Mittwoch, 17. Mai 2006
Irgendwo habe ich mal gelesen, daß etwa 80% (!) der Westdeutschen noch nie im östlichen Teil des Landes (von mir gerne als Neufünfland bezeichnet) gewesen sind, und umgekehrt soll es tatsächlich nicht viel anders sein. Mir persönlich ist das absolut unverständlich, zumal es aus meiner Sicht als gelernter Wessi »drüben« enorm viel zu entdecken gibt: schöne Landschaft, fantastische Kulturdenkmäler, bemerkenswerte Menschen...
Nun ist das dem Frankenland benachbarte Thüringen ja sicher nicht repräsentativ für das gesamte »Beitrittsgebiet«, man muß ferner zwischen Stadt und plattem Land differenzieren, auch gilt es (wie überall) mit Verallgemeinerungen vorsichtig zu sein. Gleichwohl glauben wir als recht erfahrenene Ostdeutschland-Reisende doch ein paar bemerkenswerte Trends und Eigenheiten erkennen zu können:
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Es wurde unglaublich viel (und oft mit Liebe zum Detail) saniert, von ganzen Häuserzeilen angefangen bis hin zu den Gassen und Bürgersteigen. Wer einen Film über die marode Endzeit der DDR drehen wollte, fände eine passende Kulisse eher im fränkischen Fürth als in Eisenach, Gotha, Erfurt oder Weimar.
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Der Anteil der bis dato unsanierten Gebäude ist in den letzten Jahren ganz erheblich geschrumpft. Gleichwohl ist der mitunter anzutreffende, grelle Kontrast zwischen baufällig und renoviert für unsere Augen immer wieder staunenswert...
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Trotz aller Qualitäten des urbanen Wohnens in wiederhergestellter Prachtkulisse scheint es auch den Ostdeutschen ins freistehende (doch meist ebenso gesichts- wie geschichtslose) Eigenheim am Stadtrand zu ziehen. Dies ist womöglich nur teilweise dem gesamtdeutschen Herdentrieb geschuldet, ein durch Luxus-Sanierungen von Investorenhand in die Höhe getriebenes allgemeines Mietniveau dürfte den Trend verstärkt haben.
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In der Tat sind allerorten erhebliche Wohnungsleerstände zu konstatieren, und das keineswegs in unattraktiven Ecken oder heruntergekommenen Altbauten: Ganz im Gegenteil findet man zahlreiche vorhanglose Wohnungen aller Größen in bester Citylage und in vortrefflich instandgesetzten Stadthäusern vor.
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Es ist auf den ersten Blick zu erkennen, daß Unmengen Geldes verbuddelt und verbaut worden sind, wodurch insbesondere die historischen Innenstädte ihr Gesicht wiedergewonnen haben. Leider ist auch augenfällig, daß nicht eben selten entweder nur »pinselsaniert«, das gute Material nicht fachmännisch verarbeitet oder der Untergrund schlicht nicht angemessen vorbereitet wurde. Die zwangsläufigen Folgen sind bröckelnder Putz und fortgeschrittene Erosion, die nach wenigen Jahren so extrem nicht sein müßten...
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Die hohe Arbeitslosigkeit und die Abwanderung der jüngeren Menschen in Richtung Arbeitsplatz im Westen ist ‑zumindest in den Städten- nicht auf den ersten Blick offenkundig. Wo allerdings einfachere Arbeiten in Teamarbeit geleistet werden (z.B. bei Grünanlagen-Bepflanzungen u.ä.), fällt auf, daß von n damit betrauten Personen meist n‑n+1 arbeiten und n‑1 dabei zuschauen... Was freilich durchaus kein spezifisch ostdeutsches Phänomen ist!
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Die Landeshauptstadt Erfurt hat geradezu Metropolencharakter, doch selbst eine mittlere Kommune wie die ehemalige Residenzstadt Gotha verfügt über über einen staunenswerten Mix von hochklassigen Einzelhandels-Geschäften verschiedenster Branchen. Keine Spur von 1‑Euro- oder Billigramsch-Läden, wie sie in Großstädten wie Halle (Saale) oder Fürth (Bay) zum mittlerweile gewohnten Straßenbild gehören.
