Samstag, 20. August 2016
Spät aber doch habe ich erfahren, daß mein längst verstorbener Großvater mütterlicherseits (Jahrgang 1909) Kriegsberichterstatter in einer Propagandakompanie der SS war. Tante Gugel hat mir bei der Suche nach »Vorname Nachname SS PK« auch gleich ein paar ebenso interessante wie ergiebige Quellen verraten, die meine anfängliche Neugier sogleich zu befeuern vermochten. Gestern nun bestellte ich online ein Buch über des Opas ehemalige Einheit, welches heute bereits zur Abholung in einer hiesigen Buchhandlung bereitlag.
Ich sammle also vorhin die Schwarte ein und schaue noch in der neuen Volksbücherei-Filiale in der »Neuen Mitte« vorbei, um in deren gläsernen Dachgeschoß – die »Fürther Freiheit« zu meinen Füßen – die Samstags-Ausgabe der Süddeutschen zu lesen. Die schlage ich irgendwo auf und staune nicht schlecht:
Buchtitel und Artikelüberschrift sind tatsächlich identisch! Doch während der Hardcover-Band den Propagandakrieg der ideologisch fanatisierten Finstertruppe zum Thema hat, geht es im Zeitungsartikel um die Sprachkenntnisse von heutigen Polizeidienst-Anwärtern. Der Subkontext – mit bloßen Worten viel bewirken zu können – ist natürlich prinzipiell vergleichbar.
Der eigenartige Zufall verdient es, hier erwähnt und bewahrt zu werden. Was indes bei meiner Ahnenforschung letztlich herauskommt, muß sich erst noch zeigen. Gefallen könnte mir zumindest die Vorstellung, von meiner Mutter Vater vielleicht das sprachliche Talent, eine Neigung zum Wortschwurbeln sowie einen Blick für fotographische Bildkomposition und ‑inszenierung geerbt zu haben. Was bin ich froh, davon in friedlichen Zeiten Gebrauch machen zu können!
Sonntag, 14. August 2016
Zu ihrer Geschichte und dem Bewahren historischer Zeugnisse haben die Schweden ein unverkrampftes Verhältnis. Da sie schon seit längerem keine kriegsbedingten Verheerungen im eigenen Land zu beklagen haben und infolgedessen keine zerbombten Städte wiederaufzubauen waren, mußten sie in den 1960er Jahren und später schon die sprichwörtliche Abrißbirne schwingen, um in ihren alten Stadtkernen großflächig Platz für Neues zu schaffen. Im Rückblick mögen viele das bedauern, denn was dann an Beton-Brutalo-Architektur nachfolgte, erscheint sensibleren Gemütern oft als böse Bausünde, das ist in Schweden nicht anders als in Deutschland.
Immerhin haben die Schweden vieles durch Translozierung gerettet, beispielhafte Altbauten also zu Museumsdörfern zusammengefaßt. Auch sowas kennt man aus hiesigen Landen, aber in Schweden gibt’s das deutlich öfters. Zum Beispiel in Gamla Linköping, wo man die Essenz des alten Ortskernes von Linköping in einer Zeitblase bewahrt hat:
Die in alten Läden und Kontoren untergebrachten Geschäfte, Werkstätten und Betriebe sind natürlich schon auf Touristen und Feriengäste abgestimmt und ausgerichtet, dennoch hat man nie den Eindruck, in einer künstlichen Disney-Land-Kulisse herumzulaufen: Das Gebotene hat Bezug zur Region, die Anlage ist gut geplant und die meisten Häuser sind von »richtigen« Einwohnern dauerhaft bewohnt. Zudem liegen Museumsdörfer wie Gamla Linköping nicht irgendwo ganz weit draußen, sondern an der Peripherie der Innenstadt, uneingezäunt und mit mehreren offenen Zugängen.
Wagen wir mal einen größeren Sprung (in der virtuellen Retrospektive kann man ja umstandlos machen, was in realiter eine Tagesreise bedeutet) nach Eskilstuna, der Partnerstadt Erlangens. Von der jahrhundertealten Tradition der Metallverarbeitung und Kanonenherstellung sieht und hört man dort heutzutage nicht mehr viel:
Einmal mehr begeisterte uns in diesem schmucken Städtchen (wie schon Tage zuvor in Norrköping) das Flanieren am Fluß entlang (hier Eskilstunaån geheißen). Wenig Autos, viel Grün, reichlich Kultur und Kreativwirtschaft in alten Backsteinfabriken, da ist ein halber Tag rum wie nix und man hat noch immer längst nicht alles gesehen, was einen interessieren könnte: Hier eine Kirche, da eine Promenade, dort ein Kunstmuseum...
Apropos Museum: in meinem Stockholmer Bilderbogen habe ich ja schon vor einiger Zeit die konservierte Vasa gezeigt, jene berühmte königliche Galeone, die auf ihrer Jungfernfahrt im Jahre 1628 schon nach etwa 1300 Metern Fahrstrecke kenterte und absoff. Nach mehr als 330 Jahren unter Wasser hat man das bestens erhaltene Schiff 1961 gehoben und geborgen und in ein nahes Trockendock geschleppt. An Ort und Stelle hat man dem wunderbaren Wrack später sozusagen das Vasa-Museum übergestülpt und zeigt dort heute anhand von vielfältigen Exponaten rund um das originale Schiff dessen ebenso tragische wie faszinierende Geschichte:
Der Besuch im Vasa-Museum ist fraglos ein »Muß« für jeden Stockholm-Besucher: Die Aura des echten Schiffes ist beeindruckend, die didaktische Konzeption der um das gigantische Gefährt herum errichteten Ausstellung beispielhaft. Ein Glücksfall, daß der Schiffsbohrwurm in dem landnahen Brackwasser keine Überlebenschance hatte: Der lokalen Abwesenheit dieses ansonsten weitverbreiteten Holzfressers verdankt die Menschheit die Überlieferung des weitgehend kompletten Schiffes als aussagestarke »Zeitkapsel«!
Nicht ganz so alt, aber gleichwohl nett anzuschauen sind andere historische Fahrzeuge, die man auf Stockholms Straßen im Einsatz sieht. Neben automobilen Oldtimern sind das zum Beispiel historische Straßenbahnen wie dieses fast fabrikfrisch wirkende Exemplar:
Ich hatte ja schon in der ersten Folge meines Reise-Rapports erwähnt, daß in Schweden vergleichsweise wenig Menschen auf vergleichsweise viel Fläche leben. Entsprechend leer sind die Straßen, entsprechend groß sind die Autos. Logisch, daß einem ausgewiesene Kleinwagen eher selten begegnen. Sogar in der Metropole Stockholm habe ich nur einen einzigen Smart gesehen, und der kam ausweislich seines Kennzeichens aus ... Coburg!
An dieser Stelle meiner Remineszenzen tropft mir nun unversehens der Sabber von der Unterlippe auf die Tastatur, hervorgerufen durch alliterationsinduzierte (Coburg -> Cornetto) Triggerung multisensorischer Erinnerungen an das ach so göttliche Lakritz-Eis:
Neben dieser in deutschen Landen unbekannten Eishörnchen-Variante gab es natürlich im Supermarkt auch ordentliche »Anstaltspackungen« zu kaufen, mit denen wir den Gefrierschrank unseres gastgebenden Freundes vollgeschlichtet haben zwecks kulinarischer Abrundung der langen Abende. Je mehr fränkischen Freunden und Bekannten ich davon erzähle, desto mehr muß ich freilich einsehen, daß Lakritze ein sehr polarisierendes Genußmittel ist: Den einen läuft – gleich mir – sogleich das Wasser im Munde zusammen, die anderen schütteln sich heftig ob der bloßen Vorstellung, sowas in den Mund zu nehmen. Zwischendrin scheint’s nix zu geben...
Aber egal. Wenn wir nun schon mal in Stockholm sind, machen wir noch einen Ausflug in die/den Skansen, ein weiteres, in diesem Fall weithin bekanntes und berühmtes Museumsdorf. Das existiert schon seit 1891 und bewahrt im Wortsinn großflächig die schwedische Volkskultur:
Auch diese Attraktion ist ein für jeden Hauptstadt-Besucher obligatorischer Programmpunkt, für den man sich (mindestens) einen halben Tag Zeit nehmen sollte. Wir waren übrigens sehr positiv überrascht von der fachlichen Qualifikation der in historische Kostüme gekleideten »Bewohnerschaft« des Museumsdorfes. Das profunde Wissen der Handwerker, Bäuerinnen und Mägde ging weit über das hinaus, was von »typischen« Besucherfamilien gemeinhin nachgefragt wird. Auch in komplexen historischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen erwiesen sich die Damen und Herren als überaus beschlagen und sattelfest, wir gingen letztlich erheblich klüger wieder heraus, als wir hineingegangen waren. So soll es sein!
Den bis hierher gefolgten Leserinnen und Lesern gegenüber sei nunmehr eingestanden, daß des zonebattler’s höchst sprunghafte Erzähldramaturgie kein bewußt gewähltes Stilmittel ist, sondern doch nur Ausdruck von Planlosigkeit und Faulheit: Tatsächlich hat sich der Blubber-Blogger im Voraus 5 x 8 seiner schönsten Urlaubs-Fotos nach rein ästhetischen Kriterien herausgesucht und versucht diese im Nachgang einigermaßen stimmig verbal zu verbinden. Dank dieses entwaffnenden Bekenntnisses braucht es jetzt für ein weiteres »See-Stück« wohl keine weiteren Verrenkungen:
»Sweden in a nutshell« würde ich dieses prototypische Motiv wohl benennen, wenn ich denn für ein englischsprachiges Publikum schrübe: Wasser, Wald, Wolken, Romantik sowie allgegenwärtige Umsicht, Vorkehr und Sicherheit, all das und mehr findet sich hier in einem einzigen Ausschnitt kompakt zusammengefaßt wieder.
Wasser und Sicherheit sind auch die idealen Stichworte für etwas, was ich bislang weder erwähnt noch gezeigt hatte: Burgen und Schlösser nämlich, die landestypisch gern etwas gedrungener gebaut werden resp. wurden als wir relativen Südländer das so gewohnt sind. Das hier ist Örebro slott in Örebro, man beachte den eigens inszenierten Kontrast zu den neuzeitlichen Sitzgelegenheiten im Vordergrund:
Auch diese sehenswerte Stadt »eroberten« wir uns übrigens im Rahmen eines Tagesausfluges. Im Vergleich zu unseren herkömmlichen Rundreisen erwies sich der stationäre Aufenthalt an einem Ort – eben Grytgöl – als planerische Herausforderung: Einerseits wollten wir natürlich möglichst viele Facetten des uns bislang unbekannten Landes kennenlernen, andererseits mochten wir nicht einen Gutteil des Tages im Auto verbringen, nur um stundenlang streng tempolimitiert durch immerwährende Waldschneisen zu gleiten...
Na ja, es fanden sich in den knapp drei Wochen unseres Urlaubes genügend Ziele im 100-Kilometer-Radius, die des Ausrückens wert waren. Manches ließ sich auch ganz gut miteinander verbinden. Den einen oder anderen Tag blieben die Räder unseres weißen Volvos sogar gänzlich unbewegt und wir daheim bzw. in fußläufiger Nähe, was durchaus zur gründlichen Erholung und Entschleunigung beitrug. Der Effekt ist erfreulicherweise dermaßen nachhaltig, daß mit der fünften und letzten Folge dieser Reise-Reprise auch erst wieder in einer Woche zu rechnen ist!
Sonntag, 31. Juli 2016
Schon am zweiten Tage unseres Aufenthaltes machten wir uns selbdritt auf zu einer kleinen Städtetour in das knapp 50 km südöstlich gelegene Norrköping.[1] Bis in die 1960er Jahre hinein war die Stadt ein Zentrum der Textilindustrie, danach ging es wirtschaftlich steil bergab aufgrund sich wandelnder Konsumgewohnheiten und vor allem wegen der starken Konkurrenz aus fernöstlichen Billiglohnländern. Das Ende der Geschichte kennen wir aus eigener Anschauung, die Baumwollindustrie Erlangen-Bamberg Aktiengesellschaft (ERBA) läßt grüßen...
Immerhin haben sich in Norrköping trotz auch dort vorgekommener Abrißorgien etliche ansehnliche Industriebauten erhalten, die heutzutage verschiedenste Nachnutzung durch Behörden, Startups, Institute und kukturelle Einrichtungen erfahren:
Um dem Verlust von Arbeitsplätzen in der Textilindustrie etwas entgegenzusetzen, wurden Anfang der 1970er Jahre einige staatliche Behörden aus der Hauptstadt Stockholm nach Norrköping verlagert. Der Vergleich mit Fürth, Grundig, Quelle und dem Bayerischen Landesamt für Statistik drängt sich da geradezu auf: Ähnliche Probleme werden halt allerorts mit ähnlichen Methoden bekämpft...
Wo der Abrißbagger in Norrköping Altes vernichtet hat, um Neuem Platz zu schaffen, ist oftmals architektonisch durchaus Vorzeigbares entstanden. Der Kontrast hat seine ästhetischen Reize, wenngleich sich fraglos nur eine dünne Schicht Gutverdiener das Leben im üppig verglasten Stadtloft leisten kann:
Wir schlenderten noch ein Weilchen am Motala ström entlang und durch die sonntäglich ruhige Innenstadt und befanden schlußendlich: Ja, hier ließe es sich wohl leben. Insbesondere dann, wenn einem das platte Land als zu einsam vorkommt und die Metropole Stockholm als zu groß...
Aber mit der Inspizierung Norrköpings war der Tag ja noch nicht annähernd gefüllt: Heiter weiter ging es daher in Richtung Ostseeküste, also erneut nach Südosten. Dabei kamen wir durch einen Ort mit dem denkbar kürzesten Namen, der es allein deshalb schon verdient, hier festgehalten zu werden (Kuriositäten sind ja ein gern gerittenes Steckenpferd des Berichterstatters):
Ja, der Ort heißt wirklich »Å«...[2] Ziel und Wendepunkt unseres Tagesausflugs war indes Tyrislöt, von wo aus man – am Ufer der Schärenmeeres stehend – diverse Schären sehen kann. Hunderte, nein Tausende Inseln säumen die Küsten, bis zum offenen Meer wäre man stundenlang unterwegs. Interessant ist die Erkenntnis, daß sich die nach Abschmelzen der eiszeitlichen Gletscher im Wortsinne »erleichterten« Landmassen auch heute noch – wenn auch langsam – heben (Stichwort: postglaziale Landhebung), was dazu führt, daß neue Inselchen enstehen, bereits vorhandene größer werden und frühere Häfen verlanden.
Leider war weder Zeit noch Gelegenheit, mit einem Postboot durch das steinerne Labyrinth zu schippern, aber das Gesehene war schon eindrucksvoll genug. So machten wir uns also auf den Rückweg und steuerten dabei noch das pittoreske Städtchen Söderköping an. An dessen Nordrand liegt der Göta-Kanal, und in dem wiederum fahren nostalgisch-schöne Passagierschiffe wie die hier exemplarisch festgehaltene »Lindön« herum:
Söderköping gilt als eine der besterhaltenen mittelalterlichen Städte Schwedens. Meiner einer hätte die vielen Holzhäuser aufgrund ihres makellosen Erhaltungszustandes nicht unbedingt bis zurück ins Mittelalter datiert, aber ja, das Städtchen hat Charme!
Überhaupt kam sich der Chronist ständig wie in einer der aus Kindertagen erinnerlichen Fernsehserie schwedischer Provenienz vor. Alles sozusagen ziemlich putzig-pippilangstrumpfig in diesem in multipler Hinsicht mustergültigem Land...[3]
Als wir nach ausgiebiger Besichtigung Söderköpings den Ort verließen und die Heimfahrt antraten, war es schon halb sieben Uhr abends. Ziemlich genau um 19 Uhr machten wir dann noch bei Finspång in einem Supermarkt Station, um uns für die folgenden Tage zu verproviantieren und des Freundes Speisekammer zu füllen.
Das sonntägliche (!) Einkaufserlebnis verdient eine ausführliche Würdigung. Zunächst einmal ist bemerkens- und festhaltenswert, daß auch an Sonntagen und bis in den späten Abend geöffnete Läden in Schweden nichts Besonderes sind, sondern gelebte Normalität. Kein Mensch käme hier auf die Idee, im angeblichen Interesse der Beschäftigten eine allgemeine Sonntagsruhe einzufordern. Uns war es recht, wir schauen uns in fremden Landen immer gerne Supermärkte von innen an, schon wegen der ungewohnten Produktvielfalt und ‑verpackungen. Die erste Überraschung erwartete uns aber bereits im Eingangsbereich des Einkaufzentrums:
Tja, was sind das wohl für eigenartige Gerätschaften, die da ihrer Entnahme durch den Kunden harren? Genau, Scannerpistolen! Mit diesen Dingern kann der Kunde während seines Einkaufsbummels selbst die gewählten Produkte registrieren und ihre Preise aufaddieren lassen, bei automatischer Berücksichtigung aller aktuellen Aktionspreise und Rabatte, versteht sich. Aber hallo!
Unser Freund delektierte sich an unserer Verblüffung, zückte lässig seine Kundenkarte, checkte damit am Automaten-Terminal ein und bekam eine dieser Scanner-Pistolen zugewiesen. Für die griffbereite Aufwahrung der persönlichen Registrierkasse verfügt jeder Einkaufswagen über ein entsprechendes Drahtkörbchen:
Mit dieser Laserkanone bewaffnet, macht sich der Kunde nolens volens zum Komplizen der Betriebswirte, die ihm einen Teil der personalintensiven Arbeit zur Eigenerledigung übertragen. Die dafür gewährten Preisnachlässe und sonstigen Vorteile machen sicherlich nur einen Bruchteil der Personalkosten aus, die man mit der flächendeckenden Einführung solcher Gerätschaften einsparen kann. Von den Möglichkeiten der Aus- und Verwertung der von den Kunden freiwillig, nebenbei und massenhaft gelieferten Daten zum individuellen Konsumverhalten gar nicht zu reden!
Diskussionen über das Pro und Contra sind indes müßig, was wir in Schweden prototypisch beobachten konnten, wird bei uns auch so kommen, und zwar eher über kurz als über lang. Funktioniert hat das Einlesen der Produktdaten selbstverständlich problemlos, und auch das Stornieren bereits registrierter Produkte bei spontaner Umentscheidung war kein Thema. Ein weiteres Faszinosum schwedischer Supermärkte und Discounter (deutschstämmiger inklusive) sind übrigens die ausladenden Angebotswände für süße und salzige Schüttgüter:
Im Nachhinein war es womöglich ein Fehler, diverse lakritzoide Leckerlis zwar in großer Vielfalt probierhalber einzukaufen, aber überwiegend erst nach der Heimkehr nach Deutschland zu verkosten: Da waren dermaßen süchtig machende Exemplare dabei, die wir bei rechtzeitigem Ausprobieren vor Ort kiloweise gebunkert und bis zur Grenze des zulässigen Gepäckgewichtes in die Koffer gestopft hätten.[4]
Mit vollem Einkaufswagen gelangten wir schließlich im Kassenbereich an, den wir ohne zwischenmenschlichen Kontakt verließen, denn selbstedend braucht es weder für (bargeldlose) Zahlung, Pistolenabgabe und Kassenbon-Kontrolle das Zutun irgendwelcher Mitarbeiter(innen). Übrigens auch nicht zur Alterskontrolle, denn Spirituosen mit mehr als 3,5 % Alkoholgehalt bekommt man ohnehin nur in staatlichen Läden (zu deutlich restriktiveren Öffnungszeiten) zu kaufen. Im schwedischen Supermarkt gibt’s weder richtiges Bier noch Wein noch Eierlikör (letzteres zum argen Verdruß des Endesunterfertigten). So, aber nun Kofferaumklappe zu und genug für heute. Bis bald!
[1] Die Endsilbe -köping findet man bei schwedischen Ortsnamen relativ oft. Die Aussprache »-schöpping« deutet schon darauf hin, was damit bezeichnet wird, nämlich eine Marktgemeinde. Sowas gib’s ja bei uns auch, siehe Neumarkt.
[2] ...und ist damit sozusagen das Gegenteil der walisischen Zungenbrecher-Gemeinde Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch.
[3] Am Rande sei vermerkt, daß ich ausgerechnet die Kinderserie »Pippi Langstrumpf« als grauenvoll und zum Fremdschämen peinlich in Erinnerung behalten habe. Meine nunmehr durchaus vorhandene Affiniät zu Schweden existiert also nicht wegen, sondern trotz dieser medialen Kindheits-Remineszenzen...
[4] Schon das allein ist ein hinreichender Grund, spätestens im nächsten Jahr wieder Schweden anzusteuern. Die in den dort erhältlichen Lakritz-Delikatessen erlaubterweise vorhandenen Konzentrationen von Süßholz und Ammoniumchlorid (aka Salmiak) gibt’s bei uns in Deutschland allenfalls in als »Erwachsenen-Lakritz« deklarierter Importware.
Dienstag, 28. Juni 2016
Mittwoch, 13. April 2016
Dinosaurier hatten wir schon mal, aber was da dieser Tage auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände abging (bzw. des Abtransportes harrte), hatte schon eine besondere Qualität:
Demnächst wird also anderswo Angst und Schrecken verbreitet, und Fürth muß wieder mit den eigenen Urviechern auskommen...
Donnerstag, 4. Februar 2016
Mit einem eigens angekauften Aufnahmegerät bin ich neulich einem längst pensionierten Eisenbahner-Kollegen auf die Pelle gerückt und habe seine lebhaft vorgetragenen Erinnerungen an seine Dienstzeit aufgezeichnet. Acht interessante (und zudem äußerst amüsante) Geschichten sind ab sofort aufruf- und anhörbar in den FürthWiki-Artikeln zum Güterbahnhof, zum Stellwerk Ottostraße und zur Kasernenbahn (jeweils im Abschnitt »Zeitzeugenberichte«). Viel Spaß beim Lauschen!
Freitag, 22. Mai 2015
Auch wenn Puerto de la Cruz eine »echte« Stadt mit »echten« Bewohnern ist – eine vom Tourismus geprägte Gemeinde ist sie natürlich dennoch. Das merkt man an den unzähligen Bars und Restaurants, das sieht man auch an den (Lebens-)Künstlern aller Art, die an der Uferpromenade ihre mehr oder weniger originellen Dienste und Dinge anbieten.
Wie neulich in Paris fielen dem rapportierenden Beobachter die Heerscharen fliegender Maler und Zeichner auf, die nicht nur Politiker(innen) und dem glamourlosen zonebattler gemeinhin völlig unbekannte »Celebrities« auf pointiert überzeichnete Weise auf’s Blatt bringen, sondern auch die vorbeiflanierende Kundschaft. Letztere gegen Entgelt, wie sich von selbst versteht...
Der Berichterstatter, der um die Durchschnittlichkeit seiner Erscheinung weiß, macht um Offerten dieser Art regelmäßig einen weiten Bogen. Und was sollte er mit der fertigen Karikatur seiner selbst dann anfangen? Über sich lachen kann er schließlich auch ohne derlei Hilfsmittel!
Schlußendlich fertigt er selber Bilder an, freilich nicht mit Stift oder Pinsel, sondern mit seiner mittlerweile von vielen Urlaubsreisen patinierten Kompakt-Kamera. [1] Meist geht es ihm dabei bekanntermaßen nicht um getreuliche Dokumentation, sondern eher um graphische Abstraktion:
Zugegeben, man muß nicht unbedingt nach Teneriffa fahren, um minimalistische Fotos zu machen, aber hier wie fast überall gilt, daß die vom Menschen geformte Welt desto banaler und häßlicher ausschaut, je mehr man von ihr mit auf’s Bild bannt...
Aber da man eine Reise-Reprise ja schwerlich nur mit künstlerisch ambitionierten Detail-Herauslösungen bestreiten kann, soll der Blick jetzt erstmal wieder weiter schweifen. Hier freuen sich ein paar Jungs auf strandnaher Sitzgelegenheit ihres Lebens und betrachten dabei die sich ausbreitende Bebauung westlich von Puerto:
Die gut gebräunten Kerls waren vermutlich Einheimische, jedenfalls keine Briten: Die von der großen Insel sind gemeinhin zweifelsfrei zu bestimmen, da sie typischerweise käseweiß auf die spanischen Eilande kommen und spätestens am dritten Tag ihres Aufenthaltes krebsrot gesonnenbrandet umherlaufen...
Freudige Zerstreuung sucht der Mensch indes nicht nur zu Lande und am (bzw. im) Wasser, sogar der Luftraum ist längst von adrenalinsüchtigen Reisenden auf der Suche nach dem besonderen Kick bevölkert: Oben bei der Hochstraße zum Teide springen bei schönem Wetter Gleitschirmflieger im Doppelpack ab, wir hatten Gelegenheit, sowohl einige Starts in ca. 1000 m Höhe als auch mehrere Landungen unten auf Meeres-Niveau zu beobachten:
Der lautlose Segelflug kann bis zur einer halben Stunde dauern, wir haben nach mühsamer Hochkrabbelung auf den Bergrücken den schönen Schirmen bei ihrer lautlosen Reise nach drunten lange nachgeschaut. Merkwürdigerweise haben wir aber nirgends einschlägige Offerten gesehen, obwohl man sonst allerorten auf ausgelegte Flyer von Wander-Veranstaltern und anderen Freizeit-Verbringungs-Helfern stößt. Offenbar ist die Hanggleiterei unter dem Seidendach doch (noch) etwas eher Elitäres...
Springen wir wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. Während man im Süden der Insel tatsächlich frachterweise Sahara-Sand über den Strand gekippt hat, um den bewegungsscheuen Faulenzer-Touristen Südsee-Feeling zu bescheren, sind die Strandabschnitte im Norden Teneriffas noch so, wie sie seit jeher waren und recht eigentlich auch sein müssen, nämlich schwarz. Klar, daß sich der dunkle vulkanische Auswurf im prallen Sonnenlicht weit stärker aufheizt als helles Schüttgut aus Afrika, aber wenn man nicht unbedingt barfuß unterwegs sein muß, hält man das gut aus, wie dieser musikkonservenbeaufschlagte Strandläufer hier souverän demonstriert:
Wohin der Herr mit zeitgeistgemäßer Ideal-Figur so beschwingt eilte, ist nicht überliefert. Wir folgten ihm ein Stück Weges, denn wir wollten an diesem unseren zweiten Urlaubstag an der Küste entlang nach Westen wandern bis zum Mirador de San Pedro.
Nur ein paar Minuten nach der Begegnung mit jenem hurtig ausschreitenden Mann am schwarzen Strande kam mir dieser Hotelklotz vor die Linse, der uns bei späteren Ausflügen ins Gebirge als im Wortsinne hervorstechende Landmarke die Identifizierung der auf die Entfernung doch recht ähnlichen aussehenden Ansiedlungen erleichterte:
Zweifelsfrei kriegt man in so einer himmelstürmenden Origami-Faltschachtel aus Beton wie diesem »Maritim« mehr Leute unter als in so einem antiquiertem Hotel wie dem »Metropol«, aber für uns persönlich wäre sowas keine ernstzunehmende Beherbergungs-Alternative. Gerne hätten wir im Rahmen einer ambulanten soziologischen Studie herausgefunden, was für Leute wohl in solchen Bewahranstalten absteigen, allein, wir haben keine gesehen. Offenbar werden die Insassen nur zu bestimmten Zeiten ebenso busladungsweise herangekarrt wie abgefahren, wir sahen im weiten Umkreis um den Klotz jedenfalls kaum eine lebene Seele...
Weiter im Text, weiter auf unserem Weg gen Westen. Was zu gefallen weiß, sind einzelne Häuser in der nach unserem Maßstäben einigermaßen »zersiedelt« zu nennenden Landschaft, in der offenbar jeder seine Finca dahin stellen kann, wo es ihm gerade paßt. Manchmal geht das sogar mit ästhetischem Feingefühl vonstatten, und das Ergebnis sind großartige Kontraste von blauem Meer (und Himmel), roten Dächern und schneeweißen Wänden:
Man beachte die Oberkanten der hübsch verzierten Ziersteinmauer: Ja, das sind einzementierte Glassplitter, die weniger der Dekoration als vielmehr der Abwehr unerwünschter Übersteiger dienen sollen (und das fraglos auch erfolgreich tun). Nicht einmal Teneriffa scheint ein Paradies der Ehrlichen und Neidlosen zu sein...
Wandern wir noch ein Stück weiter, so erspähen wir bald eine pittoreske Ruine, deren Abbild in keinem Reiseführer fehlt und die wirklich ganz außerordentlich anziehend wirkt, trotz (oder wegen) ihres ziemlich beklagenswerten Zustandes:
Bei der »Casa Hamilton« handelt es sich nicht um ein altes Kloster, wie uns manche Hobby-Knipser auf Google Earth weismachen wollen, sondern um eine ehemalige Quellwasser-Pumpstation, mit deren Hilfe die umliegenden Felder und Plantagen bewässert wurden. Die immer noch würdevolle Ruine ist an sich nicht zugänglich, übt aber natürlich auch deshalb einen großen Reiz auf kamerabewehrte urban explorer aus. Hier zeigt ein solcher eindrucksvolle Fotos des gründerzeitlichen Industrie-Reliktes; leider hat der Kollege es sich allerdings nicht verkneifen können, bei der Bearbeitung seiner HDR-Bilder die Stellschrauben sämtlicher Parameter viel zu weit aufzudrehen. Die resultierende Künstlichkeit am Rande des Erträglichen hätte nicht sein müssen, die gewählten Ausschnitte und Perspektiven lohnen aber dennoch die nähere Begutachtung.
Und damit genug für heute, wir legen jetzt eine (etwas ausgedehnte) Picknick-Pause ein und wandern in einer Woche frisch gestärkt weiter...
[1] Leider altern moderne Digital-Dinger aus sprühlackiertem Plastik typischerweise nicht annähernd so würdevoll und auratisch wie alte Apparate aus der Analog-Ära. Da waren bzw. sind meine zehn alten Minoltas doch von ganz anderem Schrot und Korn. Immerhin muß man sich heutzutage mit Leichtbau-Knipsen weniger abschleppen, und das hat ja auch sein Gutes...
Montag, 4. November 2013
Nach dem einen oder anderen letztlich fehlgeschlagenen Versuch, vorhandene Wechselobjektive aus der analogen Ära zu reaktivieren und im digitalen Zeitalter zu filmlosen Höchstleistungen zu motivieren, hat der zonebattler beschlossen, seine lichtbildnerischen Allüren auch fürderhin nur mittels Kompakt-Knipsen auszuleben. Damit diesbezüglich endlich Ruhe ist. Was aber einmal mehr die Frage – an der er ja schon seit Jahren kaut – nach der weiteren Verwendung seiner älteren Aufnahme-Apparaturen aufgeworfen hat...
Da ich meine handverlesene Minolta-Historie in zehn Kapiteln immer noch gerne anschaue (und die soliden Kameras zum Handschmeicheln gelegentlich in dieselben nehme, habe ich damit angefangen, einen virtuellen Schaukasten zu errichten, um mein olles Zeugs weltweit vorzuzeigen. Unter der frisch registrierten Adresse
habe ich bereits mit der tabellarischen Erfassung und chronologisch sortierten Präsentation meiner musealen Bestände begonnen. Alle alten Kameras und ihre epochal dazugehörigen Wechselobjektive bekommen eigene Artikel, deren adäquate Bebilderung mich noch vor einige Herausforderungen stellen wird. Immerhin, der Rohbau steht und ich kann fröhlich Richtfest feiern:
Es mag auffallen, daß ich die neue Website komplett und ausschließlich in Englisch ausführe. Das ist natürlich dem internationalen Publikum geschuldet und der – möglicherweise gar nicht so abwegigen – Hoffnung, daß sich irgendwo und irgendwann ein hingebungsvoller Sammler dazu hinreißen läßt, mir meinen alten Krempel en bloc für gutes (Schmerzens-)Geld abzukaufen, weil ihm irgendein Stück zur Komplettierung seiner Kollektion fehlt, welches er bislang weder für Geld noch für gute Worte hat auftreiben können. Ich habe da schon einige Erfahrungen machen können mit finanziell potenten »Haben-Wollern«, die zur Befriedigung ihres offenkundig manische Züge tragenden Sammeltriebes jedes Augenmaß hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit ihrer Offerten vermissen ließen. Aber was dem einen nicht weh tut, den anderen bereichert und beide erfreut kann man ja nur neudeutsch als »Win-win-Situation« begrüßen!
Ich freue mich schon darauf, mein kleines Minolta-Museum nach Fertigstellung den Marken-Fans zu widmen, von denen es allein im deutschsprachigen Raum hier und da noch eine ganze Menge gibt...
P.S.: Wer sich fragt, wie ich auf der neuen Baustelle die schönen Tabellen realisiert habe: Dafür zeichnet das praktische Plugin »TablePress« verantwortlich, welches ich vor Jahresfrist getestet und für hervorragend funktionierend befunden hatte.
Montag, 12. August 2013
Sonntag, 4. August 2013
Samstag, 13. Juli 2013
Was nun wirklich faszinierend ist auf Malta, sind die steinernen Zeugen der Geschichte, angefangen von den frühsteinzeitlichen Tempelanlagen über die auch ästhetisch bombastischen Festungsbauten des Johanniterordens bis hin zu den Wohnsiedlungen aus britischer Kolonialzeit. Auch wenn es hier und da und dort bröselt und Wind und Wetter ihre Nagezähne ohne Unterlaß wetzen, Malta ist ein Freilicht-Museum par excellence!
Hier standen wir in den Buskett Gardens, dem (einzigen!) Wald Maltas und erspähten dort ein prunkvolles Wappen am Verdala Palace, dem offiziellen Sitz des Staatsoberhauptes und damit sozusagen das insulare Schloß Bellevue [1]:
Auch wenn wir in diesem unseren zweiten Malta-Urlaub darauf bedacht waren, uns bis dato unbekannte Ecken der Inseln zu erkunden, so zog es uns natürlich dennoch auf’s Neue in jene Orte, die wir schon im Vorjahr begeistert erforscht hatten. Wie z.B. in die alte Hauptstadt Mdina, in deren mittelalterlichen Gassen-Labyrinth man immer wieder gerne auf den Auslöser drückt:
An sonnig-heißen Tagen lernt man die schattigen Zufluchtsorte Mdinas zu schätzen und setzt sich gerne zu Kaffee und Kuchen in eines der Cafés an bzw. in der Stadtmauer, wo man überdies noch einen grandiosen Fernblick genießen kann...
Doch auch die weniger schattigen Sehenswürdigkeiten haben ihren Reiz, zumal die Temperaturen im späten Frühling und frühen Sommer durchaus noch gut auszuhalten sind. Also sind wir natürlich auch heuer mit dem Bus ins Fischerstädtchen Marsaxlokk gefahren, um dort dem bunten Treiben zuzuschauen. Ganz besonders bunt sind dort bekanntermaßen die Fischerboote:
Auch an Sonn- und Feiertagen kann man die Fischer beim Arbeiten beobachten, denn zu tun ist natürlich immer etwas: Netze müssen entheddert und geflickt, Motoren repariert und geschmiert, Betriebsstoffe geladen und verstaut werden. Vor allem aber müssen die vom Salzwasser und der Sonne maltraitierten Anstreiche regelmäßig erneuert werden, eine Arbeit, die mit Hingabe und in nachgerade kontemplativer Versenkung ausgeführt wird:
Die Malteser kümmern sich nicht nur sorgsam und leidenschaftlich um ihre Kähne und Kutter (sowie um ihre Schrotflinten), sie haben auch ein Herz für Oldtimer auf Rädern: Immer wieder begegnet man tadellos restaurierten solchen, meist britischer Provenienz. Oftmals sind sie leider schon wieder weg, bevor man die Kamera in Anschlag bringen kann, aber einmal hatte ich Glück und konnte einen langsam dahintuckernden LKW geradezu mustergülig ablichten:
Von Marsaxlokk aus sind wir landeinwärts in Richtung Nordwesten gewandert, und wenn ich heute – zweieinhalb Monate später – diese Zeilen niederschreibe, so habe ich wieder die flirrende Luft vor Augen, das Summen der Insekten im Ohr, die vielfältigen Düfte in der Nase. Und natürlich die Bilder der Landschaft im Kopf, die ich im Interesse der Verdichtung gerne auf das Wesentliche zurechtschneide und von störendem Drumherum befreie:
Was in diesen Tonnen mal drin war, will man vermutlich gar nicht so genau wissen. Über allerlei dubiose Behältnisse am Rande landwirtschaftlicher Nutzflächen hatte ich mich ja schon im letzten Jahr befremdet gezeigt...
Nicht weniger befremdlich und auch etwas bedrohlich erscheinend, letztlich aber belustigend war ein paar Stunden später der lautstarke Empfang, den uns in einer winzig kleinen Siedlung am Rand des Flughafens von Malta ein paar vierbeinige Wächter der Hl. Mutter Gottes bereiteten:
Wenn man gegen den Turbinenlärm startender Passagierjets ankläffen muß, muß man sich schon ordentlich ins Zeug legen. Immerhin konnten auch diese armen Schweine Köter ihren Posten nicht verlassen und uns nicht in die Waden beißen. So konnten wir unverseht zum Flugplatz weitertappen, an seinem Zaun entlang bis zum Terminal-Gebäude marschieren und dort dennächsten Bus Richtung Valletta nehmen...
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft liegen auf dem überschaubaren Inselreich recht nah beieinander, und es ist verblüffend, wie schnell man zu Fuß (!) von einer »Zeitzone« zur nächsten gelangen kann. Springen wir zum Abschluß und zum Exempel noch schnell in die Zukunft und schauen uns eine unfertige Luxus-Wohnanlage an, die auf einem Hügel nördlich von Naxxar entsteht:
Wie so oft ließ der Zustand der Baustelle nicht erkennen, ob hier nur im Rahmen einer ausgedehnten Siesta pausiert wurde, oder ob die zu 85% fertiggestellte Wohnanlage schon wieder dem bauträgerpleitebedingten Verfall preisgegeben ist [2]: Hier und da hörte man zwar eine Bohrmaschine oder eine Säge kreischen, aber ansonsten herrschte – mitten unter der Woche – Ruhe und Leere.
Leer sind nunmehr auch des Chronisten Hirn und Wampe, weshalb er sich jetzt in Richtung Küche und Kühlschrank verabschiedet. In der nächsten und letzten Folge seines Reise-Rapports läßt er es aber demnächst noch einmal so richtig krachen!
[1] Wenn der zonebattler sich nicht faulheitshalber um die vorbereitende Lektüre von Reiseführer und Wikipedia gedrückt gehabt hätte, dann hätte er vorher gewußt, daß der Präsidentenpalast der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist und er hätte sich von seiner besseren Hälfte nicht bergauf bis zum verschlossenen Zaun treiben lassen müssen. Tja, so ereilte ihn die verdiente Strafe (wobei der Fußmarsch dorthin natürlich trotzdem ein schöner solcher war)...
[2] Man sieht so vieles auf Malta und Gozo, was sich unseren teutonischen Denkmustern nicht wirklich erschließt. Ist aber umgekehrt vermutlich genauso.
Montag, 8. Juli 2013
Fragt man einheimische Malteser oder insulare Gastarbeiter nach gangbaren Fußwegen zur Küste oder gar nach Wanderrouten an derselben entlang, so erntet man zunächst Ratlosigkeit, dann aber gut gemeinte Ratschläge hinsichtlich der unbedingt anzuratenden Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zum direkten Ansteuern des Zielortes: Ausschreiten um des Ausschreitens willen scheint dort ein dermaßen abstruses Konzept zu sein, daß sich keiner vorstellen kann, warum man so etwas machen sollte. Unsereins wiederum war befremdet ob der geographischen Uninformiertheit mancher Leute, bei denen terra incognita schon einen Steinwurf abseits der Straße zu beginnen scheint...
Aber egal: Vom (in der Tat per Bus angefahrenen) Städtchen Kalkara aus umquerten wir per pedes die Baustelle der futuristischen SmartCity (wo derzeit noch nix sonderlich Smartes zu sehen ist), schlugen uns durch allerlei Gestrüpp und quasiöffentliche Feldwege durch nach Xgħajra und marschierten von da aus ein gutes Stück den Nordost-Zipfel Maltas entlang bis hinunter nach Marsaskala. Dabei kamen wir durch melancholisch stimmende Gegenden, die kaum je ein Tourist freiwillig aufsuchen dürfte. Was allerdings vielfach doch hingekommen war, waren EU-Fördermittel:
Das Bild steht prototypisch für die nicht-nachhaltige Verpulverung von öffentlichen Geldern durch Baumaßnahmen am Bedarf vorbei: breite Promenaden ohne promenierendes Publikum, Bänke sonder Zahl ohne Sitzende, Infrastruktur aller Art ohne die dazugehörigen Nutzer. Und ohne eine Perspektive, denn nach der Errichtung findet offenbar eine bedarfsweise Instandsetzung nur selten und präventive Instandhaltung gar nicht statt. Was für teuer Geld errichtet wurde, ist also sogleich wieder dem Verfall preisgegeben, der ja in der salzhaltigen Meeresluft nicht lange auf sich warten läßt: Zäune verrosten, Bänke verwittern, Grünanlagen verkommen.
Während sich die zeitgenössische Bauwirtschaft also mit dem realsozialistischen DDR-Motto: »Wir bauen auf und reißen nieder, so haben wir Arbeit, immer wieder« ganz gut charakterisieren läßt, so wurde in den lange zurückliegenden Zeiten des mächtigen Malteserordens schon aus Gründen des Aufwands (die Zeche zahlten nicht andere und moderne Baumaschinen gab es auch nicht) weit nachhaltiger gedacht und umsichtiger konzipiert. Ein schönes Beispiel sind die zahlreichen aus dieser Zeit überkommenen Wachtürme, von denen aus man nahende Invasionsflotten frühzeitig entdecken und schnurstracks weitermelden konnte:
Die Restaurierung dieser natürlich auch der Erosion unterliegenden, steinernen Zeitzeugen mit Hilfe von EU-Fördermitteln geht natürlich in Ordnung, damit wird Geschichte plakativ und leicht faßlich erhalten und nicht wie in unserer heimischen »Denkmalstadt« mutwillig plattgemacht (was – soviel sei der Gerechtigkeit halber konzediert – selbstredend auch auf Malta in großem Stil passiert). Immerhin, den verschiedenen Elementen der maltesischen Befestigungsanlagen wird konservatorische Aufmerksamkeit zuteil, und das auch im kleineren Maßstab, wie dieses Modell im neulich schon erwähnten »Fortress Builders Interpretation Centre« dokumentiert:
Man beachte die pragmatische Material-Mix-Bauweise: Wie die Bastionen und sonstigen großen Befestigungen auch bestehen die Türme zu großen Teilen aus Füllmaterial, welches zwischen die Innen- und Außenmauern verbracht und verdichtet wurde: Das spart nicht nur Bearbeitungsaufwand und Kosten, sondern steckt auch die Energie einschlagender Kanonenkugeln besser (und leichter reparierbar) weg als durchgängige Massivbauweise...
Im 20. Jahrhundert bauten die Briten munter weiter, wenngleich natürlich angesichts der Fortschritte der Militärtechnik unter geänderten Prämissen: Während man mit immer großkalibrigeren Geschützen den auf dem Wasser sich nähernden Feind schon weit vor seiner Sichtbarkeit einen feurigen Empfang zu bereiten trachtete, baute man an möglichen Landungsstellen etliche MG-Bunker aus Stahlbeton, von denen aus eine vergleichsweise kleine Mannschaft eine zahlenmäßig überlegende Truppe unter Feuer nehmen und wirksam niederhalten konnte. Der eigenen Wehrlosigkeit gegen Angriffe mit schwerer Artillerie oder später gar aus der Luft versuchte man mit Tarnanstrichen zur weitgehenden Unsichtbarmachung zu begegnen:
Meiner Meinung nach sollte man die alten Bunker dauerhaft wieder mit (gerne von der EU subventionierten) Soldaten besetzen: Wenn die aus den Schießscharten spähenden, jungen maltesischen Schützen die allgegenwärtigen Umweltfrevler (aus den Reihen der eigenen Bevölkerung) unter Beschuß nähmen, hätten sowohl die fliegende Fauna als auch die Landschaft was davon, von der Schaffung sicherer Arbeitsplätze (mit Pensionsanspruch) ganz zu schweigen. Im Nu wäre Ruhe, herrschten Sauberkeit und Ordnung! Weil dergleichen radikale Ansätze natürlich schon aus wahltaktischen Gründen momentan noch als unrealistisch einzustufen sind, werden bis auf weiteres nach wie vor die Vögel abgeknallt und die Landschaft zugemüllt:
Was angesichts der prinzipiell traumhaft schönen Umgebung kaum zu verstehen ist: Die flächendeckende Vermüllung des Lebensraumes geschieht ja nicht durch Fremde, sondern primär und zuvörderst durch die Einheimischen, die alles, was sie loswerden wollen, an Ort und Stelle liegen lassen. Oder sogar extra hinfahren: Wir haben an unbewohnten Küstenabschnitten wild entsorgte Herde, Kühlschränke und Kraftfahrzeuge gesehen, reich garniert mit unverrottbaren Kunststoffabfällen. Warum nur tut so ein Anblick nur dem Auswärtigen weh und nicht jenem, der sein eigenes Land so unnötig schändet?
Vielleicht hängt das ja mit der Bunker-Mentalität der Insulaner zusammen, die sich auch nach Jahrzehnten des Friedens immer noch gerne wehrhaft einkasteln und ihren Blick aufs Leben auf einen schmalen Tunnelblick verengen:
Nein, dieses Bild zeigt keine alte Wehrmauer, sondern den Rohbau eines neuen Wohnhauses mit klar erkennbaren Scheuklappen. Wenn man so konsequent alles ausblendet, was einen stören könnte, dann kommt man natürlich leichteren Herzens durch Leben...
Genug räsoniert, es hilft ja doch nix. Schauen wir uns nochmal an der unbewohnten Küste um und werfen wir dort einen unauffälligen Blick auf die Feizeitbeschäftigung der älteren Generation: Während Opa auf einem gischtumspülten Felsen hockt und Fische aus dem Meer zu ziehen sucht, sitzt Oma im notdürftig beschatteten Kleinbus und strickt derweilen. Die mitgeführten Vierbeiner teilen den unaufgeregten Lebensstil, dösen in der Sonne und lassen sich angesichts der fremden Wanderer noch nicht einmal zu einem lässigen »Wuff« herab.
So, wir nähern uns langsam dem Endpunkt unseres langen Marsches, der Touristen-Hochburg Marsaskala. Schon räkeln sich die ersten Miezen lasziv im Halbschatten der kunstvoll gestalteten (und selbstverständlich mit EU-Mitteln bezahlten) Bänke:
Cat content geht immer, wie der medienerfahrene zonebattler weiß. Obwohl er es ja an sich nicht nötig hat, seine Zugriffs-Statistiken durch derlei Tricks zu puschen. Freilich ist es mit dem öffentlichen Abbilden von Lebewesen so eine Sache: Bei zweibeinigen Miezen kriegt man schon beim Fotografieren mitunter Unschönes an den Kopf geworfen (real oder verbal), außerdem kann das verletzte Recht am eigenen Bild noch Jahre später zur juristischen Stolperfalle werden. Ergo zeige ich in meinen virtuellen Wunderkammern nur dann (identifizierbare) Menschen, wenn diese sich mit meinem lichtbildnerischen Ansinnen dezidiert einverstanden erklärt haben. Die bepelzten Vierbeiner pflege ich zu kraulen und ihr Schnurren als konkludente Zustimmung zu werten. So einfach ist das.
Und damit lasse ich es für heute bewenden. Demächst geht es heiter weiter.
Süßer und scharfer Senf:
Flexibilität ist allesBedaure, ich bin Blogger und kein Beschaffer. Es wird Dich allenfalls etwas...
Flexibilität ist allesUnd noch was: Ich finde es sehr lustig, dass du den "Orangeli"...
Flexibilität ist allesP.P.S.: Mir ist mein "Gelbi" wirklich wichtig! Das Angebot mit den 9...
Flexibilität ist allesP.S.: Du kannst mir vertrauen, ich meine solche Angebote ernst. Ich würde...