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zonebattler's homezone 2.1 - Merkwürdiges aus Fürth und der Welt


Sonntag, 14. Juni 2015

»Die Zeit ist ka­putt«

So sprach einst Hans Al­bers als Ba­ron Münch­hau­sen im gran­dio­sen UfA-Ju­bi­lä­ums­film von 1943, und es muß im Nach­hin­ein Wun­ders neh­men, daß im spä­ten Na­zi­reich ein so an­spie­lungs­rei­cher Satz un­be­an­stan­det durch die Zen­sur kam. Seit ein paar Ta­gen ist auch in Fürth die Zeit ka­putt, je­den­falls für mich, der ich werk­tags au­ßer Sa (nicht 24.12., 31.12.) des Mor­gens zum Haupt­bahn­hof ha­ste und bei­zei­ten nach der gro­ßen Uhr im süd­sei­ti­gen Gie­bel des Emp­fangs­ge­bäu­des schie­le, um zu se­hen, ob ich noch ei­nen Zahn zu­le­gen muß, um mei­nen Zug zu­ver­läs­sig zu er­rei­chen:

ausgeweidete Bahnhofsuhr in Fürth (Bay) Hbf

Es gibt aber neu­er­dings nichts mehr zu se­hen, zu­min­dest kei­ne Uhr­zeit mehr. So ei­nen drei­sten »Zeit­dieb­stahl« ha­be ich zwar schon vor zwei Jah­ren in der Zi­ta­del­le von Vic­to­ria auf der In­sel Go­zo be­merkt, aber da war im­mer­hin noch das Zif­fer­blatt vor­han­den und nur die Zei­ger ver­schwun­den. Hier in der Hei­mat schmückt jetzt nur noch ein ne­bu­lö­ses Rund die Fas­sa­de:

ausgeweidete Bahnhofsuhr in Fürth (Bay) Hbf

O tem­po­ra, o mo­res! Was soll das wer­den? Hat DB Station&Service den ma­ro­den Me­cha­nis­mus zu Re­pa­ra­tur- und War­tungs­zwecken aus­bau­en las­sen, auf daß uns in Kür­ze wie­der zu­ver­läs­sig Stun­de und Mi­nu­te ge­wie­sen wer­den kön­nen? Oder hat man die ka­put­te Uhr ver­schrot­tet, weil man lie­ber gar kei­ne Zeit an­zeigt als ei­ne fal­sche? Rück­bau al­so als ko­sten­gün­sti­ge Pro­blem­lö­sung? Wä­re ei­ner­seits ver­ständ­lich in Zei­ten, wo fast jede(r) ein Smart­phone mit prä­zi­ser Zeit­an­zei­ge in Hän­den hält, an­de­rer­seits aber ein trau­ri­ges Sym­bol für die al­lent­hal­ben ero­die­ren­de In­fra­struk­tur.

Und es wä­re nicht des er­ste Mal: So­was ken­nen wir lei­der be­reits in Sa­chen elek­tro­ni­sche Ab­fahrts­ta­fel, de­ren süd­städ­ti­sche Aus­ga­be auch erst ka­putt, dann re­pa­riert, dann er­neut de­fekt und schließ­lich er­satz­los ver­schwun­den war. Bleibt zu hof­fen, daß die DB die Zei­chen der Zeit (und die Wich­tig­keit die­ser ele­men­ta­ren Dienst­lei­stung) er­kennt und uns Süd­städ­tern bald wie­der mit­teilt, was die Stun­de ge­schla­gen hat...

Freitag, 12. Juni 2015

Die Lär­min­sel (5)

Ein neu­er Mor­gen, ei­ne neue Bus­li­nie: Noch ein­mal woll­ten wir ei­nen Ta­ges­aus­flug eher be­däch­tig an­ge­hen und uns noch nicht wie­der an die Gren­zen der in­fekt­be­dingt schwä­cheln­den ei­ge­nen Kon­di­ti­on her­an­ta­sten. La Oro­ta­va hieß das Ziel der Wahl, wel­ches von di­ver­sen Freun­den und Be­kann­ten uns als herr­li­cher Sehn­suchts­ort ge­schil­dert wor­den war. Al­so ab in den Bus und kur­ven­reich den Hang hin­ter Pu­er­to de la Cruz hin­auf­ge­tuckert...

Und es ist ja wahr: Hat man sich von der pro­sa­ischen Bus­sta­ti­on erst ein­mal in den hi­sto­ri­schen Stadt­kern durch­ge­han­gelt, fin­det man ein weit­ge­hend in­tak­tes Alt­stadt-En­sem­ble von ho­her ar­chi­tek­to­ni­scher Qua­li­tät vor. Der Blick streift über Dä­cher, Bal­ko­ne, Türm­chen und In­nen­hö­fe, die ei­ne ru­hi­ge Wür­de und ei­ne an­ge­nehm de­zen­te Un­auf­ge­regt­heit aus­strah­len. Doch, hier kann man es aus­hal­ten!

Über den Dächern von La Orotava

Stun­den­lang ha­ben wir die Gas­sen und Sträß­chen kreuz und quer und rauf und run­ter be­streift, ha­ben Kir­chen und Park­an­la­gen be­sich­tigt, Müh­len­re­lik­te und In­nen­hö­fe in­spi­ziert, da die Na­se an die Schei­be ge­preßt und dort den Blick durch ein Git­ter­tor ge­nos­sen. All das läßt sich in der Rück­schau (auch ge­fühls- und ge­ruch­mä­ßig) ge­nau re­kon­stru­ie­ren, wenn ich mei­ne per Vor­rats­da­ten­spei­cher ge­sam­mel­ten GPS-Tracks in Goog­le Earth la­de und aus der Vo­gel­per­spek­ti­ve den Streif­zug nach­voll­zie­he.

Hier prä­sen­tier­te sich ein be­son­ders schö­nes Ex­em­plar ei­ner tra­di­tio­nell ver­zier­ten Fas­sa­de, mit sorg­fäl­tig ge­pfleg­tem Blu­men­schmuck an den höl­zer­nen Bal­ko­nen (die frei­lich ih­rer­seits et­was kon­ser­vie­ren­de Zu­wen­dung ver­tra­gen könn­ten):

Die Casa de Los Balcones

Der Aus­schnitt zeigt die Ca­sa de Los Bal­co­nes, ei­ne der be­kann­te­ren Se­hens­wür­dig­kei­ten der Stadt. Das Haus an sich ist auch durch­aus se­hens- und be­wun­derns­wert, die im Erd­ge­schoß an­ge­bo­te­nen Mit­bring­sel der Ka­te­go­rie »tra­di­tio­nel­les Hand­werk« ver­mö­gen in­des pri­mär hoch­be­tag­te Gä­ste zu be­gei­stern und von ih­rem Geld zu tren­nen. Der noch nicht ganz in die­se Al­ters­klas­se fal­len­de zone­batt­ler freu­te sich da­ge­gen über das eben­so bal­last­stoff­freie wie ko­sten­lo­se WLAN in an­ge­nehm schat­ti­ger Ni­sche...

Hin­ter dem nicht min­der ein­drucks­vol­len Li­ceo de Tao­ro hat mei­ner ei­ner nicht nur zu sei­ner gro­ßen Er­leich­te­rung ei­ne sehr or­dent­li­che Stoff­wech­sel­stu­be ge­fun­den, son­dern auch ba­den­de Bäum­chen, so­zu­sa­gen ein Na­tur­schau­spiel der un­ge­wöhn­li­chen Art:

zweckentfremdete Badewanne hinter dem Liceo de Taoro

Ein Fo­to wie die­ses ist schon ge­nug künst­le­ri­scher Er­trag für ei­nen gan­zen Ur­laub, wie ich fin­de. Da gab und galt es nix zu in­sze­nie­ren, nur drauf­zu­hal­ten und ab­zu­drücken. In ei­nem klei­nen Ex­kurs sei hier mal dar­über re­flek­tiert, wie mei­ne Ur­lau­be dies­be­züg­lich vor ei­nem Vier­tel­jahr­hun­dert – in ei­nem frü­he­ren Le­ben – so ab­lie­fen: 10–15 Dös­chen mit Dia-Fil­men drin mög­lichst an den Rönt­gen­ge­rä­ten der Flug­ha­fen-Se­cu­ri­ty vor­bei­ge­schleust, der ho­hen Ko­sten von ca. 50 Pfen­ni­gen pro Aus­lö­sung we­gen eher we­ni­ger ex­pe­ri­men­tiert, Mehr­fach­ver­su­che zur Er­fas­sung der be­sten Per­spek­ti­ve oder des schön­sten Mo­men­tes nur in Aus­nah­me­fäl­len un­ter­nom­men, her­nach zu Hau­se ta­ge­lang auf das Ent­wickeln ge­war­tet und dann wo­chen­lang ge­schnip­pelt, ge­rahmt und in Ma­ga­zi­ne ein­sor­tiert. Da­nach ein bis zwei­mal an­ge­schaut und spä­ter nim­mer­mehr. Wo­bei ich den­noch (oder ge­ra­de des­we­gen) der­zeit da­bei bin, die ana­lo­gen Er­in­ne­run­gen (sprich: die Di­as) zu di­gi­ta­li­sie­ren, denn am Mo­ni­tor, auf dem Smart­phone-Dis­play oder via Ta­blet schaut man sich halt doch eher al­te Ela­bo­ra­te an, wo­hin­ge­gen man Pro­jek­tor und Lein­wand schon aus Grün­den der Faul­heit eher sel­ten her­aus­kramt und auf­baut... Heu­te lei­ste ich mir fol­ge­ko­sten­los weit mehr Ver­su­che und kom­me nicht mit mit 300 Fo­tos heim, son­dern mit der vier­fa­chen Men­ge (von de­nen hin­ter­her frei­lich 2/3 wie­der der [Entf]-Taste zum Op­fer fal­len). Un­ter dem Strich bin trotz der ge­stie­ge­nen Ver­su­chung zur Nach­läs­sig­keit wohl den­noch ein bes­se­rer Knip­ser ge­wor­den, die Übung macht’s...

Aber ge­nug der Ab­schwei­fung, wir sind ja hier in ei­ner Rei­se-Re­por­ta­ge und we­der in ei­nem Fo­to­kurs noch in ei­nem Bild­be­ar­bei­tungs-Se­mi­nar. Am näch­sten Mor­gen fühl­ten wir uns bei­de wie­der fit ge­nug für grö­ße­re Un­ter­neh­mun­gen und nah­men uns für drei Ta­ge ei­nen Leih­wa­gen, um un­se­ren Ak­ti­ons­ra­di­us zu er­wei­tern und da­hin zu fah­ren, wo die dicken Bus­se sel­ten oder gar nie hin­kom­men. [1] Wir zuckel­ten auf klei­nen Stra­ßen (und mit­un­ter dank des­ori­en­tier­ter elek­tri­scher La­dy in der smart­phoni­schen Na­vi-App über Stock und Stein) in das wun­der­ba­re Ana­ga-Ge­bir­ge im Nord­osten der In­sel. Gran­dio­se Per­spek­ti­ven ta­ten sich dort auf:

Im Anaga-Gebirge

Der hel­le Strei­fen zwi­schen den dunk­len Ber­gen un­ten und den dü­ste­ren Wol­ken oben ist üb­ri­gens das Meer... In je­nem Ge­bir­ge ist es ger­ne neb­lig und feucht, wes­we­gen es dort üp­pi­ge Lor­beer­wäl­der gibt. Die­ser Ab­wechs­lungs­reich­tum macht den gro­ßen Reiz Te­ne­rif­fas aus: Zwi­schen hei­ßer Wü­ste und feucht­kal­tem Dschun­gel lie­gen ja re­gel­mä­ßig nur ein paar Dut­zend Ki­lo­me­ter!

