Donnerstag, 15. Dezember 2005
Was bin ich froh, in halbwegs aufgeklärt-demokratischen Zeiten aufgewachsen zu sein: Gegen die pompös-hohlen Propaganda-Inszenierungen des »III. Reiches« wäre ich womöglich nicht wirklich immun gewesen! In meinem latenten Hang zum Theatralischen denke ich mir ja immerzu selber allerlei schwülstigen Bombast aus, an dem womöglich sogar eine Leni Riefenstahl ihre ästhetische Freude gehabt hätte...
Mein heutiges, filmreifes Thema ist die martialische Wirkung vorbeidonnernder Schienenfahrzeuge, in Sonderheit der von schweren Containerzügen. Da drängt es mich, die Musik Richard Wagners mit Bildern von der Eisenbahn in Riefenstahl’scher Manier zu einer höchst bizarren Version des Lohengrin zusammenzumixen: Eine meiner Lieblingsstellen ist die 2. Szene des 3. Aufzuges, deren fetzige Musik von den Nazis gerne in der Deutschen Wochenschau für martialische Kriegspropaganda instrumentalisiert wurde. Unsereins sieht vor seinem geistigen Auge indessen weder berittene Heere (Wagner) noch Volkssturm (Wochenschau) vorbeidefilieren, sondern Taurus-Loks und deren Fracht: Die technisch zeitgemäß aufgerüsteten Truppen der brabantinischen Grafen tragen bei mir die Wappen von HANJIN, CHINA SHIPPING, P&O NEDLLOYD und MAERSK auf ihren Schilden, marschieren aber ebenfalls zu höchst beeindruckenden Armeen auf:
Die Aue am Ufer der Schelde, wie im 1. Akt. Glühende Morgenröte, allmählicher Anbruch des vollen Tages.
(Ein Graf mit seinem Heergefolge zieht im Vordergrunde rechts auf, steigt vom Pferde und übergibt dies einem Knechte. Zwei Edelknaben tragen ihm Schild und Speer. Er pflanzt sein Banner auf, sein Heergefolge sammelt sich um dasselbe.)
(Während ein zweiter Graf auf die Weise wie der erste einzieht, hört man bereits die Trompeten eines dritten sich nähern.)
(Ein dritter Graf zieht mit seinem Heergefolge ebenso ein. Die neuen Scharen sammeln sich um ihre Banner; die Grafen und Edlen begrüßen sich, prüfen und loben ihre Waffen usw.)
(Ein vierter Graf zieht mit seinem Gefolge von rechts her ein und stellt sich bis in die Mitte des Hintergrundes auf.)
(Als von links die Trompeten des Königs vernommen werden, eilt alles, um sich um die Banner zu ordnen. Der König mit seinem sächsischen Heerbann zieht von links ein.)
Alle Männer (als der König unter der Eiche angelangt ist)
Heil König Heinrich!
König Heinrich Heil!
König Heinrich
Habt Dank, ihr Lieben von Brabant!
Wie fühl’ ich stolz mein Herz entbrannt,
find’ ich in jedem deutschen Land
so kräftig reichen Heerverband!
Nun soll des Reiches Feind sich nahn,
wir wollen tapfer ihn empfahn:
Aus seinem öden Ost daher
soll er sich nimmer wagen mehr!
Für deutsches Land das deutsche Schwert!
So sei des Reiches Kraft bewährt!
Alle Männer
Für deutsches Land das deutsche Schwert!
So sei des Reiches Kraft bewährt! |
Wie ich den Triebfahrzeugen und Übersee-Containern das Singen beibringe und das blecherne Scheppern abgewöhne? Nun, daran arbeite ich noch! Und auch der Text paßt nimmer so ganz, denn da die meisten beladenen Container aus dem öden Ost daher kommen, kann das so öde nicht sein...
Sollte ich meine mir bis dato geneigten LeserInnen mit dieser pathetisch-pompösen Propaganda-Pastete zutiefst befremdet haben, dann kann ich da leider auch nix machen: Ich schreibe ja hier primär zu eigentherapeutischen Zwecken und nicht, um einen harmlosen Feuilleton-Ersatz zusammenzubrauen! ;-)
P.S.: Leider kann ich den zur angemessenen Würdigung meines Beitrages unbedingt erforderlichen »Soundtrack« aus urheberrechtlichen Gründen hier nicht bereitstellen. Interessierte können mich freilich gerne mal besuchen, um sich mit der dazugehörigen Musik in passender Lautstärke besch(w)allen zu lassen!