Der Osten Deutschlands ist (mehr als) eine Reise wert, es gibt viel Vertrautes und viel exotisch Anmutendes in enger Nachbarschaft. Wer sich auf Land und Leute einläßt und gerne den Spuren versunkener Zeiten nachspürt, wird durch intensive Erlebnisse und nachhaltige Eindrücke reich belohnt, ohne um die halbe Welt jetten zu müssen...
Dienstag, 25. April 2006

Maueranker an einem ehemaligen Südstadt-Kasernengebäude |
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Kirche St. Heinrich und Kunigunde |
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Mittwoch, 12. April 2006

Sinnspruch in der Hornschuchpromenade |
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Dienstag, 11. April 2006
Samstag, 8. April 2006
...sagten sich schon vor Jahrhunderten nicht nur die Schotten, sondern auch die Franzosen, und allen Mentalitätsunterschieden zum Trotze bestimmte der Zweck des Bauens hier wie da die Form:
Das Prospektbild links zeigt eine französische Burg im Limousin, das kleine Castle zur Rechten ist ein Mitbringsel aus Schottland. Während das nördliche Inselvolk eher Ecken und Kanten liebte, präferierten die sinnlichen Kontinentaleuropäer eher die bacchantisch runde Formgebung. So ist es bis heute: Es lebe der kleine Unterschied!
Dienstag, 4. April 2006
Wenn der Wettergott mal mitspielt, tritt der zonebattler den nachmittäglichen Nachhauseweg zuweilen nicht mit der Bahn, sondern zu Fuß an: Die beim Flanieren bzw. Marschieren gewonnen Eindrücke sind doch erheblich intensiver als die beim Vorbeirauschen per Zug, Kraftwagen oder Fahrrad erhaschten Momentaufnahmen.
Auf dem Weg von »Von Nämberch auf Färdd« kommt dem Wandersmann so manches architektonische Detail unter die Augen, bei dem sich brave gründerzeitliche Baumeister vor gut 100 Jahren viel Mühe gegeben haben. Vieles davon bleibt dem motorisierten Verkehrsteilnehmer verborgen, selbst wenn es ihn interessierte. Aber auch von den Fußgängern schaut sich kaum einer danach um...
Besonders unter die Haut geht empfindsamen Gemütern die Tristesse des Niemandslandes zwischen Nürnberg und Fürth (zwischen den U‑Bahn-Stationen Muggenhof und Stadtgrenze). Der dort heute hindurchgetappte zonebattler schämt sich nicht zuzugeben, daß ihm die Gemengelage aus achtlos weggeworfenem Zivilisationsmüll, tristem Beton, stillgelegten Ladegleisen und erster (Unkraut-) Blütenpracht Tränen der Traurigkeit in die Augen trieb.
Ist der offenbare Verlust von Schönheitsgefühl und ‑Bedürfnis in des Volkes mehrheitlicher Menge eine Folge unserer aktuellen gesellschaftlichen Probleme oder auch eine von deren Ursachen?
Samstag, 1. April 2006
So, nachdem uns die letzte Preisfrage hoch in die Luft geführt hat, wollen wir heute mal tief untertauchen: Der umtriebige zonebattler ist ja stets bemüht, dem geschätzten Publikum Abwechslung und Kurzweil zu bieten. Wo mag sich denn wohl dieser mit Muscheln und Schneckengehäusen reich geschmückte Saal befinden?
Wie immer zeigt mein Rätselbild ein von Menschenhand geschaffenes Bauwerk aus dem fränkischen Fürth, der Stadt an den zwei Wassern.