Wir kurv­ten ha­ken­schla­gend bis zu ei­nem Wei­ler na­mens Cha­mor­ga, da hört die Welt zu­min­dest für die Au­to­mo­bi­li­sten auf. Auf Schu­sters Rap­pen ging es dann wei­ter bis (fast) zum Ro­que Ber­me­jo am Nord­ost­zip­fel Te­ne­rif­fas. Erst läuft man noch über ein paar we­gen Un­ter­spü­lung und Hang­rut­schen nicht mehr be­fahr­ba­re Be­ton­strei­fen, dann geht es nur noch über Tram­pel­pfa­de wei­ter durch die üp­pi­ge Ve­ge­ta­ti­on:

Auf dem Weg zum Roque Bermejo

Süd­lich und un­ter­halb des Leucht­tur­mes Faro de Ana­ga mach­ten wir dann er­stens Rast und zwei­tens kehrt: Der wei­te­re Ab­stieg bis zum un­ter uns schwap­pen­den At­lan­tik hät­te be­stimmt wei­te­re 45 Mi­nu­ten (pro Rich­tung!) ge­dau­ert und un­se­re Kräf­te all­zu­sehr be­an­sprucht: Die brauch­ten wir ja noch für den wei­ten Rück­weg bis zum in Cha­mor­ga ab­ge­stell­ten Wa­gen. Die Ent­schei­dung er­wies sich als rich­tig: Als wir schließ­lich wie­der an un­se­rem Volks­wa­gen an­ge­langt wa­ren, wa­ren wir ei­ni­ger­ma­ßen grog­gy. Aber auch glück­lich über das Ge­se­he­ne und Ge­lei­ste­te! Lä­sti­gen Lärm gab es an die­ser ent­le­ge­nen Ecke des be­sie­del­ten Lan­des üb­ri­gens durch­aus auch, und zwar in Form von Hun­den, die ihr Re­vier schon auf Di­stanz bel­lend zu ver­tei­di­gen trach­te­ten. Tja, »Lär­min­sel« kommt wirk­lich nicht von un­ge­fähr!

Der Tag war noch längst nicht ver­stri­chen, und wir woll­ten ja den fahr­ba­ren Un­ter­satz best­mög­lich aus­nut­zen. Al­so erst­mal wie­der zu­rück auf der Ber­ge Rücken bis nach El Bai­la­de­ro, dort die uns schon be­kann­te Rou­te gen Sü­den ver­las­sen und in San An­drés Sta­ti­on ge­macht. Von da aus an der Kü­ste ent­lang nach San­ta Cruz hin­ein­ge­fah­ren. Von dort aus woll­ten wir uns zur be­rühm­ten Pan­ora­ma-Stra­ße TF-24 zum Tei­de hoch­schlän­geln. Zu die­sem Zwecke gab ich als Zwi­schen­ziel das Städt­chen La Es­pe­ran­za ins Smart­phone-Na­vi mei­ner bes­se­ren Hälf­te ein und ließ mich ein­mal mehr von der elek­tri­schen Tan­te (ver)führen. Die er­wies sich ein­mal mehr als gna­den­los ziel­stre­big und ab­kür­zungs­fi­xiert und ließ mich über Feld­we­ge und Ge­röll­pi­sten ran­gie­ren, de­ren An­blick je­den Au­to­ver­lei­her furchige Fal­ten (oder fal­ti­ge Fur­chen?) auf die Stirn ge­trie­ben hät­te. Letzt­lich ging al­les gut und glatt, und ich kann mir al­tem Sonn­tags­fah­rer noch ei­ni­ges an fah­re­ri­schem Kön­nen und ei­nem neu­zeit­li­chen VW Po­lo recht re­spek­ta­ble Ge­län­de­wa­gen-Qua­li­tä­ten at­te­stie­ren...

Schließ­lich er­reich­ten wir doch noch die TF-24 (der ge­treu­lich mit­ge­tracker­te Kurs nimmt sich auf Goog­le Earth gar nicht so ver­we­gen aus wie er sich un­ten auf der rea­len Er­de an­fühl­te) und fuh­ren zü­gig (und mit rich­ti­gem Asphalt un­ter den Rei­fen) nach Süd­we­sten in Rich­tung des ma­je­stä­ti­schen Vul­kans. Da­bei ka­men wir von un­ten in die Wol­ken, und das ist nun wirk­lich ei­ne ganz be­son­de­re Er­fah­rung:

In wolkengetränkten Wäldern

Win­dig ist es da und at­mo­sphä­risch ei­ni­ger­ma­ßen gru­se­lig, ziem­lich feucht na­tür­lich so­wie­so. Dar­um al­so nach dem Knip­sen gleich wie­der ins Au­to ge­hech­tet und wei­ter ge­fah­ren, im­mer wei­ter, im­mer hö­her durch ki­lo­me­ter­lang sich hin­zie­hen­de Wäl­der.

Ir­gend­wann kommt man eben­so un­ver­mit­telt oben aus der Wol­ken­decke her­aus, wie man un­ten in sie hin­ein­ge­fah­ren ist. Und da steht er dann in sei­ner vol­len Pracht, der höch­ste Berg in spa­nisch be­wirt­schaf­te­ten Lan­den: El Tei­de !

Blick auf den Teide

Die gran­dio­se Sze­ne­rie ist mit fo­to­gra­fi­schen Mit­teln na­tür­lich nicht an­nä­hernd ein­zu­fan­gen: Der strah­lend blaue Him­mel, die schnee­wei­ße Wol­ken­schicht, die fri­sche, kla­re Luft, der sanft über die Haut strei­chen­de Wind, die weit­ge­hen­de Ab­we­sen­heit an­de­rer Men­schen, all das macht den Auf­ent­halt an so ei­nem Aus­sichts­punkt zu ei­nem sehr in­ten­si­ven Er­leb­nis. Als et­was stö­rend emp­fand ich die – auf dem klein­ge­rech­ne­ten Fo­to gnä­di­ger­wei­se nicht mehr er­kenn­ba­re – Seil­bahn an der lin­ken Flan­ke des Vul­kan­ke­gels: Dem Gi­gan­ten der­ma­ßen auf die Pel­le zu rücken er­schien mir als ir­gend­wie ent­wür­di­gen­de An­ma­ßung. Na ja, der mo­der­ne Mensch neigt ge­mein­hin oh­ne­hin nicht zur De­mut. Der Tei­de wird sich schon mit hei­ßem Atem zu weh­ren wis­sen, wenn’s ihm zu­viel wird...

Als Ver­hei­ßungs­ort be­son­de­rer Gü­te kam mir die­se fu­tu­ri­sti­sche »Ster­nen-Stadt« vor, die nach­ge­ra­de aus­sieht wie ein ty­pi­sches Sci­ence-Fic­tion-Ro­man-Co­ver aus den 1970er Jah­ren: Er­ha­ben­heit, Auf­bruch­stim­mung, Er­for­schung des Un­be­kann­ten, das al­les und mehr irr­lich­ter­te durch des zonebattler’s Syn­ap­sen, als er der Ob­ser­va­to­ri­en ge­wahr wur­de. Die sind da oben dem Him­mel so nah wie mög­lich und er­freu­en sich dank ge­rin­ger Luft- und Licht­ver­schmut­zung be­ster Aus­sicht ins All. Groß­ar­tig!

Observatorien in der Nachbarschaft des Teide

So­wohl die Kup­peln der Stern­gucker als auch die un­ten wa­bern­den Wol­ken wa­ren uns schon in ähn­li­cher Form und An­mu­tung vor fünf Jah­ren auf La Pal­ma un­ter die Au­gen (und vor die Lin­se) ge­kom­men. Ich muß ge­ste­hen, daß ich sei­ner­zeit nicht nur be­gei­stert, son­dern nach­ge­ra­de über­wäl­tigt war. Aber in der Wie­der­ho­lung nutzt sich halt doch al­les ein we­nig ab...

Gleich nach den Ob­ser­va­to­ri­en lie­ßen wir dann den Tei­de vor­erst links lie­gen und bo­gen nach rechts auf die TF-24 ab, die Son­ne stand ja schon tief, es war in­zwi­schen Abend ge­wor­den und der zone­batt­ler des Fah­rens mü­de. Und ob­wohl es Luft­li­nie gar nicht so weit bis nach Hau­se war, ging es na­tür­lich zicke-zacke kur­ven­reich und ent­spre­chend lang­sam berg­ab. Bis wir end­lich im Ho­tel an­lang­ten, war es schon fast du­ster. Ein er­füll­ter Tag lag hin­ter, zwei wei­te­re mit selbst­ge­steu­er­tem Ge­fährt noch vor uns. In der näch­sten Fol­ge fah­ren wir die TF-24 wie­der hoch und ma­chen sei­ner Ma­je­stät dem gro­ßen Vul­kan und sei­nem Hof­staat drum­her­um end­lich un­se­re Auf­war­tung.

 
[1] 60 EUR ko­ste­te der Spaß in Form ei­nes VW Po­lo (zzgl. Sprit in der ver­fah­re­nen Men­ge), da kann man nicht mau­len. Wie im­mer war die Be­die­nung ge­wöh­nungs­be­dürf­tig, des Au­tors ei­ge­ne Renn­gur­ke hat ja ins­ge­samt we­ni­ger Mo­le­kü­le als so ein mo­der­nes Au­to Schal­ter und Lich­ter. Über­dies wäh­ne ich mein ei­ge­nes Vo­lant und die Pe­da­le nach dem Ur­laub als schwer­gän­gig oder ein­ge­ro­stet, weil es mei­nem Ve­hi­kel an neu­zeit­li­chen As­si­stenz­sy­ste­men man­gelt, aber der Mensch ist ja fle­xi­bel und kann sich an fast al­les ad­ap­tie­ren (mei­ner ei­ner so­gar in der Rich­tung vom Lu­xus zum Spar­ta­ni­schen)...

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Donnerstag, 11. Juni 2015

Dor­nen­kro­ne

blühende Distel an des zonebattler's Schrebergarten
Freitag, 5. Juni 2015

Die Lär­min­sel (4)

Nach­dem wir von Freun­den schon im Vor­feld un­se­rer Rei­se über das gut funk­tio­nie­ren­de Bus­netz auf Te­ne­rif­fa in­for­miert wor­den wa­ren, hat­ten wir uns vor­ge­nom­men, den über­wie­gen­den Teil des Ur­laubs oh­ne ei­ge­nen Miet­wa­gen zu ver­brin­gen und uns von öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln her­um­kut­schie­ren zu las­sen. Das klapp­te auch ganz gut, und un­se­re er­ste Fahrt im dröh­nen­den und vi­brie­ren­den Die­sel-Bus brach­te uns zum Nord­ost­zip­fel der In­sel, in de­ren Haupt­stadt San­ta Cruz de Te­ne­ri­fe.

Un­weit des dor­ti­gen Bus­bahn­ho­fes gibt es ein spek­ta­ku­lä­res Stück mo­der­ner Ar­chi­tek­tur zu be­sich­ti­gen, die Kon­zert­hal­le Au­di­to­rio de Te­ne­ri­fe:

Das Auditorio de Tenerife

Das ver­we­gen ge­stal­te­te Ge­bäu­de ist ge­ra­de mal ein Dut­zend Jah­re in Be­trieb, da zei­gen sich schon die er­sten Schä­den in der Au­ßen­hül­le: Fei­ne Mo­sa­ik­stein­chen fal­len ab, Was­ser sucht sich sei­nen Weg, Stahl­ar­mie­run­gen be­gin­nen zu ro­sten. Wie schein­bar über­all in spa­ni­schen Ge­fil­den schei­nen In­stand­hal­tung und prä­ven­ti­ve Pfle­ge un­be­kann­te Fremd­wör­ter zu sein, man klotzt was hin und ranzt es run­ter, schließ­lich reißt man es ab und baut was Neu­es hin (oder auch nicht). Al­les nicht sehr nach­hal­tig und res­sour­cen­scho­nend, aber kon­se­quent nach dem (vor­mals ost­zo­na­len) Mot­to: »Wir bau­en auf und rei­ßen nie­der, so ha­ben wir Ar­beit, im­mer wie­der«. An­de­re machen’s frei­lich auch nicht bes­ser, den glei­chen Spruch ha­be ich ja schon über Mal­ta vom Sta­pel ge­las­sen... In­nen im Foy­er des ver­we­gen ge­schwun­ge­nen Mu­sen­tem­pels ist es un­glaub­lich laut, das Ge­plap­per und Gek­lacker der Be­su­cher po­ten­ziert sich in dem Schall­trich­ter aus Be­ton zu ei­ner lär­men­den Sym­pho­nie. Aber we­nig­stens konn­te ich dort drin­nen di­ver­se net­te Da­men­bei­ne ein­fan­gen... [1]

Laut und quir­lig ging es auch in der be­leb­ten In­nen­stadt von San­ta Cruz zu, wie­wohl es ein »ru­hi­ger« Sonn­tag war und die mei­sten Ge­schäf­te ge­schlos­sen hat­ten. Aber die Spa­ni­er fei­ern ja recht ger­ne und An­läs­se da­zu fin­den sich rund ums Jahr und im­mer wie­der. Uns steht ja auch hin und wie­der der Sinn nach Ge­sel­lig­keit, aber im Ur­laub su­chen wir doch eher das Ru­hi­ge und Er­ha­be­ne. [2] Dar­um sind wir tags drauf ins na­he­ge­le­ge­ne Oro­ta­va-Tal ge­tuckert und ha­ben dort ei­ne Hö­hen­wan­de­rung un­ter­nom­men, die uns tat­säch­lich in ganz un­er­war­te­te Hö­hen führ­te:

Blick auf den Teide

Wir ver­paß­ten auf­grund un­ge­nü­gen­der Weg­be­schrei­bung im Rei­se­füh­rer den vor­ge­se­he­nen (aber we­gen fri­schen Erd­rut­sches ge­sperr­ten Ab­zweig) und stie­gen hö­her und hö­her, oh­ne zu be­mer­ken, daß wir schon längst über den an­ge­peil­ten »Hö­hen­weg« auf­ge­stie­gen wa­ren. Tat­säch­lich »mach­ten« wir knapp 1000 Me­ter in der Ver­ti­ka­len und ka­men letzt­lich bei der Stra­ße durch den Tei­de-Na­tio­nal­park her­aus, wo­durch wir un­se­res schweiß­trei­ben­den Irr­tums end­lich ge­wahr wur­den. Im­mer­hin konn­ten wir beim Ab­stieg drei wei­te­ren deut­schen Paa­ren, die mit dem glei­chen Wan­der­füh­rer ei­nes re­nom­mier­ten Er­lan­ger Ver­la­ges be­waff­net wa­ren, ein ähn­li­ches Schick­sal er­spa­ren...

Im­mer­hin war die An­stren­gung nicht ver­ge­bens, wir wur­den mit Son­nen­schein und wun­der­ba­rer Fern­sicht be­lohnt. An den Fol­ge­ta­gen wa­ren Wäl­der und Wip­fel wol­ken- und ne­bel­ver­han­gen, und auch der Tei­de war nicht aus­zu­ma­chen. Schon am näch­sten Mor­gen – wir wa­ren bei war­mer Wit­te­rung kurz­be­host und ‑be­är­melt mit dem Bus nach La Lagu­na auf­ge­bro­chen – tapp­ten wir stun­den­lang leicht bib­bernd durch die hi­sto­ri­sche (und re­gen­nas­se) In­nen­stadt und be­nei­de­ten je­ne, die mit pas­sen­de­rer Klei­dung und Aus­rü­stung un­ter­wegs wa­ren:

Drei gut beschirmte Damen in La Laguna

Na ja, wir han­gel­ten uns im Nie­sel­re­gen von Dach zu Dach, Un­ter­stand zu Un­ter­stand, Se­hens­wür­dig­keit zu Se­hens­wür­dig­keit und be­schlos­sen den Halb­tag mit Kaf­fee, Ku­chen und Kn­ser­vie­rungs­stof­fen. Kann man mal ma­chen. So rich­tig gran­di­os fan­den wir es dort nicht, aber das war viel­leicht der Er­war­tungs­hal­tung ei­ner­seits und dem un­ver­hofft naß­küh­len Wet­ter an­de­rer­seits ge­schul­det...

Tags drauf kam die un­ver­hoff­te, gro­ße Zä­sur: Wäh­rend der zone­batt­ler die Rei­se zwar an­ge­krän­kelt, aber im­mer­hin schon auf dem We­ge der Bes­se­rung an­ge­tre­ten hat­te, war sei­ne bes­se­re Hälf­te ge­sund in den Flie­ger ge­stie­gen, hat­te sich aber von ba­zil­len-be­fal­le­nen Mit­rei­sen­den die Krät­ze ein­ge­fan­gen und muß­te des Abends mit im be­droh­li­chem Tem­po an­stei­gen­den Fie­ber zu ei­nem »Cen­tro Med­ico« ver­bracht wer­den. Ist auch ei­ne in­ter­es­san­te Ur­laubs­er­fah­rung, wenn ei­ne re­so­lu­te Doc­to­ra, die des Deut­schen nicht mäch­tig ist, nur ih­re dol­met­schen­de Sprech­stun­den­hil­fe an­schaut und nicht die vor ihr ste­hen­de Pa­ti­en­tin. Im­mer­hin wa­ren die War­te­zei­ten kurz und die An­ti­bio­ti­ka bil­lig zu ha­ben. Muß sich trotz­dem nicht so bald wie­der­ho­len...

Vier Ta­ge Bett­ru­he für die Ge­fähr­tin be­deu­te­ten vier Ta­ge frei­en Her­um­lun­gerns für den Be­richt­erstat­ter, der sich nur zu ger­ne nun selbst et­was schon­te und mit der Ka­me­ra be­waff­net in der nä­he­ren Um­ge­bung des Ho­tels her­um­strich.

Fassadenkunst in Puerto de la Cruz

Die In­nen­stadt von Pu­er­to de la Cruz ist zwar in we­ni­gen Geh­mi­nu­ten durch­mes­sen, aber man fin­det doch recht in­ter­es­san­te und auch ab­wechs­lungs­rei­che Ecken und An­sich­ten, die auf­z­neh­men sich lohnt. Lei­der war ich aber doch recht trä­ge und nicht so recht mo­ti­viert, mich auf fo­to­gra­fi­sche Pirsch zu be­ge­ben. Dar­um ha­be ich nur den ei­nen oder an­de­ren Schnapp­schuß ge­macht und mich nicht wei­ter an­ge­strengt.

Man­che Mo­ti­ve in­des sind so au­gen­fäl­lig, daß man sie auch re­flex­haft und oh­ne gro­ße Mü­hen ein­fan­gen kann. Wie z.B. die­ses Ex­em­pel von gen­re­haf­ter Street Pho­to­gra­phy:

Straßenszene am Vormittag

Zu­ge­ge­ben, der al­te Herr mit Rol­la­tor war recht lang­sam un­ter­wegs, da konn­te ich mir mit dem Kom­po­nie­ren des Bil­des Zeit las­sen. Über­haupt schien die ge­mäch­li­che Un­auf­ge­regt­heit un­se­res Ur­laubs­or­tes auf mich ab­zu­fär­ben, und ich weiß bis heu­te nicht, ob es wirk­lich an der At­mo­sphä­re lag oder an mei­nem nur lang­sam ab­flau­en­den grip­pa­len In­fekt, an dem ich ja schon seit län­ge­rem la­bo­rier­te.

Egal, war­um auch im­mer ich et­was lang­sa­mer re­agier­te als sonst, so­lan­ge die Mo­ti­ve vor mir sich noch we­ni­ger be­we­gen und mir nicht da­von­lau­fen, krie­ge ich sich im­mer noch pro­blem­los ein­ge­fan­gen, wie zum Ex­em­pel die­sen Ang­ler, der auf der Kai­mau­er sit­zend sein Glück ver­such­te:

Mann mit Hut, sitzend und angelnd

Die Pas­si­on des An­gelns ge­hört zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen zu je­nen fin­ste­ren Lei­den­schaf­ten, de­ren Reiz und Mi­ra­kel sich mir zeit­le­bens nicht er­schlie­ßen wer­den, und das hat nicht nur da­mit zu tun, daß un­ser­ei­ner kein gro­ßer Fisch­esser ist. Na ja, je­dem das Sei­ne, und so­lan­ge der schweig­sa­me Ru­ten­schwin­ger sei­nem Hob­by nach­geht, ist er we­nig­stens weg von der Stra­ße und kommt nicht auf noch düm­me­re Ge­dan­ken...

Jetzt aber hur­tig et­li­che Stun­den vor­ge­spult und die weit­ge­hend er­eig­nis­frei­en Re­kon­va­les­zenz-Ta­ge der bes­se­ren Hälf­te über­sprun­gen. Nach leid­li­cher Ge­ne­sung (mei­ner ei­ner war dann selbst al­ler im­por­tier­ten Schnup­fen-Re­ste le­dig) fin­gen wir wie­der an mit der Er­for­schung un­se­rer Um­welt. Ein Bus brach­te uns in kü­sten­nah mä­an­drie­ren­der Fahrt ins west­lich ge­le­ge­ne Ga­ra­chi­co.

eingerahmter Meeresblick in Garachico

Ein be­freun­de­tes Ga­le­ri­sten-Ehe­paar hat­te dort we­ni­ge Wo­chen zu­vor den ei­ge­nen Ur­laub ver­bracht und war des Lo­bes voll über die­sen be­schau­li­chen Ort. Wir selbst glau­ben, sei­ne (durch­aus vor­han­de­nen) Rei­ze in den paar Stun­den un­se­res Auf­ent­hal­tes weit­ge­hend voll­stän­dig wahr­ge­nom­men und ge­wür­digt zu ha­ben. Ja, es ist nett dort, aber nein, wenn man nicht ge­ra­de Kunst­ma­ler ist oder in Ru­he sei­nen neu­en Ro­man fer­tig­stel­len möch­te, ist man dort nicht un­be­dingt am rech­ten Plat­ze.

Sehr leb­haft vom Tag in Ga­ra­chi­co in Er­in­ne­rung ge­blie­ben ist mir aber er­stens die Be­geg­nung mit ei­nem jun­gen Hundchen (wel­ches sich nur zu ger­ne krau­len und necken ließ und da­von schier au­ßer sich ge­riet vor pu­rer Le­bens­freu­de), so­wie die mit ei­ner Stre­litzie, wel­che sich na­tur­ge­mäß we­ni­ger spiel­freu­dig und be­gei­ste­rungs­fä­hig zeig­te, sich da­für aber in wun­der­bar leuch­ten­den Far­ben prä­sen­tier­te:

prächtige Strelitzie

Tat­säch­lich sind dem zone­batt­ler auf Te­ne­rif­fa der­ma­ßen vie­le die­ser Pa­ra­dies­vo­gel­blu­men un­ter die Au­gen ge­kom­men, daß er ei­nen va­ge er­wo­ge­nen Ur­laub auf der »Blu­men­in­sel« Ma­dei­ra nun­mehr zu ver­wer­fen be­reit ist und da­mit auch um et­li­che nur äu­ßerst schweiß­trei­bend zu be­wäl­ti­gen­de Hö­hen­me­ter ele­gant her­um­kä­me...

So­viel für heu­te. In ei­ner Wo­che geht es wei­ter.

 
[1] Ge­gen En­de des Ur­laubs sind ganz in der Nä­he zwei Gra­zi­en vor der Na­se mei­nes Miet­wa­gens über die Kreu­zung ge­stakst, bei­de mit knall­engen Jeans und leuch­tend ro­ten Pumps von schwin­del­erre­gen­der Ab­satz­hö­he an­ge­tan. Das wä­re ein Fo­to ge­we­sen! Aber was will man ma­chen, wenn die Am­pel kurz vor dem Um­sprin­gen ist, bei­de Hän­de am Lenk­rad lie­gen und die Ka­me­ra ir­gend­wo auf dem Rück­sitz liegt? Die fahr­läs­si­ge Un­vor­be­rei­tet­sei­ung ver­flu­chen!

[2] Wir hal­ten es da eher mit Jo­hann Ne­stroy (oder war es doch Karl Va­len­tin?), der die Men­schen lieb­te, aber die Leu­te nicht moch­te und da­her mied...

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Dienstag, 2. Juni 2015

Ma­le­ri­sches In­ter­mez­zo (2)

Was neu­lich erst for­mi­da­bel funk­tio­niert hat mit mei­nen Mal­ta-Mit­bring­seln, klappt tat­säch­lich nicht min­der gru­sig ein­drucks­voll mit aus mei­nen un­längst ge­zeig­ten Pa­ris-Fo­tos her­ge­lei­te­ten Aqua­rell-At­trap­pen: Kaum hat man die Licht­bil­der oben in den Trich­ter des Dy­na­mic Au­to Pain­ters ge­stopft und zü­gig an der Kur­bel ge­dreht, kommt un­ten küh­ne Kauf­haus-Kunst her­aus, ne­ben der der »röh­ren­de Hirsch« oder die »ras­si­ge Zi­geu­ne­rin« aus den 1960er bis 1970er Jah­ren vor Neid (v)erblassen wür­den, und sei de­ren Öl­far­be auch noch so echt und ma­nu­ell auf­ge­tra­gen:

Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden
 
Pariser Plattitüden

Mit der­lei bun­ten Bil­dern kann man sich ja ei­ne Zeit lang ele­gant über die ei­ge­ne Schreib­faul­heit hin­über­ret­ten, aber ich ge­lo­be fei­er­lich, es da­mit nicht zu über­trei­ben. Schon des­halb nicht, weil ich gar nicht so vie­le Fo­tos in mei­nem Ar­chiv wäh­ne, die sich zu die­ser Art der pseu­do­künst­le­ri­schen Ver­wur­stung eig­nen...

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Freitag, 29. Mai 2015

Die Lär­min­sel (3)

Al­so gut, ge­nug ge­ra­stet, lau­fen wir wei­ter der Kü­ste ent­lang in Rich­tung We­sten. Im­mer wie­der er­staun­lich fin­de ich den üp­pi­gen Wuchs der Pal­men, de­rer es auf den ka­na­ri­schen In­seln zu­hauf gibt. Mit­un­ter wird man ja Zeu­ge, wie mun­te­re Män­ner mit Ma­che­ten den Hö­hen­wuchs der Bäu­me be­för­dern, in­dem sie die je­weils un­te­ren Blät­ter ab­hacken. Manch­mal sieht man ver­wahr­lo­ste Ex­em­pla­re (von Pal­men, nicht von Män­nern), de­ren weg­ste­hen­de Tei­le ver­trock­net und ver­schrum­pelt sind, zu­wei­len aber trifft man in frei­er Wild­bahn auf präch­ti­ge Ge­wäch­se, bei de­nen man sich ver­blüfft fragt, ob de­ren re­gel­mä­ßi­ger Wuchs wirk­lich oh­ne jeg­li­ches Da­zu­tun klin­gen­schwin­gen­der Baum­be­hau­er zu­stan­de kam:

Zwei himmelwärts strebende Palmen

Ver­mut­lich gibt es ver­schie­de­ne Spe­zi­es mit un­ter­schied­li­chem Ge­ba­ren, un­ser­eins ist da nicht kom­pe­tent und schon froh, wenn er in der hei­mi­schen Flo­ra Lö­wen­zahn und Gän­se­blüm­chen zu­ver­läs­sig und re­pro­du­zier­bar aus­ein­an­der­hal­ten kann...

Doch wen­den wir im Wei­ter­ge­hen den him­mel­wärts ge­rich­te­ten Blick wie­der auf den Bo­den und schau­en wir dem Spiel der Wel­len resp. der Gischt zu, die hier an at­lan­ti­schen Ge­sta­den doch mit ei­ni­gem Wupp­dich die Kü­ste mo­del­liert:

Spannender als jedes Fernsehprogramm: Die Trennlinie zwischen Meer und Land

Das Ge­räusch ha­be ich heu­te noch in den Oh­ren, auch sei­net­we­gen ha­be ich das Ei­land als »Lär­min­sel« ti­tu­liert: Die Wel­len rol­len nicht nur her­an, sie rol­len auch die längst da­von rund­ge­schlif­fe­nen La­va-Stei­ne hin und her und auf und nie­der, was mit ei­ni­ger Ge­räusch­ent­wick­lung ein­her­geht. Ein durch­aus nicht un­an­ge­neh­mes oder gar be­droh­lich wir­ken­des Rum­peln, aber eben ei­nes von er­staun­li­cher Laut­stär­ke. Ein­mal mehr wird ei­nem be­wußt, daß man hier am »rich­ti­gen« Meer steht und nicht an ei­nem grö­ße­ren See...

Vom Rau­schen be­rauscht (das ei­nem nach aus­gie­bi­gem Ge­nuß noch lan­ge wei­ter in der Bir­ne her­um her­um­mäan­dert, selbst wenn man sich schon wie­der ein Stück weit von der Was­ser­kan­te ent­fernt hat), hat der Knip­ser gleich wie­der ei­ne ele­men­ta­re Gren­ze dia­go­nal ins Bild ge­setzt, dies­mal nicht die zwi­schen Was­ser und Land, son­dern ei­ne zwi­schen Him­mel und Haus:

markant gestrichenes Haus

Ich schrieb ja schon neu­lich, daß die Spa­ni­er ei­nen Hang zu knal­li­gen Far­ben ha­ben, ver­mut­lich, weil sie dem in­ten­si­ven Blau des Him­mels, dem sat­ten Grün der Ve­ge­ta­ti­on und der Schwär­ze der er­starr­ten La­va Pa­ro­li bie­ten und ei­nen Kon­tra­punkt ent­ge­gen­set­zen wol­len. Egal, mit­un­ter paßt es ja wirk­lich stim­mig oder kom­ple­men­tär­kon­tra­stig zu­sam­men und lie­fert auf­he­bens­wer­te An­sich­ten.

Der Rest der Wan­de­rung bot we­ni­ger Be­wah­rens­wer­tes, auch des­halb, weil wir mit ei­nem an­de­ren ale­man­ni­schen Paar ins Ge­spräch ka­men und von ihm ei­nen Gut­teil des Rück­wegs im (Miet-)Wagen mit­ge­nom­men wur­den. Schwupps, wa­ren wir wie­der da­heim und ein im Wort­sin­ne ein­drucks­vol­ler Tag im We­sent­li­chen ge­lau­fen...

An­dern­tags mach­ten wir uns in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung auf, al­so gen Osten in Rich­tung San­ta Ur­su­la. Da­für muß man be­reits in­ner­orts et­li­che Hö­hen­me­ter er­klim­men, ge­nießt da­für aber ei­nen wun­der­ba­ren Pan­ora­ma­blick auf des Mee­res schier un­end­li­che Wei­te. Wenn man nicht ge­ra­de ins Wisch-o-fon guckt, des­sen eher win­zi­ge Glas­schei­be gleich­wohl ei­nen Blick in ein noch viel grö­ße­res, wenn auch vir­tu­el­les Uni­ver­sum er­mög­licht:

Smartphone-Surferin mit Meeresblick

Ja, so ist das heut­zu­ta­ge, das vir­tu­el­le Netz­werk lockt im­mer und über­all, und auch der zone­batt­ler ist da­ge­gen nicht völ­lig im­mun, wenn­gleich er sich in der Re­gel zu be­herr­schen weiß, na­ment­lich dann, wenn das ana­lo­ge Um­feld nicht min­der span­nend und reich an Sin­nes­rei­zen ist.

Ob nun die pe­ri­pher ge­le­ge­nen Ho­tel­bur­gen von Pu­er­to San­ta Cruz son­der­lich reiz­voll sind, sei mal da­hin­ge­stellt. Hier sol­len sie gleich­wohl nach stun­den­lan­gem Marsch im Rück­blick do­ku­men­tiert wer­den, auf die Fer­ne kann man sie ja doch ei­ni­ger­ma­ßen er­tra­gen, zu­mal bei schmei­chel­haf­ter Be­leuch­tung:

Blick zurück auf Puerto de la Cruz

Man ahnt beim An­blick der zacki­gen Ge­sta­de, daß man sich beim Her­um­kra­xeln in der scharf­kan­ti­gen Er­guß­mas­se vor­se­hen muß: Die er­starr­te La­va schlitzt ei­nem un­ge­rührt Ho­se und Haut auf, wenn man nicht um­sich­tig (und un­ab­läs­sig) auf Tritt­si­cher­heit be­dacht ist. Aber ge­nau das ist es ja, was den ge­mei­nen Schreib­tisch­tä­ter im Ur­laub her­aus­for­dert...

Hin und wie­der gibt es zwi­schen all dem vul­ka­ni­schen Ge­röl­le und Ge­wöl­le dann doch wie­der fein­san­di­ge Ab­schnit­te, die zum Ba­de la­den. Die aber sind of­fen­kun­dig nur den Ein­hei­mi­schen be­kannt, die den nur zu Fuß err­reich­ba­ren, schwar­zen Strand da­her nur sel­ten mit Fremd­lin­gen tei­len müs­sen:

Erholungssuchende an einsamen Strande

Die strecken­wei­se doch recht her­aus­for­dern­de Kü­sten­wan­de­rung nach Osten brach­te uns bis zu ei­ner einst sehr lu­xu­riö­sen, mitt­ler­wei­le je­doch auf­ge­ge­be­nen Fin­ca un­ter­halb von La Pun­til­la, die wir eben­so neu­gie­rig wie mi­ni­mal in­va­siv in­spi­zier­ten. Vor­zeig­ba­re Bil­der da­von gibt es nicht, man muß ja auch nicht al­les knip­sen, zu­mal un­ser­ei­nem die da­ma­li­gen Ein­drücke noch Jah­re spä­ter wie­der aus den hin­ter­sten Syn­ap­sen her­vor­stei­gen, wenn man den au­to­ma­tisch mit­ge­tracker­ten Wan­der­weg noch­mals auf dem vir­tu­el­len Goog­le-Glo­bus nach­voll­zieht.

Die Ka­me­ra ge­zückt ha­be ich erst wie­der Stun­den spä­ter, als wir rück­wärts ei­ne et­was an­de­re Rou­te nah­men und un­ter­halb der gro­ßen Ho­tels wie­der in Pu­er­to de la Cruz ein­lie­fen:

Hotelfassade mit eingerückten Mini-Balkons

Ei­ne ein­zi­ge äl­te­re Da­me stand recht ver­lo­ren auf ei­nem der ge­zeig­ten Mi­ni-Bal­ko­ne her­um und schau­te sin­nie­rend aufs Meer hin­aus. Die per­fek­te Vi­sua­li­sie­rung der Ein­sam­keit des In­di­vi­du­ums in­mit­ten na­men­lo­ser Mas­sen! Ich zei­ge hier trotz­dem ein an­de­res Fo­to oh­ne mensch­li­chen Be­satz vor, ich kann und will ja nicht un­er­laub­ter­wei­se iden­ti­fi­zier­ba­re Per­so­nen ins vir­tu­el­le Ram­pen­licht zer­ren...

Als mo­ra­lisch wie ju­ri­stisch un­pro­ble­ma­tisch er­wei­sen sich ja Rücken­fi­gu­ren, die ich bei ent­spre­chen­dem Pe­gel­stand mei­ner ei­ge­nen Hy­bris zu­wei­len als Hom­mage an Cas­par Da­vid Fried­rich zu ver­kau­fen pfle­ge:

Zwei Männer in Betrachtung der Küstenlandschaft

Ja, da gucken sie et­was rat­los über den Zaun, die bei­den Her­ren, der­wei­len die da­zu­ge­hö­ri­gen Da­men mut­maß­lich durch die um­ge­ben­den Bou­ti­quen mit ver­jün­gen­den Kla­mot­ta­gen und/oder durch die Shops mit schö­nen Nutz­lo­sera­bi­li­en strei­fen, um die Kof­fer voll und die Ur­laubs­kas­se leer zu krie­gen. An­dern­tags ste­hen an­de­re da und das Spiel per­p­etu­iert sich, bis der tief drun­ten noch ru­mo­ren­de Vul­kan zu rülp­sen ge­ruht und das In­sel­le­ben re­set­tet. Bis da­hin kann es aber noch ei­ne ziem­li­che Wei­le dau­ern, mit ei­ni­ger Wahr­schein­lich­keit län­ger als bis zum Er­schei­nen der näch­sten Fol­ge!

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Dienstag, 26. Mai 2015

Ma­le­ri­sches In­ter­mez­zo (1)

Mit­ten in mei­ner dies­jäh­ri­gen Rei­se­be­richt­erstat­tung (die ich ge­ra­de mal zu 2/7 fer­tig­ge­stellt ha­be), ver­lie­re ich mich im Blät­tern durch die vi­su­el­len Er­trä­ge frü­he­rer Ex­pe­di­tio­nen. Noch sind die Ein­drücke von Te­ne­rif­fa frisch, aber ir­gend­wie ha­be ich ge­ra­de Sehn­sucht nach Mal­ta! Hier ein paar Im­pres­sio­nen aus dem Jahr 2012:

Memories of Malta
 
Memories of Malta
 
Memories of Malta
 
Memories of Malta
 
Memories of Malta
 
Memories of Malta
 
Memories of Malta
 
Memories of Malta

Ja, doch, die Bil­der sind von mir. Aber nein, der zone­batt­ler kann mit Pin­sel und Aqua­rell­far­ben nicht wirk­lich um­ge­hen. Ich ha­be ein paar ei­ner Ur­laubs-Schnapp­schüs­se von ei­nem schon vor Jah­ren vor­ge­stell­ten Ma­ler­mei­ster ver­frem­den las­sen. Nein, das ist kei­ne Kunst, und ja, es ist Kitsch, aber ein schö­ner sol­cher und mir als »Bett­hup­ferl« heu­te ge­ra­de recht. Hat was von Bob Ross. Scha­de, daß das Pro­gramm nicht wie je­ner beim Ma­len vor sich hin­brab­belt. Wä­re viel­leicht ein Fea­ture für die näch­ste Ver­si­on?

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Montag, 25. Mai 2015

Den Eu­ro um­ge­dreht (7):
schot­tisch-schwä­bi­sches Sen­dungs­be­wußt­sein

Wer wie der Au­tor die­ser Zei­len hin und wie­der Pa­ke­te zu ver­schicken hat, wird sich gleich ihm über die letz­te Preis­er­hö­hung beim gel­ben Rie­sen DHL ge­wal­tig ge­är­gert ha­ben: Da die 15 kg-Klas­se er­satz­los weg­ge­fal­len ist, ko­stet das Ver­sen­den ei­nes auch nur knapp über 10 kg wie­gen­den Kar­tons jetzt gleich stol­ze EUR 13,99! Da trö­stet es we­nig, daß man da­für die Schach­tel mit Bal­last-Blei bis knapp un­ter 30 kg auf­fül­len dürf­te: So schwe­re Din­ge hat un­ser­ei­ner höchst sel­ten zu ex­pe­die­ren, aber über die zehn Ki­lo kommt man halt doch öf­ters, zu­mal wenn man sein Ver­sand­gut or­dent­lich zu ver­packen pflegt...

Wer nicht auf al­ter­na­ti­ve Dienst­lei­ster aus­wei­chen kann oder mag, weil er/sie bei­spiels­wei­se die näch­ste Post­fi­lia­le um die Ecke hat oder mit der Qua­li­tät an­de­rer Pa­ket­schub­ser nicht zur Wie­der­ho­lung ein­la­den­de Er­fah­run­gen ge­macht hat, mö­ge sich das auf den er­sten Blick kaum glaub­haf­te An­ge­bot von Ho­me­wa­sh Ger­ma­ny an­schau­en: Für schlap­pe EUR 5,45 kann man dort ei­nen re­gu­lä­ren DHL-Ver­sand­schein für Pa­ke­te bis 30 kg Ge­wicht er­wer­ben! Was als Me­tho­de für jun­ge Leu­te zum Heim­schicken schmut­zi­ger Wä­sche zu Mut­tern ver­mark­tet wird (wes­halb es auch ei­ne Hin- und Rück­sen­de-Va­ri­an­te für EUR 10,90 gibt), taugt na­tür­lich auch für jeg­li­ches an­de­re Ver­sand­gut, z.B. für via eBay ver­stei­ger­te Alt­la­sten aus längst ver­gan­gen Samm­ler­ta­gen.

Das Ge­schäfts­mo­dell des Be­trei­bers ba­siert of­fen­sicht­lich auf Groß­kun­den-Ra­bat­ten, die weit­ge­hend an die End­kun­den wei­ter­ge­ge­ben wer­den. Schlaue Sa­che! Sol­che In­itia­ti­ven gilt es zu för­dern, und was fie­le ei­nem leich­ter, wenn man da­bei selbst spür­bar spa­ren kann?

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Freitag, 22. Mai 2015

Die Lär­min­sel (2)

Auch wenn Pu­er­to de la Cruz ei­ne »ech­te« Stadt mit »ech­ten« Be­woh­nern ist – ei­ne vom Tou­ris­mus ge­präg­te Ge­mein­de ist sie na­tür­lich den­noch. Das merkt man an den un­zäh­li­gen Bars und Re­stau­rants, das sieht man auch an den (Lebens-)Künstlern al­ler Art, die an der Ufer­pro­me­na­de ih­re mehr oder we­ni­ger ori­gi­nel­len Dien­ste und Din­ge an­bie­ten.

Wie neu­lich in Pa­ris fie­len dem rap­por­tie­ren­den Be­ob­ach­ter die Heer­scha­ren flie­gen­der Ma­ler und Zeich­ner auf, die nicht nur Politiker(innen) und dem gla­mour­lo­sen zone­batt­ler ge­mein­hin völ­lig un­be­kann­te »Ce­le­bri­ties« auf poin­tiert über­zeich­ne­te Wei­se auf’s Blatt brin­gen, son­dern auch die vor­bei­fla­nie­ren­de Kund­schaft. Letz­te­re ge­gen Ent­gelt, wie sich von selbst ver­steht...

ambulanter Portrait-Maler an der Uferpromenade von Puerto de la Cruz

Der Be­richt­erstat­ter, der um die Durch­schnitt­lich­keit sei­ner Er­schei­nung weiß, macht um Of­fer­ten die­ser Art re­gel­mä­ßig ei­nen wei­ten Bo­gen. Und was soll­te er mit der fer­ti­gen Ka­ri­ka­tur sei­ner selbst dann an­fan­gen? Über sich la­chen kann er schließ­lich auch oh­ne der­lei Hilfs­mit­tel!

Schluß­end­lich fer­tigt er sel­ber Bil­der an, frei­lich nicht mit Stift oder Pin­sel, son­dern mit sei­ner mitt­ler­wei­le von vie­len Ur­laubs­rei­sen pa­ti­nier­ten Kom­pakt-Ka­me­ra. [1] Meist geht es ihm da­bei be­kann­ter­ma­ßen nicht um ge­treu­li­che Do­ku­men­ta­ti­on, son­dern eher um gra­phi­sche Ab­strak­ti­on:

o.T.

Zu­ge­ge­ben, man muß nicht un­be­dingt nach Te­ne­rif­fa fah­ren, um mi­ni­ma­li­sti­sche Fo­tos zu ma­chen, aber hier wie fast über­all gilt, daß die vom Men­schen ge­form­te Welt de­sto ba­na­ler und häß­li­cher aus­schaut, je mehr man von ihr mit auf’s Bild bannt...

Aber da man ei­ne Rei­se-Re­pri­se ja schwer­lich nur mit künst­le­risch am­bi­tio­nier­ten De­tail-Her­aus­lö­sun­gen be­strei­ten kann, soll der Blick jetzt erst­mal wie­der wei­ter schwei­fen. Hier freu­en sich ein paar Jungs auf strand­na­her Sitz­ge­le­gen­heit ih­res Le­bens und be­trach­ten da­bei die sich aus­brei­ten­de Be­bau­ung west­lich von Pu­er­to:

Drei Jünglinge

Die gut ge­bräun­ten Kerls wa­ren ver­mut­lich Ein­hei­mi­sche, je­den­falls kei­ne Bri­ten: Die von der gro­ßen In­sel sind ge­mein­hin zwei­fels­frei zu be­stim­men, da sie ty­pi­scher­wei­se kä­se­weiß auf die spa­ni­schen Ei­lan­de kom­men und spä­te­stens am drit­ten Tag ih­res Auf­ent­hal­tes krebs­rot ge­son­nen­bran­det um­her­lau­fen...

Freu­di­ge Zer­streu­ung sucht der Mensch in­des nicht nur zu Lan­de und am (bzw. im) Was­ser, so­gar der Luft­raum ist längst von ad­re­na­lin­süch­ti­gen Rei­sen­den auf der Su­che nach dem be­son­de­ren Kick be­völ­kert: Oben bei der Hoch­stra­ße zum Tei­de sprin­gen bei schö­nem Wet­ter Gleit­schirm­flie­ger im Dop­pel­pack ab, wir hat­ten Ge­le­gen­heit, so­wohl ei­ni­ge Starts in ca. 1000 m Hö­he als auch meh­re­re Lan­dun­gen un­ten auf Mee­res-Ni­veau zu be­ob­ach­ten:

Gleitschirm-Tandemspringer beim Landeanflug

Der laut­lo­se Se­gel­flug kann bis zur ei­ner hal­ben Stun­de dau­ern, wir ha­ben nach müh­sa­mer Hoch­krab­be­lung auf den Berg­rücken den schö­nen Schir­men bei ih­rer laut­lo­sen Rei­se nach drun­ten lan­ge nach­ge­schaut. Merk­wür­di­ger­wei­se ha­ben wir aber nir­gends ein­schlä­gi­ge Of­fer­ten ge­se­hen, ob­wohl man sonst al­ler­or­ten auf aus­ge­leg­te Fly­er von Wan­der-Ver­an­stal­tern und an­de­ren Frei­zeit-Ver­brin­gungs-Hel­fern stößt. Of­fen­bar ist die Hang­glei­te­rei un­ter dem Sei­den­dach doch (noch) et­was eher Eli­tä­res...

Sprin­gen wir wie­der zu­rück auf den Bo­den der Tat­sa­chen. Wäh­rend man im Sü­den der In­sel tat­säch­lich frach­ter­wei­se Sa­ha­ra-Sand über den Strand ge­kippt hat, um den be­we­gungs­scheu­en Fau­len­zer-Tou­ri­sten Süd­see-Fee­ling zu be­sche­ren, sind die Strand­ab­schnit­te im Nor­den Te­ne­rif­fas noch so, wie sie seit je­her wa­ren und recht ei­gent­lich auch sein müs­sen, näm­lich schwarz. Klar, daß sich der dunk­le vul­ka­ni­sche Aus­wurf im pral­len Son­nen­licht weit stär­ker auf­heizt als hel­les Schütt­gut aus Afri­ka, aber wenn man nicht un­be­dingt bar­fuß un­ter­wegs sein muß, hält man das gut aus, wie die­ser mu­sik­kon­ser­ven­be­auf­schlag­te Strand­läu­fer hier sou­ve­rän de­mon­striert:

musikalischer Strandläufer

Wo­hin der Herr mit zeit­geist­ge­mä­ßer Ide­al-Fi­gur so be­schwingt eil­te, ist nicht über­lie­fert. Wir folg­ten ihm ein Stück We­ges, denn wir woll­ten an die­sem un­se­ren zwei­ten Ur­laubs­tag an der Kü­ste ent­lang nach We­sten wan­dern bis zum Mi­ra­dor de San Pe­dro.

Nur ein paar Mi­nu­ten nach der Be­geg­nung mit je­nem hur­tig aus­schrei­ten­den Mann am schwar­zen Stran­de kam mir die­ser Ho­tel­klotz vor die Lin­se, der uns bei spä­te­ren Aus­flü­gen ins Ge­bir­ge als im Wort­sin­ne her­vor­ste­chen­de Land­mar­ke die Iden­ti­fi­zie­rung der auf die Ent­fer­nung doch recht ähn­li­chen aus­se­hen­den An­sied­lun­gen er­leich­ter­te:

Hotel Maritim bei Punta Brava

Zwei­fels­frei kriegt man in so ei­ner him­mel­stür­men­den Ori­ga­mi-Falt­schach­tel aus Be­ton wie die­sem »Ma­ri­tim« mehr Leu­te un­ter als in so ei­nem an­ti­quier­tem Ho­tel wie dem »Me­tro­pol«, aber für uns per­sön­lich wä­re so­was kei­ne ernst­zu­neh­men­de Be­her­ber­gungs-Al­ter­na­ti­ve. Ger­ne hät­ten wir im Rah­men ei­ner am­bu­lan­ten so­zio­lo­gi­schen Stu­die her­aus­ge­fun­den, was für Leu­te wohl in sol­chen Be­wahr­an­stal­ten ab­stei­gen, al­lein, wir ha­ben kei­ne ge­se­hen. Of­fen­bar wer­den die In­sas­sen nur zu be­stimm­ten Zei­ten eben­so bus­la­dungs­wei­se her­an­ge­karrt wie ab­ge­fah­ren, wir sa­hen im wei­ten Um­kreis um den Klotz je­den­falls kaum ei­ne le­be­ne See­le...

Wei­ter im Text, wei­ter auf un­se­rem Weg gen We­sten. Was zu ge­fal­len weiß, sind ein­zel­ne Häu­ser in der nach un­se­rem Maß­stä­ben ei­ni­ger­ma­ßen »zer­sie­delt« zu nen­nen­den Land­schaft, in der of­fen­bar je­der sei­ne Fin­ca da­hin stel­len kann, wo es ihm ge­ra­de paßt. Manch­mal geht das so­gar mit äs­the­ti­schem Fein­ge­fühl von­stat­ten, und das Er­geb­nis sind groß­ar­ti­ge Kon­tra­ste von blau­em Meer (und Him­mel), ro­ten Dä­chern und schnee­wei­ßen Wän­den:

mein Himmel, mein Haus, meine Mauer...

Man be­ach­te die Ober­kan­ten der hübsch ver­zier­ten Zier­stein­mau­er: Ja, das sind ein­ze­men­tier­te Glas­split­ter, die we­ni­ger der De­ko­ra­ti­on als viel­mehr der Ab­wehr un­er­wünsch­ter Über­stei­ger die­nen sol­len (und das frag­los auch er­folg­reich tun). Nicht ein­mal Te­ne­rif­fa scheint ein Pa­ra­dies der Ehr­li­chen und Neid­lo­sen zu sein...

Wan­dern wir noch ein Stück wei­ter, so er­spä­hen wir bald ei­ne pit­to­res­ke Rui­ne, de­ren Ab­bild in kei­nem Rei­se­füh­rer fehlt und die wirk­lich ganz au­ßer­or­dent­lich an­zie­hend wirkt, trotz (oder we­gen) ih­res ziem­lich be­kla­gens­wer­ten Zu­stan­des:

Casa Hamilton bei Los Realejos

Bei der »Ca­sa Ha­mil­ton« han­delt es sich nicht um ein al­tes Klo­ster, wie uns man­che Hob­by-Knip­ser auf Goog­le Earth weis­ma­chen wol­len, son­dern um ei­ne ehe­ma­li­ge Quell­was­ser-Pump­sta­ti­on, mit de­ren Hil­fe die um­lie­gen­den Fel­der und Plan­ta­gen be­wäs­sert wur­den. Die im­mer noch wür­de­vol­le Rui­ne ist an sich nicht zu­gäng­lich, übt aber na­tür­lich auch des­halb ei­nen gro­ßen Reiz auf ka­me­ra­be­wehr­te ur­ban ex­plo­rer aus. Hier zeigt ein sol­cher ein­drucks­vol­le Fo­tos des grün­der­zeit­li­chen In­du­strie-Re­lik­tes; lei­der hat der Kol­le­ge es sich al­ler­dings nicht ver­knei­fen kön­nen, bei der Be­ar­bei­tung sei­ner HDR-Bil­der die Stell­schrau­ben sämt­li­cher Pa­ra­me­ter viel zu weit auf­zu­dre­hen. Die re­sul­tie­ren­de Künst­lich­keit am Ran­de des Er­träg­li­chen hät­te nicht sein müs­sen, die ge­wähl­ten Aus­schnit­te und Per­spek­ti­ven loh­nen aber den­noch die nä­he­re Be­gut­ach­tung.

Und da­mit ge­nug für heu­te, wir le­gen jetzt ei­ne (et­was aus­ge­dehn­te) Pick­nick-Pau­se ein und wan­dern in ei­ner Wo­che frisch ge­stärkt wei­ter...

 
[1] Lei­der al­tern mo­der­ne Di­gi­tal-Din­ger aus sprüh­lackier­tem Pla­stik ty­pi­scher­wei­se nicht an­nä­hernd so wür­de­voll und au­ra­tisch wie al­te Ap­pa­ra­te aus der Ana­log-Ära. Da wa­ren bzw. sind mei­ne zehn al­ten Mi­nol­tas doch von ganz an­de­rem Schrot und Korn. Im­mer­hin muß man sich heut­zu­ta­ge mit Leicht­bau-Knip­sen we­ni­ger ab­schlep­pen, und das hat ja auch sein Gu­tes...

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Freitag, 15. Mai 2015

Die Lär­min­sel (1)

Ein neu­er Früh­ling, ei­ne neue In­sel: Nach­dem der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te in den letz­ten Jah­ren schon al­ler­lei Ei­lan­de be­reist ha­ben (na­ment­lich La Pal­ma, Mal­ta samt Go­zo so­wie Mal­lor­ca), ward heu­er wie­der ein­mal ei­ne Ka­na­ren­in­sel zum Ziel aus­er­ko­ren: Te­ne­rif­fa soll­te es sein und da­mit ei­ne De­sti­na­ti­on, wel­che man von der wei­land Frei­en und Reichs­stadt Nürn­berg aus noch oh­ne lä­sti­ges und zeit­rau­ben­des Um­stei­gen er­flie­gen kann. Man wird ja be­quem im Al­ter...

Der Fe­rien­bom­ber star­te­te nicht wie ge­plant und ge­bucht um 6:00 Uhr in der Früh’, son­dern hob schon des Nachts um 3:40 Uhr in Fran­kens Me­tro­po­le ab. Im­mer­hin konn­ten wir dank die­ser Ter­min­ver­schie­bung die letz­te U‑Bahn des Vor­ta­ges neh­men und muß­ten für den Trans­fer zum Flug­ha­fen we­der auf Nach­bar­schafts­hil­fe noch auf ein Ta­xi zu­rück­grei­fen. Von da­her hat­te die kur­ze (und weit­ge­hend schlaf­lo­se Nacht) auch ihr Gu­tes.

Nach knapp fünf­stün­di­gem Flug (mit ko­sten­pflich­ti­ger Ver­pfle­gung, da­für aber mit Gra­tis-Ba­zil­len-Be­auf­schla­gung durch Hun­dert­schaf­ten hu­sten­der Mit­rei­sen­der) lan­de­ten wir auf dem in­ter­na­tio­na­len Flug­ha­fen im hei­ßen Sü­den Te­ne­rif­fas. Ein Groß­teil der ein­schwär­men­den Tou­ri­sten bleibt dann auch dort in der Ge­gend, wird für die Dau­er des Ur­lau­bes in zu die­sem Zwecke ge­bau­ten Groß­an­la­gen ver­staut, mit Son­ne und Mahl­zei­ten all in­clu­si­ve ver­sorgt und ver­stellt den an Land und Leu­ten in­ter­es­sier­ten Rei­sen­den nicht den Aus­blick auf das We­sent­li­che. Wir in­des wur­den mit ei­ner Hand­voll an­de­rer Neu­an­kömm­lin­ge per Klein­bus in den Nor­den ge­fah­ren, zu un­se­rer tem­po­rä­ren Heim­statt in Pu­er­to de la Cruz. Be­vor wir aber in die De­tails ein­stei­gen, sei zu­nächst – wie im­mer bei des zonebattler’s Rei­se­be­rich­ten – ei­ne Land­kar­te mit den ein­ge­ar­bei­te­ten GPS-Tracks der wäh­rend des Auf­ent­hal­tes zu­rück­ge­leg­ten We­ge ein­ge­baut und vor­ge­zeigt (Pu­er­to de la Cruz liegt ober­halb von La Oro­ta­va di­rekt an der Kü­ste):

Karte von Teneriffa mit den eingearbeiteten GPS-Tracks der zurückgelegten Wege
Map da­ta: © Open­Street­Map con­tri­bu­tors, powered by Open­Rou­te­Ser­vice
 
Groß­fas­sung 900 x 750 Pi­xel

Zu­ge­ge­ben, aus gro­ßer Hö­he be­trach­tet schaut das nach nicht son­der­lich viel aus für zwei Wo­chen des Wan­delns und Wan­derns. Es geht aber er­stens recht ge­bir­gig zu auf Vul­kan­in­seln und zwei­tens sieht man die gan­zen klein­räu­mi­gen Mä­an­drie­run­gen der schweiß­trei­bend zu­rück­ge­leg­ten (Höhen-)Meter erst beim Hin­ein­zoo­men. Drit­tens muß­ten wir lei­der auch ein paar Ta­ge krank­heits­hal­ber pau­sie­ren. Da­zu spä­ter mehr.

Nach ei­ner gu­ten Stun­de Klein­bus­fahrt ka­men wir – im­mer noch recht früh am Ta­ge – in Pu­er­to an und be­zo­gen Quar­tier im Ho­tel »Mo­no­pol«, über das ich mich hier und heu­te lo­bend aus­las­sen möch­te. [1] Da das uns zu­ge­dach­te Zim­mer zur vor­mit­täg­li­chen Stun­de noch nicht wie­der be­zugs­fer­tig ge­macht wor­den war, lud uns der am Emp­fangs­tre­sen per­sön­lich prä­sen­te Chef um­stands­los zum Früh­stück ein (»Sie ha­ben doch heu­te be­stimmt noch nichts ge­ges­sen?)« und schick­te uns nach dem Ab­stel­len des Rei­se­ge­päcks zur Stär­kung hin­un­ter ins haus­ei­ge­ne Re­stau­rant. Aber hal­lo! Der un­ver­hoff­te Ser­vice setz­te naht­los fort, wor­auf uns die blu­mi­ge De­ko­ra­ti­on an der Schwel­le des alt­ehr­wür­di­gen Hau­ses (ge­baut im 18. Jahr­hun­dert, seit mehr als 75 Jah­ren im Fa­mi­li­en­be­sitz des heu­ti­gen, deutsch­stäm­mi­gen Be­trei­bers) schon sehr ver­hei­ßungs­voll ein­ge­stimmt hat­te...

Blütendekoration am Eingang des Hotel Monopol

We­der als erst­klas­si­ger Dienst­rei­sen­der noch als bud­get­zim­mer­be­zie­hen­der Pri­vat­mann ist der zone­batt­ler der­lei Um­sicht und Ge­ne­ro­si­tät ge­wöhnt, es macht halt of­fen­bar doch ei­nen Un­ter­schied, wenn sich in in­ha­ber­ge­führ­ten Eta­blis­se­ments die Be­sit­zer und Be­trei­ber höchst­selbst um den Gast be­mü­hen. Cha­peau!

Der größ­te Ak­tiv­po­sten des Ho­tels aber – und des­we­gen brei­te ich mich auch so opu­lent dar­über aus – ist die wun­der­ba­re Pal­men­hal­le, ein über­dach­ter Inn­nen­hof, über des­sen holz­ge­faß­te Ga­le­rien auf drei Eta­gen die um­lie­gen­den Zim­mer er­schlos­sen wer­den. So sieht es aus, wenn man sich un­ten in der Hal­le auf ei­ner Sitz­gar­ni­tur nie­der­läßt und den Blick gen Him­mel rich­tet:

Die Palmenhalle des Hotel Monopol

Welch ei­ne Pracht, was ein Raum­er­leb­nis, was für ei­ne »Auf­ent­halts­qua­li­tät«, um ei­nen neu­mo­di­schen Be­griff aus dem Blub­ber­bot­tich des In­ve­sto­ren­vo­ka­bu­lars zu ge­brau­chen! Jede(r) mei­ner Für­ther Leser(innen) wird nach­voll­zie­hen kön­nen, daß wir uns da so­fort an den Fest­saal des ehem. Park­ho­tels da­heim er­in­nert fühl­ten, ei­nen noch viel grö­ße­ren bau­li­chen Schatz, den nach lan­gem Dorn­rös­chen­schlaf leicht­hin dem Kom­merz ge­op­fert zu ha­ben ich un­se­rem *piep* Ober­bür­ger­mei­ster und sei­nem *pieeeeeeeeeep* Stadt­bau­rat bis an mein ei­ge­nes En­de nim­mer­mehr ver­zei­hen wer­de. Ja, hier im fer­nen Pu­er­to de la Cruz wur­de uns un­ver­se­hens im klei­nen Maß­stab vor Au­gen ge­führt, was für ein ar­chi­tek­to­ni­sches Klein­od wir da hat­ten, ver­kannt von den Po­li­ti­kern, ver­leum­det ge­gen­über der Öf­fent­lich­keit, ver­ra­ten von der Gier der In­ve­sto­ren. Aus, vor­bei, auf im­mer da­hin...

Be­zau­bert vom groß­zü­gi­gen Raum­ein­druck ei­ner­seits, be­trübt durch den sich auf­drän­gen­den Ver­gleich mit für­the­ri­scher Igno­ranz an­de­rer­seits, stell­ten wir die Kof­fer in un­se­rer nun­mehr frei­ge­ge­be­nen Stu­be ab und schau­ten uns zu­nächt ein­mal die Dach­ter­ras­se an, von der aus man wun­der­ba­re Pan­ora­ma­blicke auf das na­he Meer und auf das ein­drucks­vol­le vul­ka­ni­sche Ge­bir­ge im Hin­ter­land wer­fen kann. Da der Au­tor frei­lich nur un­gern ab­lich­tet, was in je­dem An­sichts­kar­ten­stän­der dut­zend­fach wohl­feil ist, muß sich die ge­schätz­te Le­ser­schaft ein­mal mehr mit ei­nem nach as­so­zia­tiv-äs­the­ti­schen Kri­te­ri­en aus­ge­wähl­ten Rea­li­täts-Aus­schnitt be­gnü­gen:

Plastiksessel auf einer der Dachterrassen des Hotel Monopol

Mit der ei­ge­nen Ke­me­na­te konn­ten wir mehr als nur zu­frie­den sein: So­li­des Bett, ge­schmack­vol­les Mo­bi­li­ar, ein frisch re­no­vier­tes Bad. Das Feh­len ei­nes Bal­kons – das of­fen­bar ein­zi­ge »Man­ko« ge­gen­über den hö­her­prei­si­gen Zim­mern – wird von uns Frisch­luft-Fa­na­ti­kern re­gel­mä­ßig nicht als Nach­teil emp­fun­den, wir pfle­gen ja un­se­ren Ur­laub pri­mär in der Land­schaft zu ver­brin­gen und nicht in der Her­ber­ge. Da­mit vor­erst ge­nug des Lo­bes über un­ser tra­di­ti­ons­rei­ches Ho­tel; ein paar wei­te­re Be­mer­kens­wer­tig­kei­ten ge­den­ke ich bei pas­sen­der Ge­le­gen­heit in spä­te­ren Fol­gen mei­ner Be­richt­erstat­tung ein­zu­streu­en...

Jetzt aber erst­mal ein klei­nes Nicker­chen ge­macht (im Flie­ger war man nicht so recht zum Dö­sen ge­kom­men we­gen ste­ten Her­um­hu­stens er­käl­te­ter Pas­sa­gie­re ei­ner­seits und am­bu­lan­ter Ver­kaufs­ver­an­stal­tun­gen des Bord­per­so­nals an­de­rer­seits) und dann das Ho­tel erst­mals zur Er­kun­dung der nä­he­ren Um­ge­bung ver­las­sen. In Er­man­ge­lung fein­san­di­ger Strän­de gibt es in Pu­er­to kei­nen über­bor­den­den Ba­de­be­trieb zu be­ob­ach­ten, aber wer die Son­ne sucht, die See­luft schätzt und das Rau­schen der Wel­len liebt, der fin­det schon ein ge­nuß­rei­ches Plätz­chen zum Ent­span­nen, bei­spiels­wei­se auf ei­ner ge­die­ge­nen Be­fe­sti­gungs­mau­er un­weit des klei­nen Ha­fens:

Sonnenanbeter in mediativer Pose

Un­ter »Ha­fen« darf man sich üb­ri­gens auf den Ka­na­ren nicht das Glei­che vor­stel­len wie auf me­di­ter­ra­nen In­seln: Hier lie­gen kei­ne Hun­dert­schaf­ten klei­ner Se­gel­boo­te und Fi­scher­käh­ne Sei­te an Sei­te, hier hat nicht jede(r) ein ei­ge­nes Schiff­lein an der Lei­ne bau­meln: Hier ist man im At­lan­tik und nicht im ma­re nostrum, der »rich­ti­ge« Oze­an ist kein Tum­mel­platz für Frei­zeit-Ka­pi­tä­ne. Der zone­batt­ler durf­te am ei­ge­nen Lei­be er­fah­ren, daß des At­lan­tiks Wel­len ei­ni­ges Über­ra­schungs­po­ten­ti­al bie­ten und den arg­lo­sen Kü­sten­wan­de­rer sehr plötz­lich und so­zu­sa­gen aus dem Steg­reif durch­näs­sen kön­nen, und das mit ei­ni­ger Ver­ve: Zosch!

Un­ter die­sen Um­stän­den mag es ver­ständ­lich er­schei­nen, daß man­che Ur­lau­ber dem un­be­re­chen­ba­ren Oze­an den Rücken keh­ren und im lie­ber Schut­ze der aus schwar­zem Tuff­stein ge­bau­ten Trutz­mau­ern im Trocke­nen sit­zen und land­ein­wärts sin­nie­ren:

Urlauberpaar am Hafenbecken von Puerto de la Cruz

Wor­über die Herr­schaf­ten wohl nach­ge­dacht ha­ben mö­gen? Viel­leicht über et­was Ab­wechs­lung in der Ta­ges­ge­stal­tung, die für Fuß­fau­le oder al­ters­be­dingt nur­mehr ein­ge­schränkt mo­bi­le Leu­te ty­pi­scher­wei­se aus Es­sen, Ein­kau­fen, Bum­meln, Zei­tungs­le­sen und Dö­sen be­steht (in leicht va­rie­ren­den Ab­fol­gen und Sze­nen­bil­dern). In der Tat ver­mag die pit­to­res­ke Alt­stadt von Pu­er­to de la Cruz nur für ein paar Ta­ge Neu­es zu bie­ten, dann dürf­te man – so­fern man plan­los in den Tag hin­ein­lebt – der Mi­schung aus Lä­den, Re­stau­rants und am­bu­lan­ten Ge­wer­ben über­drüs­sig wer­den. Wo­bei zur Eh­ren­ret­tung der Stadt doch be­tont wer­den muß, daß sie im In­ne­ren noch au­then­tisch und mehr von Ein­hei­mi­schen als von Tou­ri­sten be­völ­kert ist. In den rie­si­gen Ho­tel­bur­gen drum­her­um sieht das na­tür­lich an­ders aus...

Aber die las­sen wir zu­nächst ein­mal bei­sei­te und schlen­dern statt­des­sen in der Alt­stadt her­um. Schnell wird deut­lich, daß die Spa­ni­er es bunt und far­ben­froh mö­gen. Ger­ne wird die ei­ge­ne Fin­ca stark kon­tra­stie­rend von der be­nach­bar­ten Be­hau­sung ab­ge­setzt:

bunte Häuserzeile in der Altstadt von Puerto de la Cruz

Mit­un­ter fal­len die flä­chig-pla­ka­ti­ven Farb­kon­tra­ste der­ma­ßen schrill-schrei­end aus, daß man die vi­su­el­le Plär­re­rei kaum aus­zu­hal­ten ver­mag. Wer bis hier­her ge­dul­dig mit­ge­le­sen und sich da­bei längst ge­fragt hat, war­um ich denn den Mi­nia­tur-Kon­ti­nent Te­ne­rif­fa aus­ge­rech­net als »Lär­min­sel« zu ti­tu­lie­ren mir her­aus­neh­me, fin­det in die­ser Be­ob­ach­tung ei­nen er­sten Hin­weis auf das na­mens­ge­bend Krei­schen­de, wel­ches sich bei­lei­be nicht nur aku­stisch äu­ßert, son­dern eben auch op­tisch und olfak­to­risch und da nicht we­ni­ger nerv­tö­tend pe­ne­trant. Im wei­te­ren Ver­lauf mei­ner auf sie­ben Tei­le an­ge­leg­ten Se­rie wird es da­zu noch ei­ni­ges zu sa­gen bzw. zu schrei­ben ge­ben...

Blei­ben wir noch et­was in Pu­er­to de la Cruz, schau­en wir uns ein we­nig am Ran­de der Alt­stadt um, wo das wohl­pro­por­tio­nier­te Er­schei­nungs­bild der er­kenn­bar von städ­te­pla­ne­ri­scher Weit­sicht ver­gan­ge­ner Jahr­hun­der­te ge­präg­ten Stra­ßen, Gas­sen und Plät­ze aus­zu­fran­sen be­ginnt, wo ren­di­te­op­ti­mier­te Wol­ken­krat­zer in die Hö­he sprie­ßen, die ei­nen als Ho­tel kon­zi­piert, die an­de­ren als Kon­glo­me­rat von Ei­gen­tums­woh­nun­gen resp. ‑Apart­ments wie bei­spiels­wei­se die­ser Klotz hier in der Nä­he der (seit Jah­ren we­gen Bau­fäl­lig­keit ge­schlos­se­nen und rui­nös da­hin­bröckeln­den) Bus­sta­ti­on [2]:

gesichtlos-grusige Balkonfront eines überdimensionalen Apartment-Hochbunkers

Nee, so­was woll­te sich der Ver­fas­ser die­ser Zei­len nicht als »Wert­an­la­ge« an die Backe bin­den. Wo­zu auch für al­len­falls drei Wo­chen im Jahr in ei­ge­nen vier Wän­den hau­sen (bei ganz­jäh­rig lau­fen­den Ko­sten), wo es doch so ein­la­den­de Gast-Stät­ten wie das »Mo­no­pol« gibt?

So­viel für heu­te, so­viel zu un­se­ren er­sten Ein­drücken von der größ­ten In­sel des ka­na­ri­schen Ar­chi­pels. In der näch­sten Fol­ge gucken wir uns dann noch­mals in der nä­he­ren Um­ge­bung un­se­res mit Be­dacht ge­wähl­ten Ur­laubs-Haupt­quar­tie­res um, be­vor wir uns dann zu er­sten Wan­de­run­gen ins Um­land auf­ma­chen...

 
[1] Der En­des­un­ter­fer­tig­te legt Wert auf die Fest­stel­lung, daß er we­der ak­tiv be­sto­chen wor­den ist noch sei­ner­seits pro­ak­tiv um Ver­gün­sti­gun­gen nach­ge­sucht hat mit Hin­weis auf die pu­bli­zi­sti­sche Her­aus­he­bung des spen­da­blen Un­ter­neh­mers. Wenn un­ser­ei­ner Emp­feh­lun­gen ab­gibt, dann aus­schließ­lich auf­grund po­si­ti­ver Er­leb­nis­se als re­gu­lä­rer Rei­sen­der. Zu­dem wä­re es die schie­re Hy­bris, sei­nem ei­ge­nen, letzt­lich ba­na­len Be­find­lich­keits-Blog ir­gend­ei­ne wer­be­wirk­sa­me Re­le­vanz zu­schrei­ben zu wol­len!

[2] Das mit der om­ni­prä­sen­ten Rui­nen-Ro­man­tik ist auch so ei­ne ei­gen­ar­ti­ge Sa­che: Im­mer wie­der stößt man auf re­la­tiv jun­ge Ge­bäu­de, An­la­gen und Ein­rich­tun­gen, die nach ih­rer (teil­wei­se mit EU-Gel­dern ge­för­der­ten) Er­rich­tung und In­be­trieb­nah­me of­fen­kun­dig nicht wei­ter in­stand­ge­hal­ten und ge­pflegt wer­den: Aus klei­nen Schä­den wer­den dann schnell gro­ße, und ir­gend­wann wird das ma­ro­de Ob­jekt dann auf­ge­ge­ben, gün­stig­sten­falls ab­ge­ris­sen und durch et­was Neu­es er­setzt. Die öko­no­misch wie öko­lo­gisch ha­ne­bü­che­ne Men­ta­li­tät da­hin­ter wird sich un­ser­ei­nem nie er­schlie­ßen...

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Dienstag, 5. Mai 2015

Fröh­li­ches Früh­stück (1)

Des zonebattler's besserer Hälfte Frühstücksteller im Urlaubs-Hotel

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Montag, 4. Mai 2015

Ge­schmacks­ver­ir­rung

Aus dem dem­nächst noch an­ge­mes­sen zu be­bil­dern­den und zu be­tex­ten­den Jah­res­ur­laub auf ei­nem weit ent­fern­ten Ei­land ha­ben sich der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te ei­nen Sack mit Go­fio-Mehl mit­ge­bracht. Ein dar­aus ge­backe­nes Brot ge­riet recht dun­kel und kom­pakt, er­wies sich aber als sehr wohl­schmeckend.

Als der Au­tor die­ser Zei­len nun am Sams­tag den Früh­stücks­tisch ab­räum­te, sah er ne­ben dem Stuhl sei­ner Hol­den ein mut­maß­lich her­un­ter­ge­fal­le­nes Stück Brot­rin­de lie­gen. Er hob es auf und schob es sich zwecks be­stim­mungs­ge­mä­ßer Ent­sor­gung in den Mund....

Nach ei­ni­gen Kau­be­we­gun­gen bei­der Kie­fer er­wies sich der Bis­sen in­des als un­ver­hofft zäh. Die dar­auf­hin vor­ge­nom­me­ne Sicht­prü­fung brach­te ei­ne eben­so über­ra­schen­de wie be­lu­sti­gen­de Er­kennt­nis: Was täu­schend echt nach Brot­rin­de aus­ge­se­hen hat­te, war in Wirk­lich­keit ein von des Be­richt­erstat­ters Bir­ken­stock-At­trap­pen-Schlap­pen ab­ge­fal­le­nes Stück Kork­soh­le!

Mer­ke: Was gleich aus­sieht, muß noch lan­ge nicht gleich schmecken...

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