Mittwoch, 14. Dezember 2005
Heute möchte ich meinen Leserinnen und Lesern die Gelegenheit geben, an einem gemeinsamen Weihnachtsmärchen »mitzustricken«: Alle registrierten Abonnenten und Abonnentinnen von zonebattler’s homezone sind berechtigt und technisch in der Lage, in die Tasten zu greifen und diesen Beitrag hier zu verändern bzw. zu ergänzen! Dazu muß man nur am Ende des Artikels auf »Bearbeiten« klicken. Wollen doch mal sehen, ob daraus ein kreatives Gemeinschafts-Puzzle entstehen kann... Bis Ende des Jahres halte ich die Mitmach-Möglichkeit experimentellerweise geöffnet!
Also gut. Dann mach’ ich hier mal den (kurzen) Anfang und übergebe dann das Wort an alle, die sich zum Weiterfabulieren berufen fühlen:
* * *
Es trug sich zu an einem Dezembertag kurz vor Weihnachten. Draußen lag zwar kein Schnee, doch war es kalt und ungemütlich, so daß niemand die eigene Wohnung gern verließ, wenn es denn nicht unbedingt nötig war...
[Hier weitermachen]
Nachtrag vom 31. Dez. 2005:
Traurigerweise hat sich niemand berufen gefühlt, den Erzählfaden weiterzuspinnen. Schade, aber womöglich war es zu früh für ein solches Experiment? Vielleicht finden sich im nächsten Advent genug LeserInnen, die sich trauen... Der Beitrag wird hiermit geschlossen!
Dienstag, 13. Dezember 2005
Google Earth ist schon ein faszinierendes Spielzeug, um unseren Globus rundherum zu erforschen. Heute will ich mal aus dem All hinunter in mein Heim stürzen bzw. hineinzoomen. Hier sehen wir zunächst Fürth aus großer Höhe, diagonal geteilt durch die raumgreifende Eisenbahn:
Das weiße Rechteck in der Bildmitte ist das Dach unserer ALDI-Filiale in der Nachbarschaft, deren Geschäftsführung mir einmal eine schöne Steilvorlage zu einer bissigen Glosse lieferte.
Hier sind wir schon deutlich näher dran, das helle Dach des Discounters an der Karolinenstraße gibt eine eindeutige Orientierungsmarke ab:
So, und hier ist meine kleine Welt, in der ich gut und gerne lebe sowie den Großteil meiner freien Zeit verbringe:
Wohnung, Hinterhof, Garten an der Eisenbahn, alles ist hier drauf (und für den Kundigen auch zu erkennen)! Ferner die Wohn- und Wirkungsstätten einer durchaus zweistelligen Zahl von lieben Nachbarn und guten Freunden: Tatsächlich hätte ich beim Zuzug vor sechseinhalb Jahren nicht geglaubt, hier tatsächlich eine Heimat in des Wortes bester Bedeutung zu finden! Inzwischen genieße ich das sehr und wüßte nicht, warum ich jemals wieder wegziehen sollte...