Wer als erste(r) unter richtigem Namen und mit funktionierender eMail-Adresse die korrekte Antwort in einen Kommentar zu diesem Beitrag schreibt, gewinnt einen Preis aus meinem Fundus. Diesmal ist es, passend zum gezeigen »Wasserschloß«:
Ein Doppel-DVD-Set mit der »Complete Aquarium Collection«, die den heimischen Fernseher in ein virtuelles Meerwasser-Aquarium verwandelt und damit ein anspruchsvolles Alternativ-Programm zum täglichen (und meist kläglichen) Serien-Müll bietet... |
Bis zum Erscheinen des nächsten Rätsels (also genau einen Monat lang) können Lösungen eingereicht werden. Die Laufzeit endet mit dem Erscheinen eines weiteren Rätsel-Bildes am jeweils nächsten Monatsanfang. Mit der Vorstellung eines neuen Preisrätsels wird die zutreffende Antwort zur Vorgängerfrage (in einem Kommentar zu dieser) bekanntgegeben, sofern sie bis dahin nicht richtig beantwortet wurde.
P.S.: Vielleicht sollte ich hinzufügen, daß es sich bei der heutigen Preisfrage durchaus nicht um einen April-Scherz handelt!
Freitag, 31. März 2006

Hinterhauslandschaft an der Karolinenstraße |
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Dienstag, 7. Februar 2006
Knaben meiner Generation drückten sich im vor-pubertären Alter die Daumen typischerweise nicht auf Handy-Tastaturen platt (die waren ja noch nicht erfunden), sondern zumeist auf den Handreglern ihrer elektrischen Autorennbahnen. Zwar gab es schon früher mehrere Systeme auf dem Markt, doch die führende Marke war ganz klar Carrera. Bis auf den heutigen Tag ist Carrera im deutschen Sprachraum so synonym für »Autorennbahn« wie Tempo für »Papiertaschentücher«.
Letztere braucht der kleine Rennsportfreund von damals möglicherweise, wenn er den heutigen Zustand des ehemaligen Carrera-Werkes an der Fürther Flößaustraße in Augenschein nimmt:
Der marode Ort übt in seinem morbiden Charme eine gewisse Anziehungskraft auf mich aus, und da er nur wenige hundert Meter von meiner nicht-virtuellen homezone entfernt liegt, spaziere ich immer wieder mal dran vorbei...
Wind, Wetter und Vandalen (und vielleicht auch Devotionaliensammler?) haben dem nüchternen Zweckbau über die Jahre arg zugesetzt, als unbedingt erhaltenswert erscheint er mir im Gegensatz zu vielen anderen geschändeten Fürther Gebäuden allerdings nicht wirklich.
Was aber doch traurig stimmt, ist der greifbare Geist des Niedergangs einer Firma, die (ähnlich wie beispielsweise Grundig) einst weltberühmt war. Und obendrein ein großer Arbeitgeber der Kleeblatt-Stadt...
Vor Jahren stand übrigens an der Grundstücksecke Flößaustraße / Waldstraße noch eine große, umgekehrt kegelförmige Konstruktion aus Edelstahl, deren stilisierte Start-/Zielflaggen sich im Winde drehten. Das eindrucksvolle Riesending war eines Tages plötzlich demontiert und verschwunden, man sieht heute nur noch das Fundament davon. Ich traf es später zufällig in Nürnberg wieder, und zwar am Sitz der Carrera consulting & engineering GmbH, die einem späteren Besitzer der alten Produktionsfirma gehört. Inzwischen ist das alte Carrera-Wahrzeichen aber auch dort nicht mehr zu sehen, seine Spur hat sich damit wohl endgültig verloren.
Das also ist der traurige Rest der Firma Josef Neuhierl Fürth (JNF). Einiges an Hintergrundwissen zur Firmen- und Produktgeschichte kann man auf den Seiten von Holger Schlegelmilch nachlesen. Der zonebattler indessen sah sich schon immer abseits des Mainstreams: Die einzige Carrera-Packung, die er als Kind besaß, war eine bereits damals seltene Carrera Jet Flugzeug-Bahn!
Süßer und scharfer Senf: