühr (und über den An­schlag hin­aus) be­an­sprucht wur­den. Fesch und oh­ne Fehl und Ta­del ist hin­ge­gen die schmucke Uni­for­mie­rung der be­schlip­sten Fah­rer, auch wenn das kaum dar­über hin­weg­trö­sten kann, daß die teil­wei­se aus Eng­land im­por­tier­ten Män­ner hin­term Steu­er zu­wei­len we­der die Spra­che der Ein­hei­mi­schen ver­ste­hen noch die lo­ka­le To­po­gra­phie ver­in­ner­licht ha­ben...

Doch es sind nicht nur die Bus­se selbst und die Stra­ßen, die schlecht mit­ein­an­der zu har­mo­nie­ren schei­nen: Auch das or­ga­ni­sa­to­ri­sche Drum­her­um folgt höchst rät­sel­haf­ten Prin­zi­pi­en, um es mal freund­lich aus­zu­drücken. Da­bei sieht zu­nächst al­les ganz über­sicht­lich aus, wenn man sich ei­ner Bus­hal­te­stel­le nä­hert:

Bushaltestelle mit bunten Linien-Nummern

Al­le We­ge füh­ren von hier aus nach Val­let­ta, so­viel ist klar. Auch die Num­mern der Bus­li­ni­en sind deut­lich zu er­ken­nen, nur kor­re­lie­ren die dum­mer­wei­se nicht im­mer mit je­nen im Falt­blatt mit der Rou­ten­über­sicht. Hier ei­ne klei­ne Zu­sam­men­stel­lung un­se­rer im Wort­sin­ne ge­mach­ten Er­fah­run­gen wäh­rend des Be­ob­ach­tungs­zeit­raums von im­mer­hin 16 Ta­gen:

  • Die Rou­ten­dar­stel­lung im of­fi­zi­el­len und al­ler­or­ten ver­teil­ten Fly­er ist stark ver­bes­se­rungs­be­dürf­tig: End­hal­te­stel­len und Um­stei­ge­mög­lich­kei­ten sind nicht ein­deu­tig zu er­ken­nen, die re­al er­leb­te Strecken­füh­rung weicht teils gra­vie­rend von der Dar­stel­lung auf dem Pa­pier ab.

  • Man be­steigt froh­ge­mut und ziel­ge­rich­tet den Bus der Li­nie x, kommt aber ganz wo­an­ders hin, als man ge­plant hat­te, weil der Bus wäh­rend der Fahrt (und vom Fahr­gast un­be­merkt) zu ei­nem der Li­nie y kon­ver­tiert ist.

  • Bus­se hal­ten trotz Win­kens der War­ten­den nicht an ih­ren Soll-Hal­te­stel­len und fah­ren schnei­dig durch, da­für hal­ten ge­le­gent­lich an­de­re mit ei­gent­lich nicht vor­ge­se­he­ner Li­ni­en-Num­mer.

  • Es ver­keh­ren so­gar Bus­se, de­ren au­ßen an­ge­zeig­te Li­nie we­der im Über­sichts­plan ent­hal­ten noch an der Hal­te­stel­le an­ge­schrie­ben ist. Die­se »Gei­ster­bus­se« sind ziem­lich leer, wohl weil sich nie­mand so recht traut, sie zu be­stei­gen...

  • Bei no­mi­nel­lem 15-Mi­nu­ten-Takt steht man sich an ei­ner öden und stau­bi­gen Kreu­zung ei­ne knap­pe Stun­de lang die Bei­ne in den Bauch, dann kom­men drei lee­re Bus­se un­mit­tel­bar hin­ter­ein­an­der an­ge­fah­ren. Für ei­ne vor­her­ge­hen­de Ge­mein­schafts­pau­se des be­tei­lig­ten Fahr­per­so­nals gibt es in­des kei­ne be­last­ba­ren Be­le­ge.

  • So­gar auf Strecken mit ge­rin­ger Fre­quenz (1 Bus/Stunde) fal­len Bus­se oh­ne je­de Vor­war­nung aus, sie kom­men ein­fach nicht (und be­sche­ren den War­ten­den min­de­stens ei­ne wei­te­re Stun­de ge­mein­schaft­lich ban­gen Hof­fens).

  • Aus­hän­ge zur Be­kannt­ma­chung be­vor­ste­hen­der Plan­um­stel­lun­gen wer­den an den Hal­te­stel­len der­ge­stalt in die Rah­men mit den gül­ti­gen Ab­fahrts­ta­feln ge­steckt, daß die­se kom­plett ver­deckt wer­den.

  • Es darf grund­sätz­lich und auch bei gro­ßem Rei­sen­den­an­drang nur vorn beim Fah­rer ein­ge­stie­gen wer­den. Wenn ei­ne Rei­se­grup­pe zu­steigt (was an den ho­tel­ge­spick­ten Ufer­pro­me­na­den nicht eben sel­ten vor­kommt) und jede(r) erst sein/ihr Ticket lö­sen muß, sind fünf Mi­nu­ten weg wie nix...

  • Mög­li­cher­wei­se zum Aus­gleich wird da­für an re­gu­lä­ren Stopps mit­un­ter vor­bei­ge­fah­ren, selbst wenn Rei­sen­de per Knopf­druck ih­ren Aus­stei­ge­wunsch ein­deu­tig si­gna­li­siert ha­ben.

  • Die In­fo-Dis­plays im In­ne­ren zei­gen ge­le­gent­lich an was sie sol­len (die Rou­te und die näch­ste Hal­te­stel­le näm­lich), ger­ne aber auch fern­öst­li­che Hal­te­punk­te (De­mo-Mo­dus in den King Long-Bus­sen), kryp­ti­sche Feh­ler­mel­dun­gen aus den Tie­fen der Firm­ware (»Text(0x32 to 0xFF) Whe­re TTTT is ANSI Latin‑1«) oder son­sti­ge Sta­tus­mel­dun­gen von ge­rin­gem Nut­zen für die Pas­sa­gie­re.

Die ge­schil­der­ten (und kei­nes­wegs über­trie­ben dar­ge­stell­ten) »Ei­gen­hei­ten« füh­ren da­zu, daß die Bus­se fast nur von Tou­ri­sten und hei­mi­schen Ru­he­ständ­lern, kaum je­doch von der be­rufs­tä­ti­gen Be­völ­ke­rung fre­quen­tiert wer­den. Kein Wun­der, denn wer zu be­stimm­ten Zei­ten ir­gend­wo sein will oder muß, hat schlech­te Kar­ten, wenn er sich der Ar­ri­va an­ver­traut. Die scheint in­des auch oh­ne Be­rufs­pend­ler aus­kom­men zu kön­nen, die Bus­se sind auch so re­gel­mä­ßig prop­pen­voll bis heil­los über­füllt...

Informations-Display in einem Arriva-Bus

Für die Über­win­dung der doch eher über­schau­ba­ren Di­stan­zen ha­ben wir lei­der re­gel­mä­ßig sehr viel län­ger ge­braucht als er­war­tet und konn­ten da­her un­se­re ge­plan­ten Wan­de­run­gen im Land meist erst am spä­ten Vor­mit­tag an der da­für aus­er­wähl­ten Stel­le an­tre­ten. Doch al­len Wid­rig­kei­ten und an Hal­te­stel­len war­tend ver­pul­ver­ten Stun­den zum Trotz war der Bus un­ter dem Strich wohl die bes­se­re Wahl: Ein Miet­au­to mit un­ge­wohn­ter Rechts­len­kung hät­te dem Be­richt­erstat­ter im Ver­ein mit dem re­gen Ver­kehr und der ru­di­men­tä­ren Stra­ßen­be­schil­de­rung deut­lich mehr Streß be­rei­tet!

Zu lo­ben sind zu gu­ter Letzt die sehr über­sicht­li­chen Ta­ri­fe: Es gibt Ta­ges- und Wo­chen­kar­ten, mit ei­nem 7‑­Ta­ges-Ticket für EUR 12,00 wird man als Erwachsene(r) durch­aus preis­wert durch das Land chauf­fiert (Go­zo ko­stet ex­tra). Wen­den wir uns jetzt aber von der Stra­ße ab und dem Ver­kehr auf dem Was­ser zu. So ei­nen dicken Pott wie die­sen hier hat­te der zone­batt­ler noch nie zu­vor ge­se­hen:

großes Kreuzfahrtschiff im Hafen von Valletta

Ein Kreuz­fahrt­schiff ist sei­nem We­sen nach ei­ne schwim­men­de Rei­sen­den­be­spaßungs­an­la­ge: Der Pas­sa­gier soll un­ab­läs­sig un­ter­hal­ten sein und da­bei stil­voll von sei­nem Ta­schen­gel­de ge­trennt wer­den. Den­noch droht sich zwi­schen Schla­fen, Es­sen, Shop­pen, wie­der Es­sen, Spie­len, Kon­su­mie­ren, noch­mal Es­sen und dem Be­wun­dern des Son­nen­un­ter­gangs doch ir­gend­wann die Lan­ge­wei­le ein­zu­schlei­chen.

Da­mit es da­zu nicht kommt, wer­den re­gel­mä­ßig die Hä­fen pit­to­res­ker Städ­te an­ge­fah­ren und straff or­ga­ni­sier­te Land­gän­ge vor­ge­se­hen. Das wei­ße Traum­schiff legt al­so an, öff­net sei­ne Lu­ken und spuckt in Re­kord­zeit meh­re­re Tau­send Tran­sit-Tou­ri­sten aus, die nach Art ei­nes Heu­schrecken-Schwar­mes so­gleich sum­mend in Rich­tung In­nen­stadt da­von­schwir­ren.

die schwimmende Vergnügungsstadt aus der Nähe

Zacki­ge Führer(innen) tra­gen Feld­zei­chen in Form über­di­men­sio­na­ler Tisch­ten­nis­schlä­ger vor sich her, auf de­nen die Num­mer ih­res je­wei­li­gen Trup­pen­teils weit­hin sicht­bar auf­ge­malt ist. In dich­ter Tak­tung flu­ten die Di­vi­sio­nen durch die kurz vor­her noch ge­müt­lich da­hin­däm­mern­den Park- und Fe­stungs­an­la­gen. Des Be­ob­ach­ters Ohr wird mit ei­ner ba­by­lo­ni­schen Spra­chen­viel­falt be­auf­schlagt, in der die ein­stu­dier­ten Er­läu­te­run­gen vom Füh­rungs­per­so­nal rou­ti­niert ab­ge­spult wer­den. Par­al­lel da­zu wird von den Ein- und Durch­ge­schleu­sten fo­to­gra­fisch ab­ge­lich­tet, was im­mer vor die Lin­se kommt und sich nicht rasch ge­nug in Si­cher­heit brin­gen kann.

So schnell wie die Pla­ge ein­ge­fal­len ist, so schnell zieht sie an­schlie­ßend auch wei­ter zum näch­sten Point of In­te­rest. Ist ja kein Wun­der, die Zeit ist knapp und die Lo­gi­stik an­spruchs­voll. Punkt 17:00 Uhr tu­tet der schwim­men­de Frei­zeit­park aus al­len Hör­nern und mahnt zum Auf­bruch: Der Scharm macht kehrt und sucht sei­nen Weg zu­rück, es wu­selt die Gang­ways hin­auf und hin­ein an Bord, ex­akt ei­ne Stun­de spä­ter legt der Damp­fer ab und nimmt Kurs zum näch­sten In­va­si­ons­ab­schnitt...

Man sieht die Stadt vor lauter Masten kaum: ein typischer Yachthafen Maltas

We­ni­ger ef­fi­zi­ent und durch­ge­tak­tet geht es in den Yacht­hä­fen und an den zahl­rei­chen Ma­ri­nas zu, die an den Grand Har­bour von Val­let­ta an­schlie­ßen. Je wei­ter man sich im­mer an der Was­ser­kan­te lang von Val­let­ta ent­fernt, de­sto be­schau­li­cher und we­ni­ger pom­pös wird die Sze­ne­rie. Wer durch die Th­ree Ci­ties Co­s­picua, Vitto­rio­sa und Sen­glea ge­schlen­dert und end­lich in Kal­ka­ra an­ge­kom­men ist, fin­det dort kaum noch Tou­ri­sten, wohl aber un­prä­ten­tiö­se Lo­ka­le vor, in bzw. vor de­nen man es sich – im Krei­se von Ein­hei­mi­schen – gut­ge­hen las­sen kann. Über die er­folg­rei­che Ver­ko­stung der äu­ßerst preis­wer­ten und schmack­haf­ten Lecke­rei­en wer­de ich dann in der näch­sten Fol­ge ein paar Wor­te ver­lie­ren...

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Samstag, 26. Mai 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (2)

Kaum mehr als zwei Stun­den nach dem Start im ver­nie­sel­reg­ne­ten Nürn­berg setz­ten wir zur (dann wind­bö­en­be­dingt et­was rum­pe­lig ge­ra­ten­den) Lan­dung auf dem Flug­ha­fen von Mal­ta an. Zwar wa­ren wir men­tal längst dar­auf ein­ge­stellt, in ein ziem­lich dicht be­sie­del­tes Land ein­zu­schwe­ben, den­noch wa­ren wir vom un­ge­wohn­ten An­blick der mo­no­chro­men Häu­ser­mas­sen ei­ni­ger­ma­ßen über­rascht und fas­zi­niert:

im Anflug auf Malta

Wäh­rend des Bus­trans­fers zu un­se­rem an der nörd­li­chen Strand­pro­me­na­de von Sli­e­ma ge­le­ge­nen Ho­tel ka­men wir aus dem Stau­nen nicht her­aus: Über­all brumm­te und wu­sel­te es, so daß man gar nicht wuß­te, wo man nun zu­erst hin­gucken soll­te. Em­si­ges Trei­ben al­ler­or­ten, wie in ei­nem Bie­nen­stock!

Gleich nach der In­be­sitz­nah­me der tem­po­rä­ren Blei­be und dem Ver­stau­en der mit­ge­brach­ten Hab­se­lig­kei­ten und Aus­rü­stungs­ge­gen­stän­de er­kun­de­ten wir die nä­he­re Um­ge­bung un­se­res Stütz­punk­tes und fan­den jen­seits der be­leb­ten Ufer­pro­me­na­de recht schnell in ent­span­nungs­rei­che Ge­fil­de...

Dösender

Man sieht: Es muß nicht im­mer Sand­strand sein! Auch auf nack­tem Fels ist gut ruhn, zu­mal wenn der son­nen­be­schie­nen und in­fol­ge­des­sen an­ge­nehm auf­ge­wärmt ist...

Der Spa­zier­gang an der stei­ni­gen Kan­te zum ge­le­gent­lich de­zent her­über­schwap­pen­den Mit­tel­meer war äu­ßerst span­nend: na­tür­li­che und von Men­schen­hand er­zeug­te Becken bar­gen al­ler­lei Ge­heim­nis­se, Fisch­lein hier, Krab­ben dort, un­ser­eins kann sich ja in Klei­nig­kei­ten end­los ver­lie­ren. Aber na­tür­lich auch in »Großig­kei­ten«: Als wir am Abend end­lich an Sli­e­mas süd­li­cher Ha­fen­pro­me­na­de an­ge­langt wa­ren, zeig­te sich uns die ge­gen­über­lie­gen­de Haupt­stadt Val­let­ta im Licht der tief­stehen­den Son­ne von ih­rer vor­teil­haf­te­sten Sei­te:

Blick auf Valletta mit der Kuppel der Karmeliterkirche und dem Turm der St. Paul's Pro-Cathedral

Der im­po­san­te Anblich blieb nicht der ein­zi­ge: Kir­chen grö­ße­ren Ka­li­bers fin­det man auf Mal­ta fak­tisch al­ler­or­ten, al­so wirk­lich in je­dem Kaff. Mehr als 98% der Ein­woh­ner sind ka­tho­lisch, mit­hin ist ba­rocker Prunk und Pracht im In­ne­ren von Sa­kral­bau­ten die Re­gel, selbst wenn sich man­ches Got­tes­haus nach au­ßen eher un­spek­ta­ku­lär gibt.

An­son­sten er­schien uns das Häu­ser­meer zu­wei­len rät­sel­haft in­ho­mo­gen: Zahl­rei­che Bau­ten (neue­re eben­so wie be­tag­te) ste­hen leer, man fragt sich mit­un­ter, wo wohl die Ein­hei­mi­schen woh­nen. Nie voll­ende­te Hoch­häu­ser und zum Ver­kauf ste­hen­de Ap­par­te­ment-Blöcke schei­nen die An­zei­chen ei­nes Bau­booms (wenn nicht gar ei­ner gro­ßen Spe­ku­la­ti­ons­bla­se) am tat­säch­li­chen Be­darf vor­bei zu sein. An et­li­chen Stel­len muß­ten ganz of­fen­sicht­lich hi­sto­ri­sche Alt­bau­häu­ser ei­nem »Fort­schritt« wei­chen, der letzt­lich Il­lu­si­on ge­blie­ben ist. Des zonebattler’s kon­ser­va­to­risch po­chen­des Herz blu­tet bei sol­chen An­blicken, sein auf Äs­the­tik und Schön­heit sin­nen­des Au­ge hält sich dann zum Aus­gleich an den Re­sten und De­tails ver­gan­ge­ner Gran­dez­za fest:

Detail eines alten Balkongeländers

Tröst­lich im­mer­hin, daß auf­grund der flä­chen­decken­den Ver­wen­dung des hei­mi­schen Kalk­sand­steins und des­sen re­la­tiv rasch fort­schrei­ten­der Ero­si­on durch salz­hal­ti­ge Mee­res­luft al­te und neue Bau­sub­stanz sich in der An­mu­tung rasch an­nä­hern: Bei man­cher »al­ten Vil­la« ist man ver­blüfft, ei­ne ein­ge­haue­ne Jah­res­zahl zu er­spä­hen, die ge­ra­de mal drei De­ka­den zu­rück­liegt...

Nach ei­ni­gen Ta­gen in­des ver­schwim­men sol­che vom ei­ge­nen Er­fah­rungs­ho­ri­zont ge­präg­ten Ge­dan­ken und Ur­tei­le, und man be­ginnt, sich der un­be­küm­mert läs­si­gen Le­bens­art der Mal­te­ken an­zu­nä­hern. Die Hek­tik des Ver­kehrs und der Tru­bel in den Städ­ten trü­gen: Die Men­schen sind ent­spannt und ge­las­sen (und müs­sen das wohl auch sein, um die das gan­ze Jahr über ihr Land flu­ten­den Tou­ri­sten­mas­sen mit Fas­sung zu er­tra­gen). Was soll man sich um Denk­mal­schutz Ge­dan­ken ma­chen, wo doch seit der Jung­stein­zeit hier ein Kom­men und Ge­hen herrscht und aus al­len Epo­chen im­mer noch weit mehr üb­rig­ge­blie­ben ist als ir­gend­wo sonst? Eben.

Angler am Abend, erfrischend und labend...

Üb­ri­gens na­gen nicht nur neu­zeit­li­che Bag­ger an den über­lie­fer­ten Bau­ten: In den frü­hen 1940er Jah­ren be­müh­te sich ne­ben der ita­lie­ni­schen ins­be­son­de­re die deut­sche Luft­waf­fe höchst ef­fi­zi­ent um die Ni­vel­lie­rung der vor­han­de­nen Ar­chi­tek­tur. Die Ach­sen­mäch­te ver­moch­ten Eng­lands »un­ver­senk­ba­ren Flug­zeug­trä­ger« frei­lich nicht un­ter­zu­krie­gen, der sein­ser­seits den ita­lie­ni­schen Ex­pe­di­ti­ons­trup­pen und Rom­mels Afri­ka-Korps in Nord­afri­ka das Le­ben schwer mach­te. Die Nar­ben des Krie­ges schei­nen heu­te ober­fläch­lich ver­heilt, die Er­in­ne­rung an die schwe­re Zeit wird aber durch das Ge­orgs-Kreuz in der Na­tio­nal­flag­ge wach­ge­hal­ten.

Über­haupt sind die Spu­ren der Ge­schich­te über­all prä­sent: Ne­ben rie­si­gen Fe­stun­gen und Ba­stio­nen aus der gro­ßen Zeit des Mal­te­ser-Or­dens vor rund 500 Jah­ren prä­gen die Hin­ter­las­sen­schaf­ten der gut 150-jäh­ri­gen eng­li­sche Ko­lo­ni­al­zeit (ab 1800) das Er­schei­nungs­bild Mal­tas: Uni­for­me Rei­hen­häu­ser im geor­gia­ni­schen Stil säu­men die Stra­ßen vie­ler Vier­tel, Eng­lisch ist ei­ne von zwei of­fi­zi­el­len Amts­spra­chen, es wird links ge­fah­ren und ge­lau­fen, und im­mer noch ste­hen reich­lich ro­te Brief­kä­sten und Te­le­fon­zel­len Ih­rer Ma­je­stät in Stadt und Land her­um...

rotes Relikt aus royalistischen Zeiten

Te­le­fo­nie­ren tut in und aus den ro­ten Zel­len heut­zu­ta­ge frei­lich kaum noch je­mand: Auch auf Mal­ta hat längst je­der­mann (und je­de Frau) ein Han­dy ein­stecken.

Die Über­bleib­sel kon­flikt­rei­che­rer Zei­ten die­nen heu­te vor al­lem der Er­bau­ung der Tou­ri­sten: Zur Mit­tags­stun­de wird Sa­lut ge­schos­sen, al­ler­lei hi­sto­ri­scher Mum­men­schanz ge­trie­ben und auch sonst ei­ni­ges ge­tan, was die Ka­me­ras klicken läßt und die Geld­bör­sen Ih­rer Be­sit­zer öff­net. So blei­ben al­le un­ver­sehrt und sind zu­frie­den.

Salutkanonen am Upper Barrakka Garden von Valletta

Am Um­gang mit ob­so­le­tem Kriegs­ge­rät wird das prag­ma­ti­sche Na­tu­rell der Mal­te­ken deut­lich: Ein paar Ka­no­nen wer­den zur De­ko­ra­ti­on auf­be­wahrt, ge­pflegt und vor­ge­zeigt, der Rest wur­de mit der Mün­dung nach un­ten an den Piers der Hä­fen ein­ge­bud­delt und dient dort als Pol­ler zum Fest­ma­chen von Tau­en oder zum Fern­hal­ten un­er­wünsch­ter Au­to­mo­bi­le. Lei­der funk­tio­nert das mit dem Re­cy­cling beim mo­der­nen Wohl­stands­müll noch nicht so gut, wir wer­den dar­auf spä­ter noch zu­rück­kom­men...

Bei der gro­ßen Men­ge der ge­bo­te­nen Se­hens­wür­dig­kei­ten und Sin­nes­ein­drücke ist man ir­gend­wann gei­stig ge­sät­tigt und kommt nicht um­hin, sich ir­gend­wo ein schö­nes Plätz­chen zu su­chen, um sich dort nie­der­zu­las­sen und das Er­leb­te noch­mals vor dem gei­sti­gen Au­ge Re­vue pas­sie­ren zu las­sen:

Ein Platz an der Sonne

Auch der Be­richt­erstat­ter macht jetzt Pau­se und denkt der­weil schon mal über die näch­ste Fol­ge nach. Die wird sich wie schon an­ge­kün­digt mit dem öf­fent­li­chen Nah­ver­kehr auf Mal­ta be­schäf­ti­gen und die an zen­tral­eu­ro­päi­sche Zu­stän­de ge­wöhn­te (und da­mit ver­wöhn­te) Le­ser­schaft ei­ni­ger­ma­ßen ver­blüf­fen...

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Montag, 21. Mai 2012

Die Ver­kehrs­in­sel (1)

Zwei Jah­re nach sei­nem Ur­laub auf der »Schatz­in­sel« zog es den zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te heu­er er­neut auf ein sa­gen­um­wo­be­nes Ei­land: Mal­ta war dies­mal un­ser mee­res­um­spül­tes Ex­pe­di­ti­ons­ziel. Zwei­ein­halb Wo­chen lang er­forsch­ten wir den me­di­ter­ra­nen In­sel­staat zwi­schen Si­zi­li­en und Afri­ka, und wie die über­ein­an­der­ge­leg­ten GPS-Tracker-Da­ten zei­gen, mach­ten wir da­bei auch ei­nen klei­nen Ab­ste­cher nach Go­zo, der zwei­ten, deut­lich klei­ne­ren (und ru­hi­ge­ren) Haupt­in­sel des Ar­chi­pels. War­um ich die mehr­tei­li­ge Be­richt­erstat­tung mit »Die Ver­kehrs­in­sel« über­schrei­be, wird spä­ter deut­lich wer­den, wenn ich un­se­re schier un­glaub­li­chen Er­fah­run­gen mit dem öf­fent­li­chen Nah­ver­kehr dort in epi­scher Brei­te aus­wal­ze...

Übersichtskarte von Gozo und Malta mit den von uns zurückgelegten Wegen
Map da­ta: © Open­Street­Map con­tri­bu­tors, powered by Open­Rou­te­Ser­vice

Nach knapp drei Wo­chen Ur­laub da drun­ten gibt es ziem­lich viel zu er­zäh­len und auch man­ches im Bil­de vor­zu­zei­gen, al­lein wie Struk­tur hin­ein­brin­gen und am be­sten an­fan­gen? Star­ten wir doch ein­fach mal mit ein paar Spe­zia­li­tä­ten und Wun­der­lich­kei­ten, die uns mehr­fach und im­mer wie­der, ja nach­ge­ra­de stän­dig un­ter die Au­gen und vor die Fü­ße ge­kom­men sind. Zu­vör­derst ist das das bau­li­che Er­be der über 150-jäh­ri­gen bri­ti­schen Ko­lo­ni­al­herr­schaft: Die mal­te­si­che Stadt­ar­chi­tek­tur im geor­gia­ni­schen Stil ist trotz al­ler neu­zeit­li­chen Kahl­schlä­ge zu­gun­sten du­bio­ser Ap­par­te­ment-Häu­ser oder ge­sichts­lo­ser Ho­tel-Tür­me im­mer noch flä­chig prä­sent, und mit ihr die aus Eng­land be­kann­te Viel­falt an bun­ten Tü­ren mit (mehr oder we­ni­ger) no­blen Knäu­fen und Klop­fern dran:

Türknäufe und -klopfer in allen Formen und Farben

Nicht im­mer hal­ten üb­ri­gens die um den po­lier­ten Tür­knauf her­um ge­bau­ten Häu­ser, was die ge­pfleg­ten Be­schlä­ge ver­spre­chen: So man­ches der nicht im­mer in Wür­de ge­al­ter­ten Ge­bäu­de wä­re mit dem eng­li­schen Eu­phe­mis­mus »has seen bet­ter days« nur un­zu­rei­chend be­schrie­ben. Drum eben nicht die gan­ze Hüt­te ge­zeigt, son­dern voll fett auf die Mit­te der Haus­tür ge­zoomt, und schon ist die Welt – zu­min­dest bild­lich ge­spro­chen – wie­der in Ord­nung...

Oh­ne­hin un­sicht­bar ist da­ge­gen die mo­der­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons-In­fra­struk­tur in Form ko­sten­lo­ser und frei zu­gäng­li­cher WLAN-Hot­spots, im eng­li­schen Sprach­raum Wi-Fi ge­hei­ßen. In den tou­ri­stisch ge­präg­ten Ge­gen­den Mal­tas fin­det man al­le paar Me­ter ein Lo­kal, ei­ne Bar oder ei­nen der glo­bal om­ni­prä­sen­ten Bu­let­ten-Bra­ter, bei dem man sich zur gleich­zei­ti­gen Stil­lung von Ka­lo­rien- und Nach­rich­ten­hun­ger tem­po­rär nie­der­las­sen kann. Die hier­zu­lan­de ge­fürch­te­te und stets als Da­mo­kles­schwert über dem leicht­sin­ni­gen Rou­ter­be­sit­zer schwe­ben­de Be­trei­ber­haf­tung ist im EU-Mit­glieds­staat Mal­ta of­fen­bar (noch?) kein The­ma:

Praktisch und hilfreich: freies WLAN für alle

Wir mach­ten von dem vir­tu­el­len Kom­fort reich­lich Ge­brauch, in­dem wir mit dem Smart­phone fast täg­lich die ein­ge­gan­ge­nen Mails check­ten, vor al­lem aber, um uns für den Le­se­abend im Ho­tel­bett mit ak­tu­el­lem Ma­te­ri­al zu ver­sor­gen: Da­heim in der Hei­mat warf Freund Le­xi­ka­li­ker täg­lich »ca­lib­re« an, um uns die ak­tu­el­len News­feeds von FAZ.NET, Süddeutsche.de, ZEIT ONLINE und noch ein paar an­de­ren gern auf­ge­saug­ten Quel­len fein for­ma­tiert über den Äther auf mein stets mit­ge­führ­tes Le­se­brett­chen zu bea­men. Tags­über auf den Bei­nen und in der Frem­de Neu­es zu ent­decken, abends ak­tu­el­len In­put aus der Hei­mat zu stu­die­ren, die­se Mi­schung aus Fuß- und Kopf­ar­beit lern­ten wir zu schät­zen...

Schät­zen tut der zone­batt­ler be­kannt­lich auch sei­ne mo­to­ri­sier­te Renn­gur­ke, und so war er hoch­er­freut, vier­räd­ri­ge Cou­sins sei­nes ei­ge­nen Ve­hi­kels (au­ßer­halb des deut­schen Mark­tes »Sub­aru Sam­bar« ge­nannt) an al­len Ecken und En­den der In­sel her­um­flit­zen (oder her­um­ste­hen) zu se­hen:

Praktisch und beliebt: Subaru-Renngurken in allen Varianten

Über­haupt fin­den sich auf Mal­ta vie­le ja­pa­ni­sche Au­tos, die aus­weis­lich di­ver­ser Auf­kle­ber mit fern­öst­li­chen Schrift­zei­chen of­fen­kun­dig als Ge­braucht­fahr­zeu­ge nach Eu­ro­pa im­por­tiert wor­den sind. Da ei­ne hei­mi­sche Nach­fra­ge nach be­reits be­nutz­ten Fahr­zeu­gen in Ja­pan aus kul­tu­rel­len Grün­den kaum exi­stiert, flo­riert der Ver­kauf nach Über­see in Re­gio­nen mit Links­ver­kehr und Rechts­len­kung (wo­zu aus Grün­den des bri­ti­schen Er­bes eben auch Mal­ta ge­hört). Der Libero/Sambar ist je­den­falls der idea­le Klein­trans­por­ter für die zu­wei­len en­gen Gas­sen und hol­pe­ri­gen Stra­ßen Mal­tas!

We­ni­ger nach­voll­zieh­bar als die Lie­be zu knuf­fi­gen Töff-Töffs ist der Hang mal­te­si­scher Bal­ler-Män­ner zum Schie­ßen auf al­les, was Flü­gel hat und flat­tert. Jen­seits der mensch­li­chen Sied­lun­gen ste­hen in der idyl­li­schen Land­schaft al­le paar Me­ter pro­vi­so­ri­sche und ziem­lich schä­bi­ge Un­ter­stän­de her­um, und auch au­ßer­halb der of­fi­zi­el­len Jagd­sai­son kann man dort die Spu­ren des für Vö­gel je­der Art und Grö­ße töd­li­chen Ge­tu­es schwer­lich über­se­hen:

leere Schrotpatronen künden vom jähen Vogeltod

Für den ge­mei­nen Mal­te­ken scheint das Pul­ve­ri­sie­ren von be­weg­li­chen Luft­zie­len nicht min­der er­re­gend zu sein als für die Spa­ni­er der Stier­kampf. Gan­ze Po­pu­la­tio­nen zwit­schern­der Luf­ti­kus­se wer­den da weit­ge­hend aus­ge­rot­tet, für Zug­vö­gel ist das Ei­land mit­ten im Mit­tel­meer ja ein kaum zu ver­mei­den­der Zwi­schen­stopp. Ver­we­ge­ne Tief­flie­ger könn­ten mit schnei­di­gem Kur­ven in Bo­den­nä­he si­cher­lich da­zu bei­tra­gen, daß sich die wil­de Jä­ger­schar durch fri­end­ly fire selbst de­zi­miert, so vie­le von de­nen sind da zu­gan­ge mit dem Fin­ger am Ab­zug ih­rer Flin­te...

So wie der Ang­ler sei­ne Lieb­lings­ge­wäs­ser hat (und dort sei­ner Lei­den­schaft zu­min­dest laut­los, wenn­gleich für sei­ne Op­fer nicht min­der töd­lich nach­geht), so scheint auch der Schrot­schüt­ze sei­ne be­vor­zug­ten Re­vie­re zu ha­ben. Die Rei­se­füh­rer be­haup­ten je­den­falls froh­ge­mut, daß die in der frei­en Wild­bahn al­ler­or­ten an­zu­tref­fen­den Warn- und Ver­bots­schil­der nicht auf den arg­lo­sen Wan­de­rer ge­münzt sei­en, son­dern eher auf die (mehr oder we­ni­ger waid­män­nisch agie­ren­de) Kon­kur­renz mit Schieß­ge­wehr:

Wanderer, bleib' auf Deinem Wege...

Wir ha­ben das frei­lich nicht ve­ri­fi­ziert und blie­ben stets dies­seits der ty­po­gra­phisch kru­den Droh­ge­bär­den, es gab ja schließ­lich auch so ge­nü­gend un­ge­fähr­li­che Mög­lich­kei­ten, das Land per pe­des zu be­strei­fen.

Nun gut, nach die­sen et­was be­fremd­lich an­mu­ten­den Aspek­ten lo­ka­ler Sit­ten, Ri­ten und Ge­bräu­che wol­len wir uns dann aber doch end­lich und in­ten­siv den Schön­hei­ten der In­sel­grup­pe zu­wen­den, und de­rer gibt es wirk­lich vie­le: Die Land­schaft ist gran­di­os, die kul­tu­rel­len Zeug­nis­se ver­gan­ge­ner Epo­chen sind es nicht min­der, die Ein­hei­mi­schen freund­lich, nah­bar und um­gäng­lich (je­den­falls die oh­ne Feu­er­büch­se im An­schlag). In der näch­sten Fol­ge spu­len wir in Kür­ze noch ein­mal zu­rück und set­zen mit der Air Ber­lin zum Lan­de­an­flug an auf den Staat mit der no­mi­nell größ­ten Be­völ­ke­rungs­dich­te un­se­res Pla­ne­ten!

vorheriger Beitrag    Übersicht    nächster Beitrag
Freitag, 18. Mai 2012

Nu

ungewöhnliches Kfz-Zulassungsschild
« Vorherige Seite Nächste Seite »