Montag, 12. Dezember 2005
In Fürth stolpert der ahnungslose Spaziergänger immer wieder mal über frisch errichtete Sperrmüll-Haufen, an Sonntagen zumal. Gestern also lieferte mir das Universum in der näheren Nachbarschaft frei Bordsteinkante und Schuhspitze:
1) Vorhandener oder vorstellbarer Eigenbedarf
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1 halbhohes »Billy«-Regal von IKEA (weiß, zwei Einlegeböden)
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1 große Obstschale aus massivem Glas (Kitschfaktor nur 0,2)
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1 Stickrahmen aus Schichtholz (praktisch für textile Reparaturarbeiten)
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2 faltbare Campingliegen mit Metalluntergestell (1 x rot, 1 x blau)
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1 blendfreie Bilder-Leuchte aus Metall (IKEA, schwarz, 2 Kerzen á 25 W)
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1 Dia-Leuchtpult mit 2 Spezial-Glühlampen
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1 Werkstatt-Wandleuchte (klassische Ausführung in Bakelit/Keramik/Glas)
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1 Blechdose mit Schrauben, Muttern u.ä. Kleinteilen (ca. 2000 Stück)
2) Gemeldeter oder gemutmaßter Bedarf von Freunden, Bekannten, Kollegen
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1 U. S. Robotics 56K-Modem (extern) mit allen Kabeln, Netzteil, Treiber-CDs und Handbüchern in der Original-Verpackung
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1 großer, 3‑beiniger Kerzenständer aus geschweißtem und lackiertem Stahl mit aufwendig gefertigten Deko-Pflanzen (6‑flammig, Kitschfaktor 0,35)
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1 großer Kinder-Sandkasten aus Tiefzieh-Kunststoff (rosa, unbenutzt)
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1 Tüte mit modischen Deko-Gardinen und Stores (aus Nichtraucher-Haushalt)
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1 Tüte Kinder-Klamotten (sauber gewaschen)
Zustand aller Gegenstände neu oder fast neuwertig, was anderes nimmt der zonebattler ja schon lange gar nicht mehr mit. Je einen tadellosen und keineswegs unmodernen Couch- und Eßzimmertisch (der erstgenannte rechteckig, der zweite rund) in bester handwerklicher Verarbeitung hat er mangels Verwendung stehen- bzw. anderen »Kunden« überlassen.
In die Freude über mindestens 150 gesparte Euro mischt sich die ohnmächtige Wut auf eine geradezu obszöne Überflußgesellschaft, die einerseits immense Mengen an Rohstoffen und Energie zur Herstellung von solchen Gütern verbraucht, am anderen Ende aber mit gleichfalls erheblichen Aufwand intakte und funktionierende Produkte der Vernichtung anheimgibt. Wir werden uns diesen Aberwitz nicht mehr lange leisten können, doch habe ich meine Zweifel, ob die Menschheit als Ganzes vernünftig denken und handeln kann und noch rechtzeitig die Kurve kriegt...
Sonntag, 11. Dezember 2005
Heute gibt’s mal wieder einen nostalgischen Rückblick des mit einem unverdrossen kindlichen Gemüt ausgestatteten zonebattler...
Anno 1969 saß ich im zarten Alter von neun Jahren fasziniert vor dem Fernseher, um die erste Mondlandung »life« mitzuerleben. In verrauschten Schwarzweiß-Bildern sah man Neil Armstrong und Edwin Aldrin über den öden Erdtrabanten hüpfen, derweilen Michael Collins als dritter Mann in seiner Apollo-Kapsel weiter um den Erdbegleiter kreiste. Ich versuchte später ebenso intensiv wie vergeblich, die Raumfahrt-Pioniere mit dem väterlichen Feldstecher auf dem Mond auszumachen. Keine Frage, Astronaut war aus meiner Knabensicht das Coolste, was man als Erwachsener werden konnte! Selbstredend wollte ich damals zumindest das passende Spielzeug haben...
Der schneidige Major Matt Mason, dessen Freunde und vor allem seine futuristische Ausrüstung waren in Amerika zu jener Zeit der Renner schlechthin! Auch ich wünschte mir sehnlichst den tollkühnen Helden von Mattel samt seinem HighTech-Equipment. Leider wurde nichts daraus, das auch in Deutschland einige Zeit erhältliche Spielzeug fand nie den Weg in mein Kinderzimmer.
Inzwischen ist dieses über 35 Jahre alte Produkt freilich zum Kultspielzeug avanciert: Gut erhaltene Figuren, vollständige Raumstationen und einwandfrei funktionierende Mond-Fahrzeuge erzielen immer wieder Höchstpreise auf Internet-Auktionen. Liebhaber und Sammler finden in der Space Station von Keith Meyer sowie auf Pat Storto’s Major Matt Mason Website alles Wissenswerte in Wort und Bild.
Ich selbst konnte mir den Wunsch mit gut drei Jahrzehnten Verspätung doch noch erfüllen und eine ganze Anzahl gut abgelagerter Astronauten- und Zubehörpackungen erwerben. Doch die Rechnung ging erwartungsgemäß nicht ganz auf, denn es gibt für alles seine Zeit und als Erwachsener konnte ich mir natürlich weder die Kindheit noch die Unbeschwertheit derselben zurückkaufen...
Immerhin, ich hatte diesen Jugendtraum endlich leibhaftig in der Hand! Selbstredend habe ich die unversehrten Blisterpackungen nicht geöffnet, denn das hätte den Sammlerwert sofort um Größenordnungen dahinschmelzen lassen. War also nix mit Spielen! So beschränkte ich mich darauf, den Schatz einzulagern und gelegentlich zu bewundern.
Ein Jahr später wurde die Lust zur Last, deshalb habe ich die nostalgischen Spielzeuge auf einer eigenen Major Matt Mason – Sammlungsseite dokumentiert und anschließend restlos wieder weiterverkauft: Die in deutscher Beschriftung doch recht raren Packungen gingen an Sammler in aller Welt. Mir selbst genügen jetzt die in meiner kleinen Website konservierten Gefühle und Erinnerungen, die weder Kapital binden noch Platz und Zuwendung benötigen. Dennoch: Es hat sein müssen! ;-)
Samstag, 10. Dezember 2005
Im IC von Stuttgart nach Nürnberg habe ich unter meinem wuchtigen Erste-Klasse-Sitz ein dickes Taschenbuch gefunden, einen Thriller von einer angeblich »weltberühmten« (gleichwohl mir völlig unbekannten) Autorin. Die Schwarte hat ein Lesezeichen in der Mitte und ist der/dem Leser(in) möglicherweise beim Eindösen auf den Abteilboden gerutscht (was nicht für den Inhalt spräche) und hernach wohl mit den Füßen unbeabsichtigt unter den Sitz geschoben worden. So ein »Geschenk des Himmels« (ich pflege bei sowas von einer »Lieferung des Universums« zu sprechen) kommt ja nie von ungefähr, daher überlege ich nun, wie ich mit dieser Fügung des Schicksals am besten umgehen soll...
Erste Möglichkeit: Den Wälzer zum Fundbüro zu bringen. Wird freilich nichts helfen, niemand wird wegen eines jederzeit nachkaufbaren Paperbacks nennenswerten Nachforschungsaufwand betreiben, sondern sich das Ding einfach erneut besorgen (oder eben auch nicht, wenn es sich doch um eher dröge Lektüre gehandelt haben sollte).
Zweite Variante: Das Ding selber zu lesen. Nur ab wo? Ab dem Lesezeichen in der Mitte, um die Buchstaben gleichmäßig abzunutzen? Wäre aber vermutlich nicht gut für das Verständnis der Handlung. Von vorne dann? Dann würde ich die erste Hälfte des Buches doppelt verschleißen, und wer weiß, ob sich der Aufwand lohnt. Vielleicht genau bis zum Lesezeichen, um mich in die Lage des ursprünglichen Besitzers (resp. Besitzerin) zu versetzen? Wäre letztlich sicher auch unbefriedigend....
Nach kurzer Recherche bei amazon.de (sprich Lektüre der dort einsehbaren Lesermeinungen) favorisiere ich eine dritte Option: Ich werde den Roman auf der nächsten Dienstreise wieder »auswildern« und somit erneut in Umlauf bringen: Damit spare ich eine Menge Zeit und mache jemand anderem womöglich eine Freude. Und ich selbst schaue vorsichtshalber fürderhin nicht mehr unter die Sitze, sonst findet das verschmähte Stück Literatur am Ende noch zu mir zurück und glotzt mir in stummer Anklage entgegen... Das wäre mir denn doch arg peinlich!
Freitag, 9. Dezember 2005
Vor einigen Jahren habe ich damit begonnen, weise Aphorismen & Zitate zu sammeln und diese den drei existentiellen Aspekten Geist, Körper und Seele zuzuordnen. Das Ergebnis war (und ist) eine eigene kleine Homepage, die Sie mit einem Klick auf das keltische Schmuckstück in einem neuen Fenster öffnen können:
Heute findet man im Internet ja Sinnspruch-Kollektionen ohne Ende, aber vielleicht können Sie selbst meiner kleinen Auswahl etwas für Sie Erbauliches abgewinnen...
Donnerstag, 8. Dezember 2005
Auf arte laufen immer wieder sehr bemerkens- und sehenswerte Dokumentationen, und ich möchte hier und heute die Serie Baukunst wärmstens empfehlen:
Jede Folge widmet sich einem Prototyp der architektonischen Moderne. Das jeweilige Bauwerk wird »vom Keller bis zum First« unter technischen, ästhetischen, aber auch ökonomischen Gesichtspunkten analysiert. Außerdem zeigen die Filme, wie sich die einzelnen Gebäude in ihre Umgebung einfügen. |
Diesem Zitat aus der arte-Homepage muß ich nicht viel hinzufügen, außer vielleicht, daß sich alle Filme durch überaus ruhige Kameraführung auszeichnen, was ihnen geradezu meditativen Charakter verleiht. Sehr, sehr gut gemacht!
Leider ist die Serie schon komplett »über den Äther« gegangen, aber weil ich sie so hervorragend finde und obendrein selbst nicht alle Folgen mitgekriegt habe, habe ich mir die DVD-Ausgabe geleistet, die man z.B. bei amazon.de bestellen kann. Der Preis liegt bei einem solchen »Special Interest«-Titel naturgemäß oberhalb des von Hollywood-Massenware her Gewohnten, doch niemand wird die Investition meines Erachtens je bereuen...
Die jeweils eine knappe halbe Stunde langen Filmdokus liegen auf insgesamt 4 DVDs vor und zeigen im Einzelnen:
Die Bildqualität der merkwürdigerweise in der amerikanischen NTSC-Fernsehnorm gemasterten Filme ist sehr gut, in PAL wäre sie aufgrund der höheren Auflösung vermutlich noch einen Tick besser. Leider sind auf den Silberscheiben keinerlei Extras enthalten, man findet aber interessanteste Hintergrund-Informationen über die oben geschalteten Links zur arte-Website...
Film / Inhalt |
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Bild & Ton |
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Extras |
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Aufmachung |
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Gesamturteil |
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zonebattler’s Fazit: Zweifelsfrei eine Sammlung von bleibendem Wert und eine Bereicherung für alle, die sich an schöner, funktionaler und außergewöhnlicher Architektur erfreuen können. Ein weiteres DVD-Highlight im sehr ambitionierten Vertriebsprogramm der absolut Medien GmbH !
Mittwoch, 7. Dezember 2005
Mein heutiger Beitrag entstammt meiner ersten (und inzwischen zugunsten dieses Weblogs stillgelegten) eigenen Homepage. Er ist schon einige Jahre alt, aber im Wesentlichen noch aktuell. Auch wenn wir heute in Euro statt in DM zahlen und die analoge Fotografie zusehends von der digitalen Technik verdrängt wird, das Knipsen mit der Agfa »Clack« macht (nicht nur mir) immer noch große Freude!
Obwohl ich eine nicht unbeträchtliche Menge Kleinbild-Kameras besitze, macht mir das Fotografieren im Mittelformat doch wesentlich mehr Spaß: Zum einen zwingen umständlichere Bedienung und wenige Aufnahmen pro Film zum konzentrierteren Arbeiten, zum anderen hat ein fertiges 6x9 Dia einfach eine ganz andere Anmutung als so eine 24x36mm »Briefmarke«! Mein Lieblingsgerät ist (standesbewußte Hasselblad-Besitzer mögen es mir nachsehen) eine Agfa »Clack« aus Bakelit und Blech, Baujahr 1954. Das für einen einstelligen DM-Betrag (!) auf dem Flohmarkt erstandene Fossil verfügt nur über eine einzige (Meniskus-)Linse und zwei Blenden, letztere durch Sonnen- und Wolken-Symbole einzustellen. Bedingt durch die Bauart des Primitiv-Objektives wird der Film hinten nicht eben, sondern gewölbt am Lichtschacht vorbeigezogen, übrigens ohne jede Sicherung gegen Doppelbelichtung!
Was aber kommt heraus, wenn man einen modernen, in der Empfindlichkeit den früheren Schwarzweiß-Filmen ähnlichen Diafilm wie den Fuji Velvia einlegt und bei schönem Wetter auf Motivsuche geht? Knackig scharfe, leuchtkräftige Dias, die selbst Profis zum Staunen bringen können! Leider geben die unten gezeigten Scans die technische Qualität der Diapositive nur andeutungsweise wieder. Ich kann aber jedem nur raten, sich nach einer gebrauchten Agfa »Clack« (oder dem 6x6 Schwestermodell »Click«) umzusehen und selbst auszuprobieren, was die Liaison aus alter Technik und moderner Filmchemie zuwege bringen kann...
Memmelsdorf bei Bamberg: Orangerie
Ein sonniger Sonntag-Nachmittag, die leichte »Clack« baumelt am Handgelenk und wartet auf ein schönes Motiv. In der frisch restaurierten Anlage des Schlosses Seehof im oberfränkischen Memmelsdorf werde ich schon am Eingang fündig: Das obige Bild zeigt den Torbogen zwischen den beiden weitgestreckten Flügeln der Orangerie. Der Detailreichtum der Ornamente ist auf dem großen Dia bestens zu erkennen, aber auch der Scan kann sich meiner Meinung nach durchaus sehen lassen: Meine »LowTech-Ausrüstung« besteht aus einem alten 300dpi-Flachbettscanner und dem »Transparency Adapter IV« von Mustek. Die flache Lichtquelle kostet nur knapp über 100 Mark und ist auch als Leuchtpult hervorragend zu verwenden! Umgekehrt eignen sich vorhandene Tageslicht-Leuchtpulte aber nicht unbedingt als Scanner-Beleuchtung: Das netzfrequenzbedingte 50 Hz-Flimmern führt immer zu unschönen Interferenzen, die den Scan unbrauchbar machen. Eine klare Empfehlung also für das praktische und preiswerte Mustek-Zubehör!
Memmelsdorf bei Bamberg: Schloß Seehof
Schloß Seehof selbst in seiner ganzen Pracht: Der kompakte Bau beherbergt heute eine Außenstelle des Bayerischen Amtes für Denkmalschutz. So schön gelegen wünschte ich mir auch meinen Arbeitsplatz! Gar nicht so leicht ist es übrigens, die Agfa-Kamera gerade zu halten. Der tonnenförmig verzeichnende Durchsicht-Sucher begünstigt unbeabsichtigte »Schieflagen«. Sobald man sich dessen aber erst mal bewußt ist und gut aufpaßt, kriegt man wirklich waagrechte Horizonte schon einigermaßen exakt hin...
Bamberg: »Klein Venedig«
Dieses Postkarten-Motiv hat vermutlich jeder schon irgendwann mal gesehen, gleichwohl ist und bleibt es eines der beliebtesten Motive Bambergs. Aber auch sonst ist die Stadt voller pittoresker Winkel: Jedem Fotografen sei ein Besuch der barocken Bischofsstadt hiermit wärmstens ans Herz gelegt! Die leichten Streifen an den oberen und unteren Rändern der Aufnahmen sind übrigens nicht auf Defekte der Kamera oder Fehler des Scanner-Aufbaus zurückzuführen: Ich habe meine empfindlichen Dias in Ihren rückseitig verschweißten Transparenthüllen belassen, um nicht Kratzer oder Fingerabdrücke zu riskieren. Bei Mittelformat-Filmen geht sowas ganz schnell...
Na, überzeugt? Es macht wirklich große Freude, mit so einer »alten Schachtel« durch die Lande zu streifen und unbeschwert von technischen Überlegungen einfach hinzugucken und »abzudrücken«. Einen Versuch zumindest ist es allemal wert: Die tolle Kleinbildausrüstung der Oberklasse kann man ja zusätzlich noch mitschleifen. Gut Licht!
Neugierig geworden? In meiner Fotogalerie »zeiTRAum« finden Sie viele weitere Agfa Clack-Fotos! Besuchen Sie auch mein nicht-ganz-so-künstlerisches Bildarchiv mit interessanten Motivserien...
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Soweit mein alter Artikel, den ich im Interesse verklärend-wehmütiger Authentizität nicht verändert habe. Heutzutage würde ich online veröffentlichte Fotos wie die das mit der Gesamtansicht von Schloß Memmelsdorf natürlich perspektivisch nachkorrigieren, um die stürzenden Linien zu eliminieren. Aber was hilft’s, auf dem Original-Dia bleiben die natürlich bestehen.
Dienstag, 6. Dezember 2005
Drei Monate sind nun verstrichen,
der Hirndruck gleichwohl nicht gewichen:
Hab’ Themen noch im Dutzend hier,
das Schreiben wurd’ mein täglich Bier.
Zwar hab’ ich Angst, daß irgendwann
ich nichts mehr zu Euch sagen kann,
doch erstmal blick’ ich stolz zurück:
Ein Vierteljahr ist schon ein Stück! |
Zugegeben, ein großer Lyriker war ich nie, und mein Talent reicht eher für grobschlächtige Knittelverse als für feinziselierte Sonette. Obwohl, hin und wieder gelingt mir sogar etwas Vorzeigbares. Heute freilich reicht das eher rustikale Versmaß, will ich mir doch nur anerkennend selber auf die Schulter klopfen: Drei Monate lang habe ich ohne »Aussetzer« tagtäglich einen Beitrag veröffentlicht (und darüber hinaus manchen Kommentar abgesondert).
Inzwischen bin ich mir freilich darüber im Klaren, daß ich das nicht beliebig lange durchhalten kann. Zwar ist der Themenspeicher noch prall gefüllt und zu dieser Jahreszeit ist die Zeit für’s Schreiben auch leicht abzuknapsen. Aber langfristig werde ich wohl doch dazu übergehen, nur alle paar Tage einen neuen Beitrag zu verfassen. Die Freude am Schreiben soll ja nicht zur lästigen Pflicht werden. Und obendrein will ich mich auch noch bei anderen BloggerInnen lesend herumtreiben!
Montag, 5. Dezember 2005
Mit diesem (unretouchierten) Praxisschild eröffne ich meine Sammlung netter Namen, die mit der Profession des Trägers bzw. der Trägerin so wunderbar zu harmonieren (oder zu kollidieren) scheinen: Wenn z.B. ein Brauereidirektor Trunk heißt oder eben ein Hautarzt Schweiß, so ist das ja schon eine schmunzelnswerte Koinzidenz!
Leider besteht mein mit ähnlich kuriosen Fällen reich gefüllter Fundus überwiegend aus ausgeschnittenen Trauer-Anzeigen, und die mag ich aus Stil- und Pietätsgründen natürlich nicht in diesem Kontext veröffentlichen. Aber ich bin sicher, auch unter den Lebenden noch genug Beispiele von Namen zu finden, die sozusagen »wie die Faust auf’s Auge« passen...
Sonntag, 4. Dezember 2005
Eines Abends besuchten wir einen Kollegen meiner besseren Hälfte. In dessen Wohnzimmer stand eine Tischlampe im Tiffany-Stil, deren warmes Licht mich sogleich faszinierte: Das mußte festgehalten werden! Für verwackelungsfreie Aufnahmen frei Hand sah ich keine Chance, also ließ ich es gleich bleiben und zog einer Eingebung folgend die Kamera während der Belichtung am Objekt zügig vorbei. Kostet im Digital-Zeitalter ja keinen Film mehr, darum drückte ich gleich ein paar Dutzend mal ab. Das Ergebnis sah dann so aus:
Als ich das Bild tags drauf meiner Freundin zeigte, sagte die ungerührt: »Sowas hängt bei uns in der Firma«. Ich wußte nicht so recht, was ich davon halten sollte, bis sie mir aus dem Büro das Link zur Homepage des Künstlers mailte. Mein Erstaunen war beträchtlich, und ich starrte ungläubig auf den Monitor:
Schon kurios, nicht wahr? Ich will mir keinesfalls anmaßen, mein Zufalls-Foto mit dem Gemälde eines etablierten Künstlers zu vergleichen, aber bemerkenswert finde ich die Ähnlichkeit schon...
Süßer und scharfer Senf: